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Klinisches Risikomanagement auf der Basis des Critical Incident Reporting Systems

AutorBenjamin Morgan
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl100 Seiten
ISBN9783656677994
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2013 im Fachbereich Gesundheit - Public Health, Note: 1,0, Justus-Liebig-Universität Gießen (Institut für Wirtschaftslehre des Haushalts und Verbrauchsforschung), Veranstaltung: Qualitätsmanagement bei Versorgungs- und Dienstleistungsbetrieben, Sprache: Deutsch, Abstract: Der Grundsatz des hippokratischen Berufsethos 'Primum non nocere' verlangt eine möglichst schadensfreie Versorgung der Patienten durch das gesamte medizinische und pflegerische Personal. Die Versorgung von Patienten war jedoch, wie jede andere Disziplin, nie frei von Fehlern, vielmehr gingen diese von den frühesten Anfängen an mit ihr einher (vgl. Imhof 2010, S. 9). Diese Umstände bedingen, dass die Thematik des Risikomanagements auch in den Kliniken aufgegriffen wurde (vgl. Holzer u.a. 2005, S. 11). Ein Instrument zur Identifikation von Risiken ist zum Beispiel das Critical Incident Reporting System (CIRS). Mittels des CIRS sollen Beinahezwischenfälle gemeldet werden, im Zuge derer es zu Schäden am Patienten hätte kommen können (vgl. Ertl-Wagner 2009, S. 152). Viele Krankenhäuser nutzen bereits das CIRS, um mögliche Risiken zu identifizieren.

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Leseprobe

3 Rahmenbedingungen für das Risikomanagement in Krankenhäusern


 

3.1 Klinisches Risikomanagement


 

Klinisches Risikomanagement betrachtet insbesondere die im Krankenhaus angebotenen Dienstleistungen hinsichtlich der Gefahrenquellen und latenten Fehler in der Erstellung von medizinischen Versorgungsleistungen (vgl. Pauli 2013, S. 50). Durch eine systematische Fehlererfassung sollen mögliche Störquellen aufgespürt und frühzeitig erkannt werden (vgl. Pauli 2013, S. 50). Es geht darum, die Ursachen von Fehlern, Zwischenfällen, eingetretenen unerwünschten vermeidbaren Ereignissen und Schadensfällen zu analysieren und zu bewerten (vgl. Pauli 2013, S. 50). Anschließend sollen dadurch Strategien und Maßnahmen entwickelt werden, um eine zukünftige Vermeidung oder zumindest eine Reduzierung der Risiken zu erreichen (vgl. Pauli 2013, S. 50). Klinisches Risikomanagement ist daher ein Instrument zur Verbesserung der Patientensicherheit und dient darüber hinaus als eine Methode zur Erreichung einer möglichst sicheren und zuverlässigen Gestaltung der Organisation im Allgemeinen. Der Zweck ist die Vermeidung bzw. die Minimierung von Behandlungs- und Organisationsrisiken in den verschiedensten Bereichen von Krankenhäusern (vgl. Pauli 2013, S. 51), die sich auf die Systemziele des Krankenhauses auswirken können.

 

Klinisches Risikomanagement ist damit ein Präventionssystem, um die Risiken bei der Erstellung und Durchführung aller Primärleistungen eines Krankenhauses zu reduzieren (vgl. Führing/Gausmann 2004, S. 29f.). Es kann dadurch zur Verbesserung der Patientensicherheit und zur Erreichung eines hohen Sicherheitsniveaus in Hinsicht auf die Systemziele des Krankenhauses beitragen.

 

3.1.1 Risikomanagementprozess


 

Klinisches Risikomanagement orientiert sich an einem bestimmten Prozessablauf. Im wissenschaftlichen Diskurs werden dabei grundsätzlich die in Abbildung 1 dargestellten Prozessschritte verwendet.

