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Männer machen Kita. Perspektiven männlicher Präsenz im Erzieherberuf

AutorMario Braun
VerlagBachelor + Master Publishing
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl62 Seiten
ISBN9783956847981
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Männer im Erzieherberuf sind noch immer die Ausnahme. Auch wenn sie von Eltern, Kolleginnen und Trägern durchweg erwünscht sind und der Beruf des Erziehers weitgehend sichere Berufsperspektiven verspricht, finden nach wie vor nur wenige Männer den Weg in die Kita. Nicht einmal fünf Prozent der bundesweit in Kindertagesstätten tätigen pädagogischen Fachkräfte sind männlich. Auch das von 2010 bis 2013 durchgeführte Bundesprogramm 'MEHR Männer in Kitas' konnte nicht zu einer signifikanten Veränderung dieser Zahl beitragen. Wie also kann es gelingen, Männer für Erzieherberuf zu gewinnen? Der Autor setzt sich dafür mit der Frage auseinander, welche Einflussfaktoren auf die Berufswahl von Jungen und Männern wirken und wie diese so gestaltet werden können, dass der Erzieherberuf im Berufswahlspektrum von Jungen und berufssuchenden Männern überhaupt in Erscheinung tritt. Die Präsenz und das Verhalten männlicher Bezugspersonen und Vorbilder spielt dabei ebenso eine offensichtliche Rolle, wie eine geschlechtersensible Gestaltung von Angeboten der Berufswahlbegleitung.

Mario Braun wurde 1974 in Bernburg (Saale) geboren und wuchs im Thüringischen Gera auf. Nach einer Ausbildung zum Bankkaufmann wechselte er in den Bereich der Bildungsarbeit und begleitete als Mitarbeiter verschiedener Projekte der Berufs- und Studienorie

