In der Literatur findet man folgende Definitionen:
Jonglieren: „Gegenstände auf geschickte Weise werfen, halten, balancieren oder manipulieren“ (Finnigan 1988, S. 524).
Jonglage: „Das Produkt des Jonglierens“ (ebd.).
Jongleur: „Artist, der besonders im Werfen und Fangen verschiedener Gegenstände geübt ist.“ (Ebert 2000, S. 9).
Trick: „Ein Kunststück, eine Bewegung oder mehrere wiederholte Bewegungen, die durch Übung gelernt werden. Beim Jongliertrick werden Gegenstände so gehandhabt, dass ein Zuschauer zum Lachen oder Staunen gebracht wird.“ (Finnigan 1988, S. 528).
Dies sind sachliche Definitionen, die eine Grundvorstellung dessen, was beim Jonglieren getan wird, vermitteln. Jonglieren ist für mich aber noch weitaus mehr. Jonglieren ist nicht begrenzt. Das heißt, es existieren unendliche Möglichkeiten die Jongliergeräte zu benutzen. Das Jonglieren kann nie vollständig beherrscht werden. Selbst wenn der Jongleur das Gerät schon auf viele Arten werfen, halten, balancieren oder manipulieren kann, so gibt es immer noch unendliche Kombinationen dieser Fertigkeiten. Es gibt immer weitere Möglichkeiten für den Jongleur sein Können, sein Repertoire zu erweitern. Dies kann er tun indem er neue Tricks von anderen Jongleuren lernt, neue erfindet, oder alte Tricks in einer neuen Anordnung oder mit neuen Gegenständen kombiniert. Diese unbegrenzte Anzahl von Tricks und die Möglichkeit sie kreativ immer weiter zu vergrößern machen für mich das Wesen des Jonglierens aus.
Durch besondere Variationen heben sich die großen Jongleure der Geschichte ab, von denen nun einige genannt werden.
Die Geschichte des Jonglierens geht sehr weit zurück. Bereits auf einer Zeichnung in einer altägyptischen Grabkammer kann man zwei jonglierende Frauen bewundern. Diese Zeichnung wird auf circa 2040 vor Christus datiert. Dies ist die älteste bekannte Abbildung eines Ballspiels (vgl. Baier u.a. 1989, S. 10).
Abbildung 1: Jonglierende Frauen circa 2040 vor Christus (aus: Baier u. a. 1989, S. 10)
In alten Schriften der Römer und Griechen, heißt es, dass „dem Jongleur eine Vorbildfunktion zukomme, da das Erlernen dieser Kunst dem Übenden eisernen Willen, Selbstdisziplin, Geduld und Ausdauer bescheinige.“ (ebd.).
Mit Beginn des Mittelalters wurden die Berichte über Jongleure, die mit immer neuen Gegenständen jonglierten zahlreicher. In dieser Zeit begannen die Jongleure Mitglieder des fahrenden Volkes zu werden. Waren Jongleure bislang nur Lokalmatadore, so wurden sie nun überregional bekannt und gelangten zu Geld. Die Jongleure, die bis dahin meist nur von Königen und anderen hochgestellten Persönlichkeiten bewundert wurden, kamen nun mit dem Volk in Kontakt. Die jonglierenden Gaukler waren von nun an fester Bestandteil der Jahrmärkte. Die „Kunst der fliegenden Bälle“ wurde immer beliebter und die Zahl der Jongleure stieg. Dabei entwickelte sich aber nicht nur Masse, sondern auch Qualität. Nach und nach traten einzelne Jongleure hervor, die durch ihr Können und ihre Variationen hervortraten (vgl. ebd., S. 10 ff.).
Beliebte Tricks wurden nach und nach verfeinert und die Jonglierkunst bildete sich als eine eigenständige Unterhaltungskunst heraus.
Da die Übungen mit steigendem Gefährlichkeitsgrad interessanter wurden, kamen auch schnell die Jongliervarianten mit Messern oder Fackeln dazu. Auch die sogenannten Kraftjongleure, die mit schweren Eisenkugeln oder Gewichten jonglierten und balancierten, erfreuten sich noch vor einigen Jahrzehnten großer Beliebtheit (vgl. Peter, 1992, S. 7).
Abbildung 2: Kraftjongleure (aus: Ziethen 1988, ABB 10, 11)
Ende des 18. Jahrhunderts wurde in England der Zirkus erfunden, so wie er heute noch bekannt ist. Damit entstand für Künstler die Möglichkeit, vor einem breiten Publikum aufzutreten und verhalf der Jonglierkunst zu größerer Verbreitung und Popularität (vgl. Baier u. a. 1989, S. 11).
Als der größte Jongleur aller Zeiten, wird der 1890 geborene Enrico Rastelli genannt. Trotz seiner Begabung, trainierte er fünf bis sechs Stunden täglich. Er gilt als der einzige Jongleur, der korrekt mit zehn Bällen oder acht Tellern jonglieren konnte. Diese hohe Anzahl konnte bis heute nicht übertroffen werden (vgl. ebd.).
