Was Sie über das Reizdarm-Syndrom wissen sollten
Auch wenn die Ursachen des Reizdarms noch nicht eindeutig geklärt sind, gibt es Hinweise, dass eine bewusste Ernährungsumstellung die Beschwerden lindern kann.
Reizdarm-Syndrom – was ist das überhaupt?
Das Reizdarm-Syndrom zählt zu den Funktionsstörungen des Verdauungstrakts. Durch eine Reihe oft quälender Beschwerden macht sich der Reizdarm bemerkbar: Bauchschmerzen, Durchfall, Verstopfung, Blähungen, Völlegefühl, Krämpfe oder Übelkeit. Auch wenn die Symptome nicht lebensbedrohlich sind, verschlechtern sie die Lebensqualität der Betroffenen oft sehr stark. Die Intensität der Beschwerden verändert sich im Tagesverlauf: Morgens sind die Symptome häufig am stärksten, nachts sind die Betroffenen meist beschwerdefrei.
Beruhigend ist zu wissen, dass zwischen dem Reizdarm-Syndrom und der Entstehung von bösartigen Darmerkrankungen kein Zusammenhang besteht. Da keine krankhaften Veränderungen des Darms dem Arzt als Anhaltspunkt zur Verfügung stehen, ist die Diagnose des Reizdarms sehr schwierig und die Entdeckung der Erkrankung dauert oft sehr lange.
Ursache und Entstehung
Die genaue Ursache der Krankheit ist noch nicht ausreichend bekannt. Sicher ist jedoch, nicht ein einzelner Faktor löst das Reizdarm-Syndrom aus, sondern für die Erkrankung kommt eine Vielzahl von Faktoren infrage.
Die Bewegungsabläufe des Darms sind beim Reizdarm-Syndrom verändert. Während bei Gesunden eine charakteristische, immer wiederkehrende Bewegung des Dünndarms in Richtung Dickdarm stattfindet, die für einen geregelten Weitertransport des Speisebreis sorgt, zieht sich bei Patienten mit Reizdarm-Syndrom der Darm oft in kurz andauernden, schnell aufeinanderfolgenden Bewegungen zusammen.
Im Dickdarm ist die sogenannte Passagezeit verändert. Der Nahrungsbrei wird beim Verstopfungstyp zu langsam und beim Durchfalltyp zu schnell fortbewegt. Die Verkrampfung des Darms ist im Röntgenbild manchmal in Form eines „Perlschnurdarms“ erkennbar.
Die Schmerzempfindlichkeit des Darms ist bei Reizdarm-Patienten verstärkt. Als Grund hierfür wird eine Störung des Informationsaustauschs zwischen Gehirn und Darm vermutet. Wahrscheinlich spielt der Botenstoff Serotonin eine Schlüsselrolle, er ist für die Steuerung der Darmfunktion und der Schmerzwahrnehmung verantwortlich. Auf Dehnungsreize reagieren Reizdarm-Patienten wesentlich empfindlicher als Gesunde. Die Schmerzschwelle liegt niedriger. Daher löst oft ein Gasgehalt im Darm, der nicht höher ist als bei Gesunden, schon Schmerzen aus.
Die Psyche scheint ebenfalls einen Einfluss auf die Erkrankung zu haben. Denn in stressigen Phasen treten die Symptome meist verstärkt auf. Letztlich kennen aber auch praktisch alle Gesunden dieses schon sprichwörtliche Phänomen: Stress und Angst schlagen auf Magen und Darm. Diese Reaktion ist in Grenzen ganz normal. Wenn jedoch die Symptome dauerhaft auftreten und das Leben beeinträchtigen, spricht man von einem Reizdarm-Syndrom.
Die Rolle der Ernährung
Eine entscheidende Rolle spielt die Ernährung. Viele Patienten mit Reizdarm-Syndrom leiden beispielsweise unter Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Unter den Unverträglichkeiten gibt es spezifische, z. B. auf Laktose oder Fruktose, und unspezifische Nahrungsmittelunverträglichkeiten. Letztere kann der Patient nur durch gute Eigendiagnose zusammen mit seinem Arzt oder einer Ernährungsberaterin herausbekommen. Im Optimalfall führt er dabei ein Ernährungstagebuch und entwickelt daraus eine persönliche Unverträglichkeitsliste. Neben den Unverträglichkeiten spielen auch ein falsch erlerntes oder ein entsprechend angewöhntes Essverhalten eine Rolle. Als Ursachen werden sowohl der geringe Verzehr von Ballaststoffen als auch das permanente Diäthalten vermutet. Die Diätphasen führen dazu, dass der Darm das normale Essen quasi „vergessen“ hat.
Verschiedene Befunde sprechen dafür, dass Reizdarm-Patienten eine gestörte Darmflora haben. Dies kann durch einen bakteriellen Darminfekt oder eine Magen-Darm-Erkrankung verursacht worden sein, aber auch durch eine krasse Fehlernährung, z. B. Null- oder andere Extremdiäten, die im Wechsel über einen langen Zeitraum durchgeführt wurden.
Wer erkrankt an einem Reizdarm?