 

 

Abbildung 1: Der Risikomanagementprozess als Regelkreis Quelle: (Middendorf 2006, S.27)

 

Die Einstufung erfolgt anhand von vier Stufen, nämlich der Risikoidentifikation, der Risikobewertung, der Risikobewältigung sowie des Risikocontrollings (vgl. Middendorf 2007, S. 63). Die beiden Phasen der Risikoidentifikation und der Risikobewertung werden dem Bereich der Risikoanalyse zugeordnet (vgl. Middendorf 2007, S. 63). Diese Stufen bilden einen Regelkreis, der sich einer ständigen Wiederholung unterzieht (vgl. Middendorf2007, S. 63). Die Wiederholung der Prozesse dient dazu, immer neue Risiken zu entdecken und die Wirksamkeit und die Nachhaltigkeit der Maßnahmen messbar zu machen (vgl. Middendorf 2007, S. 63).

 

Der erste Prozessschritt ist die Risikoidentifikation. Für die Risikoidentifikation gibt es verschiedene Instrumente. Dazu gehören beispielsweise das Risikoaudit, Beschwerdemanagementsysteme und auch das CIRS. Die Risikoidentifizierung ist damit ein Erfassungsinstrument, welches zunächst Fehler entdecken soll. Dabei sollen aber bereits alle möglichen Risikoursachen erfasst werden, um im späteren Verlauf die tatsächlichen Risikoursachen von den oberflächlichen Risikosymptomen unterscheiden zu können (vgl. Middendorf 2006, S.27). Mit den oberflächlichen Risikosymptomen können beispielsweise latente Fehlerstrukturen in der Organisation gemeint sein. Nach der Risikoidentifikation folgt als zweiter Prozessschritt die Risikobewertung.

 

Bei der Risikobewertung werden nun mittels verschiedener Instrumente die Risiken hinsichtlich der Eintrittswahrscheinlichkeiten, das heißt der möglichen Häufigkeit eines Schadenseintrittes, sowie des Schadensausmaßes, das heißt der potenziellen Bedeutung eines möglichen Schadens, bewertet (vgl. Schmitz/Wehrheim 2006, S.81). Hierzu ist auch die mathematische- bzw. sachrationale Definition des Risikobegriffes hilfreich. Dabei können auch unterschiedliche Risikoklassen gebildet werden. Die Bandbreite an Klassen kann von einem geringen Risiko bis zu einem existenzbedrohenden Risiko reichen (vgl. Schmitz/Wehrheim 2006, S.81). Im Fall einer Klinik wäre beispielsweise ein kritisches Ausmaß ein Schaden am Patienten. Aber auch andere Faktoren wie ökonomische Schäden können dabei eine Rolle spielen. Nach der Bewertung erfolgt eine Priorisierung der Risiken. Diese ist nötig, um die Dringlichkeit eines möglichen Risikos zu erfassen und Maßnahmen zur Bewältigung von möglichen Risiken zu bilden. Die Dringlichkeit kann anhand der beiden Größen Schadenshöhe und Eintrittswahrscheinlichkeit beurteilt werden (vgl. Middendorf 2007, S. 64). Diese Faktoren können durch Statistiken, Erfahrungswerte, Branchenvergleiche, Studien oder, falls nicht anders möglich, durch subjektive Einschätzungen fachkundiger Experten ermittelt werden (vgl. Middendorf 2007, S. 64).

 

Middendorf unterscheidet bei der Risikobewältigung, der dritten Phase des Risikomanagmentprozesses, zwischen den ursachenbezogenen Maßnahmen und den wirkungsbezogenen Maßnahmen (vgl. Middendorf 2006, S.28). Die ursachenbezogenen Maßnahmen sollen Risikoursachen identifizieren und gleichzeitig Maßnahmen zur Gegensteuerung von Risiken einleiten (vgl. Middendorf 2007, S. 64). Wie zuvor beschrieben, gehören Risiken immer zum Alltagsgeschäft eines Unternehmens. Eine vollständige Risikovermeidung kann daher nur gewährleistet sein, wenn das Unternehmen überhaupt keine Handlungen mehr durchführt. Diese Annahme beruht darauf, dass Risiken allgegenwärtig sind und nie ganz ausgeschlossen werden können. Die Risikovermeidung kann daher nur selektiv bei bestimmten ausgewählten und identifizierten Risiken erfolgen (vgl. Middendorf 2007, S. 64). Nur die Risiken, deren Auswirkungen nicht zu akzeptieren sind, sind zu vermeiden (vgl. Middendorf 2007, S. 64).

