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Leiharbeit als Sprungbrett zur Festanstellung: Eine ökonomische Analyse

AutorAndre Kolle
VerlagBachelor + Master Publishing
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl39 Seiten
ISBN9783863419172
FormatPDF
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
Arbeitnehmerüberlassung in Deutschland ist ein kontrovers diskutiertes, aber dennoch aus personalpolitischer Sicht wenig erforschtes Gebiet. Vor allem das ernorme Wachstum dieser Branche bedarf neben ökonomischer Erklärungsansätze auch einer Diskussion der Frage, welche Chancen die Arbeitnehmerüberlassung bietet. Zeitarbeit wird in Unternehmen mittlerweile nicht nur zur Erzielung kurzfristiger Flexibilisierungsvorteile genutzt, sondern dient darüber hinaus als Instrument der Personalrekrutierung. Neueste Untersuchungen zeigen, dass knapp 25% aller Leiharbeitnehmer im letzten Entleihbetrieb verbleiben. Dieser Klebeeffekt der Zeitarbeit wird in der vorliegenden Studie unter Einbeziehung der Tournament-Theorie diskutiert. Außerdem sollen auf dieser Grundlage die weiteren Effekte von Leiharbeitnehmerturnieren um eine Festanstellung betrachtet werden. Bei solchen Turniere zwischen zwei Leiharbeitnehmern in einem Entleihbetrieb soll derjenige Arbeitnehmer ermittelt werden, der das beste Arbeitsplatz-Matching garantiert. Hintergrund dieser Überlegungen ist die Fragestellung, welche Bedeutung die Zeitarbeit für die Entleihbetriebe hat, wenn es darum geht, wie viele Arbeitnehmerüberlassungsverträge nach Beendigung in einer Festanstellung münden. Ziel dabei ist es, die Bedeutung der Zeitarbeit als alternatives Rekrutierungsinstrument für Entleihbetriebe hervorzuheben sowie die Chancen, die sich durch Leiharbeitnehmerturniere speziell für die Zeitarbeiter ergeben können, zu erörtern.

Andre Kolle, M.Sc. in Wirtschaftswissenschaften, wurde 1984 in Seesen am Harz geboren. Er studierte an der Universität zu Paderborn International Business und Betriebswirtschaftslehre und ist seit seinem Abschluss zum Master of Science im Jahr 2010 wissen

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 4.1, Der Einsatz von Leiharbeitnehmerturnieren als Selektionsinstrument: Wie bereits erwähnt steht für die Arbeitgeberseite in Leiharbeitnehmerturnieren das Allokations- und Matchingziel im Vordergrund. Der Selektionseffekt von Leiharbeitnehmerturnieren trägt zur Erreichung dieses Primärziels in zweierlei Hinsicht bei: Durch die Vorauswahl auf Grundlage der vom Entleihbetrieb gestellten Anforderungen, gewährleistet die Zeitarbeitsfirma einen gewissen Grad an Homogenität unter den entsandten Leiharbeitnehmern. Das bedeutet, dass die Turnierteilnehmer bezüglich ihres allgemeinen Qualifikationsniveaus keine wesentlichen Unterschiede aufweisen. Somit entscheiden die individuellen Qualitäten der Arbeitnehmer und der erbrachte Arbeitseinsatz darüber, welcher Teilnehmer als Turniergewinner hervorgeht (Kräkel 1997: 278f.). Neben der Vorauswahl werden während der Leiharbeitnehmerturniere weitere Qualitätsunsicherheiten zwischen Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite abgebaut. Dabei erhält der Entleihbetrieb nicht nur Informationen über das Arbeitsverhalten der Zeitarbeitnehmer, sondern auch die Turnierteilnehmer erlangen intensive Einblicke in die Arbeit im Entleihbetrieb. Dadurch wird ihnen die Möglichkeit gegeben, sich ein eigenes Bild über den Entleihbetrieb zu verschaffen, was wiederum eine beeinflussende Wirkung auf den Arbeitseinsatz hat. Demnach würde es für den Arbeitgeber negative Auswirkungen haben, wenn die Leiharbeitnehmer unter schlechten Bedingungen in einem sie ablehnenden Arbeitsumfeld tätig werden müssten. Hier wäre mit Leistungszurückhaltung und einem sinkenden Übernahmeninteresse der Arbeitnehmer zu rechnen. Kräkel (1997: 279 f.) betrachtet den Fall streng asymmetrischer Informationsverteilung, bei dem die individuellen Qualitäten eines Arbeitnehmers nur von diesem selbst, nicht aber von seinem Kontrahenten oder dem Arbeitgeber eingeschätzt werden können. So würden beide Arbeitnehmer einen hohen Einsatz wählen, sodass sich tatsächlich derjenige mit der höchsten Qualität durchsetzt. Kontraproduktiv