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Lernen an fremden Biographien: Franz von Assisi im Religionsunterricht der Grundschule

AutorAnja Reckenfeld
VerlagBachelor + Master Publishing
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl44 Seiten
ISBN9783956848162
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
Die vorliegende Arbeit bietet einen Überblick über Bedeutung und Möglichkeiten des biographischen Lernens. Dieses hat verstärkt Eingang in den Religionsunterricht gefunden und spielt eine zentrale Rolle für Kinder im Hinblick auf Subjekt-Werdung und Identitätsfindung. Eine Auseinandersetzung mit dem Thema ist unverzichtbar, um sich mit einem religionsdidaktischen Prinzip vertraut zu machen, welches Grundlage für einen gelingenden Religionsunterricht ist. Lebenssituationen und Entscheidungen des Heiligen Franziskus von Assisi sowie Einblicke in seine Lebensideale bilden die Basis für die Frage, inwiefern Grundschulkinder heute von ihm lernen können. Durch Franziskus ist ein bedeutender Heiliger ausgewählt, durch den gerade Kinder und Jugendliche viele Erkenntnisse gewinnen können, die ihnen für die Wahrnehmung und Gestaltung ihres Lebens Anregung und Hilfe sein können. Diese bilden die Basis für die weiterführende Frage, inwiefern Grundschulkinder heute von ihm lernen können. Da Franziskus im Mittelalter lebte, also unter völlig anderen Lebensbedingungen, scheint er für Kinder und Jugendliche zunächst eher von geringerem Interesse zu sein. Es ergibt sich die Frage, welche Erlebnisse und Erfahrungen die zunächst empfundene Distanz aufzuheben vermögen. Der dritte Teil dieser Arbeit ist als eine Weiterführung der zuvor beschriebenen Lebenssituationen zu verstehen. Es wird eine Verknüpfung des Lebens von Franz von Assisi mit dem gegenwärtigen Leben von Grundschulkindern vollzogen. Kontinuitäten, aber auch Spannungen oder Brüche, die jedes Leben prägen, werden dargestellt und ihre Bedeutung für den Lebensweg der Kinder analysiert. Durch Franziskus von Assisi ist ein bedeutender Heiliger ausgewählt, durch den gerade Kinder und Jugendliche viele Erkenntnisse gewinnen können, die ihnen für die Wahrnehmung und Gestaltung ihres Lebens Anregung und Hilfe sein können. Ein Fazit bildet den Abschluss der Arbeit.

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 3.2, Bedeutung von Armut und Krankheit: Franziskus hatte seine Freude an den teuren Dingen verloren. Die göttliche Offenbarung stimmte ihn nachdenklich, er suchte nach einem tieferen Sinn in seinem Leben und fand diesen in der Befolgung des göttlichen Willens, in der Christushinwendung. Fortan lebte er ähnlich wie Jesus und wendete sich Armen und Kranken zu. Franziskus gab ihnen nicht lediglich Almosen in Form von Geld, Kleidungsstücken oder Naturalien, sondern er identifizierte sich mit den Armen, tauschte mit ihnen seine Kleider und erfuhr am eigenen Leib das Gefühl betteln zu müssen und von der Gesellschaft ausgeschlossen zu werden. Jesus Lebensweise hat Franziskus in seiner Armut bestätigt. Er litt mit den von der Gesellschaft Ausgestoßenen, mit der Randgruppe, weil er in ihnen den leidenden Herrn wahrnahm. Alle leidenden Geschöpfe waren für ihn Ausdruck des Leidens des Herrn. Franziskus wurde 'ein Vertrauter und Freund der Aussätzigen, (so) daß er (...) unter ihnen lebte und ihnen demütig diente' . Er lebte solidarisch mit ihnen. Seine bisherigen Werte gelangten zu einer völligen Umkehr. Vor seiner Bekehrung war sein Verhalten nicht anders als das der meisten Menschen, die armen und kranken Menschen begegnen. Er hatte zwar Mitleid, doch der Ekel ihnen gegenüber war so groß, dass er sich nicht dazu überwinden konnte, sich mit ihnen einzulassen. Eine prägnante Situation hat sich einst im Geschäft des Vaters ereignet. Zu diesem