2. Mängel an Untergründen
2.1 Einleitung
Im Kommentar und den Erläuterungen zur DIN 18365 »Bodenbelagsarbeiten« [10] wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass alle verlegereifen Untergründe für Bodenbelagsarbeiten in ihrer Festigkeit und Tragfähigkeit den einschlägigen DIN-Bestimmungen entsprechen müssen. Der Auftragnehmer für Bodenbelagsarbeiten kann davon ausgehen, dass die Untergründe die Anforderungen im Hinblick auf Festigkeit und Belastbarkeit voll und ganz erfüllen. Prüfungen auf Druck- und Biegezugfestigkeit beispielsweise sind keine handwerksüblichen Prüfungen. Deshalb haben die Bodenleger nicht die Pflicht, solche Prüfungen vorzunehmen oder durchführen zu lassen. Werden solche Prüfungen erforderlich, muss der Bauherr/Auftraggeber/Architekt diese Prüfungen an dafür autorisierte Einrichtungen bzw. Sachverständige in Auftrag geben.
2.2 Oberflächenfestigkeit von mineralischen Untergründen
Bodenleger sind im Rahmen ihrer Prüfungs- und Hinweispflicht lediglich gehalten, die Oberflächenfestigkeit der Untergründe daraufhin zu prüfen und zu beurteilen, ob die von ihnen aufzubringenden Verlegewerkstoffe eine feste Verbindung mit dem Untergrund eingehen. Nicht ausreichend feste Oberflächen verhindern bekanntlich eine dauerhaft feste Arretierung der Grundierungen, Spachtel- und Ausgleichsmassen, der Kleber und der Oberbeläge am Untergrund. Durch die Untergrundvorbereitung und die Verlegewerkstoffe wird die Estrichkonstruktion/Lastverteilungschicht nur nach bestem Wissen und Gewissen verlegereif hergestellt. Der Parkett- und Bodenleger kann deshalb für alle Bruchzonen unterhalb der von ihm eingesetzten Verlegewerkstoffe keine Haftung übernehmen.
Zur Feststellung der Oberflächenfestigkeit mineralischer Untergründe stehen folgende Prüfmöglichkeiten zur Verfügung:
- Visuelle Prüfung
- Gitterritzprüfung
- Drahtbürstenprüfung
- Hammerschlagprüfung
- Klebeprobe mit dem Oberbelag
- Oberflächenzug- bzw. Haftzugfestigkeitsprüfung nach BEB-Merkblatt 11/2004.
Bei allen Prüfungen der Oberflächenfestigkeit ist zu bedenken, dass diese Prüfungen stichprobenartig erfolgen. Es ist unzumutbar, jeden Quadratmeter des mineralischen Estrichs auf Oberflächenfestigkeit zu prüfen. Hier sind Erfahrungen gefragt. Der Verarbeiter sollte aber in jedem Fall im Vorfeld alle Räume ablaufen und eine visuelle Kontrolle durchführen. Anhand dieser visuellen Prüfung lassen sich absandende, abmehlende und weiche Estrichoberflächen erkennen. Dies gilt auch für Sinterschichten, Kalkhäutchen und Verunreinigungen. Wenn Zweifel an der Oberflächenfestigkeit bestehen, muss der Bodenleger die Oberflächen mit den genannten Prüfmethoden überprüfen.
Grundsätzlich müssen alle kritischen und labilen Estrichoberflächen bzw. oberen Estrichrandzonen mechanisch entfernt werden. Das kann mittels folgender abtragender Verfahren erfolgen: Kehren, Bürsten, Schleifen, Fräsen und Kugelstrahlen.
Anschließend sind die so behandelten Untergründe mit einem Industriesauger abzusaugen. Auf der Baustelle muss dann vor Ort beurteilt werden, ob und welche Reaktionsharzgrundierungen eingesetzt werden sollen, um der Oberfläche des Estrichs die erforderliche Festigkeit zu verleihen. Diese Maßnahmen treffen für neu eingebaute als auch auf alte mineralische Estriche zu.
Bei den neu eingebauten mineralischen Estrichen sind vor allem zwei Untergründe auffällig, die immer wieder zu Diskussionen auf der Baustelle führen.
Neu eingebaute Zementestriche können beispielsweise eine Zementleimschicht besitzen, die nur über eine geringe Anbindung zum »gesunden« Zementestrich verfügen. Diese Zementleimschichten müssen in jedem Fall mechanisch entfernt werden.
Über die Oberflächenfestigkeit/Oberflächenbeschaffenheit von Calciumsulfatfließestriche wird am häufigsten auf der Baustelle diskutiert. In den Technischen Merkblättern der Hersteller/Lieferanten der Calciumsulfatestriche ist in der Regel zu lesen, dass auf den von ihnen gelieferten Estrichen lediglich ein Sauberschliff erforderlich ist. Entscheidend ist aber der Zustand/die Qualität des konkret auf der Baustelle eingebauten Calciumsulfatfließestrichs.
