DER START
(Foto: Harmke Horst)
Anders als bei zahlreichen anderen Hundesportarten kommt der Startphase beim Mantrailing eine ganz besondere Bedeutung zu. Viele Prüfungen im Hundesport, beispielsweise eine Begleithundeprüfung oder auch eine Obedienceprüfung, kann man auch dann noch gut bestehen, wenn man am Anfang Fehler macht. Beim Mantrailing ist das jedoch anders: Wenn der Start nicht sicher oder vielleicht sogar überhaupt nicht funktioniert, kann der Hund auch die restliche Spur nicht finden. Daher lege ich in diesem Buch und selbstverständlich auch generell im Training sehr viel Wert auf alles, was mit dem Start zusammenhängt.
Gerade Einsteiger sollten sich intensiv mit dem Erarbeiten eines sicheren Starts befassen. Zu Beginn des Trainings, in der sogenannten Konditionierungsphase, lernt der Hund, seine der des Menschen weitaus überlegene Nase dazu einzusetzen, die Spur einer bestimmten Person (im Training ist das die Versteckperson) vom Startpunkt bis zu ihrem Ende (in der Regel das Auffinden der Versteckperson) gezielt zu verfolgen. Die dazu benötigten Verhaltensweisen sollen ritualisiert werden. Hierfür ist es erforderlich, dass am Start in der immer gleichen Reihenfolge bestimmte Dinge durchgeführt werden. So entsteht ein Startritual.
Das Startritual
Ein wichtiger Bestandteil des Startrituals ist das Startkommando. Bevor Sie das erste Mal mit Ihrem Hund zum Startpunkt gehen, sollten Sie sich hierfür also ein geeignetes Wort überlegen und dabei Folgendes beachten:
• Das gewählte Kommando darf noch nicht für andere Aktivitäten verwendet worden sein.
• Es sollte sich nicht um ein häufig im Alltag verwendetes Wort handeln.
• Es sollte ein Kommando sein, das Sie ab sofort exklusiv am Start verwenden.
• Sie sollten sich das Kommando gut merken können.
Möglichkeiten für Startkommandos gibt es viele. Häufig wird „Trail“ genommen. Gut eignen sich generell anderssprachige Wörter wie „Go“, „Search“ oder „Chercher“, da sie bei uns im Alltag kaum vorkommen. Falls Sie wissen, dass Sie unter Anspannung gestresst klingen, sollten Sie ein Kommando wählen, das sich nur schwer anders als mit einem freundlichen Tonfall aussprechen lässt, etwa „Skubidu“ oder „Simsalabim“.
Nachdem Sie sich für Ihr persönliches Startkommando entschieden haben, können Sie sich auf den Weg zum Startpunkt machen. Hier kommt es nun vor allem darauf an, Ruhe zu bewahren. Das ist gar nicht so einfach, denn auch wenn ein ruhiger Ort ausgewählt wurde, ist die Situation bei den ersten Starts doch ungewohnt und aufregend. Schließlich möchte man alles richtig machen und trainiert zudem in einer Gruppe, was bedeutet, dass man recht viele Zuschauer hat. Es ist daher wichtig, dass Sie sich gerade für Ihre ersten Starts genügend Zeit und Raum nehmen. Sollten Sie das Gefühl haben, dass die Gruppe der Beobachter Ihnen und Ihrem Hund zu nah steht oder sogar den Weg versperrt, fordern Sie diese auf, ein wenig zur Seite zu gehen.
Im folgenden Kasten finden Sie die einzelnen Schritte des kompletten Startrituals. Sollten Sie zu aufgeregt sein, um diese bei den ersten Malen ohne Hilfe in der richtigen Reihenfolge durchzuführen, bitten Sie den Trainer/Flanker, Ihnen das Ritual Schritt für Schritt zu soufflieren.
Das Startritual in Kürze
• Den Hund am Halsband zum Startpunkt führen.
• Der Versteckperson die Belohnung übergeben.
• Das Suchgeschirr anlegen.
• Die Trailleine am Geschirr befestigen.
• Den Hund am Geruchsartikel riechen lassen.
• Das Startkommando zur Suche geben.
Und los geht die Suche!
Schon bald werden Sie auf diese Weise genügend Sicherheit erlangt haben, um allein zurechtzukommen.
Der erste Start mit sichtbarer Versteckperson
Es gibt unterschiedlichste Möglichkeiten zum Antrailen eines Hundes – auf Sicht, ohne Sicht, dafür aber mit Geruchsträgern auf dem Boden, die dem Hund die Spur verdeutlichen, und noch einige weitere. Ich bevorzuge das Antrailen auf Sicht, auch wenn oft kritisiert wird, dass der Hund hier nur mit den Augen sucht. Das stimmt zumindest teilweise, denn anfangs ist es tatsächlich ein Mix aus Schauen und Riechen, aber das ändert sich bald. Bedenken Sie, dass Hundeaugen eine weitaus geringere Tiefenschärfe als Menschenaugen haben. Allein deshalb kann der Hund, sobald sich die Versteckperson etwas weiter entfernt, ohnehin nicht vom Start aus sehen, wo genau sie nach rechts oder links verschwunden ist, sondern er muss seine Nase einsetzen, um sie zu finden.
