2. Gestaltungsbedarf
2.1 Grundlagen
Privater Haus- und Grundbesitz ist eine der tragenden Säulen der europäischen Rechtsordnungen und darüber hinaus bei der privaten Altersvorsorge sowie der nachhaltigen und generationenübergreifenden Vermögensanlage ein immer wichtigerer Baustein. Diese Aussagen treffen auch auf Investitionen von deutschen Steuerbürgern in Spanien zu.
Wir haben auf den Balearen einen hohen Anteil von deutschen Nichtresidenten, die eine Immobilie zur Selbstnutzung entweder haben oder zu kaufen beabsichtigen. Das Transaktionsvolumen solcher Käufe ist in den Jahren 2014 und 2015 überproportional angestiegen. Die Auftragsbücher der Makler sind auch für das Jahr 2016 voll.
Weiterhin werden wahrscheinlich, u.a. aufgrund der Finanzkrise, vermehrt von immer mehr Kapitalanlegern auch Ferienimmobilien in Deutschland oder im Ausland erworben. Gerade Ferienhäuser oder Ferienwohnungen in beliebten Urlaubsregionen wie Mallorca können eine hohe Rendite abwerfen. Wenn man sich für eine Vermietung entscheidet, punkten natürlich Ziele in der Mittelmeerregion durch ihre klimatischen Bedingungen, da bei guten Angeboten die Feriendomizile oft ganzjährig vermietbar sind.
Wer heute ein Ferienhaus kauft, denkt vielfach schon bei der Anschaffung über eine Vermietung nach. „Mehr als 80 % der Käufer haben bereits beim Erwerb die Mieteinnahmen im Blick, und der größte Teil von ihnen beginnt sofort nach dem Kauf mit der Vermietung“, sagt Tobias Wann, Vizepräsident für Zentraleuropa beim Online-Vermietungsportal Fewo-direkt.
Für uns ist es daher ein wichtiges Anliegen, sowohl Selbstnutzer wie auch Kapitalanleger über die aktuellen Steuergrundlagen zu informieren.
2.2 Politische Stabilität in Spanien
Wo Bomben gezündet werden und Menschen sterben, dort bleiben Urlauber weg. Ägypten kennt das Probem seit langer Zeit, jetzt bleiben auch in Tunesien nach zwei Anschlägen im vergangenen Jahr die Touristenströme aus. Und der Terroranschlag in Istambul (Jan. 2016), der zehn deutsche Todesopfer forderte, lässt die Zahl der Umbuchungen weiter steigen.
Spanien, ohnehin das Lieblingsreiseland der Deutschen, profitiert ganz besonders von der Instabilität andernorts. Das Unglück der Konkurrenz rund um das Mittelmeer kommt Spanien zugute, aber das soll sicher kein Grund sein, um mit diesen Zahlen zu prahlen.
Gewinner sind die Balearen, Katalonien und die Kanaren. Wie nun mit dieser Nachfrage umgegangen werden soll, bedarf einer zukunftsorientierten Diskussion. Auf den Kanaren gibt es z. B. seit 15 Jahren einen Baustopp für neue Hotels und Appartementsiedlungen, weil man dem Massentourismus und der Landschaftszerstückelung Einhalt gebieten will. Zu beurteilen, ob solche Maßnahmen die richtigen Antworten auf die vielfachen wirtschaftlichen Probleme – u.a. auch der hohen Jugendarbeitslosigkeit – sind, kann nicht Aufgabe dieses Buches sein.
2.3 Vorgaben der Gesetzgeber
2.3.1 Allgemeiner Informationsaustausch
Zwischen Spanien und Deutschland gelten bezüglich des Austausches von Daten über Finanzkonten und dem Austausch der Daten zwischen den Finanzämtern folgende Regelungen:
- FATCA – bilaterales Abkommen zum Foreign Account Tax Compliance Act v. 10. Okt. 2013
- Globaler Standard der OECD – Common Reporting Standard – CRS
- Bilaterale Vereinbarung vom 29. Okt. 2014; Unterzeichnung von Spanien und Deutschland und 50 weiteren Staaten.
- Übernahme des globalen Standards in eine EU-Amtshilferichtlinie vom 9. Dez. 2014 mit der Verpflichtung, erstmals für 2016 zum 30. September 2017 Daten zwischen den Finanzverwaltungen der Mitgliedstaaten der EU auszutauschen.
Deutschland und Spanien haben das mittlerweile in nationales Recht umgesetzt, d.h. dass grundsätzlich ab September 2017 für 2016 automatisch gemeldet wird. Die Schweiz und Österreich beginnen im September 2018 für 2017.
Zur Erläuterung: „Automatisch“ heißt, dass die Daten ohne Aufforderung übermittelt werden.
2.3.2 Steuerpolitische Achterbahn
Wir sehen auch auf den Balearen in den Jahren 2014 und 2015 ein derart hohes Transaktionsvolumen von Immobilienkäufen und -verkäufen wie lange nicht mehr. Neben den hinlänglich bekannten Wettervorzügen und der angesprochenen politischen Stabilität, hört man mittlerweile sehr häufig das Argument, dass unsere Insel(n) in mehrfacher Hinsicht eine „Insel“ ist, weil sie wenig, oder fast gar nicht, mit den gesamten Flüchtlingsproblemen konfrontiert ist. Das wird u.a. mit als zusätzliches Kaufargument angeführt.