Weiterhin gab es im 19. Jahrhundert eine Reihe von Jongleuren, die sich vor Allem durch ihren besonderen Stil abhoben.
So gab es Jongleure, die in Restaurants auftraten, mit den dort vorhandenen Gegenständen arbeiteten und so die Gäste unterhielten. Sie jonglierten mit Stühlen, Zeitungshaltern, Geschirr und Besteck. Oftmals traten diese Restaurantjongleure in Gruppen auf, was besondere Koordination und präzise Technik verlangte (vgl. Hitzeler u. a. 1988, S. 20).
Abbildung 3: Restaurantjongleure (aus: Hitzeler u. a. 1988, S. 21)
Die „Jongleure zu Pferde“ führten Tricks mit allen Jonglierartikeln von Tellern bis zu brennenden Fackeln auf dem Rücken ihrer durch die Zirkusmanege galoppierenden Pferde stehend durch. Emile Aguimoff konnte sogar seine drei brennenden Fackeln gleichzeitig in die Luft werfen, einen Salto auf dem Rücken seines galoppierenden Pferdes machen, dann die Fackeln wieder auffangen und weiter jonglieren (vgl. Peter 1992, S. 7).
Abbildung 4: Jongleure zu Pferde (aus: Hitzeler u. a. 1988, S. 15)
Eine weitere Gruppe bildete die Gruppe der Gentleman-Jongleure. Sie stachen nicht durch einen besonderen Schwierigkeitsgrad ihrer Übungen hervor sondern versuchten möglichst elegant bei ihren Darbietungen auszusehen. Sie jonglierten mit allem was “zum Mann von Welt gehörte”: Zylinder, Zigarren, Handschuhe, Spazierstöcke, Sektflaschen, Billardkugeln und Billiardkoes (vgl. Peter 1992, S. 8).
Abbildung 5: Gentlemanjongleur (aus: Ziethen 1988, ABB 16)
Die „komischen Jongleure“, waren ebenfalls weniger für die Schwierigkeit ihrer Tricks berühmt als für die clowneske Art ihrer Aufführungen. Die Anzahl der verwendeten Jonglierrequisiten war bei ihren Auftritten meist nicht sehr groß. Dafür ließen sie die Zuschauer intensiver am “Kampf mit der Tücke des Objekts” (Peter 1992, S. 8) teilhaben. Auch der als Schauspieler bekannte Charlie Chaplin konnte sich zu dieser Gruppe zählen. Er trat zwar selten jonglierend auf, war aber der erste, der zeigte, wie während des Jonglierens ein Apfel verspeist werden kann (vgl. ebd.).
Abbildung 6: Komischer Jongleur (aus: Hitzeler u. a. 1988, S. 27)
Dies ist ein grober Abriss der zeitlichen Entwicklung des “klassischen Jonglierens”, mit Bällen, Keulen und Ringen. Zur Kunst des Jonglierens gehören aber noch andere interessante Geräte.
In den fernöstlichen Traditionen besitzt die Jonglage einen hohen Stellenwert. Sie bildet zusammen mit der Artistik den Höhepunkt religiöser Feste. So ist es nicht verwunderlich, das die chinesische Jonglage eine hohen Standard besitzt und hier viele Geräte erfunden wurden, von denen man im Westen lange Zeit nichts hörte. Zu den bekanntesten gehört zum Einen der Diabolo (vgl. Kapitel 2.2.6 Diabolo), ein Kreisel, der sich frei auf einer zwischen zwei Handstöcken gespannten Schnur dreht und angetrieben wird, zum Anderen, der Devilstick (vgl. Kapitel 2.2.7 Devilstick), ein Holzstab, der zwischen zwei Handstöcken frei in der Luft hin und her pendelt (vgl. Baier u. a. 1989, S. 12).
Bis heute sind viele Variationen der Jonglage ausprobiert worden. Es wird mit allen erdenklichen Gegenständen jongliert. Es gibt Jongleure, die mit Badmintonschlägern, Banjos, Stühlen, Bumerangs, Hüten, Seifenblasen, Degen oder sogar mit laufenden Kettensägen (Dick Franco, Amerika) jonglieren können. Weiterhin gibt es Jongleure, die bis zu zwölf Ringe gleichzeitig in der Luft halten können (vgl. Baier u. a. 1989, S. 13).
Abbildung 7:
(aus: Ziethen 1988, ABB 67)
Abbildung 8:
(aus: Hitzeler u. a. 1988, S. 25)
Abbildung 9:
(aus: Hitzeler u. a. 1988, S. 29)
Abbildung 10:
(aus: Hitzeler u. a. 1988, S.19)
Abbildung 11:
(aus: Hitzeler u. a. 1988, S.31)
Somit sind also viele Jongleure besonders durch die von ihnen benutzten Geräte hervorgetreten. Viele der verwandten Geräte wurde dabei von den Jongleuren zweckentfremdet, um ihren Darbietungen Besonderheit zu verleihen. Die gängigen Jongliermaterialien, die speziell nur für das Jonglieren...