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Kurzarbeit als Instrument der Mitarbeiterbindung: Eine theoretische Analyse im Rahmen der Finanzkrise

AutorAndre Kolle
VerlagBachelor + Master Publishing
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl68 Seiten
ISBN9783863419103
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Der Einsatz konjunktureller Kurzarbeit gilt in Zeiten der Finanzkrise als beschäftigungspolitisches Allheilmittel der deutschen Wirtschaft. Aus ökonomischer Sicht profitieren Staat, Unternehmen und Arbeitnehmer, indem sie Transferleistungen einsparen, Entlassungs- und Widereinstellungskosten vermeiden bzw. ihren Arbeitsplatz behalten. Dennoch erzielt Kurzarbeit nicht nur eine ökonomische Wirkung, denn auch die Beziehungsebene zwischen Arbeitgeber und Mitarbeitern wird affektiert. Diese Arbeit liefert eine theoretische Analyse der Auswirkungen von Kurzarbeit auf affektives und normatives Commitment im Rahmen des Drei-Komponenten-Ansatzes von Meyer/Allen (1991). Dabei wird auf die Theorie des sozialen Tauschs nach Homans (1958) und Blau (1964) zurückgegriffen. Die Ergebnisse zeigen, dass der Einsatz von Kurzarbeit einen sozialen Austauschprozess zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern hervorruft. Je nachdem wie die Mitarbeiter Kurzarbeit während der Ein-, Durch- und Rückführungsphase wahrnehmen, verändert sich ihre affektive und normative Bindung zum Unternehmen. Wird Kurzarbeit als Beschäftigungssicherung angesehen, erhöht sich die Mitarbeiterbindung. Gegenteiliges ist der Fall, wenn Kurzarbeit als Ausnahmezustand im Arbeitsverhältnis empfunden wird. Eine solche Wahrnehmung wird erzeugt, wenn der Arbeitgeber versucht auf Kosten der Belegschaft Mitnahmeeffekte zu generieren und das Instrument Kurzarbeit zu missbrauchen. Obendrein können Wahrnehmungsverzerrungen dazu führen, dass Kurzarbeit in einem negativen Licht erscheint. Aufgrund der Auswirkungen auf die Mitarbeiterbindung lässt sich folgern, dass Kurzarbeit als Einflussfaktor organisationalen Commitments fungiert. Ferner lassen die Ergebnisse darauf schließen, dass Kurzarbeit mit weiteren Einflussfaktoren der Mitarbeiterbindung korreliert. Die Ausarbeitung kommt zu dem Schluss, dass es Ziel des Arbeitgebers sein sollte, die Mitarbeiter auf den 'Pfad der Beschäftigungssicherung' zu führen. Gelingt dies, muss mit Kurzarbeit kein Trade-off zwischen der ökonomischen und psychologischen Wirkung verbunden sein. Vielmehr festigt die positive Wahrnehmung von Kurzarbeit die Vertrauensbasis und Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern, wodurch die positiven Auswirkungen einer stärkeren emotionalen und obligatorischen Mitarbeiterbindung zum Tragen kommen. Handlungsempfehlungen für den Einsatz von Kurzarbeit unter dem Gesichtspunkt des Erhalts und Ausbaus der Mitarbeiterbindung werden gegeben und [...]

Andre Kolle, M.Sc. in Wirtschaftswissenschaften, wurde 1984 in Seesen am Harz geboren. Er studierte an der Universität zu Paderborn International Business und Betriebswirtschaftslehre und ist seit seinem Abschluss zum Master of Science im Jahr 2010 wissen

