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Katastrophenmanagement. Handeln in Ausnahmesituationen als Herausforderung für die Pflege

Handeln in Ausnahmesituationen als Herausforderung für die Pflege

AutorMagret Werth
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl109 Seiten
ISBN9783638586177
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Diplomarbeit aus dem Jahr 2005 im Fachbereich Gesundheit - Pflegewissenschaft - Pflegemanagement, Note: 1,3, Alice-Salomon Hochschule Berlin , 54 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Die Bilder von Großschadensereignissen und Katastrophen mit nationalem sowie internationalem Kontext drängen sich zunehmend in unseren Alltag. Auch in Deutschland hat man sich spätesten seit dem Elbe-Hochwasser 2002 eingehender mit der Problematik des Katastrophenschutzes beschäftigt. Politik und Gesellschaft drängen auf Reformen um für zukünftige Szenarien besser gerüstet zu sein. Unter dem Titel 'Katastrophenmanagement. Handeln in Ausnahmesituationen als Herausforderung für die Pflege' hat diese Arbeit das Ziel, die Berufsgruppe der Pflegenden für diese Thematik zu sensibilisieren sowie deren Aufgabenfelder in möglichen Katastrophensituationen zu eruieren. Ferner liegt es im Fokus dieser Ausführungen ein Basiswissen für mögliche Schadenszenarien zusammenzutragen, das insbesondere Helfern im Klinikbereich eine Handlungsgrundlage bietet. Die Leitfragen: 'Auf welche Krisenszenarien sollten Pflegekräfte vorbereitet sein?' und 'Welche Aufgaben hat die Pflegekraft im interdisziplinären Team der Helfer?' werden durch dieses komplexe Themengebiet führen. Einleitend dienen die Begriffsbestimmungen und gesetzlichen Grundlagen zum Katastrophen- und Zivilschutz als Basis für die weiteren Ausführungen. Im nachfolgenden Kapitel wird die Stellung der Pflegekraft in der Katastrophenhilfe unter historischen sowie aktuellen Gesichtspunkten beleuchtet. Der Hauptteil dieser Arbeit ist den allgemeinen Herausforderungen der katastrophenmedizinischen Versorgung sowie weiterführend den Besonderheiten unter klinischen Bedingungen gewidmet. Mit dem Beispiel eines Massenanfalls Verletzter werden die klinikrelevanten Bedingungen der Personalrekrutierung und -einteilung, der Kapazitätserweiterung als auch der Versorgungsmöglichkeiten unter einer akuten Leistungssteigerung dargestellt. Da dieses Schadensszenario einen größtmöglichen Praxisbezug bietet, sollen hier weiterführend die Aufgaben- und Kompetenzbereiche der Pflegekräfte untersucht werden. Abschließend sind die psychologisch-seelsorgerischen Aspekte und auch der Umgang mit Pressevertretern als Randgebiete der klinischen Versorgung eines Massenanfalls Verletzter thematisiert.

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Leseprobe

2 Definitionen und Abgrenzungen


 

Die im Folgenden diskutierten Begrifflichkeiten wurden nach dem Umfang der benötigten medizinischen Personalressourcen bezüglich eines Schadensereignisses ausgewählt und sollen in ihrer Wahl den Wissensanforderungen von Pflegepersonen im Krankenhausbereich Rechnung tragen.

 

2.1 Unfall


 

Bei der Recherche zum Unfallbegriff zeigte sich eine recht breite Verwendung dieser Bezeichnung. Allgemein kann ein Unfall als ein schädigendes Ereignis bezeichnet werden.

 

Die Unterteilung des Begriffs nach Umfeld und Art des Ereignisses (z.B. Arbeitsunfall mit Verbrennung) sowie nach der Art des Verschuldens (Eigenverschulden, Fremdverschulden, höhere Gewalt)  ist möglich und sinnvoll (vgl. wikipedia 2005).

 

Insbesondere in der Versicherungswirtschaft hat man sich verstärkt um eine klare Definition des Begriffes bemüht. Während der Recherche fand sich eine größere Anzahl von Definitionen zum Unfallbegriff der Versicherungen. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft schreibt zusammenfassend: "Ein Unfall liegt vor, wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis (Unfallereignis) unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet. Als Unfall gilt auch, wenn durch eine erhöhte Kraftanstrengung an Gliedmaßen oder Wirbelsäule ein Gelenk verrenkt wird oder Muskeln, Sehnen, Bänder oder Kapseln gezerrt oder zerrissen werden.“ (ilexikon 2005).

