Immer öfter stoßen Unternehmen beim organischen Wachstum an ihre Grenzen. Entweder sind sie trotz weltweit fortschreitender Globalisierung mit gesättigten Märkten konfrontiert, schaffen es aus verschiedensten Gründen nicht, neue und innovative Produkte zu entwickeln oder aber die steigende Nachfrage nach Konkurrenzprodukten führt zu einer Verringerung bisheriger Marktanteile. Daraus ergibt sich oftmals die Notwendigkeit, Wachstum etwa durch die Übernahme eines bestehenden Konkurrenzunternehmens zu generieren und letztendlich neue Märkte zu erschließen, bestehende zu erweitern und Synergien für das eigene Geschäft zu heben.
Obwohl ausgehend von der Wirtschafts- und Finanzkrise das M&A Volumina in den letzten Jahren rückläufig war, zeigt die Tendenz für die kommenden Perioden wieder deutlich nach oben.[1] Unternehmen sind mit globalen Herausforderungen konfrontiert, die sie zu strategischen Maßnahmen zwingen. Die Globalisierung an sich, der Aufstieg anderer Volkswirtschaften wie jene der BRICs Staaten oder die marktwirtschaftliche Öffnung Südosteuropas und eine damit verbundene Chance auf neue Absatzmärkte für die eigenen Produkte; all diese Szenarien führten und führen bei wachstumsorientierten, international ausgerichteten Unternehmen zu einer gewissen Notwendigkeit Maßnahmen zu ergreifen, um auch zukünftig zu den „führenden Marktteilnehmern“ zu gehören.
Vorausgesetzt man hat sich in den relevanten Gremien z.B. für die Übernahme eines bestehenden Konkurrenzunternehmens oder für eine Akquisition im Zuge einer Privatisierung entschieden, dann liegt nach der Vertragsunterzeichnung die Hauptarbeit noch vor den handelnden Akteuren. Erst nach dem sogenannten Closing (Vertragsunterzeichnung) beginnt die eigentliche „Übernahme“ des Unternehmens. Übernehmende Gesellschaften sind dabei mit Problemen konfrontiert, die im schlimmsten Falle zu einem Scheitern der M&A Transaktion führen können, da die gewünschten Effekte nicht wie geplant eintreten.
Diese Masterthesis soll unter anderem die Wichtigkeit der „Post-merger“ Phase hervorheben und einen wesentlichen Fokus auf die Thematik der Kulturintegration als wesentlichen Bestandteil des gesamten M&A Prozesses legen. Leider zeigt sich in der Praxis des Öfteren, dass der wesentliche Fokus des Managements auf der Vertragsunterzeichnung an sich liegt. Dabei wird häufig übersehen, dass bereits in der Pre-Merger Phase zusätzlich zu den standardmäßig durchgeführten Due Dilligences über die rechtlichen, steuerlichen und finanziellen Rahmenbedingungen auch Due Dilligences unter anderem zu den Themenschwerpunkten Kultur, Geschichte, Verhalten oder Ausbildungsniveau der Belegschaft innerhalb des bestimmten Landes durchgeführt werden könnten und eigentlich auch müssten.[2] Das Wissen um die Tragweite der Ergebnisse dieser Analysen würde mit Sicherheit viele Entscheidungsträger für eine professionelle „Post-merger“ Arbeit sensibilisieren, da in letzter Konsequenz einige M&A Transaktionen nicht finalisiert worden wären.
Für mich persönlich hat das Thema Integrationsarbeit und insbesondere der Fokus auf die kulturellen Aspekte einen hohen Stellenwert, da ich auch beruflich seit einigen Jahren in einem Tochterunternehmen eines niederösterreichischen Energiekonzerns in Südosteuropa tätig bin. Gemeinsam mit meinen Kollegen vor Ort sind wir auch für die Integration des Unternehmens in das Konzerngefüge verantwortlich. Die Entscheidungsträger des Mutterkonzerns unterstützen uns bei dieser Tätigkeit durch verschiedensten Maßnahmen, die eine optimale Integrationsarbeit ermöglichen und auch sicherstellen sollen. Neben persönlichkeitsbildenden Maßnahmen für uns entsandte Mitarbeiter wurden zusätzlich unterschiedlichste länderübergreifende Veranstaltungen organisiert, bei denen der Fokus natürlich auf einer Vereinheitlichung der Konzernkultur lag und liegt aber immer mit dem Zusatz, dass auch jedes Land für sich genügend „Platz“ bekommt, um seine Kultur – die länder- wie auch die unternehmensspezifische – darzustellen und einzubringen.
Aus dieser Tätigkeit heraus ergab sich der Wunsch, meine Masterarbeit zu diesem Thema zu verfassen. Oberstes Ziel für mich ist es aber diese Arbeit so zu gestalten, dass auch jene Personen die zwar Erfahrungen mit M&A Transaktionen und Integrationsarbeit aber nicht im Speziellen mit den Aspekten der unternehmenskulturellen Integration und den damit verbundenen Chancen und Risiken haben, ein Verständnis für diese Thematik entwickeln können.