 

Die Risikominderung, als zweites Element der ursachenbezogenen Maßnahmen, soll die Eintrittswahrscheinlichkeiten oder die Auswirkungen von Risiken auf ein akzeptables Niveau reduzieren (vgl. Middendorf 2007, S. 65). Hierzu gehören beispielsweise Maßnahmen in Form von Mitarbeiterschulungen, technischen Maßnahmen, Prüfverfahren, Checklisten und Sicherheitsrichtlinien (vgl. Middendorf 2007, S. 65). Wirkungsbezogene Maßnahmen sind nach Middendorf passive Risikobewältigungsstrategien, die nur die Auswirkungen eines eingetretenen Schadensfalls vermindern sollen (vgl. Middendorf 2006, S.29).

 

Die wirkungsbezogenen Maßnahmen unterliegen ebenfalls der Prämisse, dass sich Zwischenfälle nie vollkommen ausschließen lassen und manche Risiken hinzunehmen sind (vgl. Middendorf 2007, S. 65). Die beiden Elemente der wirkungsbezogenen Maßnahmen, zum einen der Risikotransfer und zum anderen die Risikovorsorge, sollen die Zwischenfälle auf ein Niveau reduzieren, das zur Begrenzung bzw. Abwendung der Existenzbedrohung des Unternehmens führt (vgl. Middendorf 2007, S. 65). Unter Risikotransfer lässt sich die Übertragung von Risiken auf Dritte verstehen (vgl. Middendorf 2007, S. 66). Die möglichen Kosten eines Risikos werden dadurch zu Fixkosten. Die Fixkosten können in Form von Versicherungsprämien oder der entsprechenden Gestaltung von Verträgen mit Lieferanten auftreten (vgl. Middendorf 2007, S. 66). Die Risikovorsorge bezieht sich auf die Absicherung durch finanzielle Deckungsmassen, um mögliche Schadensfälle abzusichern (vgl. Middendorf 2007, S. 66). Das Unternehmen geht daher das Risiko bewusst ein und muss die Kosten durch eigene Vorsorge selbst tragen (vgl. Middendorf 2007, S. 66).

 

In der abschließenden Phase des Risikomanagementprozesses, beim Risikocontrolling, werden alle Maßnahmen des Risikomanagements unter der Berücksichtigung ihrer Wirkungsweise überprüft (vgl. Middendorf2007, S. 66). Darüber hinaus sollte untersucht werden, ob die getroffenen Maßnahmen zur Bewältigung einzelner Risiken auch messbare Erfolge bringen. Die daraus resultierten Erkenntnisse werden an die jeweiligen verantwortlichen Unternehmensmitglieder weitergeleitet, um Transparenz über die spezifische Risikolage herzustellen und ggf. wieder Steuerungsmaßnahmen einzuleiten (vgl. Middendorf 2007, S. 66).

 

Die wirkungsbezogenen Maßnahmen können zwar eine finanzielle Absicherung bezüglich einzelner Risiken bieten, doch nur die ursachenbezogenen Maßnahmen können Risiken vermindern und nachhaltig die Patientensicherheit erhöhen. (vgl. Middendorf 2006, S.28). Außerdem ist es für wirkungsbezogene Maßnahmen schwierig, mögliche negative Imageeffekte in der öffentlichen Reputation zu kompensieren. Es ist jedoch erkennbar, dass sich die ursachenbezogenen und die wirkungsbezogenen Maßnahmen ergänzen können. Risiken, die beispielsweise zur Insolvenz des Krankenhauses führen könnten, sind nicht akzeptabel und müssen daher durch Risikotransfer oder Risikovorsorge abgesichert sein. Hier ist anzumerken, dass nicht alle Risiken durch wirkungsbezogene Maßnahmen bewältigt werden können. Wirkungsbezogene Maßnahmen können vor ökonomischen Risiken schützen, aber nicht immer direkt die Patientensicherheit erhöhen (vgl. Middendorf 2006, S.28). Schwere medizinische Behandlungsfehler können trotz der Beachtung aller Sorgfaltspflichten auftreten. Diese medizinischen Behandlungsfehler können vermeidbare und inakzeptable Risiken sein. Neben einer lebensbedrohlichen oder lebenseinschränkenden Schädigung des Patienten können auch hohe ökonomische Einbußen hervorgerufen werden. Wirkungsbezogene Maßnahmen, wie beispielsweise ein Versicherungsschutz,...

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