Einführung
»Am Dienstag stellte Gabriella Baumann-von Arx im Weissen Wind die 2014 erschienenen Bücher ihres Wörterseh-Verlags vor. Zusammen mit Ehemann Frank, seines Zeichens Satiriker und TV-Produzent, führte sie durch den Abend und erzählte wieder mal die Geschichte, wie ihr – als sie mit dem Entscheid rang, ob sie einen Verlag gründen sollte – ein Spatz auf den Kopf geschissen habe. ›Ein deutlicheres Zeichen von oben bekomme ich nicht mehr‹, dachte sie – und startete mit einem kleinen Verlag. Gatte Frank ergänzte spontan: ›Hätte dir damals ein Adler auf den Kopf geschissen, wäre es ein grosser Verlag geworden.‹« (roc 2015)
Hatten Sie schon einmal das zwingende Gefühl, etwas tun zu müssen oder dass etwas geschehen ist? Obwohl Sie eigentlich nicht wussten, warum Sie so sicher waren oder worum es letztlich ging? Ein solches Gefühl taucht in der Regel plötzlich und unerwartet aus dem Nichts auf und wird fast körperlich erlebt, im Sinne eines somatischen Markers (Bechara et al. 2005; Damasio 1996; Maia/McClelland 2004). Es ist klar von einer Projektion, Übertragung oder von Wunsch-, Angst- oder Zwangsgedanken zu unterscheiden, da sich – wenn es klick macht – ein realer, kontextbezogener Hintergrund für die Dringlichkeit Ihres Handelns erschließt.
Aber beschreibt die Spatz-Geschichte nun ein Klick-Phänomen oder ging es eher um ein Zeichen den Himmels oder um eine Synchronizität? Um dies zu beurteilen, folgt nun ein »richtiges« Klick-Erlebnis:
Eine Geburtsgeschichte
Wie immer, wenn ich von Zürich nach Norddeutschland reiste, fuhr ich auch an diesem 5. Mai über Freiburg i. Br. Als der Zug dort gegen 10 Uhr hielt, fiel mir plötzlich Manfred ein, der Sohn einer guten Freundin, der im April/Mai zum ersten Mal Vater, und zwar von Zwillingen werden sollte. Auch wenn ich über die Jahre mit dem jungen Mann nur selten bis nie direkt Kontakt gehabt hatte, fragte ich ihn sogleich per SMS, ob die Kinder schon da seien. Knapp 2 Stunden später erhielt eine SMS: Ja! 5.5., 10.15 Uhr.
Wenn ich mich an diese Situation erinnere, bin ich jedes Mal aufs Neue erstaunt, dass mir diese Geburt nahezu in dem Moment in den Sinn kam, als sie sich vollzog bzw. ich den Impuls verspürte, dem lose bekannten Manfred eine SMS zu schicken (Klick.) (R., A. 2014a)
Diese und andere merkwürdige Geschehnisse haben Laien, Psychologen, Soziologen und Naturwissenschaftler seit jeher beschäftigt. Wie die Liebe sind diese Phänomene für einen selbst einfach und unmittelbar zu erkennen. Drittpersonen aber sind sie nur schwer zu vermitteln und nachvollziehbar zu machen, wenn sie nicht mindestens einmal im Leben so etwas selbst erlebt haben. Und: Wie die Liebe sind auch sie praktisch nicht zu reproduzieren!
Schon seit Langem sind sogenannte Intuitionen in der Tiefenpsychologie sowie im allgemeinen Sprachgebrauch u. a. als Synchronizitäten (sinnvolle Zufälle) bekannt. Intuition und Synchronizität werden in der eher esoterisch geprägten Literatur längst diskutiert, wobei es nur wenige aktuelle und seriöse Auseinandersetzungen gibt.
Im Verlauf dieses Buches werde ich argumentieren, dass der Ursprung von Synchronizitäts- und Klick-Phänomenen in der Quantenverschränkung liegen könnte, eine Eigenschaft, die aus der Quantenphysik bekannt ist. Aber was ist eigentlich eine Verschränkung?
Quantenverschränkung
Bestimmte einheitliche Quantensysteme lassen sich nicht in Teilsysteme zerlegen, die von den räumlichen und zeitlichen Bedingungen der Beobachtung unabhängig sind. Dies hat zur Folge, dass unter spezifischen experimentellen Bedingungen Quantenzustände miteinander verschränkt werden: Das Wertepaar bestimmter physikalischer Größen eines Quantensystems zeigt immer die gleichen oder immer entgegensetzte Resultate, wie z. B. Kopf oder Zahl nach dem jeweiligen Wurf zwei getrennter Münzen (Zwei-Münzen-System). Dies mag alles sehr kompliziert klingen, weshalb ich nun ein bildhaftes Gedankenexperiment vorstelle, welches das Wesen der Quantenverschränkung verdeutlichen soll.
Das Quantenmünzen-Gedankenexperiment
Annette und Bruno seien im Besitz zweier Münzen A & B, die sich genau so verhalten, als wären sie den Gesetzen der Quantenphysik unterworfen. Somit hätten sie folgende merkwürdige Situation:
Die Münzen A & B stellen zwei Quantenteilchen dar. Jedes dieser Teilchen kann in einem von nur zwei möglichen Zuständen sein: Kopf oder Zahl.
