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Koordinierende Kinderschutzstelle (KoKi) und erfolgreiche Netzwerkarbeit: Entwicklung von Qualitätsstandards

AutorCarmen Zwerger
Verlagdisserta Verlag
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl129 Seiten
ISBN9783954250554
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis34,99 EUR
In Bayern wurden die im Jahr 2009 implementierten und bei den Jugendämtern angesiedelten Koordinierenden Kinderschutzstellen (KoKi) eingerichtet. Deren Hauptaufgabe ist neben Fallarbeit die bessere Vernetzung zwischen Gesundheitswesen und Kinder- und Jugendhilfe, da man feststellte, dass mangelnde interdisziplinäre Zusammenarbeit ein großes Hemmnis im Kinderschutz bedeutet. Ebenso waren nur geringe Kenntnisse über die frühe Kindheit verbreitet. Aus diesem Grund erfuhren die Frühen Hilfen eine immense Aufwertung in Fachkreisen und der Öffentlichkeit. Um eine interdisziplinäre Kooperation sicherzustellen, wurden verschiedene Instrumente und Vorgehensweisen, wie der Anhaltsbogen für ein vertiefendes Gespräch oder der Entscheidungsbaum bei drohender Kindeswohlgefährdung, geschaffen. In der Praxis erwiesen sich diese Instrumente aber nicht als ausreichend, insbesondere bei der Einbeziehung des Gesundheitswesens wie Geburtskliniken oder Ärzten. Das vorliegende Buch entwickelt deshalb konkrete und zielgerichtete Standards der Vernetzung für die auf Landkreisebene eingerichteten KoKis. Dazu wird der Begriff der Frühen Hilfe erläutert und das Konzept der KoKi vorgestellt. Die theoretischen Inhalte des Begriffes Netzwerke werden dargestellt und auf die Netzwerke Früher Hilfen angewandt. Die Beschreibung des Forschungsansatzes mit der Durchführung von Experteninterviews, die mit der qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet werden, mündet in die Entwicklung von Qualitätsstandards für eine erfolgreiche Netzwerkarbeit der Koordinierenden Kinderschutzstellen.

Carmen Zwerger wurde 1974 in Bad Tölz geboren. Ihr Studium der Sozialen Arbeit an der Katholischen Stiftungsfachhochschule Benediktbeuern schloss sie im Jahr 1997 mit dem akademischen Grad Diplom-Sozialpädagogin (FH) summa cum laude ab. Nach einem Auslandsaufenthalt war die Autorin in verschiedenen Berufsfeldern tätig. So arbeitete sie u.a. in der Bezirkssozialarbeit und entdeckte ihr besonderes Interesse an Frühen Hilfen. Während ihres Masterstudiums der Sozialen Arbeit, welches sie 2012 mit dem akademischen Grad Master of Arts mit magna cum laude abschloss, beschäftigte sie sich intensiv mit Frühen Hilfen und den Koordinierenden Kinderschutzstellen. Heute ist Carmen Zwerger als Führungskraft bei einem Frauenfachverband in München tätig.