kann in diesem Fall allerdings eine Überbeanspruchung der Ressourcen wirken, die sich daraus ergibt, dass die Turnierteilnehmer einen ineffizient hohen Einsatz wählen und somit sehr schnell überlastet werden. Dieser Effekt wird in der Literatur auch als Rattenrennen bezeichnet. Dabei wird induziert, dass unverhältnismäßig hohe Anstrengungen, die zur Zielerreichung nötig sind, sich auch in der Höhe des Turnierpreises niederschlagen müssen (Backes-Gellner/Lazear/Wolff 2001: 169 f.; 180). Leiharbeitnehmer in Turnieren würden also als Siegerpreis, neben der Beschäftigungssicherheit durch die Übernahme in die Stammbelegschaft, auch einen deutlichen Gehaltssprung erwarten, um ein hohes Leistungsniveau zu wählen. Diese Aufstockung der Bezüge lässt sich in der Tat beobachten, sodass Leiharbeitnehmer dadurch einen zusätzlichen Anreiz erfahren. Weitere Einflüsse, die von der Turnierpreisdifferenz ausgehen, werden im nächsten Unterabschnitt diskutiert. Die eben beschriebene Annahme streng asymmetrisch verteilter Informationen muss jedoch besonders in Leiharbeitnehmerturnieren relativiert werden. Schon durch die Vorselektion der Zeitarbeitsfirma, die aufgrund einheitlicher Qualifikationsanforderungen des Arbeitsplatzes homogenes Personal zur Verfügung stellt, besitzen die Teilnehmer zu Turnierbeginn bereits Informationen über ihren Konkurrenten. Die ausgewählten Zeitarbeiter können nämlich von ihren eigenen Qualifikationen und den Anforderungen der Entleihfirma auf die Fähigkeiten ihres Turnierkonkurrenten schließen. Diese Informationsbasis wird häufig noch dadurch erweitert, dass beide Zeitarbeiter schon in Vorbeschäftigungen zusammengearbeitet haben und die Arbeitsweise des Gegenübers somit einschätzen können. Kommt es zu solch einem Abbau der Informationsasymmetrie zwischen beiden Leiharbeitern, entsteht ein Trade-Off zwischen der Anreiz und Allokationswirkung eines Arbeitnehmerturniers. Dies hat zur Folge, dass während die Wirkung zur Erreichung des einen Turnierziels zunimmt, die Wirkung auf das andere Turnierziel abnimmt. Die Leiharbeiter können frühzeitig einschätzen, wer besser ist, sodass der unterlegene Zeitarbeiter seinen Arbeitseinsatz minimieren wird. So hat der ex-ante Informationsaustausch der beiden Arbeitnehmer für den Entleihbetrieb negative Konsequenzen: Einerseits wäre es aus Sicht des Arbeitgebers sinnvoll, bei frühzeitiger Erkennung der Qualitätsunterschiede das Turnier sofort zu beenden, andrerseits würde dadurch die Anreizwirkung des gesamten Leiharbeitnehmerturniers verloren gehen. Bei Aufrechterhaltung der Turniersituation entstünde das Problem, dass auch der überlegene Leiharbeiter seinen Einsatz auf ein Minimum reduzieren würde. Die sofortige Selektion nimmt, wie schon erwähnt, die Anreizwirkung des Turniermodells, sodass der Grundgedanke neben der Selektions- auch eine Anreizwirkung zu erzielen, hinfällig ist (Kräkel 1997: 125). Die kontraproduktive Wirkung durch den ex-ante Informationsaustausch der Turnierteilnehmer wird allerdings mit zunehmender Anzahl der Turnierteilnehmer reduziert, da ein möglicher Austausch relevanter Informationen unter den Leiharbeitnehmern schwieriger wird. Außerdem kommt es gerade durch die Vorselektion der Zeitarbeitsfirma zu einem sehr homogenen Leistungsniveau der Turnierteilnehmer, sodass eine Einschätzung hinsichtlich der Qualitätsunterschiede kaum möglich ist. Zudem hat der Einfluss subjektiver Beurteilungskriterien auf den Turnierausgang, und hier insbesondere die Leistungsbeurteilung durch die Stammarbeitnehmer, die in 4.3 diskutiert wird, eine positive Auswirkung auf das Arbeitsverhalten der Leiharbeiter. Vorleistungen in anderen Unternehmen spielen dadurch nur eine untergeordnete Rolle, sodass sowohl derjenige, der seine Qualitäten höher einschätzt, als auch derjenige, der sich als unterlegen einstuft, eine hohe Leistungsbereitschaft zeigt. Einen weiteren Konflikt bei der Realisierung des Anreiz- und Allokationsziels beschreibt Kräkel (1997:125) als das Problem der Zeitinkonsistenz. Der Kompromiss zwischen Selektions- und Anreizwirkung vor Beginn eines Turniers, verschiebt sich ex-post, also unmittelbar vor einer konkreten Personalentscheidung, dahingehend, dass