Deshalb heißt es ja auch im Merkblatt 4 »Beurteilung und Behandlung der Oberfläche von Calciumsulfat-Fließestrichen«, herausgegeben von der Industriegruppe Estrichstoffe im Bundesverband der Gipsindustrie e. V. Berlin und des Industrieverbandes WerkMörtel e. V. Duisburg Stand 12/2011 [11]:
»Es entspricht den allgemein anerkannten Regeln der Technik, dass Fließestriche angeschliffen werden. Auf das Anschleifen kann jedoch verzichtet werden, wenn der Fließestrich eine für den Verwendungszweck ausreichende Oberfläche aufweist. Die Prüfung und Beurteilung der Estrichoberfläche vor der Belagsverlegung anhand der gewerküblichen Prüfungen wie z. B. Gitterritz-, Hammerschlag-, Benetzungsprüfung ist, wie bei allen anderen Estrichen, unerlässlich.«
In diesem Merkblatt sind alle Mängel, die Prüfung und Beurteilung sowie die Behandlungsmaßnahmen der Oberfläche von Calciumsulfat-Fließestrichen deutlich aufgezeigt. Ergänzend dazu noch der folgende Auszug aus dem Merkblatt »Beurteilung und Behandlung der Oberfläche von Calciumsulat-Fließestrichen« herausgegeben vom Industrieverband Werkmörtel e. V. Duisburg Stand 2008 [12]:
»Bei der Trocknung wird durch Kapillartransport Wasser an die Oberfläche transportiert. Die eventuell darin gelösten Stoffe (z. B. Kalk, Additive) können sich an der Estrichoberfläche ablagern und bilden dann eine sogenannte »Sinterschicht«. Solche Sinterschichten entstehen in der Regel in den ersten Tagen nach der Estrichverlegung. Sie sind nur Bruchteile von Millimetern dick und erscheinen matt bis glänzend. Das Vorhandensein einer solchen Schicht ist visuell bzw. mittels Gitterritzprüfung, in Zweifelsfällen mit der Oberflächenfestigkeitsprüfung, festzustellen. Sinterschichten sind materialbedingt und können auch bei einwandfrei hergestellten Fließestrichen auftreten. Sie können das Haftvermögen zwischen Estrich und Belag vermindern und sind daher durch Abschaben oder Anschleifen zu entfernen.«
Harte Schalen, überwiegend verursacht durch falsche Wasserzugabe, müssen durch Abstoßen, Abschleifen, Abfräsen oder Kugelstrahlen entfernt werden. Ausblühungen, die die technischen Eigenschaften des Estrichs nicht beeinträchtigen, sind durch Abkehren zu beseitigen. Weiche und mehlige Oberflächen reduzieren die Oberflächenhärte und entstehen durch den Einbau von überwässerten Estrichen. Diese Schicht ist bis auf die feste Estrichmatrix abzuschleifen. Unzureichende Saugfähigkeit kann durch maschinelles Bürsten oder Anschleifen behoben werden.
Der umstrittenste Mangel nahezu auf jeder Baustelle ist die sogenannte »Sinterschicht« auch als »Kalkhäutchen« bezeichnet. Übrigens hat sich der Begriff »Sinterschicht« fälschlicherweise eingebürgert, obwohl diese Oberflächenerscheinung nichts mit Sintern zu tun hat. Die Ursache für die »Sinterschicht« sind sehr kleine Gipskristalle, die sehr dicht zusammengewachsen sind, wobei eine fast gasdichte, glatte, nach oben abschließende Haut entstand. Sinterschichten sind materialbedingt und können auch bei einwandfrei hergestellten Fließestrichen auftreten. Sie können das Haftvermögen zwischen Estrich und Belag vermindern und sind daher durch Abschaben oder Anschleifen zu entfernen.
Abb. 7: Prüfung der Oberflächenfestigkeit von Estrichen mittels Gitterritzprüfung
Abb. 8: Sinterschicht auf einem neu eingebauten beheizten Calciumsulfatfließestrich
2.3 Maßtoleranzen und Ebenheiten
Bei der Bewertung der Oberflächenbeschaffenheit von Untergründen, auf die Bodenbelägen zu verlegen sind, geht es vor allem um Maßtoleranzen und Ebenheiten. Die Ebenheit des Untergrundes wird in der Regel durch eine Sichtprüfung in aufrecht stehender Haltung beurteilt. Lediglich bei auffälligen Stellen sind stichprobenweise Messungen im Hinblick auf die Einhaltung von Maßtoleranzen durchzuführen. Übrigens sind Randverformungen bis 5 mm bei beheizten und unbeheizten Zementestrichen bindemittelbedingt unvermeidbar. Diese Randverformungen sind keine Unebenheiten im Sinne der DIN 18202 und deshalb separat zu bewerten.
Diese Vorgehensweise gilt auch für fertig verlegte Bodenbeläge. Zu Streitigkeiten kommt es meistens dann, wenn die Maßtoleranzen in grober Weise nicht eingehalten werden und optische Beeinträchtigungen auftreten, beispielsweise Oberflächenunterschiede im Streiflicht sichtbar werden, wenn sich Kellenschläge, Belagseindrücke, Pickel und andere Einschlüsse im Bodenbelag abzeichnen. Da es hier sehr oft zu Auseinandersetzungen kommt, haben sich die zuständigen Fachleute und Sachverständige sehr eindeutig in den einschlägigen technischen Unterlagen geäußert. Die wichtigsten und immer wieder in Frage kommenden Kommentare sollen deshalb hier zitiert werden, da man mit diesen Aussagen auch manchen Wunschvorstellungen der Bauherrn/Auftraggebern den Wind aus den Segeln nehmen kann.
Im Merkblatt Toleranzen im Hochbau nach DIN 18201 und DIN 18202 Stand August 2000 Herausgeber ZDB + Dt Bauindustrie [13] heißt es:
»Bauteile, deren Maßabweichungen die technische Funktion oder die optische Gestaltung des Bauwerkes nicht beeinträchtigen, sollen kein Anlass für Auseinandersetzungen sein, nur weil die Genauigkeit nicht...