In der vorliegenden Arbeit soll auf die Integrationsarbeit im Rahmen einer M&A Transaktion eingegangen werden; dabei wird der Hauptfokus auf den Teil der Kulturintegration als wesentlicher Erfolgsfaktor gelegt werden. Es soll aufgezeigt werden, was grundsätzlich unter dem Begriff der Unternehmenskultur verstanden wird und in weiterer Folge wie wichtig das Wissen darum ist, wenn man ein Unternehmen übernimmt und dieses in einen bestehenden Konzernverband integrieren will. Diese Arbeit hat nicht zum Ziel die Integrationsarbeit in ihrer vollen Gesamtheit zu betrachten, sondern legt den Hauptfokus auf die Phasen einer M&A Transaktion und die notwendigen Tätigkeiten davor und danach, welche im Zusammenhang mit der Kulturintegration stehen.
Diese Arbeit verfolgt das Ziel, die nachfolgenden Hypothesen zu überprüfen:
Kulturintegration ist ein wesentlicher und oftmals unterschätzter Erfolgsfaktor bei M&A Transaktionen
Es gibt einen Zusammenhang zwischen Unternehmenskultur und wirtschaftlichem Erfolg eines Unternehmens
Kulturintegration beginnt schon weit vor der Post-Merger Phase und muss bereits im Vorfeld thematisiert und professionell bearbeitet werden
Die Vorgehensweise bei der kulturellen Integration kann geplant und in verschiedenen Schritten abgearbeitet werden
Für mich persönlich setze ich mir mit der Ausarbeitung dieser Thematik das Ziel, meine bereits vorhandene praktische Erfahrung im Bereich Integration und Kulturintegration um die theoretischen Aspekte zu erweitern und eine Verbindung zwischen der theoretischen Meinung und meiner persönlichen Erfahrung herzustellen. Des Weiteren will ich für mich selber überprüfen, ob die von mir und dem gesamten Team geleistete Integrationsarbeit gemäß den wissenschaftlichen Abhandlungen optimal umgesetzt wurde und im Falle, dass dies nicht passiert ist, in welchen Punkten es Verbesserungsbedarf gegeben hätte/gibt.
In Kapitel 1 dieser Arbeit erfolgt mittels einer kurzen Einleitung zum Thema eine Sensibilisierung hin zur Notwendigkeit, die kulturelle Integration professionell zu betreiben. In weiterer Folge beschreibe ich, warum ich mich für die Ausarbeitung dieser Thematik entschieden habe, welche Ziele ich damit verfolge und wie ich dabei vorgehen werde.
Kapitel 2 dient der Begriffsdefinition Unternehmenskultur, stellt die Ebenen dieser vor und befasst sich dann detaillierter mit den Funktionen dieser. Die Auseinandersetzung mit dem Begriff Unternehmenskultur und das Herausarbeiten der Wichtigkeit auch für den Unternehmenserfolg stellt für mich die Basis dieser Arbeit dar, da es sich in gewisser Weise auch um die Rechtfertigung handelt, warum ich mich dieser Thematik widme. Gebe es keinen Zusammenhang zwischen Unternehmenskultur und letzten Endes dem Unternehmenserfolg, dann wäre eine kritische Auseinandersetzung für mich jedenfalls hinfällig.
In Kapitel 3 folgt die Definition von Merger & Acquisition; es werden die betriebswirtschaftlichen Ziele genauso wie dessen Ausprägungen analysiert. In weiterer Folge werden die drei Phasen einer M&A Transaktion detailliert beschrieben wobei der Fokus auf der Analyse und Bewertung der unternehmenskulturellen Situation im übernehmenden Unternehmen liegt.
Kapitel 4 befasst sich eingehend mit den Einflussfaktoren, welche den Integrationsprozess betreffen. Neben strategischen Entscheidungen, welche zu unterschiedlichen Integrationsgraden führen, werden vor allem die kulturellen Einflussgrößen erläutert, die letztendlich die Kultur einer Organisation prägen. Es wird aufgezeigt, wie diese entstehen und wie man in weiterer Folge damit umgeht. Das Kapitel endet mit einer Darstellung, wie man mit den verschiedenen kulturellen Einflussgrößen innerhalb der einzelnen Phasen einer M&A Transaktion optimal umgeht.
Das Kapitel 5 bezieht sich weitestgehend auf die dritte Phase einer M&A Transaktion, die Post-Merger Phase. Hierbei werden die wesentlichen theoretischen Modelle der Kulturintegration erläutert. Zusätzlich erfolgt eine kritische Würdigung der vier beschriebenen Modelle.
Im Kapitel 6 werden Handlungsempfehlung ausgearbeitet, die dieser Masterarbeit einen praktischen Mehrwert geben sollen. Basierend auf verschiedensten theoretischen Ansichten...