Anerkennung: So fühlt sich Ihr Kind ungeliebt
Ganz im Ernst: Was Sie Positives tun können
Ein Kind mit dem starken Beziehungsmotiv Anerkennung will gelobt werden: Es will hören, dass es als Person in Ordnung ist, dass es liebenswert und begabt ist, und dies auch im Vergleich zu anderen Gleichaltrigen und Freunden.
Kinder kommen nicht bereits mit einem Überschuss an Selbstwertgefühl zur Welt. Sie sind auf Rückmeldungen von außen angewiesen, um sich selbst mit der Zeit als liebenswert zu definieren. Das bedeutet wiederum, dass es die Aufgabe der primären Bezugspersonen ist, ihren Kindern »Anerkennungssignale« zukommen zu lassen. Am besten, indem man das Kind deutlich spüren lässt, wie gern und lieb man es hat und es grundsätzlich als Person schätzt und es lobt. Man Kinder niemals genug loben! Denn ein Kind entwickelt so das, was gemeinhin als »Selbstwert«, »Selbstbewusstsein« und »Selbstsicherheit« bezeichnet wird.
Denken Sie bitte daran: Loben bedeutet Futter und nicht nur Information! Wenn Sie gestern gegessen haben, dann sind Sie heute wieder hungrig. Sie sagen sich dann auch nicht: Ich habe gestern erst gegessen, ich weiß ja, wie Brot schmeckt! Das Gleiche gilt auch für alle anderen Motive: Machen Sie sich klar: Feedback ist Information, aber Feedback ist vor allem Futter! Eigentlich ist es nicht so schwierig, sein Kind zu loben, denn es macht sicher viele Dinge gut, für die man es loben kann. Aus diesem Grunde sollten Sie auch nie sagen: »Ich habe mein Kind ja gestern schon gelobt! Es weiß ja, was ich von ihm halte.« Wenn Sie sich klar machen, dass Lob »Futter für ein Motiv« ist, dann kommen Sie gar nicht erst auf eine solch absurde Idee!
Ein weiteres Argument für ehrliches Lob: Es wirkt nicht nur positiv auf Beziehungen und Schemata, Lob ist auch stark motivierend! Lobt man sein Kind, dann möchte es noch besser werden.
Nichts gesagt ist genug gelobt
Wenn Sie Ihr Kind jedoch wirksam und nachhaltig beeinträchtigen wollen, dann ist es hilfreich, auch eine entsprechende Einstellung zu entwickeln, denn aus dieser heraus kritisiert es sich leichter und Abwertungen kommen ohne schlechtes Gewissen über die Lippen. Die folgenden Ratschläge sind wirklich sehr effektiv, aber nur dann, wenn Sie sie auch wirklich ernsthaft umsetzen! Machen Sie keine halben Sachen! Glauben Sie an das, was Sie tun: Am besten, Sie machen sich vor, wirklich nur das Beste für Ihr Kind zu wollen und dass Sie als Erwachsener ja sowieso viel besser wissen, was für Ihr Kind gut ist, als das Kind selbst! Es gibt viele, die diesen Unsinn wirklich glauben, also sollte Ihnen das auch gelingen!
Halten Sie sich am besten an folgende Strategien:
Stellen Sie hohe Anforderungen, die Ihr Kind kaum erfüllen kann. Gleichzeitig motivieren Sie mit den Worten: »Das schafft doch jedes Kind!«
Halten Sie die Erreichung dieser Standards für selbstverständlich. Man muss ein Kind dafür nicht loben: Was selbstverständlich ist, verdient keinerlei Kommentar, vor allem keinen positiven.
Es ist allerdings ärgerlich, wenn Ihr Kind solche trivialen Standards nicht erfüllt; Sie ärgern sich darüber zu Recht und sollten den Ärger Ihrem Kind mitteilen.
Gehen Sie davon aus, dass Kritik am stärksten motiviert und daher hochgradig sinnvoll ist: Je mehr Kritik, desto besser; das Kind muss schließlich lernen, realistische Kritik sinnvoll zu nutzen.
Wenn Sie überhaupt loben, dann natürlich nur, wenn das Kind die Standards voll erfüllt, was selten geschieht. Übrigens: Knapp daneben ist auch vorbei. Eine knappe Zielverfehlung ist besonders ärgerlich und sollte besonders deutlich kritisiert werden.
Am wirksamsten motivieren Sie Ihr Kind über Provokationen. Machen Sie ihm also deutlich, dass es bestimmte Leistungen sowieso nicht erreichen kann.
