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E-Book

Mädchen!

Wie sie selbstbewusst und glücklich werden

AutorSteve Biddulph
VerlagHeyne
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl288 Seiten
ISBN9783641121457
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis9,99 EUR
Das Geheimnis glücklicher Töchter
Geborgenheit, Freiraum für Kreativität, aber auch feste Regeln: Das brauchen Mädchen, damit sie glückliche und selbstverantwortliche Erwachsene werden. Steve Biddulph beleuchtet alle Entwicklungsphasen und zeigt Erziehungsziele und Lösungen für die Probleme des Alltags auf. Offen und kämpferisch geht er auf aktuelle Gefahren ein wie Schönheitswahn, Essstörungen und Mobbing in der Schule. Ein warmherziger, verständnisvoller Begleiter für Eltern.

Steve Biddulph hat lange Jahre das Collinsvale-Zentrum für Lehrer, Therapeuten und Erziehungsberater in Hobart, Australien geleitet. Der ausgebildete Psychologe und Familientherapeut ist bei den wichtigsten Pionieren der Kinderpsychologie in Australien und den USA in die Lehre gegangen. Auf dieser Grundlage und unter Einbeziehung neuester Erkenntnisse der Kinderpsychologie hat er seinen eigenen, von Humor und Anteilnahme geprägten frischen Beratungsstil entwickelt. Er hat eine Tochter und einen Sohn und lebt mit seiner Familie an der Pazifikküste im Norden des australischen Bundesstaates New South Wales

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Leseprobe

Kaycee und Genevieve

Ich möchte Ihnen zwei Mädchen vorstellen, Kaycee und Genevieve. Beide sind 17 Jahre alt und gehen in die zwölfte Klasse. Es sind großartige Kinder, freundlich und fröhlich. Sie hätten Freude daran, sich mit den beiden zu unterhalten.

Die zwei kennen sich seit der Kinderkrippe. Sie waren während der ganzen Grundschulzeit beste Freundinnen, und alle dachten, das würde immer so bleiben. Aber etwa zu der Zeit, als sie in die höhere Schule kamen, lief etwas schief zwischen ihnen. Der Grund dafür ist schwer zu benennen, ich glaube nicht einmal, dass die beiden selbst es könnten. Aber wenn sie sich heute auf dem Schulflur über den Weg laufen, befällt sie dieses unangenehme Gefühl, das man gegenüber Freunden empfindet, die keine mehr sind.

Die Wege von Kaycee und Genevieve sind in zwei gegensätzliche Richtungen verlaufen. Ich möchte ihre Geschichten erzählen, denn darin werden sowohl die aktuellen Gefahren als auch die Chancen für Mädchen sehr deutlich.

Kaycees Geschichte

Fangen wir mit Kaycee an. Auf den ersten Blick macht sie den Eindruck einer sehr erwachsenen 17-Jährigen. Sie ist sorgfältig geschminkt und trägt extrem trendige Kleidung, sie spricht schnell und mit klarer Stimme. So ein Selbstvertrauen bei einem Teenager könnte authentisch sein, aber wer sich mit Jugendlichen auskennt, wird sich eher fragen, ob Kaycee nicht »zu früh zu erwachsen« geworden ist. Und noch etwas fällt auf – es ist ihr Auftreten. Ihre Ausdrucksweise ist sehr abgeklärt, sie wirkt zynisch und hart. Für eine 17-Jährige scheint sie ziemlich wenig Spaß zu haben.

Als Kaycee 14 war, passierte etwas sehr Entscheidendes. Für eine Zeitungsschlagzeile würde es nicht taugen, aber es war bedeutsam genug, um ihrem Leben eine andere Richtung zu geben.

In der Mitte des neunten Schuljahres war Kaycee zur Geburtstagsfeier einer Klassenkameradin eingeladen. Die Eltern, bei denen die Party stattfand, hatten mehr Beaufsichtigung versprochen, als sie an dem Abend tatsächlich leisteten. Und die Party lief so, wie solche Partys eben laufen, wenn man 40 oder 50 Kids verschiedenen Alters mit viel Alkohol in einem Haus allein lässt: laut, chaotisch, unkontrolliert. Kaycee fand das sehr aufregend – besonders weil der 17-jährige Ciaran auch da war, ein Junge, den sie aus der Schule kannte, er war zwei Klassen über ihr. Kaycee und ihre Schulfreundinnen hatten ihn oft genug angehimmelt, weil er gut aussah und so cool wirkte. Aber heute war etwas anders: Er bemerkte sie.