Die Münzen sind verschränkt, d. h., dass wann auch immer A im Zustand Zahl oder Kopf ist, wird zwangsläufig und simultan B immer im entgegengesetzten Zustand Kopf bzw. Zahl sein, und dies unabhängig davon, wann Münze A oder B geworfen wird (A vor B, B vor A oder A & B gleichzeitig).
In einem klassischen Experiment mit gewöhnlichen Münzen hätten A & B nur bei 50 Prozent der Fälle entgegengesetzte Resultate. Mit verschränkten Münzen zeigen A & B immer entgegengesetzte Resultate!
So könnten Annette und Bruno ihre Quantenmünzen benutzen, um z. B. zu wissen, wo sie sich zum Mittagessen treffen: Jeden Morgen werfen sie getrennt ihre jeweilige Münze.
Da das Resultat stets entgegengesetzt sein wird, haben sie im Voraus abgemacht, dass diejenige Person mit dem Resultat Zahl zum Lieblingsrestaurant der anderen Person gehen soll. (Andersherum betrachtet: Die Person, die dann Kopf hat, weiß, dass sie an diesem Tag in ihr Lieblingsrestaurant gehen muss.) Diese Abmachung wird protokolliert, sodass Annette und Bruno ihre Reaktionen auf den Münzwurf koordinieren können.
Achtung: Weder Annette noch Bruno wissen am Morgen vor dem Wurf, in welchem Restaurant sie/er den/die andere/n gleichentags mittags treffen wird. Die Münzen A & B können nicht benutzt werden, um ein Signal, d. h. eine Absicht, eine Entscheidung oder einen Wunsch, von einer Person zur anderen zu schicken: Legt die eine Person ihre Münze absichtlich mit Kopf oder Zahl auf den Tisch, wird die Verschränkung der Quantenmünzen zerstört.
Verschränkung kann nicht benutzt werden, um eine einseitig bereits gewusste eindeutige Information (Absicht, Entscheidung oder Wunsch) dem anderen Beobachter mitzuteilen, z. B. mithilfe von verschränkten Münzen. Ebenso wenig können Synchronizitäten, außersinnliche Wahrnehmungen (ASW), Prophezeihungen oder die sympathetische Magie benutzt werden, um eine Absicht, eine Entscheidung oder einen Wunsch zu mitzuteilen.
Weder Annette noch Bruno weiß, wie das Resultat seines Wurfs aussehen wird: Beide sind »Empfänger« von Information aus dem Quantenwahrscheinlichkeitsfeld Ψ.
Der Mensch muss vollständig in der Gegenwart präsent sein: ohne Ablenkung, ohne Entscheidungen oder ausdrückliche Wünsche in Bezug auf die Zukunft, damit lokale Ereignisse sich in der gegenwärtigen (Raum-Zeit-)Situation für ihn sinnvoll miteinander im Sinne der Quantenverschränkung verknüpfen und real werden können. Solch einen Zustand der erwartungsvollen Aufmerksamkeit nenne ich Präsenz.
Außerordentliche Intuitionen, bei denen vermutlich eine Quantenverschränkung im Spiel ist, umfassen Klick-Erlebnisse oder auch Klick-Phänomene, d. h., Menschen spüren etwas, was sich bei näherem Hinsehen als ein tatsächliches Geschehen entpuppt. Hierbei denke ich an verblüffende, mit einem persönlichen Sinn gefärbte Zufälle, die bedeutungsvolle, anscheinend nicht kausal bedingte Botschaften enthalten und die quasi körperlich erlebt werden oder den Empfänger sonst wie von der Dringlichkeit des Handelns überzeugen. Klick-Phänomene gehören zum Alltag, sind aber nicht willentlich reproduzierbar. Viele Menschen erleben mindestens einmal im Leben solch eine zwingende, gefühlsbetonte Vorstellung:
• Sie sitzen im Restaurant, haben plötzlich und unerwartet ein eigenartiges Gefühl im Nacken: Klick. Sie drehen sich um und sehen jemanden, der Sie beobachtet, errötet und wegschaut.
• Sie suchen konzentriert nach einem Parkplatz in einem anscheinend hoffnungslos überfüllten Stadtquartier. Auf einmal spüren Sie die Notwendigkeit, in eine Ihnen bis dahin unbekannte Gasse einzubiegen: Klick. Und siehe da: Jemand fährt gerade vor Ihnen weg, sodass Sie den Platz ohne lange Sucherei übernehmen können.
• Sie erwachen morgens aus einem Traum mit der Gewissheit, dass ein schon vor Monaten vermeintlich verloren gegangenes Geschenkpaket bei Ihrer im Ausland wohnenden Tante endlich angekommen ist: Klick. Sie rufen die Tante an und erfahren, dass es sich genau so verhält.
• Sie sind auf dem Weg ins Café, denken dabei an eine liebe Bekannte und entscheiden spontan, ein anderes aufzusuchen: Klick. Hoppla! – da sitzt sie am Fensterplatz und winkt Ihnen freudig überrascht zu.
• Sie verspüren geradezu körperlich den fast unwiderstehlichen Drang, Ihren Liebsten zu kontaktieren: Klick. Sie rufen ihn zu seiner Verblüffung just in dem Augenblick an, als er ohne Ihr Wissen einen Verlobungsring für Sie kauft, was er Ihnen selbstverständlich erst später erzählt.
Diese Liste ließe sich leicht...