Um herauszufinden warum Menschen Dinge selbst herstellen obwohl sie es eigentlich nicht müssten, möchte die Autorin in diesem Abschnittdarlegen, was Menschen überhaupt zu Handlungen motiviert.
Am Anfang einer jeden Handlung stehen die angeborenen Bedürfnisse eines Menschen(Asendorpf, 2007, S.222).Maslow (1948)gilt als Gründer der humanistischen Psychologie.Nach seiner Theorie lassen sich menschliche Bedürfnisse in fünf hierarchisch geordnete Gruppen einordnen. Demnach bilden physiologische Bedürfnisse das Fundament dieses fünfstufigen Modells (Maslow, 1948, S.433). Sie werden auch als Triebe bezeichnet und entstehen meist aus einem physiologischen Ungleichgewicht, das durch eine Handlung wieder ausgeglichen werden soll. Ein Reiz löst demnachein gewisses Verhalten aus.Beispielsweise wird sich ein hungriges Individuum Nahrung suchen, um seinen Hunger zu stillen. Dieses Reizausgelöste Suchverhalten wird Appetenzverhalten genannt (Eibl-Eibesfeldt, 2004, S.105). Den physiologischen Bedürfnissen folgen nach Maslow (1948) in aufsteigender Reihenfolge das Sicherheitsbedürfnis, das Bedürfnis nach sozialen Bindungen, das Bedürfnis nach Selbstachtung und letztlich das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung (Maslow, 1948, S.433). Die kognitiv orientierten Motivationspsychologen Deci und Ryan (1993, 2002) nutzten diese Einteilung als Basis für ihre Selbstbestimmungstheorie (SBT), die sie Anfang der 80er Jahre zur Erklärung menschlicher Motivation entwickelten. Die Theorie beruht auf dem Konzept der Intentionalität.Sie geht also davon aus, dass jeder Mensch das natürliche und angeborene Ziel hat, ein komplexes und ganzheitliches Bild von sich selbst zu entwickeln. Und das gelingt ihm den Psychologen nach nur dann, wenn er sich mit sich selbst und mit seiner Umwelt auseinandersetzt(Deci und Ryan, 2002, S.5). Zur etwa gleichen Zeit entwickelte der Motivationspsychologe Nuttin (1984), weitestgehend unabhängig von Deci und Ryan (1993, 2002), eine ähnliche Theorie zu der Erklärung der menschlichen Motivation. Auch er geht davon aus, dass die Motivation eines Menschen nur durch eine ganzheitliche Person-Umwelt-Konzeption untersucht werden kann. Nach Nuttin (1984) sind Person und Umwelt wechselseitig aufeinander bezogen und müssen als eine funktionale Einheit („functional unit“) betrachtet werden (Nuttin, 1984, S.56).
Der Autorin erscheinen diese beiden Ansätze plausibel, zudem sie unabhängig voneinander entwickelt wurden und sich inhaltlich ähneln. Sie vertritt die Auffassung, dass ein Mensch in einer engen Wechselbeziehung zu seiner Umwelt steht. Deshalb wird die Selbstbestimmungstheorie nach Deci und Ryan (1993,2002) nachfolgend näher erläutert, dennsie sollin dieser Arbeit die Grundlage für die psychologischen Erklärungsansätze bilden.Die Theorie besteht aus drei Faktoren zur Erklärung der menschlichen Motivation: physiologische Bedürfnisse, grundlegende psychologische Bedürfnisse und Emotionen. Die physiologischen Bedürfnisse wurden bereits oben beschrieben.Zu den grundlegenden psychologischen Bedürfnissen zählennach Deci und Ryan (1993, 2002) das Bedürfnis nach Kompetenz und Wirksamkeit, Autonomie bzw. Selbstbestimmung und die Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe (Deci und Ryan, 2002, S.5).Nach ihrer Theorie werden diese psychologischen Bedürfnisse dazu verwendet, zwei grundlegende Entwicklungsziele eines Menschen zu verfolgen.Nämlich daspersönliche Wachstum des einzelnen Individuums und die Sicherung der sozialen Strukturen, in denen es sich befindet (Deci und Ryan, 2002, S.5). Nach der Selbstbestimmungstheorie sind die psychologischen Bedürfnisse von besonderer Bedeutung, da sie die Energiequelle für viele Handlungen darstellen und einen großen Einfluss auf die autonome Steuerung der Triebe und Emotionen eines Menschen haben (Deci und Ryan, 2002, S.8).