Ein Reizdarm-Syndrom tritt bei vielen Menschen erstmals zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr auf. In Deutschland erkranken etwa 15 bis 20 Prozent der Bevölkerung. Jeder zweite Patient mit Magen-Darm-Beschwerden leidet unter einem Reizdarm-Syndrom. Frauen sind zwei- bis dreimal so häufig betroffen wie Männer. Gründe hierfür sind unter Umständen der andere Umgang mit Krankheiten, ein unterschiedliches Körpergefühl und der Einfluss der Geschlechtshormone.
>Symptome des Reizdarms
Der Reizdarm macht sich durch eine Reihe von typischen, oft quälenden Beschwerden bemerkbar, die sich tagsüber steigern können, nachts jedoch aufhören:
- Schmerzen, Krämpfe und Missempfindungen an verschiedenen, häufig wechselnden Stellen des Bauches, die sich häufig nach Stuhlgang bessern
- Durchfall oder Verstopfung oder Wechsel zwischen beidem, oft mit Schleimabgang
- veränderte Stuhlzusammensetzung (hart, wässrig oder breiig)
- Blähungen und Überblähungen
- Entleerung des Darms wird als mühsam empfunden, es herrscht ein gesteigerter Stuhldrang und das Gefühl der unkompletten Entleerung des Darms
Treffen diese Symptome innerhalb eines Jahres während insgesamt zwölf Wochen zu und lassen sich keine anderen Ursachen für die Beschwerden finden, dann gilt die Diagnose Reizdarm-Syndrom als sicher.
Beschwerden, die nicht den Verdauungstrakt betreffen, aber oft mit dem Reizdarmsyndrom einhergehen, sind:
- seelische Störungen und Erkrankungen (Angst, Depression)
- Abgeschlagenheit, Konzentrationsschwierigkeiten und Schlafstörungen
- Kopfschmerzen, Migräne und Rückenschmerzen
- starke Schmerzen im Unterbauch vor und während der Menstruation
Reizdarmtypen
Da die Symptome der Reizdarm-Patienten sehr unterschiedlich sind und keine einheitliche Therapie bzw. kein einheitliches Ernährungskonzept möglich ist, erfolgt eine Klassifizierung nach den Symptomen, unter denen die Patienten am stärksten zu leiden haben. Ein Wechsel und Überlappungen sind dabei jedoch nicht selten. Man unterscheidet zwischen:
- Diarrhö-Typ
- Obstipations-Typ
- Schmerz-Typ
- Wechsel zwischen Diarrhö und Obstipation
INFO
Für die verschiedenen Reizdarmtypen gibt es im Rezeptteil ab hier verschiedene Symbole zu jedem Gericht, damit Sie auf den ersten Blick sehen, ob es für Sie verträglich ist oder nicht. Hierzu zählen
besonders geeignet für Obstipationstyp
besonders geeignet für Diarrhötyp
laktosearm
glutenfrei
fruktosearm
Der Diarrhö-Typ ist am stärksten verbreitet (etwa ein Drittel aller Betroffenen). Kennzeichnend sind täglich mehrere breiige bis wässrige Stuhlentleerungen. Der Stuhldrang trifft den Patienten sehr plötzlich, oft direkt nach dem Essen. Nachts sind die Patienten meist beschwerdefrei. In der Regel nehmen sie trotz der massiven Durchfälle nicht ab.
Beim Obstipations-Typ, der etwa bei 21 Prozent der Reizdarm-Patienten auftritt, ist die Stuhlentleerung äußerst mühsam, und der Patient hat das Gefühl, sich nicht vollständig entleert zu haben. Der Stuhl ist hart und schafkotähnlich, oft ist auch ein Schleimabgang festzustellen. Meist ist nur der morgendliche Stuhl hart, über den Tag hinweg ist der Stuhl in der Konsistenz normal bis breiig.
Der Schmerz-Typ macht ebenfalls ein Fünftel der Erkrankungen aus und tritt meist zusammen mit dem Diarrhö-Typ auf. Besonders nach dem Essen leiden die Patienten unter krampfartigem Bauchweh und werden häufig von Blähungen geplagt.
Bei 27 Prozent wird ein Wechsel zwischen Verstopfung und Durchfall festgestellt.
Stuhlgang – ein Tabuthema
Da keiner gerne über das Thema spricht, sind sich viele Menschen gar nicht darüber im Klaren, was als normal gilt beim Gang zur Toilette. Da die Verweildauer des Nahrungsbreies im Darm mehrere Tage betragen kann, liegt die Spannbreite für eine normale Stuhlentleerung irgendwo zwischen dreimal pro Woche bis zu dreimal am Tag.
Wann spricht man von Verstopfung?
Erst wenn man seltener als dreimal pro Woche eine Stuhlentleerung hat, der Stuhlgang sehr hart ist und man nur durch „Drücken“ und unter großer Mühe seinen Darm entleeren kann, spricht man von Verstopfung bzw. Obstipation.
Wann spricht man von Durchfall?
Wer häufiger als dreimal am Tag die Toilette zur Stuhlentleerung aufsuchen muss und einen weichen bis wässrigen Stuhl ausscheidet, leidet unter Durchfall. Meist handelt es sich dabei um größere Mengen als normal, da der Stuhl sehr wasserreich ist. Der Stuhl lässt sich in der Regel kaum aufhalten, was verständlicherweise als sehr unangenehm empfunden wird.
Wann spricht man von Blähungsbeschwerden?
Blähungen – solange sie nicht schmerzhaft sind – gehören zu einer gesunden Verdauung dazu,...