 

Die Auswahl an Definitionen zum Unfallbegriff in den medizinisch-pflegerischen Fachbüchern ist dagegen vergleichsweise gering. Im „Handbuch der medizinischen  Katastrophenhilfe“ (1991) wird der Unfall als „Unbeabsichtigtes, zufälliges, kurzfristig einwirkendes Ereignis, durch das eine oder mehrere Personen und/oder Sachgüter Schaden erleiden und das weder örtlich noch zeitlich vorhersehbar ist.“ (Rebentisch 1991, S. 12) definiert.

 

Für den deutschsprachigen Raum fand sich während der Recherche auch eine Definition des rettungsdienstlichen Bereichs in Österreich. Ein Unfall wird hier als ein Schadensereignis beschrieben, “[…] das räumlich begrenzt und mit den vorhandenen Mitteln in angemessener Zeit bewältigt werden kann. Bei einer Katastrophe gilt dies nicht mehr.“(Gschanes 2001). Weiterhin werden Unfälle hier nach „klein“, „mittel“ und „groß“ eingeteilt, was die fehlende Kategorie des Großschadensereignisses erklärt. Ein Unfall in der Kategorie „groß“ ist dem sehr wahrscheinlich gleichzusetzen (vgl. Gschanes 2001).

 

Zum Unfallbegriff bezüglich der Thematik dieser Arbeit lässt sich zusammenfassend sagen, dass es sich hierbei um eine oder mehrere geschädigte  Person(en) handelt, die mit den örtlichen oder regionalen Ressourcen in angemessener Zeit problemlos medizinisch versorgt werden kann/können. Die Versorgungskapazitäten sind in jeglicher Hinsicht ausreichend vorhanden.

 

2.2 Großschadensereignis


 

In vielen Definitionen finden sich zum Großschadensereignis gleichgesetzte Begrifflichkeiten wie Massenunfall, Massenanfall Verletzter und Großunfall. Allen ist eine recht gute Abgrenzung zum Begriff der Katastrophe gemein. Eine eindeutige und einheitliche Abgrenzung der aufgeführten Bezeichnungen untereinander bleibt jedoch zumeist offen. Lediglich im „Handbuch für Schnell-Einsatz-Gruppen“ (2001) wird klar zwischen einem Massenanfall von Verletzten und einem Großschadensereignis im notfallmedizinischen Sinn unterschieden. Bei ersterem reichen die vorhandenen und einsetzbaren Kräfte des Rettungsdienstes aus, bei letzterem reichen diese nicht mehr aus. Allerdings wird darauf hingewiesen, dass diese Typologie aus rein notfall- und katastrophenmedizinischer Sicht erstellt wurde (vgl. Peter 2001, S. 25f.).

 

Rebentisch (1991) definiert ein Großschadensereignis als ein „Außergewöhnlich schwer-wiegendes und/oder umfangreiches, unvorhergesehen eintretendes Ereignis, von dem zahlreiche Menschen und/oder Sachwerte und/oder Infrastrukturen betroffen sein können, dessen Folgen jedoch mit den örtlich oder regional  frühzeitig verfügbaren Kräften und Mitteln in angemessener Zeit beherrscht und überwunden werden können.“ (Rebentisch 1991, S. 12).

 

Bittger (1996) setzt das Wort Großschadensereignis mit dem Wort Großunfall gleich und spricht von einem „[…] Ereignis, bei dem die Verletztenzahl überschaubar ist und bei dem zur Bewältigung der Abläufe schnelle Entscheidungen erforderlich sind.“ (Bittger 1996, S. 1).

 

Er bestimmt die Begriffe Großunfall und Katastrophe in Abhängigkeit von den individuellen örtlichen und personellen Gegebenheiten. Nach Linde et al. (1992) handelt es sich bei Großschadensereignissen um Schadensereignisse, die sich durch ihre schwierigeren und umfangreicheren Bewältigungsmaßnahmen von denen der Unglücksfälle und Notfälle abgrenzen. Weiterhin wird die Grauzone zwischen einem Notfall und einer Katastrophe hier als ein ‚Massenanfall Verletzter’ bezeichnet. In nachfolgender Abgrenzung zum Katastrophen-begriff wird ein „Massenanfall von Verletzten“ folgendermaßen definiert: „Wird bei einem Schadensereignis die Kapazität des Rettungsdienstes einschließlich seiner Reserven und der in Anspruch genommenen Nachbarschaftshilfe durch die Größenordnung und die zeitliche Entwicklung der Einsatzanforderungen überschritten, ist die Schnittstelle zur Katastrophe erreicht.“ (Linde et al. 1992, S. 27).  

