2 Jagdländer
Die Jagd ist in fast allen afrikanischen Ländern möglich. Die klassische Afrikajagd findet jedoch in den Ländern südlich der Sahara statt. Auf diese möchte ich mich beschränken.
Anders als in Europa werden in vielen afrikanischen Ländern Jagdgesetze und -konditionen häufig und nicht selten unvermittelt geändert. Es kommt vor, dass ein Land kurzfristig vollständig für die Jagd geschlossen wird. Eine Wildart, die in diesem Jahr noch bejagt werden darf, kann im nächsten Jahr vielleicht schon ganzjährig geschont sein. Selbst die einheimischen Berufsjäger werden davon oft erst wenige Monate vorher informiert. Dies hat Vorteile, kann man doch kurzfristig auf Änderungen der Bestände reagieren, ohne, wie in Europa, ein langwieriges Gesetzesvorhaben zu durchlaufen. Die Planung einer Jagdreise macht es jedoch recht schwierig.
Für jedes zu bejagende Stück Wild wird eine Jagdlizenz benötigt, englisch license oder permit genannt. Selbst wenn sich die groben Rahmenbedingungen wenig ändern, kann die Anzahl verfügbarer Jagdlizenzen von Jahr zu Jahr sprunghaft steigen oder fallen. Ein Jagdführer weiß oft erst zu Anfang des Jahres, welche Wildarten er zu welchen Konditionen anbieten kann.
Beliebte Jagdländer südlich der Sahara sind Botswana, Burkina Faso, Kamerun, Mosambik, Namibia, Sambia, Simbabwe, Südafrika, und Tansania.
In Botswana wurde die Jagd von 2014 an gesperrt. Es ist offen, ob dieses herausragende Jagdland jemals wieder für die Jagd geöffnet werden wird.
Auch in Sambia wurden etwa zur gleichen Zeit die Jagdmöglichkeiten stark eingeschränkt, so dass es sich nunmehr lediglich für fortgeschrittene Auslandsjäger mit speziellen Interessen empfiehlt.
Mosambik ist nach jahrzehntelangen politischen Wirren wieder als Jagdland geöffnet. Der Staat ist jedoch politisch noch instabil mit einer erst im Aufbau befindlichen Infrastruktur. Eine langfristige Planung ist kaum möglich.
Kamerun und Burkina Faso sind Jagdländer für erfahrene Spezialisten, die seltene Wildarten suchen und sowohl mit extremen klimatischen Bedingungen als auch mit der rudimentären jagdlichen Infrastruktur umzugehen wissen.
Dem weniger erfahrenen Jäger (für den dieses Buch geschrieben ist!) bieten sich heute also Namibia, Simbabwe, Südafrika und Tansania an.
2.1 Namibia
Namibia im Südwesten Afrikas zwischen Angola im Norden, Botswana im Osten und Südafrika im Süden ist mehr als doppelt so groß wie die Bundesrepublik Deutschland, hat aber kaum mehr Einwohner als Hamburg. Nach der Mongolei hat Namibia die geringste Bevölkerungsdichte aller Staaten der Erde. Das Land wird von zwei Wüsten, der Namib im Westen und der Kalahari im Osten dominiert. Dazwischen liegt das teilweise recht fruchtbare Binnenhochland. Im Nordosten zieht sich der 450 km lange und 50 km breite Caprivizipfel zwischen den Staaten Angola und Sambia im Norden, Simbabwe im Osten und Botswana im Süden entlang. Das Klima in Namibia ist heiß und trocken, im Caprivizipfel durch die großen Flüsse Okavango, Cuando und Sambesi heiß und subtropisch feucht.
Die legale Jagdzeit in Namibia ist von Februar bis November. Die beste Jagdzeit ist der afrikanische Winter zwischen Mai und September. In dieser Jahreszeit ist es trocken und die Temperaturen liegen für europäische Verhältnisse angenehm zwischen etwa 5 °C und 25 °C, im Juni und Juli in den frühen Morgenstunden nicht selten auch unterhalb des Gefrierpunktes. Aufgrund der gemäßigten Temperaturen wird der Reisende kaum von Insekten geplagt. Schlangen und Skorpione, obwohl vorhanden, sind unter derartigen klimatischen Bedingungen träge und nur sehr selten sichtbar. Zu Beginn der Trockenperiode, wenn die Wasserstellen noch gefüllt sind und die Vegetation grün ist, bewegt sich das Wild lebhaft, um mit zunehmender Trockenheit immer lethargischer zu werden. Spät im Winter kommt es ungerne aus den Einständen, um keine Energie und Wasserreserven zu vergeuden. Dann sieht man zahlreiche abgekommene Stücke. Auf der Suche nach einem Köder für Leoparden habe ich in der fortgeschrittenen Trockenzeit einmal einen zweijährigen Warzenschweinkeiler erlegt, der weniger als fünf Kilogramm auf die Waage brachte – keine Ausnahme.
