Internes Rechnungswesen – Fallbeispiel zum Aufbau einer Ergebnisrechnung
Innerhalb der drei Controlling Dimensionen ist das operative Ergebnis-Controlling die zentrale Verbindung zwischen strategischem Controlling und dem Finanzcontrolling.
Eine gute Ergebnisrechnung dient als Performance Measurement System im Sinne »Führung durch Ziele« und bietet Entscheidungshilfe für das Management zur Ergebnisverbesserung. Die Engländer nennen den einen Teil des Rechnungswesens: responsibility accounting. Man könnte wörtlich übersetzen: »Verantwortungsrechnung« – verantwortlich für eine Leistung, die Performance. Ist das Rechnungswesen zielgerecht? Sieht jeder Inhaber einer Funktion separat die Zahlen, bis zu denen er Einfluss hat? Wer kann einen Sachverhalt, an dem Umsätze und Kosten hängen, beeinflussen? Den anderen Teil bezeichnen sie als »decision accounting« – Entscheidungsrechnung. Ist das Rechnungswesen entscheidungsgerecht? Sind die Zahlen isoliert sichtbar, die sich mit einer Entscheidung jeweils ändern? Was ändert sich, wenn so oder anders herum entschieden wird?
Der Unterschied zwischen den Worten »beeinflussen« und »ändert sich« liegt darin, dass mit Entscheidungen z. B. des Verkaufs, bestimmte Erzeugnisse im Markt zu forcieren, zwangsläufig Änderungen im Kostengefüge der Produktion (Mengen- und Zeiteinsätze) bedingt sind, ohne dass der Verkauf direkten Einfluss auf die Produktionsabläufe hätte oder den Einkauf der Rohstoffe realisieren würde.
Wird durch Entscheidungen im Marketingbereich über Promotion-Maßnahmen erreicht, dass in einer Brauerei der Flaschenverkauf gegenüber dem Fassverkauf zunimmt, so hat der Einkauf gar keine Wahl, als mehr Flaschen einzukaufen. Gleichzeitig ändern sich für die Produktion unvermeidlich die Auslastungen in der Abfüllerei. Sie müssen für den Leistungsprozess des Abfüllens der Flaschen, der von der Kundenseite her zusätzlich gefragt ist, mehr Zeiten von Maschinen und Mitarbeitern einsetzen. Die Zusammensetzungen im Kostengefüge ändern sich. Diese Änderungen muss der Marketingbereich bei den Informationen für seine Entscheidungen (»decision accounting«) einbeziehen. Aber beeinflussen (»responsibility accounting«) kann der Verkauf selbst nur die Promotion-Maßnahmen, den Einsatz des Außendienstes und die Verkaufspreise. Im Einflussbereich von Einkauf und Produktion liegt es hingegen, die Produktion von den Istkosten her konform zu den Standards (Plan) zu halten, auf deren Basis die Planentscheidungen des Marketings aufgebaut worden sind.
Die Ergebnisrechnung am Beispiel eines Spielzeug-Detailhandelsgeschäfts
Unterstellen wir als Modellbeispiel, wir seien Verkäufer in einem Spielwarengeschäft. Unsere Aufgabe wäre das Verkaufen. Dabei müsste man abgrenzen, ob wir als Verkäufer für alle Artikel in unserem Laden zuständig sind, oder ob unsere Kompetenz ein bestimmtes Waren-Ressort betrifft. Unterstellt sei, unser Aufgabengebiet ist der Verkauf von Puppen zum Spielen für Kinder. Die Zuständigkeit betrifft eine bestimmte Warengruppe. Etwas anspruchsvoller ausgedrückt, könnten wir uns als Spartenleiter oder Profit Center Chef bezeichnen.
Fragen aus der Stellenbeschreibung wären nun, ob uns auch der Einkauf, sprich Auswahl der Puppen untersteht. Wenn das nicht der Fall ist, könnten wir uns immer heraus reden, wenn es um die Ziele geht. »Leider konnte nicht genug Umsatz (als Ziel) erreicht werden, weil der Einkauf die falschen Puppen eingekauft hat, die kein Mensch haben will.
Sollten wir der Spartenleiter sein, dem sowohl Verkauf als auch Einkauf unterstellt sind. Ginge das, falls wir ein Platzgeschäft betreiben? Handelte es sich dagegen um den Puppen-Verkauf in der Filiale eines verzweigten Spielwarenunternehmens, so wäre sicher ein zentraler Einkauf nötig, der die Firma insgesamt gegenüber der Herstellerseite bzw. in der Einkaufsorganisation vertritt. Die Planung wird dann ein Prozess der Koordination im Team.
Ferner müsste in der Aufgabenbeschreibung geregelt sein müssen, ob wir selber über etwaige Rabatte entscheiden können, welche Werbedispositionen uns übertragen sind, ob wir auch zuständig dafür sind, den Arbeitseinsatz unserer Mitarbeiter zu planen und zu steuern, ob wir selbst auch über die Art der Ausstattung im Laden bestimmen können.