Und es wurde erstaunlicherweise noch besser. Er setzte sich zu ihr, sie redeten und hatten ein paar Drinks, sie knutschten im Garten ein bisschen herum. Kaycee konnte ihr Glück kaum fassen (sie musste sich richtig zusammenreißen, es nicht sofort herumzusimsen). Nach einer Weile nahm Ciaran sie bei der Hand und zog sie in eines der Schlafzimmer in diesem tollen Haus, in dem anscheinend keine Erwachsenen anwesend waren. Sie hatten Sex.

Es ging alles schneller, als Kaycee sich ihre erste sexuelle Erfahrung vorgestellt hatte, und es war auch weniger liebevoll. Benommen vom Alkohol funktionierte ihr Hirn nicht so richtig. Trotzdem merkte sie, wie sich ihre Beglückung darüber, Ciarans ganze Aufmerksamkeit und Zuwendung zu haben, verschob – hin zu körperlichem Unbehagen und dem Gefühl, zu etwas gedrängt und gleichzeitig als Person nicht richtig gewürdigt zu werden. Als es vorüber war, und das ging schnell, bekam Ciaran gerade noch einen Kuss hin, bevor er sich die Kleidung richtete und hinausging. Als Kaycee sich wieder im Griff hatte und wieder hinunter zur Party ging, fühlte sie sich tief verunsichert. Dann entdeckte sie Ciaran, umringt von Freunden, die alle zu ihr herübersahen und grinsten. Ihr war sofort klar, dass er ihnen von seiner Eroberung erzählt hatte. Tränen brannten in ihrem Gesicht, sie floh schluchzend aus dem Haus in den Garten. Eine Freundin versuchte sie zu trösten, aber Kaycee wollte nicht erzählen, was passiert war.

Als sie in dieser Nacht nach Hause ging, war sie von einer Art eisiger Wut erfüllt. Nun hasste sie Ciaran und eine Zeit lang überhaupt alle Jungen. Kaycee war ein cleveres Mädchen, sie war immer schon sehr selbstständig gewesen, und ihre schwer beschäftigten Eltern schätzen ihre Unabhängigkeit. Sie erzählte niemandem, was passiert war. (Als ihre Eltern schließlich drei Jahre später bei einer Sitzung in der Familienberatung davon erfuhren, waren sie traurig und geschockt.) Doch wie viele Millionen Mädchen, die ihre ersten sexuellen Erfahrungen nicht genießen oder hinterher bereuen, verbarg Kaycee ihre Verletzungen und tat, als wäre nichts geschehen. Aber sie hatte sich verändert.

Waren ihr durch diese Erfahrung die Jungs verleidet? Überhaupt nicht. Es war vielmehr ihre Verwundbarkeit, das Gefühl benutzt zu werden, das sie verabscheute. Sie fing an, aus eigener Initiative und nach ihren Regeln mit Jungen zu schlafen. Sie wählte sie aus, und sie gab den Ton an. Als sie mit 17 zum ersten Mal mit einem Familienberater sprach, hatte sie bereits Sex mit sieben verschiedenen Jungen gehabt. Vielleicht waren es auch acht, denn in einer Nacht war sie vom Alkohol so benebelt gewesen, dass sie nicht mehr ganz sicher war.

Jetzt, in der zwölften Klasse, ist Kaycee halbwegs stabil, sie hat einen festen Freund. Aber sie hält nicht gerade viel von ihm und lässt durchblicken, dass sie ihn demnächst »abservieren« will.