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 3, Das dreidimensionale Konstrukt organisationalen Commitments: 3.1, Begriffsentstehung und Abgrenzung: Der Begriff des organisationalen Commitments (OC) unterliegt seit den Anfängen der Forschung keiner einheitlichen Definition. Vielmehr fallen die Erkenntnisse über Bedeutung und Auswirkungen in einen fortlaufenden Veränderungsprozess, der insbesondere durch die Arbeiten von Becker (1960), Kanter (1968), Buchanan (1974) und Mowday/Porter/Steers (1979, 1982) geprägt wurde. Als ein Meilenstein im Laufe dieses Prozesses kann der einflussreiche Aufsatz von Meyer/Allen (1991) bezeichnet werden, der OC als psychologisches Konstrukt betrachtet. Dieses Konstrukt bildet die Grundlage der vorliegenden Arbeit. 'Organizational commitment can be defined generally as a psychological link between the employee and his or her organization that makes it less likely that the employee will voluntarily leave the organization. Although early work in the area was characterized by various, and often conflicting, unidimensional views of the construct, organizational commitment is now widely recognized as a multidimensional work attitude' (Meyer/Allen 1996: 252). Dieses in der Definition beschriebene, multidimensionale Konstrukt lässt sich in eine affektive, normative und kalkulative Bindungskomponente unterteilen. Nach Meyer/Allen (1991) zählen die ersten beiden Bindungskomponenten zur psychologischen Perspektive organisationalen Commitments, wohingegen letztere als ökonomische Sichtweise einzuordnen ist. 'Continuance commitment refers to an awareness of the costs associated with leaving the organization. Employees whose primary link to the organization is based on continuance commitment remain because they need to do so' (Meyer/Allen 1991: 67). Gemäß ihrer Definition hängt die kalkulative Mitarbeiterbindung also einzig von den Kosten ab, die ein Verbleib bzw. Wechsel der Organisation verursachen würde. Westphal/Gmür (2009: 203) sprechen aus diesem Grund auch von einer 'Bindung mit Zwangscharakter'. Grundlegend ist hierbei die Arbeit von Becker (1960), die im Rahmen der sogenannten Side-Bet-Theorie das ökonomische Kalkül erläutert. Demnach entsteht kalkulatives Commitment aufgrund irreversibel getätigter Investitionen und eines Mangels an alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten. So würde spezifisches Humankapital bei einem Arbeitsplatzwechsel genauso verloren gehen wie die Beziehungen zu den Kollegen oder die erreichte Position im Unternehmen. Auch privat würden Umzugskosten oder die Aufgabe des Freundeskreises zu hohen Nutzeneinbußen führen (van Dick 2004: 47). Folglich erhöhen alle Investitionen, die direkt oder indirekt in Verbindung mit dem aktuellen Arbeitgeber stehen, die Vorteilhaftigkeit des Verbleibs in einer Organisation. Im Rahmen der Kurzarbeit ergeben sich für einen Arbeitnehmer vor der Einführung zwei Wahlmöglichkeiten: das Unternehmen zu verlassen oder zu bleiben. Der mit dem Übergang in Kurzarbeit verbundene Verbleib geht auf Kosten eines niedrigeren Gehalts. Ein rationaler Arbeitnehmer bewertet die Kosten seiner beiden Wahlalternativen und entscheidet sich für den Verbleib im Unternehmen, wenn der Gehaltsverzicht geringer ist als die Kosten eines Arbeitsplatzwechsels. Letztere beinhalten etwa die Gefahr in Arbeitslosigkeit abzurutschen, Kosten der Arbeitsplatzsuche sowie soziale (Verlust des sozialen Status) und wirtschaftliche (Ungewissheit über zukünftiges Gehalt) Unsicherheiten (Crimmann/Wießner/Bellmann 2010: 9). Da das ökonomische Kalkül in Verbindung mit Kurzarbeit in Kapitel 2 bereits umfassend dargestellt wurde, soll die Betrachtung kalkulativen Commitments im weiteren Verlauf vernachlässigt werden. Vielmehr bedarf es für die Untersuchung der psychologischen Effekte von Kurzarbeit auf die Mitarbeiterbindung einer näheren Betrachtung affektiven und normativen Commitments. Affektives Commitment ist die meist erforschte Komponente organisationalen Commitments. 'Affective Commitment refers to the employee's emotional attachment to, identification with, and involvement in the organization. Employees with a strong affective commitment continue employment because they want to do so' (Meyer/Allen 1991: 67). Diese Definition betont explizit den freien Willen als Basis für die Mitarbeiterbindung. Der emotionale Bund mit dem Unternehmen sorgt dafür, dass die Belange der Organisation auch eine hohe persönliche Bedeutung besitzen und die Arbeitnehmer mit ihrem Arbeitgeber ein starkes Gefühl der Zugehörigkeit empfinden (vgl. Buchanan 1974; Mowday/Porter/Steers 1982; van Dick 2004). Hohes affektives Commitment bewirkt außerdem, dass Verluste des Unternehmens als die eigenen angesehen werden, verändernden Maßnahmen positiv gegenübergetreten wird und Kultur und Werte der Organisation verinnerlicht und gelebt werden (Eisenberger et al. 1986: 834f.). Normatives Commitment hingegen '(...) reflects a feeling of obligation to continue employment. Employees with a high level of normative commitment feel that they ought to remain with the organization' (Meyer/Allen 1991: 67). Diese Art von Selbstbindung an die Organisation resultiert ähnlich wie affektives Commitment aufgrund des Gefühls, der Organisation etwas zurückgeben zu müssen. Jedoch beruht dieses Gefühl nicht auf einer emotionalen, sondern auf einer moralisch-ethischen Bindungsebene, auf der sich ein Verpflichtungsempfinden entwickelt (Wiener 1982). Hat der Arbeitgeber z.B. eine Aus- oder Weiterbildung bezahlt, fühlt sich der Arbeitnehmer verpflichtet, diese getätigten Investitionen in Form seiner Treue und Loyalität gegenüber dem Unternehmen zurückzugeben (van Dick 2004). Meyer/Allen (1990: 4) konstatieren, dass sich ein solches Pflichtgefühl sowohl vor dem Eintritt in die Unternehmung ('familial/cultural socialization') als auch danach ('organizational socialization') herausbilden kann. Affektives und normatives Commitment korrelieren stark positiv miteinander wie Meyer/Allen (1991) in ihren Untersuchungen nachweisen. Dementsprechend haben beide Komponenten auch nahezu identische Einflussfaktoren (siehe Abschnitt 3.3), die lediglich in der Stärke des Zusammenhangs variieren. Eine eindeutige Trennung kann hingegen zum kalkulativen Commitment vollzogen werden. Dieses steht sowohl mit der emotionalen, als auch mit der fortsetzungsbezogenen Bindungskomponente in einem negativen Zusammenhang und wird zudem von anderen Faktoren beeinflusst (Westphal/Gmür 2009). Dementsprechend hat eine Vernachlässigung kalkulativen Commitments keine Auswirkungen auf die weitere Analyse. Ein grundlegendes Konzept auf dem affektives und normatives Commitment basieren, ist die Theorie des Sozialtauschs. Diese soll im Folgenden einer näheren Betrachtung unterzogen werden.
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