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 2.3, Vorbehalte gegen männliche Erzieher: Vorbehalte gegen männliche Erzieher ergeben sich unter anderem in der Frage körperlicher Nähe zu Kindern in der Berufsausübung. Frühkindliche Bildung ist Beziehungsarbeit, 'und das kann man nicht auf drei Meter Distanz machen. Beziehungsarbeit hat auch mit körperlicher Nähe zu tun, je kleiner die Kinder sind, desto mehr'. Die gedankliche Nähe zum Missbrauch wirkt für junge Männer als Ausbildungshindernis. Schwer greifbar ist der Generalverdacht des sexuellen Missbrauchs gegen männliche Erzieher, da er selten konkret formuliert wird, sondern eher beiläufig als Thema mitschwingt, wenn über die Präsenz von Männern in Kindertagesstätten gesprochen wird. Die Koordinationsstelle Männer in Kitas an der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin schreibt in einer Stellungsnahme zum Thema Generalverdacht: 'Derzeit gehen Expert/innen davon aus, dass sexualisierte Gewalt durch männliche Erzieher in Kitas sehr selten ist. Jedoch führen einzelne Fälle sexualisierter Gewalt immer wieder zu einem generellen Verdacht gegenüber männlichen Fachkräften. Männliche Erzieher werden manchmal angewiesen, nie allein in einem Raum mit Kindern zu sein oder körperlichen Kontakt zu Kindern möglichst zu vermeiden. Dies führt, bereits in der Ausbildung, zur Verunsicherung der Erzieher und beeinträchtigt das Verhältnis von Kindern zu männlichen Fachkräften insgesamt' (Koordinationsstelle Männer in Kitas 2011:o.S.). Gefordert werden der differenzierte Umgang mit der Thematik und die Etablierung von Konzepten und Instrumenten zum Schutz der Kinder vor möglichen Übergriffen. Die Experten/innen der Koordinationsstelle lehnen ein Verbot des körperlichen Kontakts zwischen männlichen Erziehern und Kindern mit der Begründung ab, dass dies sowohl die männlichen Fachkräfte als auch die Kinder verunsichern würde. Der Verein Zartbitter e.V. setzt sich seit Jahren intensiv mit der Thematik des sexuellen Missbrauchs an Kindern auseinander und hat sich unter anderem auch mit institutionellen Rahmenbedingungen beschäftigt. Enders (2004) beschreibt, dass die Reaktion auf sexuellen Missbrauch in Institutionen ähnlich wie bei Bekanntwerden von innerfamilialem Missbrauch 'maßgeblich durch Verleugnung, Abstumpfung und Vermeidung von Begegnung bestimmt' werden. In einer Pressemitteilung zur Kultur der Grenzachtung stellt der Verein Zartbitter fest: 'Die Erfahrungen von Zartbitter in der Beratung von Betroffenen, der Begleitung von Institutionen bei der Aufarbeitung von Missbrauch in den eigenen Reihen und der Supervision von Fachkräften bestätigen immer wieder, dass Täter und Täterinnen sich gezielt für eine Mitarbeit in Institutionen entscheiden, in denen aufgrund struktureller Defizite für sie ein geringes Risiko besteht, dass ihre Taten aufgedeckt werden'. Verwiesen wird darauf, dass ein besonders hohes Risiko des sexuellen Missbrauchs durch mitarbeitende Täter/innen in solchen Einrichtungen besteht, die autoritär geleitet werden, da hier Entscheidungen weniger aus fachlichen Erwägungen sondern eher im Interesse der eigenen Machtposition getroffen werden. 'Weniger Möglichkeiten der sexuellen Ausbeutung von Kindern bestehen in klar strukturierten Einrichtungen mit niedriger Hierarchie und transparenten Leitungsstrukturen. In diesen Einrichtungen werden Entscheidungen in der Regel auf der Basis eines fachlichen Dialogs getroffen und der Umgang mit Nähe und Distanz im Team reflektiert. Somit bieten sie die Voraussetzungen, um eine 'Kultur der Grenzachtung zu etablieren'. Nicht nur im Zusammenhang mit der Einbindung von Männern in das Fachpersonal von Kindertagesstätten ist also die Forderung aufzustellen, dass im Sinne bestmöglicher Prävention von Missbrauchshandlungen Leitungsstrukturen transparent gestaltet werden und Mitarbeiter/innen in Kindertagesstätten die Möglichkeit zur inhaltlichen und strukturellen Mitgestaltung erhalten. Auch vor dem Hintergrund eventueller Konfliktpotenziale, die sich durch das 'Eindringen' von Männern in die vormals weiblich dominierte Teamkultur ergeben können, sind solche Strukturen wohl die geeigneten, um schnell und im Sinne aller Beteiligten Problemlösungen zu entwickeln und umzusetzen. Neben dem Generalverdacht des sexuellen Missbrauchs führt Rohrmann (2001) weitere mögliche Vorbehalte gegenüber männlichen Erziehern in Kindertagesstätten auf. So seien beispielsweise Klagen darüber zu hören, dass ein gleichberechtigtes Miteinander von Mann und Frau in der Gruppenarbeit nicht möglich sei, männliche Praktikanten die höhere Kompetenz und Weisungsbefugnis weiblicher Erzieherinnen nicht anerkennen oder Männer ihre Gruppen nicht im Griff hätten. Hier wird im Erleben der Schwierigkeiten in der gemeinsamen Arbeit offensichtlich sehr schnell auf das unterschiedliche Geschlecht als Begründungs abgestellt. Rohrmann verweist auf den Aspekt der Infragestellung weiblicher Fachkompetenz im Erzieher/innen-Beruf, wenn - wie aktuell zu verfolgen - immer wieder darauf hingewiesen wird, dass es der Ergänzung von Kita-Teams durch Männer bräuchte, um im weitesten Sinne erfolgreich pädagogisch zu arbeiten. Und nicht zuletzt führen berufspolitische Argumente zu Vorbehalten gegen männliche Erzieher, wenn etwa davor gewarnt wird, dass eines der wenigen von Frauen gestalteten und auch auf allen Ebenen verantworteten Berufsfelder nunmehr auch von Männern besetzt wird. Deutlich wird aus diesen Vorbehalten, dass es der ausführlichen Diskussion um die Notwendigkeit und der Wirkungen von Männern in Kindertagesstätten braucht. Nicht zuletzt die Einordnung der Bemühungen um eine höhere männliche Präsenz im pädagogischen Fachpersonal der Kindertagesstätten in den allgemeinen Diskurs um die Herstellung von Geschlechtergerechtigkeit sollte geeignet sein, Vorbehalte auszuräumen. Ziel muss das Erreichen eines Verständnisses für die Normalität der Präsenz von Männern in Berufen der Sozialen Arbeit sein. Ebenso sollte die Normalität der Beschäftigung von Frauen in den Berufen der Naturwissenschaft und Technik und in den Führungsebenen von Wirtschaft und Verwaltung anerkannt werden.
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