Zeitpunkt war Franziskus ein fleißiger, strebsamer Angestellter seines Vaters, dem Profit und Erfolg wichtig waren. Als ein Bettler nach Almosen bat, schickte Franziskus ihn fort. Sein Verhalten hat er später zutiefst bereut. Gott hat ihm schließlich geholfen, seinen Ekel und seine Abscheu armen und kranken Menschen gegenüber zu überwinden. Die Begegnung mit ihnen hat seine Umkehr bestimmt, statt 'der Bitterkeit des Abscheus' hat er eine 'Süßigkeit der Seele und des Leibes' empfunden. Seine Umwandlung hat ihn auf einen ganz neuen Weg geführt. Von nun an hat er sich liebevoll um sie gekümmert, ihnen sogar die Hand geküsst und sie verehrt. Sein Handeln ist von Mitleid und Erbarmen geprägt. Hierin liegt das Bezeichnende seiner Bekehrung. Franziskus kennzeichnete nun anstelle eines äußeren Reichtums einen 'inneren Reichtum'. 3.3, Bruch mit den Eltern: Diesen inneren Reichtum und die Abwendung von materiellen Gütern, als Kritik am Lebensstil der Gesellschaft und seiner eigenen Familie, zeigte Franziskus schließlich erneut. Als Zeichen für einen völligen Neuanfang befreite er sich von seinen Kleidern und gab sie seinem Vater zurück. Nackt stellte er sich vor den Augen einer großen Menschenmenge seinem Vater entgegen und übte somit Kritik an dessen ruhm- und machtreichen Leben in Luxus. Zu dieser Handlung kam es nach einem Streit mit Pietro. Franziskus hatte ohne Erlaubnis teure Stoffe seines Vaters veräußert und dieser ließ ihn vor Gericht des Bischofs von Assisi treten und forderte sein Geld zurück. Es wird davon ausgegangen, dass Franziskus das Geld für den Wiederaufbau der verfallenen Kirche von San Damiano verwenden wollte. Franziskus begriff sich als Diener des Herrn, als 'Erneuerer des Hauses Gottes'. Als er in der Kirche von San Damiano betete, vernahm er Worte des Gekreuzigten: 'Franziskus, siehst du nicht, daß mein Haus in Verfall gerät? Geh also hin und stelle es mir wieder her!' Dieses Sprechen des Gottesbildes zu einem Menschen ist rational gesehen ein innerpsychischer Vorgang, Franziskus Eindruck während seines Betens und Meditierens wird ausgedrückt. Die Rückgabe der Kleider an seinen Vater sind zugleich als Abwendung von ihm zu verstehen und als Hinwendung zu Gott, als dem wahren Vater. Der Biograph Thomas von Celano hat Franziskus Worte folgendermaßen festgehalten: 'Von jetzt an kann ich frei sagen: Vater unser, der du bist im Himmel, nicht: Vater Pietro di Bernadone (...).' Diese Lossagung von seinem Vater impliziert indirekt ebenfalls die Lossagung von seiner Mutter, da so die 'radikale Lösung des Franziskus aus seinen bisherigen sozialen Bindungen' ausgedrückt wird. Seine Handlung war eine Demütigung für seinen enttäuschten Vater. Unstimmigkeiten ließen bereits vor dieser Tat darauf schließen, dass es zu einer 'tiefen Entzweiung der beiden' kommen würde. Manselli weist darauf hin, dass Franziskus sich in Abwesenheit seines Vaters für die Armen einsetzte. Seiner Mutter verschwieg er sein Engagement und Mitleiden mit den Armen nicht. Das drückt sein Vertrauen ihr gegenüber aus und das Bewusstsein, dass sie sein Verhalten nicht ablehnte. Ihre Akzeptanz für seinen Entschluss zeigt sie erneut als sie ihren Sohn befreite. Pietro Bernadone hatte ihn eingesperrt, um ihn zur Vernunft zu bringen und den Spott der Gesellschaft über seinen Sohn nicht länger ertragen zu müssen. Alle Versuche und Bestrebungen des Vaters 'den Willen des Sohnes gefügig zu machen', scheiterten. Er verließ den Schutz seiner Familie. Der Vater und viele Bewohner Assisis konnten Franziskus Verhalten nicht verstehen. In ihren Augen hat Franziskus alles besessen, das er sich hätte wüschen können: schöne Kleider, Geld, Ansehen; einfach alles, um ein glückliches Leben zu führen.
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