Aus der Forschung (aber auch aus unserer eigenen Teenagerzeit) wissen wir, dass Kaycees Erfahrung nicht ungewöhnlich ist. Vielleicht, so könnte man argumentieren, sollten wir in Sachen Teenagersex nicht so verkrampft sein: Sollen die Heranwachsenden doch ihre eigenen Fehler machen und aus ihnen lernen. (Auch ein bequemes Argument für Eltern, die sich nicht so gerne engagieren wollen oder einfach zu viel zu tun haben, um sich näher mit ihren Kindern zu beschäftigen.) Aber bleiben wir bei unserer Geschichte …

Kaycees Leben lief zu diesem Zeitpunkt nicht so gut. Ihre Eltern suchten weniger wegen ihres Sexuallebens Beratung, von dem sie nur eine vage Vorstellung hatten und irgendwie auch gar nichts wissen wollten. Es ging ihnen vielmehr darum, dass Kaycees Alkoholkonsum außer Kontrolle geriet (sie war nun wirklich noch nicht in einem Alter, in dem man trinkt) und sie auf der teuren Privatschule zu scheitern drohte. Nach der Hälfte des zwölften Schuljahrs waren die Lehrer besorgt über ihre schlechten Noten und ihr häufiges Fehlen. Der Familie hatte man nahegelegt, sich bei diesen Problemen helfen zu lassen.

Als Kaycee mit ihren Eltern zur Beratung kam, schien sie sehr wütend darüber, dass man sie hergeschleppt hatte. Aber schon eine halbe Stunde später schüttete sie dank eines einfühlsamen Beraters ihr Herz aus.

Dass die Familie Hilfe gesucht hatte, nicht nur für Kaycee, sondern für alle zusammen, war ein mutiger Schritt und erwies sich tatsächlich als Wendepunkt. Am Ende des Buches werden wir auf Kaycee und ihre Eltern zurückkommen, um zu sehen, welche Lösungen sie gefunden haben.

Auffallende und plötzliche Veränderungen

Das Leben von Mädchen hat sich innerhalb der letzten zehn Jahre entscheidend gewandelt. Und dieser Wandel betrifft jede Altersstufe, vom Baby bis zum Teenager. Während die Mädchen auf ihrem Weg ins Erwachsenenleben noch immer die gleichen Wünsche und Träume haben wie wir früher, zwingt die Welt sie zu Veränderungen ganz anderen Ausmaßes. Vor allem beginnen diese Veränderungen für sie bereits zu einem viel früheren Zeitpunkt.

Diesen Schlüsselaspekt bei der aktuellen Situation junger Mädchen müssen wir vor Augen haben. Als Erste hat darauf Maggie Hamilton in ihrem Buch What’s happening to our girls? hingewiesen. Wenn wir unsere Töchter verstehen wollen, müssen wir uns bewusst sein, dass ihre Kindheit anders verläuft als unsere damals. Um es platt zu sagen, 14 ist das neue 18, zehn ist das neue 14. Das betrifft den Druck, der auf ihnen lastet, ihr Verhalten und wie sie entsprechend der Norm ihrer Peergroup zu handeln und zu sein haben. Und weil es uns nicht gelingt, sie davor zu schützen, sind wir dafür mitverantwortlich.

Wir – und damit meine ich uns alle, Eltern, Verwandte, Freunde und die Gesellschaft – bieten unseren jungen Mädchen nicht mehr die Unterstützung, die sie früher hatten. Wir widmen ihnen nicht mehr genug von unserer Zeit und Aufmerksamkeit oder erziehen sie nicht mehr sorgfältig genug.

Innerhalb der letzten zehn Jahre hat eine Meute gieriger Unternehmer festgestellt, dass Mädchen – insbesondere Mädchen kurz vor der Teenagerzeit – leichte Beute sind. Firmen entdeckten, dass man enormen Profit machen kann, indem man ihre Ängste ausbeutet (oder überhaupt erst welche erzeugt). Ängste, die den Zustand ihrer Haut betreffen, ihr Gewicht, ihre Bekleidung bis hin zu ihren Freundschaften, Ängste, die sie auch im Erwachsenenalter nicht mehr loslassen.

In Vorstandsetagen und Werbeagenturen, in Zeitschriften und anderen Medien begann die Schlacht um die Mädchen. Und sie wurde gewonnen. Wohin Mädchen heute auch schauen, übermittelt man ihnen die Botschaft, nicht gut genug zu sein. Man engt sie ein mit verkrampften und beschränkten Vorstellungen darüber, wie sie auszusehen, zu denken und sich zu verhalten haben. Nie zuvor wurden Mädchen so bombardiert mit Werbung für Diäten und Alkohol, den Diktaten der...

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