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Krankenhaus Rating Report 2019

Das Ende des Wachstums?

AutorAdam Pilny, Anne Mensen, Boris Augurzky, Christiane Wuckel, Christoph M. Schmidt, Sebastian Krolop
VerlagMedhochzwei
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl240 Seiten
ISBN9783862165568
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis79,99 EUR
Die guten Jahre sind vorbei. Nach einem wirtschaftlichen Aufwärtstrend der Krankenhäuser bis 2016 mehren sich die Anzeichen einer spürbaren Verschlechterung. Die Fallzahlen der Krankenhäuser sind 2017 gesunken und auch für 2018 ist ein ähnlicher Trend zu erwarten. Dagegen steigen die Personalkosten immer stärker. Erste Insolvenzen werden bekannt. Beginnt trotz Alterung der Bevölkerung eine Phase des 'Null-Wachstums' bei einer gleichzeitig sich verschärfenden Personalknappheit? Bahnt sich mit der geplanten der Ausgliederung der Pflegepersonalkosten gar das Ende des DRG-Systems an? Liegt in seinem Ende vielleicht sogar eine Chance für sektorenübergreifende Vergütungsmodelle? Kann damit der Ausstieg aus dem Hamsterrad 'mehr Fälle, mehr Personal, mehr Vorgaben, mehr Kontrollen' erfolgen? Wird das anstehende neue Jahrzehnt - im Zeichen der Digitalisierung und zunehmender Ressourcenknappheit - einen Weg in eine effizient organisierte patientenzentrierte Versorgung aufzeigen? Der Krankenhaus Rating Report 2019 wird sich neben der Darstellung der aktuellen wirtschaftlichen Lage der Krankenhäuser in gewohnt fundierter Weise diesen und vielen weiteren Themen widmen. Das Thema Personal wird eine große Rolle spielen: Welchen Fachkräftebedarf wird das Gesundheitswesen in den 20er Jahre haben? Welches Migrationspotenzial besteht? Aus welchen Ländern können junge Menschen für das deutsche Gesundheitswesen gewonnen werden? Was kostet die Pflegeausbildung? Wie ist der Stand bei Investitionsmitteln und dem Strukturfonds? Der Report 2019 gibt Antworten auf diese Fragen und zeigt mögliche Lösungswege auf. Als Grundlage für den 16. Krankenhaus Rating Report dienen wieder rund 500 Jahresabschlüsse von etwa 900 Krankenhäusern. Diese wurden von den Studienautoren des RWI - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung und des Institute for Health Care Business (hcb) analysiert und ihre Beiträge anhand zahlreicher farbiger Schaubilder, Karten und Tabellen veranschaulicht, darunter umfangreiche Benchmarks. Für Krankenhäuser und deren Geschäftspartner sowie für Entscheidungsträger aus Politik und Wirtschaft bietet der Report wertvolle, empirisch abgesicherte Erkenntnisse über die Entwicklung des Krankenhausmarkts. Der Report erscheint jährlich im zweiten Quartal und analysiert die Bilanzen und die wirtschaftliche Lage deutscher Krankenhäuser.

Prof. Dr. Boris Augurzky ist Leiter des Kompetenzbereichs Gesundheit am RWI und Geschäftsführer der Institute for Health Care Business (hcb) GmbH sowie Geschäftsführer der Stiftung Münch. Dr. Sebastian Krolop ist Partner Life Sciences & Health Care Deloitte sowie Lehrbeauftragter der Hochschule Fresenius. Anne Mensen ist Wissenschaftlerin im Kompetenzbereich Gesundheit am RWI. Dr. Adam Pilny ist Wissenschaftler im Kompetenzbereich Gesundheit am RWI. Prof. Dr. Christoph M. Schmidt ist Präsident des RWI und Vorsitzender des Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung. Christiane Wuckel ist Wissenschaftlerin im Kompetenzbereich Gesundheit am RWI.

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Leseprobe

Executive Summary


Status quo. Die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser hat sich 2017 verschlechtert. Die durchschnittliche Insolvenzwahrscheinlichkeit der Krankenhäuser lag bei rund 0,9 %, etwa auf dem Niveau von 2014 und 2015, war damit jedoch besser als 2012 (1,2 %). Dabei befanden sich 12 % der Krankenhäuser im roten Bereich mit erhöhter Insolvenzgefahr, 7 % im gelben und 81 % im grünen Bereich. 28 % der Krankenhäuser schrieben 2017 auf Konzernebene einen Jahresverlust. Betrachtet man statt der Konzern- die Standortebene, dürften knapp 37 % der Standorte einen Verlust erwirtschaftet haben. Im Jahr 2017 betrug das durchschnittliche Jahresergebnis 1,7 % der Erlöse, nach 2,2 % im Vorjahr. Datengrundlage für diese Analysen ist eine Stichprobe von 466 Jahresabschlüssen aus dem Jahr 2016 und 84 Abschlüssen aus 2017, die insgesamt 877 Krankenhäuser umfassen.