nur noch das Matchingziel für den Arbeitgeber von Interesse ist. Zur Besetzung der vakanten Stelle wählt der Arbeitgeber den Turnierteilnehmer mit dem besten Leistungsergebnis. Dies stellt aber insbesondere bei schwer messbaren Leistungen und der Einbeziehung subjektiver Bewertungskriterien ein Problem dar. Legt der Arbeitgeber jedoch überprüfbare Beurteilungsmaßstäbe ex-ante fest, verringert sich die Anreizwirkung eines solchen Turniers. Im Fall des skizzierten Leiharbeitnehmerturniers könnte genau diese Situation eintreten. Die Selektionswirkung genießt bei der Auswahl des geeigneten Zeitarbeiters oberste Priorität, wodurch die Gefahr sinkender Anreize besteht. Allerdings wirkt sich das Zeitinkonsistenzproblem insbesondere dann negativ auf die Leistungsbereitschaft aus, wenn der Turnierverlierer weiterhin im Betrieb bleibt und dort weitere Beförderungsturniere bestreitet. In dem hier beschriebenen Up-or-out-Beförderungsturnier ist dieser Effekt hingegen zu vernachlässigen. Neben einer Erhöhung der Teilnehmeranzahl verbessert sich die Selektionswirkung von Arbeitnehmerturnieren durch das Austragen mehrerer aufeinander folgender Turniere. Somit erhöhen sich die Homogenität und damit auch die Leistungsdichte der Turnierteilnehmer (Kräkel 1997: 280). In Leiharbeitnehmerturnieren kann es durchaus zu mehreren Turnieren kommen, etwa dann, wenn der Entleihbetrieb zur abschließenden Bewertung der Turnierleistung die Arbeit in verschiedenen Abteilungen mit unterschiedlichen Aufgabengebieten zugrunde legt und separat betrachtet. Auch die Zeitspanne eines Turniers beeinflusst die Güte der Selektion. Je länger der Zeitraum einer Turnierentscheidung ist, desto eher wird auch der tatsächlich beste Turnierteilnehmer den Wettbewerb gewinnen. Allerdings erhöht eine Verlängerung der Beobachtungsperiode auch die Kosten eines Beförderungsturniers, sodass die Durchführung ab einem bestimmten Zeitpunkt irrational wird. Backes-Gellner/Lazear/Wolff (2001: 199, 210) vergleichen hierzu die Dauer der Besetzung von Vorstandspositionen zwischen deutschen und amerikanischen Top-Managern und diagnostizieren einen Trade-Off zwischen einer schnellen Besetzung mit höherem Risiko und einer langsamen Beförderung einhergehend mit einer größeren Ressourcenverschwendung. Wenn die Selektionsfunktion des Turniers an erster Stelle steht, sollen demnach die Beförderungsentscheidungen tendenziell früher ausgesprochen werden. Im Rahmen von Leiharbeitnehmerturnieren die vorrangig darauf beruhen, das beste Arbeitnehmer-Arbeitsplatz-Matching zu erreichen, sollte sich der Entleihbetrieb also nicht zu lange auf die Beförderungsentscheidung warten, wobei hier wiederum das Risiko einer Fehlbesetzung höher einzustufen ist. Allein die Tatsache, dass Zeitarbeiter nicht länger als 24 Monate in demselben Entleihbetrieb eingesetzt werden dürfen und der Bedarf mehrerer überlassener Arbeitskräfte in einem bestimmten Bereich langfristig eher als gering einzustufen ist, beschränkt hier allerdings schon den Rahmen der Beurteilungsperiode. Abschließend lässt sich festhalten, dass die Selektionswirkung in Leiharbeitnehmerturnieren zunächst im Unternehmen des Verleihers und anschließend im Unternehmen des Entleihers auftritt. Eine erste Positivauslese findet demnach statt, wenn sich eine Arbeitskraft für die Beschäftigung in der Zeitarbeit entscheidet, eine zweite Selektion wird im Entleihbetrieb selbst, durch den Einsatz von Turnieren mit sehr homogenen Arbeitnehmern, vollzogen. Aus Entleihersicht wird somit eine doppelte Fähigkeitsprüfung der Leiharbeiter durchgeführt, die das Risiko der adversen Selektion stark reduziert (Friedrich/ Martin 2003: 20f.). Ein Trade-Off zwischen dem Allokations- und Anreizziel entsteht vor allem durch den Informationsaustausch der Turnierteilnehmer. Diesbezüglich versucht der Entleihbetrieb neben der Erreichung einer optimalen Selektionswirkung, Leistungsanreize zu schaffen. Im Folgenden soll der Einsatz von Leiharbeitnehmerturnieren als Anreizinstrument analysiert werden, indem die Wirkung produktiver und kontraproduktiver Effekte auf die Leistungsbereitschaft der Leiharbeiter betrachtet wird.
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