 

Zur Begriffsklärung des Großschadensereignisses bezüglich der Personenschäden lässt sich allgemein feststellen, dass es sich stets um mehre geschädigte Personen handelt, die nur unter einem deutlich erhöhten, örtlichen, regionalen und eventuell überregionalen Ressourcenaufgebot in angemessener Zeit medizinisch versorgt werden können.

 

2.3 Katastrophe


 

Wie bei den beiden vorangegangenen Begriffsbestimmungen Unfall und Großschadens-ereignis wird auch der Katastrophenbegriff von den jeweiligen Fachgebieten und Institutionen unterschiedlich definiert. Der Begriff Katastrophe ist lateinisch/griechischen Ursprungs und bedeutet Wende oder Umkehr (vgl. Duden Band 5 1997, S. 410).

 

Man spricht in einem Katastrophenfall allgemein von Ereignissen, „[…] die akut oder chronisch, von kurzer oder protrahierter Dauer auf ein System einwirken und es dadurch vor Aufgaben stellen, die es selbst nicht lösen kann.“ (Kirchhoff; Linde 1984, S. 9).

 

Rebentisch (1991) definiert Katastrophe unter dem medizinischen Gesichtspunkt etwas genauer als „Außergewöhnlich schwerwiegendes und/oder umfangreiches, meistens überraschend eintretendes Ereignis, das das Leben und die Gesundheit sehr vieler Menschen und/oder erhebliche Sachwerte und/oder die Lebensgrundlagen einer großen Bevölkerungsgruppe in so erheblichem Maße schädigt oder gefährdet, dass es mit den örtlichen oder regional verfügbaren Kräften und Mitteln allein nicht zu bewältigen ist“ (Rebentisch 1991, S. 12).

 

Die Auslöser von Katastrophen können Naturereignisse oder direkt bzw. indirekt  Menschen sein. Schadensereignisse werden jedoch nur dann zu Katastrophen, wenn die verfügbaren Ressourcen zur zeitgerechten Hilfeleistung unzureichend sind. Demnach wird ein Ereignis erst dann zum Katastrophenfall erklärt, wenn der zuständigen Behörde diese Mängel bewusst werden (vgl. Rebentisch 1991, S. 12).

 

Eine Definition im Sinne des Rettungsdienstes benennt eine Katastrophe als „Schadensereignis mit einer Zerstörung der örtlichen Infrastruktur […]“ und „kann mit den Mitteln und Einsatzstrukturen des Rettungsdienstes nicht alleine bewältigt werden“ (DIN 130 050 „Rettungswesen-Begriffe“ in Holle; Pohl-Meuthen 2002, S. 18).

 

Im Gesetz zur Neuordnung des Brandschutzes, Rettungsdienstes und Katastrophenschutzes im Freistaat Sachsen (2004) ist eine Katastrophe sehr umfassend beschrieben als  „[…] ein Geschehen, welches das Leben, die Gesundheit, die Versorgung zahlreicher Menschen mit lebensnotwendigen Gütern und Leistungen, die Umwelt oder erhebliche Sachwerte in so außergewöhnlichem Maße gefährdet oder schädigt, dass Hilfe und Schutz wirksam nur gewährt werden können, wenn die zuständigen Behörden und Dienststellen, Organisationen und eingesetzten Kräfte unter der einheitlichen Leitung einer Katastrophenschutzbehörde zusammenwirken.“ (sachsen/staatsregierung/ministerien 2005)

 

Als besonders wichtig wird in dieser Begriffsdefinition die einheitliche Koordination aller Maßnahmen angesehen, was auf die Erfahrungen des Landes Sachsen nach dem Elbehochwasser 2002 schließen lässt.  

 

Zusammenfassend wird insbesondere unter medizinischen Gesichtspunkten von einer Schädigung oder Gefährdung einer großen Anzahl an Personen...

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