1 Einleitung
Die Gründer junger innovativer Unternehmen sind die Initiatoren eines unternehmerischen Prozesses, der in die Entwicklung bedeutender Innovationen, Wachstumsimpulse und in die Schaffung neuer Arbeitsplätze münden kann. Picot et al. (1989, S. 1) formuliert en: „Erfolgreiche innovative Unternehmensgründungen sind eine wesentliche Quelle für die Erhaltung und Weiterentwicklung offener Volkswirtschaften“. Schumpeter (1934, S. 100) bezeichnet die Gründer derartiger Unternehmen als Pionierunternehmer, die durch die Entdeckung und Ausnutzung unternehmerischer Handlungsfelder grundlegende Innovationen schaffen und damit ganze Branchen verändern und wirtschaftliche Entwicklungen anstoßen. Als wesensbestimmendes Element sieht Schumpeter (1934, S. 99f.) die Durchsetzung neuer Kombinationen, durch die eine neue bzw. in wesentlichen Komponenten bisher nicht existierende Wirtschaftseinheit geschaffen wird. Die Schaffung eines neuen Gutes bzw. eines Gutes in neuer Qualität, die Anwendung einer neuen Produktionsmethode, die Erschließung eines neuen Marktes und die Nutzung neuer Bezugsquellen für Produktionsfaktoren bezeichnen nach Schumpeter (1934) ebenso die Durchsetzung einer neuen Kombination wie die Durchsetzung einer auf die Marktverhältnisse bezogenen Neuorganisation (vgl. Szyperski/Nathusius 1999, S. 25). Entsprechend kommt diesen Unternehmen sowohl aus betriebwirtschaftlicher als auch aus volkswirtschaftlicher Perspektive eine außergewöhnliche Bedeutung für die Förderung der wirtschaftlichen Entwicklungen zu.
Während bereits bestehende und etablierte Unternehmen rapide Veränderungen ablehnen und der Kontinuität den Vorzug geben, streben junge innovative Unternehmen als ‚Unruhestifter’ Änderungen und Weiterentwicklungen an. Technologien und Märkte werden so durch junge innovative Unternehmen in Bewegung gehalten und für bereits bestehende und etablierte Unternehmen unvorhersehbar gemacht. Um der latenten Gefahr erheblicher Veränderungen und Machtverschiebungen zu begegnen, versuchen etablierte Unternehmen, jungen Unternehmen den Marktzutritt zu verwehren (vgl. Szyperski/Nathusius 1999, S. 18). Entsprechend ist die Mortabilität junger Unternehmen in den ersten drei Jahren überaus hoch. Es wird von Sterblichkeitsraten jung er Unternehmen ausgegangen, die zwischen 40 % und 50 % liegen (vgl. Bates 1995, S. 29; Zimmerman/Zeitz 2002, S. 414; Van Praag 2003, S. 1; Forsyth 2005, S. 429). Timmons/Bygrave (1986, S. 163) gehen sogar davon aus, dass 80 % bis 90 % der jungen Unternehmen scheitern.
Zur Klärung der Frage, warum einige junge Unternehmen überleben und andere nicht, greifen Wissenschaftler traditionell auf Aspekte wie Finanzierungsstrategien und Kreativität zurück, aber auch die Persönlichkeitseigenschaften der Gründer werden zur Begründung angeführt (vgl. Fallgatter 2002, S. 75ff.; siehe auch Barney 1991). Einen anderen Erklärungsansatz für das Scheitern vieler junger Unternehmen bietet das Fehlen gesellschaftlicher Akzeptanz der neuen und oftmals sehr innovativen Unternehmenskonzepte. Dieser Erklärungsansatz wird bereits seit Längerem in der angelsächsischen Literatur unter dem Phänomen der organisationalen Legitimität diskutiert (vgl. u. a. Dowling/Pfeffer 1975; Ashforth/Gibbs 1990; Aldrich/Fiol 1994; Suchman 1995; Zimmerman /Zeitz 2002; Aldrich/Ruef 2007). Organisationale Legitimität meint die Anerkennung bzw. Akzeptanz der Aktivitäten eines Unternehmens durch deren Umwelt (vgl. Suchman 1995, S. 574f.). Das Ausmaß der Legitimierung eines Unternehmens wird dabei als entscheidend für den Zugriff auf die zwingend benötigten Ressourcen angesehen und damit als ein wesentlicher Faktor für das Überleben und den Erfolg eines Unternehmens eingestuft (vgl. Parsons 1960; Dowling/Pfeffer 1975; Suchman 1995; Lounsbury/Glynn 2001; Sheperd/Zacharakis 2003).
Die Bedeutung der organisationalen Legitimität stellt sich für etablierte Unternehmen anders dar als für junge Unternehmen. So können etablierte Unternehmen bereits auf Erfahrungen und eine gewisse Ressourcenausstattung zurückgreifen. Sie sind bereits zu einem gewissen Maße legitimiert, so dass für diese Unternehmen die Aufrechterhaltung und Verteidigung ihrer Legitimität im Vordergrund steht. Diesem Bereich widmeten sich auch zunächst die wissenschaftlichen Arbeiten in diesem Forschungsbereich (vgl. Dowling/Pfeffer 1975; DiMaggio/Powell 1983; Ashforth/Gibbs 1990). Zunehmend rückten jedoch junge Unternehmen in den Mittelpunkt der Forschungen (vgl. Aldrich/Fiol 1994; Suchman 1995; Zimmerman/Zeitz 2002; Delmar/Shane 2004; Tornikoski /Newbert 2007). Junge Unternehmen brechen bekannte Strukturen auf und schaffen etwas Neues, so dass ihnen die notwendige Legitimität fehlt, die ihnen den Zugang zu Ressourcen sichert und damit ihre Überlebenswahrscheinlichkeit maßgeblich beeinflusst (vgl. Aldrich/Ruef 2007, S. 187).