Lassen Sie sich bitte nicht von Ihrem Kind einlullen, wenn es sich unwohl fühlt oder gar traurig ist. Sie wollen es doch für den Lebenskampf abhärten und nicht zu einem Weichei erziehen!
Wie Sie sehen, ist das alles gar nicht so schwierig, denn alle Argumente klingen doch sehr einleuchtend – oder? Vor allem das mit der »Realität«: Sie bereiten Ihr Kind durch realistische Kritik schließlich nur auf die Realität des Arbeitsalltags vor! Dass Ihr Kind kein Erwachsener ist und dem Arbeitsalltag noch lange nicht ausgeliefert ist, das können Sie getrost übersehen. »Wehret den Anfängen«, wie der gebildete Mensch sagt!
Wenn Sie diese Einstellungen konsequent verinnerlichen, wird sich das bei Ihrem Kind nachhaltig auswirken:
Ihr Kind entwickelt ein (extrem) negatives Selbstschema und bekommt (massive) Selbstzweifel.
Ihr Kind hat eine niedrige »Selbst-Effizienz-Erwartung«. Es nimmt also an, dass es unfähig ist bzw. sein Bemühen wirkungslos bleibt. Dies reduziert Leistungsmotivation und Anstrengungsbereitschaft sehr stark. Vor allem die sogenannte »intrinsische« Motivation wird dadurch massiv untergraben, also die Motivation, etwas zu tun, weil es an sich herausfordernd ist, Spaß macht oder zu Kompetenzerleben führt.
Ihr Kind fühlt sich stark defizitär und minderwertig. Es setzt sich stark unter Druck und glaubt, alles falsch zu machen.
Ihr Kind fühlt sich von Ihnen abgelehnt, nicht geschätzt und nicht geliebt.
Ihr Kind wird schließlich die Einsicht gewinnen, dass es nicht liebenswert und nicht okay ist – als Person ein wandelndes Defizit.
Natürlich muss Ihnen das alles keinerlei schlechtes Gewissen machen: Denn geht es nicht allen so? Und wird nicht aus vielen ein erfolgreicher Mensch? »Per aspera ad astra«, um noch einmal den gebildeten Lateiner zu zitieren. Also: Ein etwas negatives Selbstschema hat noch niemandem geschadet!
Strategien der Abwertung
Wenn Sie wollen, dass Ihr Kind so empfindet, dann stehen Ihnen viele Strategien zur Verfügung:
Als erste Grundlage sollten Sie jegliche positive Rückmeldung und Lob vermeiden: Wenn Ihr Kind freudestrahlend ankommt und sagt: »Guck mal, ich habe Dir ein Bild gemalt!«, sagen Sie am besten gar nichts – oder lassen Sie sich höchstens zu einem indifferenten »Mmh« hinreißen. Das Kind für jeden »Mist« zu loben, fehlte ja gerade noch: Das Kind könnte ja geradezu übermütig werden.
Sagen Sie Ihrem Kind am besten auch niemals, dass Sie es lieb haben. Halten Sie sich einfach bedeckt mit jeglicher Form von Liebesbekundung. Außerdem: Das Kind müsste das ja auch von selbst merken.
Wenn ein Kind in einer Klassenarbeit eine gute Note nach Hause bringt, machen Sie ihm deutlich, dass es noch besser geht. Schließlich waren andere noch besser. Stellen Sie Vergleichsfragen: »Was haben denn die anderen?«, »Wie viele aus der Klasse haben denn eine bessere Note?« und spornen Sie es zu mehr Leistung an: »Das kannst Du doch besser!«, »Trotz der vielen Übung nur eine Zwei?« Es ist günstig, wenn Sie wirklich glauben, dass Kritik eine hohe Motivation erzeugt (»Hat bei mir doch auch geklappt.«).
Rufen Sie Ihrem Kind regelmäßig in Erinnerung, dass es Ihre Erwartungen nicht erfüllen kann und dass Sie grundsätzlich an seinen Fähigkeiten zweifeln: »Aus Dir wird nie ein guter Schüler!«, »Wenn Du so weitermachst, landest Du in der Gosse!«, »Du bringst ja überhaupt nichts auf die Reihe!« Solche Drohungen sollten doch eigentlich wirken: Wenn das nicht wirkt, was soll man denn noch tun?
Sollte Ihr Kind wider Erwarten eine gute Schulnote mit nach Hause bringen, so machen Sie ihm deutlich, dass es die Leistung nur durch extreme Anstrengung,...