Bei den ersten Trails geht es darum, die Verknüpfung zwischen dem menschlichen Geruch (Geruchsartikel) und der dazugehörigen Person mithilfe von Belohnungen herzustellen. (Foto: Harmke Horst)
Mit diesem Vorwissen kann es mit dem ersten Trail losgehen. Schnappen Sie sich Ihr Equipment, und führen Sie Ihren Hund am Halsband zum Startpunkt, dann geht es mit den folgenden Schritten weiter:
1. Sie oder Ihr Flanker besprechen kurz mit der Versteckperson, wo diese sich nach circa 30 Metern hinter einem Busch oder Baum verstecken soll. Dann geben Sie der Versteckperson die Belohnung.
2. Sie legen Ihrem Hund das Suchgeschirr an.
3. Sie befestigen die Trailleine am Geschirr und rollen sie auf, damit Sie sich nicht verheddern.
4. Nun wedelt die Versteckperson ein wenig mit dem nach ihr riechenden Geruchsartikel und legt ihn dann mit etwas Abstand zu Ihrem Hund auf den Boden.
5. Anschließend öffnet die Versteckperson die Belohnungsdose und macht sich damit schnurstracks auf den Weg ins Versteck.
6. Sobald die Versteckperson verschwunden ist, lassen Sie Ihren Hund starten. Dabei sollte er über den Geruchsartikel laufen, um den Geruch der Versteckperson aufzunehmen. Beim Überlaufen des Geruchsartikels sagen Sie das Wort „Riechen“. Sollte Ihr Hund versuchen auszuweichen, lenken Sie ihn leicht in Richtung Geruchsartikel, zeigen mit dem Finger darauf und sagen dann „Riechen“.
7. Direkt im Anschluss erfolgt das Startkommando.
8. Nun machen Sie sich gemeinsam mit Ihrem Hund an die Verfolgung der Versteckperson. Geben Sie ihm dabei genügend Leine, damit er vorauslaufen kann.
9. Bei der Versteckperson angekommen, wird eine „Party“ gefeiert. Sie und die Versteckperson freuen sich tierisch über das Finden, und der Hund erhält von der Versteckperson das erste Drittel seiner Belohnung.
10. Anschließend halten Sie Ihren Hund fest, und die Versteckperson verschwindet erneut nach 20 bis 30 Metern in ein Versteck rechts oder links am Wegrand.
11. Sie geben diesmal nicht das dem Startkommado – dieses ist allein dem eigentlichen Start in Verbindung mit dem Geruchsartikel vorbehalten – sondern schicken Ihren Hund mit den Worten „Wo ist sie hin?“ wieder los. Achten Sie dabei auf einen motivierenden Tonfall.
12. Wenn Sie erneut bei der Versteckperson angekommen sind, gibt es wieder eine „Party“, bei der sich alle Beteiligten freuen und der Hund das zweite Drittel Futter aus der Belohnungsdose erhält.
13. Anschließend verschwindet die Versteckperson ein letztes Mal in ein Versteck am Wegesrand.
14. Sie und Ihr Hund folgen erneut, wie unter Punkt 11 beschrieben.
15. Bei der Versteckperson angekommen ist die Freude wieder groß, und der Hund erhält die restliche Belohnung.
16. Danach nehmen Sie das Geschirr ab und bringen den Hund am Halsband zum Auto. Die „Arbeit“ ist damit beendet.
Das Anziehen des Suchgeschirrs ist Teil des Startrituals. (Foto: Harmke Horst)
Wiederholen Sie diesen Trainingsschritt einige Male, bevor Sie zum Start ohne sichtbare Versteckperson übergehen.
Falls Sie bemerken, dass Ihr Hund sehr stark aufdreht, wenn er die Versteckperson weggehen sieht, ist es an der Zeit, ihn nicht mehr zuschauen zu lassen. Das gilt auch, wenn Sie den ersten Schritt nur wenig trainiert haben. Außerdem gibt es die Möglichkeit, die Strecke zu verkürzen, auf der der Hund die Versteckperson noch sehen kann: Während er zu Beginn die weggehende Person fast bis zum Versteck sieht, wählt man den Startpunkt nun so, dass der Hund die Person nur über ein kurzes Stück im Blick hat.
Starten ohne sichtbare Versteckperson
In diesem Schritt soll der Hund nicht mehr aktiv zuschauen, wie die Versteckperson ihr Versteck aufsucht, ihr Weggehen aber noch mitbekommen. Führen Sie Ihren Hund wieder am Halsband zum Startpunkt. Von da an ist der Ablauf wie folgt:
1. Bevor die Versteckperson in das abgesprochene Versteck geht, geben Sie ihr die Belohnung für den Hund.
2. Sie ziehen dem Hund sein Geschirr an und befestigen die...