Leider haben wir aber auf politischer Ebene das Dilemma, dass die neue Linksregierung eine Vielzahl von „alten“ Vorschriften und Steuerregelungen entweder aufgehoben oder verändert hat. Bei der Vermögensteuer kann man sich jetzt sogar damit rühmen, dass man weltweit zu den Spitzenreitern gehört.
Diese Unsicherheiten wegen (fast) dauerhafter Änderungen der Gesetzgebung ist Gift für Investitionsentscheidungen. Für Investoren sind bei einer Investitionsentscheidung Sicherheit, Liquidität und Rendite die drei wichtigsten Faktoren. Diese drei Faktoren, die auch als magisches Dreieck bezeichnet werden, weil sie nicht gleichermaßen zu realisieren sind, gilt es in einem ausgewogenen Verhältnis zu halten.
Unsere Meinung ist, dass die mallorquinische Politik aktuell mit dem notwendigen Gleichgewicht des magischen Dreiecks in fahrlässiger Weise spielt.
Mallorca befindet sich bei der Suche nach Investoren nicht alleine auf der Welt; viele Regionen, Städte und Länder halten nach Investoren Auschau, um mit deren Hilfe auch entsprechende politische Zukunftsvisionen umzusetzen. Die Investoren wollen wissen, was langfristig geplant ist. Wo sollen Wohngebiete entstehen, was geschieht mit der Weiterentwicklung oder dem Bestand von Palma, wo arbeiten Menschen (z.B. die Tourismusentwicklung), wo und wie werden Verkehrsströme gelenkt? Was bietet Mallorca den Bürgern und Gästen für Freizeit, Unterhaltung und Bildung? All dies gilt es zu beachten. Leider werden aktuell zu sehr nur populistische (Umverteilungs-) Aktionen beschlossen.
Für uns als Berater ist der aktuelle „Investitionscocktail“ nicht immer einfach. Unsere Aufgabe besteht meistens darin, die Mandantschaft zu informieren, dass bisher als sicher geltende Strukturen durch eine Änderung der politischen Meinung nicht mehr zum gewünschten Ziel führt.
FAZIT: Neben der umfänglichen Due Diligence der zivil- und baurechtlichen Fakten (s. hierzu auch unsere aktuelle Veröffentlichung: „Vermeidung von Risiken beim Immobilienerwerb auf Mallorca“ ISBN 978-3-7392-5263-6) bedarf es beim Erwerb einer Immobilie umso mehr einer ausgewogenen, steuerlich optimierten Konzeption. Dabei legen wir insbesonders darauf Wert, dass wir einen hohen Schutz durch die Anwendung der Vorschriften des geltenden DBA anstreben. Das DBA bietet gegenüber dem spanischen und auch dem deutschen Recht einen höherwertigen Schutz.
Im Folgenden schildern wir kurz die neuen Gesetze, die ab dem 01. Januar 2016 und teilweise auch rückwirkend ab dem 01. Januar 2015 auf den Balearen zur Anwendung kommen.
2.3.3 Steuerreform auf den Balearen
Leider folgt auch die aktuelle Steuerreform der neuen balearischen Regierung einem bekannten Schema: spät und schlecht. Spät, weil die Beschlussfassung des Haushaltsgesetzes für 2016 wie in früheren Jahren neuerlich erst in den letzten Dezembertagen erfolgte (29. Dez.), und schlecht, weil ein Punkt der geplanten Reformen bereits im Visier der Juristen steht: die Reform der balearischen Einkommensteuerregelung, die rückwirkend – also bereits mit Wirkung für das laufende Jahr 2015 – beschlossen wurde. Ob das rechtlich überhaupt geht, ist Thema erhitzter Diskussionen.
In Kraft getreten sind neue Steuersätze für:
- Vermögensteuer: rückwirkend für 2015
- Einkommensteuer (Residenten): rückwirkend für 2015
- Erbschaftsteuer: ab 2016
- Grunderwerbsteuer: ab 2016
Neben der Einkommensteuer sind die Vermögensteuer, die Erbschaftsteuer und die Grunderwerbsteuer reformiert worden.
Das bedeutet Erhöhungen, die nicht nur, aber besonders stark in den oberen Einkommens- und Vermögensklassen durchschlagen. Bei der Vermögensteuer können sich die Balearen rühmen, weltweit zu den Spitzenreitern zu zählen. Im Folgenden stellen wir die wesentlichen Neuerungen jener Steuerarten vor, die Nichtresidenten betreffen.
2.3.4 Vermögensteuer – weltweit Spitzenreiter
Die von der Vorgängerregierung für 2015 beschlossene Erhöhung des persönlichen Freibetrags für die Vermögensteuer von 700.000 auf 800.000 Euro wird von der neuen Regierung bereits für dasselbe Jahr wieder zurückgenommen. Der darüber hinaus geltende Freibetrag von 300.000 Euro für die Hauptwohnsitzimmobilie wird hingegen nicht angetastet, womit es in Summe bei der Situation vor der „kleinen Balearen-Reform“ bleibt.
Für Nichtresidenten hat die Reform keine Auswirkungen, da sie für ihre Erklärung den nunmehr günstigeren gesamtspanischen Steuersatz...