Ausschlaggebend für die Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage dürfte der erstmalige Rückgang der stationären Fallzahl im Jahr 2017 um 0,5 % bzw. der nur geringe Anstieg des Casemixvolumens um 0,4 % gewesen sein. Wichtige Gründe dafür könnten (i) die steigende Ambulantisierung der Medizin, (ii) der Personalmangel, (iii) ein bereits hoher Sättigungsgrad bei kardiologischen und orthopädischen Leistungen, (iv) ein gesteigerter Informationsstand der Patienten und (v) intensivere MDK-Prüfungen gewesen sein. Für das Jahr 2018 erwarten viele Krankenhäuser ebenfalls eine Stagnation der stationären Fallzahl.

Die Zahl der Krankenhäuser (Institutskennziffern) verringerte sich im Jahr 2017 um 0,5 % auf 1 942, die Zahl der Betten um 0,3 %. Die durchschnittliche Verweildauer der Patienten sank leicht auf unter 7,3 Tage, die Bettenauslastung blieb unverändert bei 78 %. Die Krankenhausstrukturen sind nach wie vor in einigen Regionen ungünstig: hohe Standortdichte, viele kleine Einheiten und eine geringe Spezialisierung. Allerdings ist in dieser Hinsicht eine positive Dynamik festzustellen, unter anderem entfacht durch den Strukturfonds. Die Marktanteile nach Trägerschaft blieben unverändert. Der Marktanteil (Betten) öffentlich-rechtlicher Krankenhäuser lag bei 49 %, der von freigemeinnützigen Einrichtungen bei 34 % und von privaten Häusern bei 17 %.

Erstmals haben wir das ambulante Geschehen an Krankenhäusern untersucht. Etwa 70 % der 69 Mio. Krankenhausfälle pro Jahr sind ambulante Fälle. Auf Krankenhäuser entfallen damit schätzungsweise 8 % der Arztkontakte in der ambulanten fachärztlichen bzw. 5 % der gesamten ambulanten Versorgung. Im Durchschnitt betreibt ein Krankenhaus 16 Einzelambulanzen. Viele Krankenhäuser unterhalten Privat-, Notfallambulanzen, Ambulanzen für vor- und nachstationäre Versorgung sowie für persönliche Ermächtigungen. Neuere Ambulanzarten wie MVZ, Ambulanzen für DMP, für ambulant fachärztliche und ambulant spezialfachärztliche Versorgung sind dagegen seltener zu finden. Die Anzahl der Hochschulambulanzen ist im Vergleich mit durchschnittlich 50 pro Universität sehr hoch.

Projektion. Wir gehen davon aus, dass sich die Ambulantisierung der Medizin beschleunigen wird. Der Personalmangel im Krankenhausbereich dürfte sich hingegen infolge des Pflegepersonal-Stärkungsgesetzes (PpSG) mittelfristig entschärfen. Sollte inzwischen ein hoher Sättigungsgrad in Leistungsbereichen wie zum Beispiel „Kreislauf“ und „Muskel-Skelett“ erreicht worden sein, wird davon kein weiterer fallzahlsteigernder Effekt ausgehen. Ein steigender Informationsgrad der Patienten kann gleichermaßen senkend oder steigernd auf die Fallzahlen wirken. Mit einer weiteren Erhöhung der Intensität der MDK-Prüfungen rechnen wir nicht. In der Summe erwarten wir damit kurz- und mittelfristig kaum ein Wachstum der stationären Fallzahl. Langfristig gehen wir jedoch aufgrund der demografischen Entwicklung trotzdem von einer Zunahme stationärer Leistungen aus.

Demografisch bedingt würden wir bundesweit bis zum Jahr 2025 mit etwa 4,5 % mehr Fällen als im Jahr 2017 rechnen. Schreibt man den bis 2016 steigenden Trend in den Prävalenzraten ebenfalls fort, berücksichtigt aber eine schrittweise Realisierung des ambulanten Potenzials ab 2019, könnte die Zahl der Fälle bis 2025 um 5,4 % zunehmen. Bis 2025 gehen wir von einem Rückgang der Verweildauer auf 6,5 Tage aus und erwarten somit trotz steigender Patientenzahlen einen Rückgang des Bettenbedarfs. Die Bettenüberkapazitäten dürften daher – ohne die Einleitung eines forcierten Abbaus – von derzeit 9 % bis 2025 auf 13 % wachsen.

Bei Fortschreibung des Status quo, einer weiterhin hohen Grundlohnrate und einem Wachstum der Löhne wie in der Vergangenheit würde der Anteil der Krankenhäuser im roten Rating-Bereich bis 2025 moderat auf 18 % steigen. Der Anteil der Krankenhäuser mit einem Jahresverlust würde sich leicht auf 32 % vergrößern. Geht man dagegen künftig von einem deutlich geringeren Wachstum der Fallzahlen aus, von einer sinkenden Grundlohnrate und von stark steigenden Löhnen, befänden sich 2025 40 % der Krankenhäuser im roten Rating-Bereich und 78 % würden einen Jahresverlust aufweisen. Würden in diesem Szenario eine Optimierung der Krankenhausstrukturen, Produktivitätsverbesserungen der Krankenhäuser – insbesondere im Zuge einer stärkeren Digitalisierung – und die Ambulantisierung der Medizin vorangetrieben, lägen 2025 demgegenüber nur 21 % der Kliniken im roten Rating-Bereich und wiesen 48 % einen Jahresverlust auf.

