1 Einleitung (S. 6-8)
Wenn man sich mit dem Thema Methoden im Projektmanagement beschäftigt, steht man zunächst einer unüberschaubaren Fülle von praktischen Ratgebern, wissenschaftlicher Literatur, Internetseiten, Guidelines, Methodenbibliotheken, Vorlagen Softwaresystemen oder einzelnen Applikationen gegenüber. Projektmanagement ist eine ideale „Spielwiese", um Methoden zu diskutieren, die in ganz anderen Zusammenhängen entstanden sind, aber durchaus im Kontext von Projekten ihre Berechtigung haben können. So sind in unterschiedlichen Bereichen wie:
• Qualitätsmanagement
• Wissensmanagement
• Organisationslehre
• Mitarbeiterführung (mit Motivations- und Kreativitätstechniken)
• Systemanalyse
• Entscheidungstheorie
• Controlling
• Philosophie
• Soziologie
• Jura
• Linguistik
jeweils einzelne Methoden oder ein Methodenportfolio entwickelt worden, die sich wieder in den Abhandlungen über Projektmanagement wiederfinden. Wie ein Staubsauger saugt die Projektmanagement- Lehre alle Methoden auf, die in verwandten oder auch weit entfernten Feldern zu finden sind, und versucht sie für das Projektmanagement zu adaptieren. Man kann sicher sein: Wenn in irgendeinem der abgesprochenen Felder signifikante Fortschritte erzielt wurden, erfolgt nicht sehr viel später eine Übertragung auf das Projektmanagement. So findet sich aus dem Bereich des Controllings die Balanced Scorecard als Project Scorecard wieder oder die Planungsrechnung in adaptierter Form als Earned-Value-Analyse.
Woher kommt diese Aufnahmebereitschaft? Sie beruht auf der Komplexität des Projektmanagements. Die Führung eines Projekts entspricht im Wesentlichen der Führung eines Unternehmens oder einer Institution. Menschen, Prozesse und Techniken sind so zu koordinieren, dass in einem definierten Zeitraum, unter bestimmten Restriktionen, explizit formulierte Ziele zu erreichen sind. All die Methoden, die nötig sind, ein Unternehmen zu führen, sind potenziell auch Methoden, die im Projektmanagement Anwendung finden können. Die notwendigen Modifikationen an den Methoden sind dann bedingt durch Kriterien wie Größenordnung, Spezialisierung, Zeitbegrenzungen etc.
Deshalb ist es geradezu eine Notwendigkeit, dass sich die Projektmanagement- Lehre in benachbarten Gefilden umschaut: So verhindert man Stagnation. Insbesondere bringt es der technologische Fortschritt mit sich, dass Methoden, die bisher nur in akademischen Zirkeln diskutiert wurden, plötzlich in Gebieten angewendet werden, die bislang zu aufwendig, zu umständlich oder gar nicht realisierbar waren. Fortschritte in den Internettechnologien (Web- Services, Semantic Web) und in Datenanalysetechniken (OLAP und Data Mining), die komfortablere Benutzung von Wissensmanagementsystemen, all das bedarf der Evaluierung und der Überprüfung, ob in diesen technologischen Weiterentwicklungen nicht auch Nutzen für das Projektmanagement liegt. Die Entscheidung, welche Methoden in einem Projekt wann zum Einsatz kommen, hängt von einer Reihe von Faktoren ab:
• Projektgröße: Handelt es sich um kleinere (<, 5 Mitarbeiter, <, 2 Personenjahre), große (>, 50 Mitarbeiter, >, 50 Personenjahre) oder mittlere Projekte?
• Projektart: Investitionsprojekte, Entwicklungsprojekte, Organisationsprojekte, IT-Projekte
• Risiko: Insbesondere die sogenannten „Mission Critical Projects", also diejenigen Projekte, die unter keinen Umständen schief gehen dürfen, weil sie sonst die Existenz der Organisation ernsthaft gefährden, bedürfen besonderer Methoden.