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Kriterien einer guten inklusiven Schule im Grundschulbereich

Criteria for a good inclusion in primary education

AutorSusanne Altmann
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2014
Seitenanzahl82 Seiten
ISBN9783656621270
FormatePUB/PDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Masterarbeit aus dem Jahr 2012 im Fachbereich Pädagogik - Schulpädagogik, Note: 2,6, Humboldt-Universität zu Berlin (Institut für Grundschulpädagogik), Veranstaltung: Grundschulpädagogik, Sprache: Deutsch, Abstract: 'Man muss nur eine Kleinigkeit ändern: alles!' sagte der ehemalige UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Bildung Vernor Muñoz Villalobos zur Inklusion. (Muñoz zit. n. Metzger 2011, S. 93) Muss man wirklich alles ändern? Das Thema meiner Arbeit beinhaltet die Fragestellung, was Grundschulen fehlt, in denen Inklusion nicht funktioniert. Unterscheiden sie sich mit ihren Merkmalen von Merkmalen der Schulen, an denen Inklusion scheinbar nicht funktioniert bzw. von vorneherein auf Grund der fehlenden Rahmenbedingungen abgelehnt wird? Stellt es sich aber nicht eigentlich anders dar? 'Unbekanntes macht Angst. Bekanntes gibt Sicherheit.' (Eckert u. a. 2010, S. 135) Liest man dieses Zitat, könnte man dann nicht vermuten, dass die Begründung der fehlenden Rahmenbedingungen nur eine Ausrede ist? Frau Professor Dr. Jutta Schoeler sagte in ihrem Vortrag auf dem landesweiten Integrationstag in Thüringen im März 2012: 'Wer das gemeinsame Lernen will, findet Wege und wagt erste Schritte. Wer das gemeinsame Lernen nicht will, findet Gründe, dass es nicht geht.' (Schoeler 2012) Könnte diese Aussage wahr sein? Sind dies alles nur vorgeschobene Gründe? Diese Fragestellung will ich in meiner Arbeit klären. Meine Arbeit beschäftigt sich exemplarisch mit einem kleinen Ausschnitt der Inklusion, der Inklusion von Kindern mit Behinderung, da der von mir gewählte Teil momentan der am stärksten diskutierte Teil der Inklusion ist. Auf die anderen Beeinträchtigungen (vgl. dazu Kapitel 2.1), die bei der Inklusion auch relevant sind (vgl. dazu Kapitel 2.6), gehe ich nicht genauer ein, da dies den Umfang der Arbeit sprengen würde. Um die oben genannte Fragestellung klären zu können, gehe ich folgendermaßen vor: Am Anfang der Arbeit kläre ich in Kapitel 2 wichtige Begriffe, deren Definition in der Literatur variiert, um ihre Verwendung in dieser Arbeit klarzustellen. Danach zeige ich im dritten Kapitel die Vor- und Nachteile der Inklusion auf. Anschließend trage ich im vierten Kapitel zusammen, welche Merkmale Grundschulen oder generell Schulen mit funktionierender Inklusion auszeichnen. Dazu stelle ich einige Schulen und ihre Eigenschaften in einem Kurzporträt vor. Als nächstes fasse ich die Eigenschaften der Schulen zusammen, um sie mit anderen Schulen vergleichen zu können und daraus die Kriterien einer guten inklusiven Schule herausarbeiten zu können. Eventuelle Besonderheiten von inklusiven Schulen werden abschließend in diesem Kapitel aufgezeigt.

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3. Warum überhaupt Inklusion


 

Am 13. Dezember 2006 verabschiedete die UN-Generalversammlung eine Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung. Diese Konvention trat am 26. März 2009 auch in Deutschland in Kraft und verpflichtet den Staat, allen Menschen eine gleichberechtigte Teilhabe am täglichen Leben zu ermöglichen.

 

Auch wenn der Artikel 24 und vor allem seine Übersetzung sehr stark diskutiert wird, so ist die Bundesregierung sich im Klaren darüber, dass sie die Inklusion in allen Bereichen umsetzen muss, also auch in der Schule.[46] Die Bundesregierung fragt nicht mehr, ob Inklusion durchgeführt werden muss, sondern wie auch Hinz, nur noch nach dem Wie.[47]

 

Inklusion bringt alle dem Grundrecht auf Bildung näher, viele Länder gehen mit guten Beispielen voran (z. B. Südtirol, Skandinavische Länder).[48] Deutschland muss seine Rückständigkeit in diesem Punkt aufholen.