Emotionen sind plötzliche, unkontrollierte und intensive Reaktionen auf Ereignisse, die von kurzer Dauer sind und nicht immer bewusst ablaufen. Sie äußern sich durch körperliche Veränderung wie z. B. Schwitzen, durch Mimik und Gestik und durch individuelles Erleben einer Person. Emotionen „[…] synchronisieren Gedanken, Handlungen, körperliche Veränderungen, Gefühle und Motive“ (Moser, 2007, S.86). Primäre Emotionen wie z. B. Neugier oder Furcht, sind in den Erbanlagender Menschen verankert.Deshalb reagieren sie auf diese überwiegend automatisch und einheitlich. Emotionen werden jedoch durch individuelle und soziokulturelle Einflüsse modifiziert und geformt (Kroeber-Riel undWeinberg, 2003, S.103).Bis heute versuchten sehr viele Autoren, Emotionen festzulegen und zu kategorisieren. Dementsprechend gibt es die verschiedensten Ansatzpunkte und Ausführungen. Aufgrund des Umfangs dieser Arbeit bezieht sich die Autorin jedoch nur auf die Ausführungen des Psychologen Izard(1999). Er definierte zehn primäre Emotionen.Dazu zählen das Interesse, Freude und Vergnügen, Überraschung und Schreck, Kummer und Schmerz, Zorn und Wut, Ekel und Abscheu, Geringschätzung und Verachtung, Furcht und Entsetzen, Scham, Schuldgefühle und Reue (Izard, 1999, S.66).Wobei die Emotionen Interesse und Freude die größte Relevanz in dieser Arbeit aufweisen werden. Ob Emotionen als angenehm oder unangenehm empfunden werden, hängt immer von der subjektiven Wahrnehmung des Menschen ab (Kroeber-Riel und Weinberg, 2003, S.103).
Emotionen gelten neben den physiologischen und psychologischen Bedürfnissenals grundlegende menschliche Antriebskraft und werden meist von äußeren Reizen ausgelöst. Allgemein bestimmendiese drei Antriebskräfte bereits eine Richtung des Verhaltens.Empfindet ein Mensch etwas als positiv (Nahrung, soziale Nähe, Freude) wendet er sich dem zu, negativ empfundene Dinge (Hunger, Einsamkeit, Trauer) meidet er. Allerdings ist dieses Verhalten noch nicht zielgerichtet(Kroeber-Riel und Weinberg, 2003, S.141).
Verbinden sich also diese grundlegenden Antriebskräfte mit kognitiven Antriebskräften wie der Zielorientierung und Handlungsprogrammen, entsteht daraus die sogenannte Motivation (Asendorpf, 2007, S.221; Kroeber-Riel und Weinberg, 2003, S.142).Sie zeigt sich dann, wenn Menschen mit ihrem Verhalten auf ein bestimmtes Ziel hinarbeiten. Motivierte Handlungen richten sich auf zukünftige Ziele, die entweder kurzfristig sind und unmittelbar erreicht werden können, oder die langfristig bestehen und verfolgt werden (Deci und Ryan, 1993, S.224).Motivierte Handlungen lassen sich nach dem Grad ihrer Selbstbestimmung in intrinsisch und extrinsisch motiviert unterscheiden. Werden Handlungen als frei gewählt empfunden, gelten sie als selbstbestimmt oder autonom, sie kommen vom Individuum selbst. Die intrinsische Motivation entsteht also durch einen inneren Antrieb und „[…] beinhaltet Neugier, Exploration, Spontanität und Interesse an den unmittelbaren Gegebenheiten der Umwelt“ (Deci und Ryan, 1993, S.225). Fremdbestimmte Handlungen gelten dagegen als kontrolliert, die extrinsische Motivation entsteht durch äußere Einflüsse und tritt normalerweise nicht spontan auf. Die Verhaltensweisen entstehen viel mehr nach einer Aufforderung und werden nur mit dem Ziel durchgeführt, nach deren Ausführung belohnt zu werden(Deci und Ryan, 1993, S.225). Wenn extrinsische Motivatoren wie z. B. Geld nicht vorhanden sind, löst das meist Unzufriedenheit bei den Betroffenen aus.Jedoch schafft ihr Vorhandensein keine echte Zufriedenheit(Wißmann, 2013, S.18). Die Selbst- oder Fremdbestimmung hat einen großen Einfluss auf die Qualität und die Orientierung einer Handlung (Deci und Ryan, 1993, S.225).Zur besseren Veranschaulichung der Selbstbestimmungstheorie findet sich eine Visualisierung im Anhang, Abbildung 10 auf S.A8.Die Motivation eines Menschen etwas Bestimmtes zu tun entsteht also nach der Selbstbestimmungstheorie aus dem Wunsch, ein bestimmtes Bedürfnis zu befriedigen. Dabei werden die physiologischen Bedürfnisse und die Emotionenteilweise durch die psychologischen Bedürfnisse beeinflusst und gesteuert. Die Handlungen eines Menschen können intrinsisch oder extrinsisch motiviert sein und diese Selbst- oder Fremdbestimmung hat einen Einfluss darauf, wie Menschen die Handlungen empfinden.
Da die Autorin ihre Aussagen in dieser Arbeit auf die drei grundlegenden psychologischen Bedürfnisse nach Deci und Ryan (1993)stützen möchte, werden sie in diesem Abschnittnoch einmal näher betrachtet undzum besseren Verständnis in Bezug zu dem Selbst eines Menschen gesetzt. Das Selbst eines Menschen ist „[…] die subjektive Bewertung der eigenen Persönlichkeit, die Zufriedenheit mit sich selbst“ (Asendorpf, 2007, S.265) und es entsteht aus den Generalisierungen von erfahrungsabhängigen Selbstbewertungen durch den Menschen, also aus den positiven und negativen Inhalten seines Selbstkonzepts (Haußer, 1995, S.34). Es ist kein fixes Konstrukt, sondern von Situationen und Kontexten abhängig. Menschen beschreiben, verhalten und erleben sich je nach Situation unterschiedlich (Glomp, 2012, S.38). Das Selbst umfasst die Eigenschaften eines Menschen, aber auch seine Zugehörigkeit zu sozialen Gruppen (Werth und...