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 4.2, Standards der Frühen Hilfen: Unter Standards versteht man allgemein eine Regel oder Norm. Dies soll eine Vereinheitlichung z. B. bei der Produktion von Gütern oder von Vorgehensweisen ermöglichen. Hansen (2010: 34) definiert: 'Standards sind regelhafte oder durchschnittliche Eigenschaften von Gegenständen, Personen oder Verfahren. Sie können ein anerkanntes Qualitäts- und Leistungsniveau beschreiben und als richtungsweisende Indikatoren für die Güte eines Produktes oder einer Dienstleistung festgelegt werden. Sie bieten einen Maßstab für erwartbares Handeln und somit Handlungsorientierung. Standards sind möglichst empirisch abgesichert sowie operational und konkret formuliert.' Des Weiteren beschreibt Hansen (ebd.) Standards als kollektiv, gemeinschaftlich und kommunikativ ausgehandelt, welche über einen prozessorientierten und dynamischen Charakter verfügen. Standards werden als Steuerungsinstrumente klassifiziert, die strukturierte Vergleiche ermöglichen und grundlegend für Evaluation und Qualitätsbeurteilung sind. Insgesamt dienen sie der Verbesserung der Praxis, sollen die Professionalisierung vorantreiben und einen Effektivitätsgewinn darstellen. In dieser Arbeit werden Qualitätsstandards erarbeitet, die ein einheitliches Vorgehen ermöglichen, Qualitätskriterien entsprechen, Handlungsorientierung geben und konkret formuliert sind. Allgemein soll die Qualität der Vernetzung durch die Formulierung und Anwendung der Standards gesteigert werden. Der Bremer Qualitätsstandard 'Zusammenarbeit im Kinderschutz' von 2009 erarbeitet anhand der Dimensionen Zusammenarbeit mit Familien, Zusammenarbeit in der Kinderschutzorganisation und im Team und Zusammenarbeit im Hilfesystem Eckpfeiler und Indikatoren guter Fachpraxis. Betont wird auch die Bedeutung von Dokumentation, Evaluation und Weiterentwicklung der Zusammenarbeit im Kinderschutz. Im Rahmen des Modellprojektes 'Guter Start ins Kinderleben' wurden verschiedene Instrumente und Standards entwickelt, um ein gemeinsames Vorgehen zu ermöglichen. Die Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie des Universitätsklinikums Ulm und das Deutsche Institut für Jugendhilfe und Familienrecht sowie Heinz Kindler vom Deutschen Jugendinstitut entwickelten im Rahmen des Modellprojektes mehrere Standards: - einen Anhaltsbogen für ein vertiefendes Gespräch (zur Erkennung von Risikoindikatoren für frühe Vernachlässigung und Misshandlung). - den Workshop Kinderschutz. - einen Entscheidungsbaum bei drohender Kindeswohlgefährdung, - Handreichungen für den Umgang mit mäßig kritischen Fällen und Fällen mit Kindeswohlgefährdung. - einen Unterstützungsbogen für die Jugendhilfe zur Hilfeplanung. - sowie anonymisierte interdisziplinäre Fallbesprechung und anonyme Fallberatung. So wurde ein Risikoinventar (Anhaltsbogen für ein vertiefendes Gespräch) speziell für den Einsatz bei Frühen Hilfen entwickelt, das in kurzer und knapper Form fünf Risikofaktoren aufzählt, die darauf schließen lassen, dass die Familie weiterer Unterstützung bedarf. Zu diesen Risiken zählen: - Mindestens eine besondere soziale Belastung. - Mehrere fehlende Schwangerschaftsuntersuchungen. - Kind stellt deutlich erhöhte Fürsorgeanforderungen, die die Möglichkeiten der Familie zu übersteigen drohen. - Beobachtbare deutliche Schwierigkeiten der Hauptbezugsperson bei der Annahme und Versorgung des Kindes. - Hauptbezugsperson beschreibt starke Zukunftsangst, Überforderung oder das Gefühl, vom Kind abgelehnt zu werden. Dieses Instrument ist zum Einsatz von Hebammen und in Geburtskliniken gedacht. Zur Schulung der beteiligten Fachkräfte im Umgang mit diesem 