 

Somit ist die Inklusion die einzige angemessene Reaktion auf die Realität nach Barkowsky, obwohl die Individualisierung das Schlagwort unserer Zeit ist.[49] Es darf nicht sein, dass betroffene Eltern von Kindern, die nicht der „Norm“ entsprechen, in Schulen abgewiesen werden oder Bittsteller sind und es darf auch nicht sein, dass überzeugte Schulleiter, Lehrer und Integrationshelfer zeitweilig Einzelkämpfer sind.[50]

 

3.1 Vorteile der Inklusion


 

In inklusiven Klassen herrscht oft ein besseres Klassenklima als in Regelklassen, das Aggressionsniveau sinkt und die Kommunikation zwischen den Schülern steigt. Die kognitive Leistung der Regelschüler ist nach Untersuchungen in inklusiven Klassen in Vergleich zu Regelklassen mindestens gleich, der soziale Lernzuwachs dagegenhöher.[51] Der Lernzuwachs kann in Inklusionsklassen bei Regelschülern z. B. durch die Hilfslehrertätigkeit der Schüler höher sein, weil dadurch der Stoff von ihnen klarer strukturiert wird und wesentliche Merkmale herausgearbeitet werden.[52] Bei Schülern, die sonst eine Sonderschule besuchen würden, ist der Lernzuwachs durch die vielen Vorbilder in der Regel höher,[53] die Klassen sind also lernförderlicher als homogene Gruppen.[54] Es besteht in der Regel eine größere Zufriedenheit und Motivation in inklusiven Klassen, und die Ängste der Eltern werden abgebaut.[55] Bei der Inklusion lernen die Schüler auch viel früher die Unterschiede zwischen Menschen kennen.[56]

 

In inklusiven Klassen sind meist weniger Schüler, da die Kinder mit Förderbedarf in vielen Bundesländern doppelt gezählt werden (ist aber nicht in allen Bundesländern einheitlich). Auch erhalten die Inklusionsklassen teilweise eine zweite Lehrkraft, die für die komplette Klasse mit verantwortlich ist (oder sein soll).[57] Die Selbstsicherheit, Selbstverantwortung und die Selbsteinschätzung steigt in inklusiven Klassen und damit gibt es langfristig eine berufliche, soziale und gesellschaftliche Wirkung auf die Lebensgestaltung.[58] Rücksicht ist in inklusiven Klassen an der Tagesordnung. Die Kinder lernen hier zu warten, aufeinander zu achten und sich gegenseitig zu helfen. Außerdem bringen sie mehr Geduld miteinander auf als in Regelklassen.[59] Zusätzlich verhindert eine inklusive Schule die Kränkung durch die selektiven Maßnahmen wie Zurückstellung, Wiederausschulung, Sitzenbleiben und Sonderschulüberweisung. Auch wenn sie allerdings nicht das Sichtbarwerden geringerer Leistungen verhindern kann, so ist dies durch die Heterogenität und die grundlegende Anerkennung, die jedem zuteilwird, leichter zu ertragen.[60] Die Heterogenität kann auch als Chance gesehen werden, weil jeder etwas einbringt und jeder etwas anderes kann. Jeder hat seine Fähigkeiten. Menschen mit einer Beeinträchtigung können oft andere Dinge, als Menschen ohne.[61] Im Gegensatz zu der Integration, wo man Schüler mit „nicht integrationsfähig“ ausschließen konnte, weil sie zielgleich nicht ins Regelschulsystem passten, obwohl eigentlich nur das Schulsystem für diesen Schüler nicht integrationsfähig war, funktioniert das bei der Inklusion nicht, da sich hier die Schule an den Bedürfnissen der Kinder orientiert.[62] Somit werden die Lehrer gezwungen, ihren Unterricht offener zu gestalten, denn eine gleichzeitige Belehrung ist nicht mehr möglich in der Heterogenität der Inklusionsklassen.[63]

 

Die inklusive Schule bietet gegenüber der Sonderschule für die Schüler den Vorteil der zumeist wohnortnahen Beschulung, so dass das schulische Umfeld dem privaten Umfeld entspricht und auch Verabredungen nachmittags getroffen werden können, was sonst zusätzlich durch evtl. Tagesstätten-Betreuung genauso entfällt wie sonstige „normale“ Freizeitaktivitäten oder die nachmittägliche Zeit mit der Familie.[64] Allerdings muss berücksichtig werden, dass diese Vorteile nur auftreten, wenn die inklusive Schule keine verpflichtende Ganztagsschule ist. Zusätzlich entsteht die „Schutzglocke“, die durch Sonderschulen die Selbstständigkeit verhindert, nicht bei inklusiven Schulen.[65] Somit bringt die Inklusion eigentlich allen Beteiligten einen Gewinn, den Förderkindern durch den immensen Lernzuwachs auf kognitiver und emotionaler Ebene, den Regelschulkindern durch den höheren Lernzuwachs durch die Patenschaften, den Eltern der Regelschulkinder durch die besondere Förderung und Forderung ihrer Kinder, den Eltern der Förderkinder durch die wohnortnahe Beschulung und den Lehrkräften durch die Erfahrung.[66]

 

3.2 Nachteile oder Probleme der Inklusion


 

Vorteilen stellt man in der Regel die Nachteile gegenüber, so soll dies hier auch geschehen. Meiner Meinung nach kann man im Zusammenhang mit der Inklusion nicht von wirklichen Nachteilen, sondern eher von Problemen sprechen.