Von 1884 bis in den Ersten Weltkrieg, 1915, hinein war Namibia die deutsche Kolonie Deutsch-Südwestafrika. Heute leben noch etwa 30.000 Deutschstämmige, vornehmlich Farmer, im Land. Diesen Einfluss sieht man nach wie vor im Stadtbild der größeren Orte. Viele Geschäfte werden noch unter deutschen Namen geführt. Deutsch ist neben Afrikaans eine wichtige Verkehrssprache, wird aber zunehmend von der Amtssprache Englisch verdrängt, welche die Südafrikaner, unter deren Mandat Namibia bis zur Unabhängigkeit 1990 stand, ins Land brachten. Deutschsprachige Touristen haben keine Mühe, sich im Land zurechtzufinden, auch wenn einige Englischkenntnisse von Vorteil sind.
Obwohl die Deutschen während der Kolonialzeit manche Gräueltat begangen haben, wird man als deutscher Tourist sehr freundlich aufgenommen. Falls der nichtsahnende Reisende unvermittelt einmal in eine Demonstration von Herero oder Nama gerät, in der Entschädigungen von der deutschen Regierung gefordert werden, sollte er sich ruhig dazu gesellen und mit Andreas, Johannes oder Maria, sehr beliebte Namen unter den Einheimischen, einen Plausch halten. Feindseligkeit wird man nicht entdecken, dafür aber ein großes Interesse an den heutigen Verhältnissen in Deutschland.
Ein Großteil des Agrarlandes ist im Besitz weißer Farmer, während viele Einheimische, die unter südafrikanischer Apartheid nur wenige Jahre die Schule besuchen durften, als Tagelöhner ihr Brot verdienen müssen. Die namibische Regierung steht vor der schwierigen und langwierigen Aufgabe, der eigenen Bevölkerung Mut auf bessere Zeiten zu machen, ohne Farmen zu enteignen, was, wie im benachbarten Simbabwe, zum Zerfall der Wirtschaft führen würde. (Einige wenige Farmen wurden unter speziellen Verhältnissen zwar enteignet, doch sprachen Gerichte angemessene Entschädigungen zu.) Diesen Spagat meistert die Regierung hervorragend. Es wurden Schulen und Hochschulen eingerichtet, in denen junge Menschen lernen, nach und nach die Wirtschaft, insbesondere die Agrarwirtschaft, ihres eigenen Landes zu führen, zweifellos ein Prozess von Jahrzehnten. Um heute in den Augen ihrer Wähler nicht als untätig zu gelten, gleichzeitig aber die qualifizierten und erfahrenen weißen Farmer nicht aus dem Land zu treiben, beschränkt sich die Regierung auf kleine Nadelstiche, etwa die Umbenennung einer „Kaiser-Wilhelm-Straße“ in „Sam-Nujoma-Avenue.“ Vor diesem Hintergrund sollte man auch Straßennamen wie „Fidel-Castro-Street“ und „Robert-Mugabe-Avenue“ sehen, oder auch die Entfernung des einen oder anderen deutschen Denkmals aus dem Stadtbild.
Namibia ist ein wunderbares Reiseland für die ganze Familie. Die Straßen sind gut ausgebaut, bestehen allerdings teilweise nur aus Schotterpisten, die bei hoher Geschwindigkeit das Gefühl vermitteln, man fahre auf Schmierseife. Wenn man sich an den Linksverkehr gewöhnt hat, ist die Durchquerung des Landes mit dem Mietwagen eine Freude. Der Verkehr in Windhoek ist für deutsche Verhältnisse kleinstädtisch, außerhalb dünn. Einen Vierradantrieb benötigt man nur in wenigen Gegenden. Obgleich die Straßenränder sorgfältig gemäht werden, kann unerwartet Wild die Fahrbahn überqueren, manchmal mit katastrophalem Ausgang. Gegen Ende der Trockenzeit säumen unzählige Warzenschweine die Straße, um noch ein wenig nahrhaftes Gras zu finden. Man achte auf Geländewagen mit Blaulicht in halsbrecherischem Tempo vor oder hinter sich. Dann ist es ratsam, unverzüglich am Straßenrand anzuhalten, sonst wird man von der Fahrzeugkolonne des Präsidenten überrollt, der offensichtlich stets in großer Eile ist und dessen Fahrer das Wort „Geschwindigkeitsbegrenzung“ in seinem Vokabular offenbar nicht führt.
Sehenswürdigkeiten gibt es viele. Der naturverbundene Jäger sollte keinesfalls das Land verlassen, ohne den weltbekannten Etosha-Nationalpark besucht zu haben. Der Park, etwas größer als das Bundesland Hessen, beherbergt die großen Vier: Elefanten, Löwen, Leoparden und neuerdings in größerer Zahl auch Nashörner. (Büffel wurden aus Furcht vor der Maul- und Klauenseuche aus dem Park verbannt.) Daneben gibt es eine Vielzahl von Raubtieren, Antilopen und, nicht zu vergessen, seltenen und interessanten Vogelarten. Dem Selbstfahrer empfehle ich das deutsche Programm der namibischen NBC; es ist ein Genuss, bei leiser, klassischer Musik durch diese unberührte und tierreiche Landschaft zu fahren. Drei Tage in der Etosha sind ein Minimum, aber auch nach einer Woche wird man sich nicht langweilen, sofern man ein Interesse an afrikanischer Fauna und Flora hat.
Swakopmund – Kleinod zwischen...