'Anhaltsbogen für ein vertiefendes Gespräch' und weiteren Inhalten wie Sensibilisierung für Anzeichen von Kindeswohlgefährdung oder datenschutzrechtliche Aspekte wurde ein 'Workshop Kinderschutz' angeboten. Mit dem 'Entscheidungsbaum' soll eine Orientierungshilfe geboten werden, wie mit Fällen von (drohender) Kindeswohlgefährdung umgegangen werden kann, welche Punkte beachtet und welche Schritte eingeleitet werden müssen (Ziegenhain et. al. 131ff.). Weiterhin wurden 'Handreichungen' entwickelt, die mit dem Hintergrund der Vereinheitlichung und Qualitätssicherung das Vorgehen bei mäßig kritischen Fällen (gelb gekennzeichnet) und bei potenzieller Kindeswohlgefährdung (rote Fälle) strukturieren und konkrete Handlungsschritte anbieten. Der 'Unterstützungsbogen für die Jugendhilfe' wurde als Ergänzung zu bereits bestehenden Instrumenten und Methoden der Hilfeplanung erarbeitet und soll die fallführende Fachkraft unterstützen, in dem neueste Kenntnisse über frühe Vernachlässigung und Misshandlung ausgewertet und in drei Themenblöcke zusammengefasst sind. Diese sind Probleme der Bezugspersonen, aktuelle Belastungen und Stärken der Bezugspersonen, auf denen aufgebaut werden kann. Bewährt haben sich auch anonymisierte interdisziplinäre Fallbesprechungen, bei denen sowohl konkrete Fälle besprochen als auch grundsätzlich Verfahrenswege festgelegt werden können (Ziegenhain et. al. 2010:138f.) Bezüglich der Initiierung der Vernetzung haben sich eine Auftaktveranstaltung und Runde Tische bewährt. Mittels der Auftaktveranstaltung sollen insbesondere die Leitungsebenen zur Unterstützung gewonnen werden, indem ihnen die Notwendigkeit, der Nutzen und die Vorteile von Frühen Hilfen verdeutlicht werden. Bei den Runden Tischen werden fachliche und inhaltliche Informationen weitergegeben, die Beteiligten lernen sich kennen und die Zusammenarbeit wird geklärt. Kontinuierliche Abstimmungs- und Aushandlungsprozesse sind erforderlich z. B. über den Einsatz von Screeninginstrumenten, Fallübergabe oder die Angebotsstruktur. Zusätzlich können Arbeitsgruppen zur Vertiefung der einzelnen Themen gebildet werden (Ziegenhain et. al. 2010: 109ff.) Weitergehende Instrumente sind bislang noch nicht entwickelt worden. Insbesondere wie die Netzwerkarbeit nach der Initiierung weitergeführt werden soll, welche Impulse gegeben werden sollen, führt zur Verunsicherung der KoKi-Mitarbeiterinnen. Dies ergaben die Interviews ganz deutlich, dass weitergehende Unterstützung gewünscht wird und auch erforderlich ist. Im Rahmen dieser Studie sollen Vorschläge unterbreitet werden, wie die weitere Netzwerkarbeit gestaltet werden kann.
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung6
2. Frühe Hilfen und Konzept KoKi8
2.1 Begriffsklärung Frühe Hilfen9
2.2 Begriffsklärung Koordinierende Kinderschutzstelle (KoKi)11
2.3 Derzeitiger Forschungsstand15
2.4 Bundeskinderschutzgesetz17
3. Vernetzung/Netzwerke19
3.1 Begriffsklärung Netzwerke19
3.2 Netzwerktheorien21
3.3 Netzwerktypologien23
3.4 Netzwerkphasen26
3.5 Netzwerkmanagement27
3.6 Soziale Netzwerkanalyse31
3.7 Erfolgsfaktoren von Netzwerken Früher Hilfen32
3.8 Stolpersteine der Vernetzung34
4. Bestimmung der Begriffe Qualität, Standards und Kooperation36
4.1 Beschreibung von Qualität36
4.2 Standards der Frühen Hilfen38
4.3 Kooperation und Vernetzung41
5. Forschungsansatz44
5.1 Forschungsprozess44
5.2 Methodenauswahl48
5.3 Experteninterviews50
5.4 Qualitative Inhaltsanalyse55
5.5 Auswertung der Interviews65
5.6 Diskussion der Ergebnisse66
6. Entwicklung der Standards70
7. Schlussbemerkung74
Literaturverzeichnis78
Abbildungsverzeichnis88
Abkürzungsverzeichnis88

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