 

Somit zeige ich an dieser Stelle die Probleme der Inklusion und ihrer Umsetzung auf. Ein großes Problem ist die Vermutung von Eltern und Lehrern, dass die Regelschüler von Schülern mit Beeinträchtigungen in ihrem Lernprozess behindert werden. Zwar gibt es diverse Untersuchungen dazu, dass dem nicht so ist,[67] aber dieses und andere Vorurteile der Eltern, dass man z. B. mit dem Stoff nicht durchkommt,[68] müssen abgebaut werden.

 

Da außerdem eine Stigmatisierung von Kindern mit Beeinträchtigungen stattfindet, möchte Schmidt die Sonderschulen abschaffen, zumal sie eine Homogenität herzustellen versuchen, die es nicht gibt, und nicht mehr als Regelschulen leisten.[69] Viele Eltern glauben auch noch an die Minderwertigkeit von Kindern mit Beeinträchtigungen und sprechen ihnen die Lernfähigkeiten ab.[70] Außerdem sollten die Rahmenbedingungen so verändert werden, dass eine Inklusion möglich ist. Eine Veränderung der Rahmenbedingungen ist stets mit finanziellem Aufwand verbunden, der gerade in der Bildungspolitik meiner Meinung nach zu einem scheinbar unüberwindbaren Hindernis wird. Würden nun aber die vorhandenen Ressourcen umverteilt, so entstehen keine weiteren Kosten, nach Preuss-Lausitz ist die inklusive Beschulung sogar kostengünstiger als das Sonderschulsystem.[71] Schnell haben aber einige Politiker gemerkt, dass man in der Inklusion noch mehr sparen kann,[72] wenn man die Ressourcen nicht umverteilt, z. B. die Sonderpädagogen an den Regelschulen zur Unterstützung und der Durchführung eines Zwei-Pädagogen-Systems einsetzt, sondern diese Stellen, soweit es möglich ist, streicht.[73] Eine andere Einsparungsvariante ist auch die Beibehaltung derKlassenfrequenzen der Regelschulen, die eh oft durch ihre Höhe schon ein Problem darstellen und dies in der Inklusion nun noch viel problematischer machen.[74] Dies nutzen einige Schulen dazu, um durch die „fehlenden Rahmenbedingungen“, z. B. den Ausstattungsmangel und den Kompetenzmangel, die Einführung von inklusiven Klassen abzulehnen.[75]

 

Hier wird als Problem der Inklusion dann die traditionell nicht stattfindende Teamarbeit, die zusätzliche Zeit für Treffen des Kollegiums, fehlendes Basiswissen[76] und fehlende Unterstützung von außen (z. B. Fortbildungen, Austausch zwischen Schulen, ...) angebracht.[77]

 

Natürlich muss eine Schule auch auf Inklusion vorbereitet werden. Aber es wäre falsch, mit dem Beginn zu warten, bis alles perfekt vorbereitet ist, weil damit das Risiko steigt, dass es nie zu einer inklusiven Schule kommt. Schließlich ist auch normaler Unterricht nicht immer perfekt, so kann man es auch nicht von inklusivem Unterricht verlangen.[78]

 

Zusätzlich bedeutet Inklusion auch ein verändertes Anforderungsprofil an die Regelschullehrer und Sonderpädagogen. Es kommt zu einem höheren Vorbereitungsaufwand. Flexibilität, Offenheit für Neues, Sinn für Fairness und Gleichheit wird von den Regelschullehrern und Sonderpädagogen verlangt. Grundlagenwissen[79] und Diagnosekompetenz sind genauso wie Teamfähigkeit erforderlich.[80] Diese Veränderung, die vor allem keine großen Unterschiede in den Rechten für Regelschullehrer und Sonderpädagogen macht, führt oft zu Ängsten aller Professionen um ihren Stand. Sonderpädagogen sind oft gekränkt und entsetzt, weil sie das Gefühl haben, dass ihre Kompetenzen nicht geschätzt und den Kindern die Förderung entzogen wird.[81]

 

Gerade für die Sonderpädagogen kommt es aber durch die...

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