Zusammenhänge. Auf Grundlage der vorliegenden Jahresabschlüsse von 2007 bis 2017 konnten zeitinvariante Muster sowie zeitliche Entwicklungen herausgearbeitet werden. Dabei lassen sich einzelne Faktoren, die das Rating und die Ertragslage beeinflussen können, simultan berücksichtigen. Im Ergebnis wurden die bereits in früheren Reports beobachteten Zusammenhänge weiter statistisch untermauert. Signifikant besser fällt das Rating in Ost-Deutschland aus, am schlechtesten in Niedersachsen/Bremen, Bayern, Hessen und Baden-Württemberg. Der Grad der Ländlichkeit hat dabei keine Bedeutung für die wirtschaftliche Lage.

Jedoch weisen große Krankenhäuser typischerweise ein besseres Rating auf als kleine. Ein hoher Grad an Spezialisierung ist ebenfalls vorteilhaft, ebenso die Zugehörigkeit zu einer Kette – außer bei öffentlich-rechtlichen Krankenhäusern. Ferner schneiden Kliniken in freigemeinnütziger und privater Trägerschaft signifikant besser ab als öffentlich-rechtliche Kliniken. Eine Ausnahme bilden öffentlich-rechtliche Kliniken in einem ärmeren Kreis, die signifikant besser abschneiden als solche in reicheren Kreisen. Subventionen reicher kommunaler Träger an wirtschaftlich schwache Krankenhäuser könnten eine Erklärung dafür sein.

Bezüglich der Ertragslage ergaben sich folgende Zusammenhänge: Im untersuchten Zeitraum war sie in den Jahren 2015 und 2016 am besten, nachdem sie in den Jahren 2012 und 2013 besonders schlecht ausgefallen war. Die EBIT-Marge ist in Ost-Deutschland signifikant höher. Der Grad der Ländlichkeit hat dabei keine Bedeutung. Private Träger schneiden signifikant besser ab als freigemeinnützige und diese wiederum besser als öffentlich-rechtliche Träger. Eine Ausnahme bilden öffentlich-rechtliche Kliniken in einem ärmeren Kreis, die signifikant besser abschneiden als öffentlich-rechtliche Kliniken in reicheren Kreisen. Große Krankenhäuser und die Zugehörigkeit zu einer Kette weisen indessen keine bessere Ertragslage als kleine Häuser oder Solisten auf. Dagegen ist ein hoher Grad an Spezialisierung vorteilhaft.

Personal. Bei Fortschreibung des Status quo erwarten wir bis zum Jahr 2030 eine Nachfrage nach Fachkräften im Gesundheits- und Sozialwesen in Höhe von 4,9 Mio. Vollkräften. Demgegenüber würde dann bei einer reinen Fortschreibung das Arbeitsangebot nur bei 3,6 Mio. Vollkräften liegen. Um diese Diskrepanz zwischen Nachfrage und Angebot von Fachkräften schließen zu können, sind verschiedene Maßnahmen möglich und nötig. So sollte gesamtwirtschaftlich der Anteil der Erwerbstätigen an der Bevölkerung weiter gesteigert und der Anteil der Frührentner verringert werden. Zudem sollte das Wachstum der Nachfrage nach Gesundheitsleistungen gedämpft und der Anteil der Erwerbstätigen im Gesundheits- und Sozialwesen an der Gesamtwirtschaft – wie bereits in der Vergangenheit – weiter erhöht werden. Ein großes Potenzial bieten Teilzeitarbeitskräfte. Eine Reduktion der hohen Teilzeitquote wie auch des erhöhten Krankenstands im Gesundheits- und Sozialwesen würde die Zahl der Arbeitsstunden spürbar ausweiten können, ebenso eine qualifizierte Zuwanderung in das deutsche Gesundheitswesen.

Obwohl innerdeutsch ein großes Potenzial zur Reduktion der erwarteten Diskrepanz zwischen Arbeitsnachfrage und -angebot besteht, erscheint eine Deckung des Fachkräftebedarfs völlig ohne Zuwanderung kaum erreichbar zu sein. Länder mit einer großen Anzahl jüngerer Menschen verfügen über ein besonders großes Migrationspotenzial. Wir schätzen das Potenzial ausgewählter Länder mit günstiger Bevölkerungsstruktur auf 350 000 Personen. Asien bildet mit 289 000 Personen mit Abstand die Region mit dem größten Migrationspotenzial, vor Südamerika (27 000), Osteuropa (24 000) und Südeuropa (11 000). Das größte Potenzial nach Ländern besteht in Indien (169 000) und China (108 000), gefolgt von Brasilien (27 000), Russland (12 000) und den Philippinen (12 000).

Ab 2020 werden überdies die bisher drei Ausbildungsberufe in der Pflege in eine neue „generalistische Ausbildung“ zusammengeführt. Damit wird auch die Finanzierung...

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