Immer dort, wo ein Entscheidungsvorbehalt anzubringen ist, wäre das in der Funktionsbeschreibung zu notieren. Nicht, dass der Chef dann nachher meint: »Da hätten Sie mich aber vorher fragen müssen«. Eine solche Spielregel, »Checkpoints« für Ausnahmen zu setzen, nennt man auch »management by exception«. Voraussetzung dafür ist, dass es Ziele gibt (management by objectives) und dass Kompetenz übertragen ist (management by delegation). Man kann nicht einfach sagen, »sorg' für den Deckungsbeitrag und an Weihnachten sehen wir uns wieder«.
Ausgehend von vorher beschriebenen Kompetenzen und Verantwortung hat unser Controller eine Ergebnisrechnung (Abb. 2.1, Seite 49) für unsere Sparte Puppe »gebaut«. Dabei ist der Erfolg von zwei Artikelgruppen innerhalb der Sparte getrennt ausgewiesen.
Die Zeilen der Erfolgsrechnung informieren zunächst über Kennzahlen je Stück. Die Verkaufspreise sind als Netto-Preise gedacht. Die Einstandspreise enthalten den jeweiligen Einkaufspreis sowie die Bezugskosten (z. B. Bezugsfracht). Die Spanne zwischen Verkaufspreis und Einstandspreis – im Handel oft »Rohertrag« genannt – ist mit Deckungsbeitrag I bezeichnet.
Der Deckungsbeitrag I wird zunächst je Einheit ausgewiesen, sodann aber in Prozent auf den Umsatz als Deckungsgrad bzw. Marge in % umgerechnet. Ferner ist in Zeile 5 eine Kennzahl angegeben über die Schwierigkeit im Verkaufsgespräch. So hat unser Verkaufschef für die Puppen gemeint, dass auf Grund seiner bisherigen Erfahrung, es gerade doppelt so zeitaufwendig ist, eine Superpuppe zu verkaufen als eine Standardpuppe. Das mag daran liegen, dass das Super-Produkt einen höheren Preis hat und der Kunde sich länger überlegt, ob er soviel Geld für eine Puppe ausgeben will. Dementsprechend intensiv muss das Verkaufsgespräch ausfallen. Schließlich müssen die Vorteile der Superpuppe erklärt und die zusätzlichen Funktionen vorgeführt werden.
Der Zeitbedarf in der Zeile 5 je Puppe ist hier geschätzt und drückt aus, dass der Verkauf einer Superpuppe doppelt so aufwendig ist. Eine durch Controller durchgeführte Prozessanalyse würde hier zu belastbareren Zahlen führen. In der Produktion sind wir so etwas gewöhnt. Da wäre es sicher möglich, eine analytisch fundierte Prozesszeit in Minuten je Stück anzugeben. Durch Division des Deckungsbeitrags durch den Verkaufsschwierigkeitsfaktor erhalten wir in Zeile 6 nun den gewichteten Deckungsbeitrag I, analog zur Ermittlung eines Deckungsbeitrags je Minute oder je Stunde Maschinen- oder Fertigungszeit in der Produktion.
Ab Zeile 7 folgen die Absatzzahlen der abgelaufenen Monatsperiode. Verkauft worden sind 500 Stück. Der Umsatz betrug 23.000,–. Davon abgesetzt sind die Wareneinsatz-Kosten – errechnet über die verkauften Mengen, multipliziert mit dem Einstandspreis je Mengeneinheit. Daraus ergibt sich in Zeile 10 der verdiente Deckungsbeitrag oder Rohertrag des abgelaufenen Monats.
Abgesetzt hiervon sind Kosten für die verkaufsfördernden Maßnahmen zur Unterstützung der beiden Artikelgruppen. Mit »Promotion« sind Kosten für Prospekte, Anzeigen, Schaufensterdekoration, spezielle Aufsteller, Verlosung von Gratispuppen etc. … gemeint. Dass der Löwenanteil bei den Superpuppen zu finden ist, muss auf eine gezielte Maßnahmenplanung zurückzuführen sein. Es handelt sich um keine prozentuale Schlüsselung, sondern um eine direkte Abrechnung der Kosten der einzelnen Werbemaßnahmen für die beiden Produkte.
Nach der Zwischensumme »Deckungsbeitrag II« folgen die Kosten, die speziell zur Sparte gehören. Das müssen Gehälter für die dort
Zeile | Text | Artikelgruppen | Summe |
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Nr. | | Super-Puppen | Standard-Puppen | |
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1 | | Verkaufspreis je Stück (netto) | 70,– | 40,– | |
2 | | Einstandspreis je Stück | 40,– | 20,– | |
3 | | Rohertrag je Stück | 30,– | 20,– | |