Lutherische Theologie und Kirche
Heft 1/2013
Verlag | Edition Ruprecht |
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Erscheinungsjahr | 2013 |
Seitenanzahl | 65 Seiten |
ISBN | 9783846902370 |
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Kopierschutz | Wasserzeichen/DRM |
Geräte | PC/MAC/eReader/Tablet |
Preis | 10,50 EUR |
Liebe Leserin, lieber Leser, das erste Heft des 37. Jahrgangs von Lutherische Theologie und Kirche knüpft an das letzte an. Dort hatte Johann Anselm Steiger einen Blick auf die Predigttheorie Johann Gerhards geworfen. In diesem Heft nun beleuchtet Benjamin T. G. Mayes die Autorität der Kirchenväter bei dem großen lutherischen Theologen des 17. Jahrhunderts. Oft unbeachtet gibt der Catalogus testimoniorum als „Appendix“ des Konkordienbuches Zeugnis vom ökumenischen und im guten Sinne „katholischen“ Anspruch des lutherischen Bekenntnisses. Mit Zitaten von Augustin, Ambrosius und anderen soll darauf hingewiesen werden, dass die lutherische Kirche nichts anderes lehrt als das, was über die Grenzen von Zeit und Raum hinweg als „gemein christlich“ gilt. Freilich ist diese Kontinuität niemals völlig ungebrochen zu haben, sondern muss in eigener Zeitgenossenschaft angeeignet und bewährt werden. So weist auch Mayes darauf hin, dass Johann Gerhard seine Studenten stets zu einer wohlwollenden, aber kritischen Lektüre der Kirchenväter anleiten wollte. Ein Prinzip, dem auch heute noch akademische Lehrer der Theologie folgen und das sie ihren Studierenden gern vermitteln möchten, nicht nur im Hinblick auf die Kirchenväter. Und so sind die Theologen früherer Zeiten „helle Lichter“, aber auf keinen Fall von göttlicher Autorität, eben Lumina, non Numina. Wir danken Werner Klän für die Übersetzung des Beitrages aus dem Englischen, sowie Daniel Schmidt für Korrekturen.
Aus Skandinavien erreicht uns ein Beitrag des Hermann-Sasse- Preisträgers Bengt Hägglund. Der renommierte Kirchen- und Dogmengeschichtler setzt sich unter dem Titel Erkenntnis und Glaube vor dem Wort der heiligen Schrift mit dem Erkenntnisproblem angesichts neuzeitlicher Denkbewegungen in der Theologie auseinander. Noch einmal kommen dabei Positionierungen in der Theologie des 20. Jahrhunderts kritisch in den Blick. Dass dabei die schwedische Theologie besondere Aufmerksamkeit erhält, stellt für hiesige Leser vielleicht eine willkommene Horizonterweiterung dar. Der Text geht übrigens auf einen Vortrag an der Gemeindefakultät Gotenburg zurück, einer noch jungen Einrichtung, die sich insbesondere der bekenntnisgebundenen lutherischen Theologie verpflichtet weiß. Hans-Jörg Voigt widmet sich sodann einem ganz praktischen Thema aus kirchenleitender Perspektive. Seine Anmerkungen zum Berufsbild des Pfarrers in der Selbständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche stellen vor allem eine Problemanzeige dar; denn sie gehen von der sog. Burnout-Problematik aus. Auch Pfarrer fühlen sich ausgebrannt, sind von Antriebsarmut, Kraftlosigkeit und Depressionen betroffen. Das hängt auch mit dem Selbst- und Fremdbild zusammen, das dieser Berufsstand hat. Die damit zusammenhängenden Faktoren sind im Kontext aller Beteiligten vielleicht zum ersten Mal konsequent in den Blick zu nehmen. So verstehe ich den Beitrag des Bischofs der SELK vor allem als eine Gesprächsanregung und als eine Ermutigung zu kritischen (Selbst-)Reflexion. Zu diesem Thema ist jetzt unbedingt zu vergleichen Sibylle Heicke, Zusammenhänge zwischen Arbeitsbelastung bei Pfarren der Selbständigen Ev.-Luth. Kirche (SELK), Diplomarbeit 2011.
Eng mit der Frage nach den Herausforderungen des Pfarramtes ist die nach dem Arbeits- und Lebensumfeld christlicher Gemeinden und ihrer Glieder verknüpft. Dem widmet sich Christoph Barnbrock in seiner Sammelrezension zu Büchern, die sich aus unterschiedlichen konfessionellen Perspektiven mit den Milieus befassen, denen Kirchen und ihrer Gemeinden gegenüberstehen und in denen Christen ja längst leben. So ist diese Rezension weit mehr als eine Buchschau eine Anregung zum Hinsehen in die eigene Nachbarschaft. Anregend ist auch Stefan Försters Rezension über ein Buch zu Film-Predigten. Schon dies – schreiben über ein Buch, das sich mit Filmen befasst, über die gepredigt wurde – ist eine geradezu postmoderne Medienverschränkung. Filme jedenfalls sind heute vielleicht mehr als Bücher Kultur und Stil bildend. Das Visuelle scheint dem Gehörten immer überlegen. So ist es spannend, nach den Möglichkeiten des Mediums Film im gottesdienstlichen Kontext zu fragen. Ob nun Harry Potter der Auserwählte ist, der als einziger den Bösen besiegen kann, ob im Herrn der Ringe die Rückkehr des (messianischen) Königs erwartet wird, ob Aslan in Narnia ganz unverhohlen eine Christusikone eigner Art darstellt – immer spielt das Religiöse eine Rolle. Heute sind die bunten Bilder aus Hollywood vielfach das, was die Buntglasfenster der mittelalterlichen Kathedralen waren. Diesem zu Unrecht immer noch trivialisierten und banalisierten Genre widmet sich die Theorie der Filmpredigt freilich noch nicht. Es bleibt also noch einiges zu tun.
Oberursel, im Mai 2013, Prof. Dr. Achim Behrens