Als Elitegruppe junger Unternehmen können in diesem Zusammenhang Venture Capital-finanzierte Unternehmen betrachtet werden. So zeigt die Akquirierung eines Beteiligungskapitalgebers den Wert eines Unternehmens und verbessert durch eine bessere Ausstattung mit finanziellen Ressourcen die Ausgangsbedingungen dies er jungen Unternehmen (vgl. Janney/Folta 2003, S. 362). Verschiedene Studien haben gezeigt, dass junge Unternehmen, die durch eine VC-Gesellschaft finanziert werden, einem geringeren Risiko unterliegen, zu scheitern. So reduzieren sich nach Timmons/Bygrave (1986, S. 163) die Sterblichkeitsrate junger Unternehmen durch eine Finanzierung mit Venture Capital von 80 % bis 90 % auf 20 % bis 30 %. Damit zeigt sich, dass sich die Akquirierung eines Beteiligungskapitalgebers also durchaus positiv auf die Überlebenswahrscheinlichkeit eines jungen Unternehmens auswirkt. Unklar bleibt allerdings, welche Auswirkungen eine Finanzierung mit Venture Capital auf die Legitimierung eines jungen Unternehmens hat.
Die vorliegende Arbeit befasst sich daher mit dem Zusammenhang zwischen der VC-Finanzierung und der Legitimität der VC-finanzierten Unternehmen. Nachfolgend erfolgt zunächst eine Einordnung der vorliegenden Arbeit in den relevanten Forschungskontext, bevor die Fragestellung der Arbeit herausgearbeitet wird (Kap. 1.1). Den Abschluss des ersten Kapitels bildet die Darstellung des Aufbaus der Arbeit (Kap. 1.2).
1.1 Forschungskontext und Fragestellung der Arbeit
Aufgrund der Bedeutung junger innovativer Unternehmen für die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft setzen sich die unterschiedlichsten wissenschaftlichen Disziplinen, wie beispielsweise die Finanzwissenschaften, die Strategie- oder Entrepreneurshipforschung, mit dem Phänomen junger innovativer Unternehmen auseinander (vgl. Florin 2005, S. 114f.). Insbesondere die Entrepreneurship-Forschung befasst sich mit dem Erfolg und der Entwicklung junger Wachstumsunternehmen und kann definiert werden als: „… the scholarly examination of how, by whom, and with what effects opportunities to create future goods and services are discovered, evaluated, and exploited“ (Shane/Venkataraman 2000, S. 218; siehe auch Venkataraman 1997, S. 120). Die Entrepreneurship-Forschung ist interdisziplinär und wird von einer Vielzahl verschiedener wissenschaftlicher Forschungsbereiche bearbeitet. Neben Betriebwirtschafts- und Volkswirtschaftslehre sind beispielsweise auch Psychologie, Soziologie und Geschichte als wissenschaftliche Disziplinen zu nennen (vgl. Low/MacMillan 1988).
Der Begriff ‚Entrepreneurship’ steht für Unternehmertum, wobei Richard Cantillon im 18. Jahrhundert zum ersten Mal den Begriff des Entrepreneurs aufgriff. Neben Cantillon (1931) hat auch Joseph Schumpeter (1934) die Entrepreneurship-Forschung entscheidend geprägt (vgl. Fallgatter 2004, S. 23). Stevenson/Jarillo (1990, S. 18) differenzieren zwischen drei Theorieströmungen innerhalb der Entrepreneurshipforschung. Die erste Theorieströmung setzt sich mit der gesamtwirtschaftlichen Bedeutung der unternehmerischen Betätigung auseinander. Diesem Forschungsansatz sind die Arbeiten von Cantillon (1931) und Schumpeter (1934) zuzuordnen.1 Die Ergründung der Frage, warum Individuen Unternehmer werden, steht im Vordergrund der zweiten Theorieströmung. Begründet wurde dieser psychologische und soziologische Ansatz durch Mc Clelland (1961) und Collins/Moore/Unwalla (1964). Eine dritte Theorieströmung innerhalb der Entrepreneurship-Forschung analysiert betriebswirtschaftliche Einzelfragen, wie die Handlungen von Gründern, gründungsbezogene Strategien, Strukturen und Prozesse (vgl. Fallgatter 2004, S. 23). Ein zentrales Element der Entrepreneurship-Forschung stellt die Idee der sog. ‚unternehmerischen Gelegenheit’ dar, die als Möglichkeit verstanden wird, einen ökonomischen Wert zu schaffen (vgl. Singh 2001, S. 10f.). Neben der Schaffung eines ökonomischen Wertes wird die Ressourcenbeschaffung als ein weiteres zentrales Element von Entrepreneurship angesehen (vgl. Stevenson/Jarillo 1990; Stevenson/Gumpert 1985). Die vorliegende Arbeit, die sich mit der Entwicklung junger, VC-finanzierter Unternehmen befasst, ist damit der Entrepreneurship-Forschung zuzuordnen.
Die Entwicklung eines jungen innovativen Unternehmens wird von politischen, institutionellen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen beeinflusst, wobei die wesentlichen Probleme dieser Unternehmen die fehlende Legitimität und der Mangel an den notwendigen Ressourcen darstellen (vgl. Zhao/Aram 1995, S. 349). Eines der größten Probleme besteht in den begrenzten finanziellen...