Erhöhte Risiken auf aktuellen Märkten durch geringere Deckungsbeiträge, die aus verkürzten Produkt- oder Marktlebenszyklen resultieren, führen zu strengerer Hinterfragung der Marketingaktivitäten und deren Kosten.[14] Immer komplexere Marktreaktionen finden bei der Planung und Kontrolle Berücksichtigung. Bei hoher Komplexität haben Spezialisierungen in der Regel ökonomische Vorteile. So ist es im Wettbewerb sogar erforderlich, dass sich auch das Unternehmenscontrolling an den Schnittstellen zu anderen Unternehmensbereichen und -aufgaben spezialisiert. Eine solche Spezialfunktion stellt das Marketingcontrolling dar. Zur Begriffsklärung kann sich dem Marketingcontrolling von beiden Seiten, der Controlling- und der Marketingseite, genähert werden. [15]
Klassisch interpretiert, kann Marketing als Planung, Koordination und Kontrolle aller auf die aktuellen und zukünftigen Märkte ausgerichteten Unternehmensaktivitäten verstanden werden. Dabei sollen die Unternehmensziele durch dauerhafte Befriedigung der Kundenbedürfnisse verwirklicht werden.[16] Hier ist die klare Außenausrichtung des gesamten Unternehmens und sämtlicher Entscheidungen mit Hilfe des marktorientierten Management erkennbar. Damit geht es über den eher nach innen gerichteten Controllingansatz hinaus.
Im Zentrum des Controlling wird der Einsatz, die Verbesserung und die Koordination der Planungs-, Kontroll- und Informationssysteme gesehen.[17] Auch diese das Management im Grunde unterstützende Funktionen sind auf das gesamte Unternehmen zu beziehen, sehen aber insoweit eine Außenorientierung nicht explizit vor. Dieser Begriff ist deutlich weiter gefasst, als nur auf das Marketing bezogen. Klar erkennbare Gemeinsamkeiten beider Funktionen sind neben begrifflichen Überschneidungen die Querschnittsfunktion sowie die Ansiedlung beim Management. Meffert (2000) sieht somit auch das Marketing als Führung vom Markt her und das Controlling als Führung vom Ergebnis her.[18] Darin wird augenscheinlich ein Interessenkonflikt deutlich, jedoch kann dem Marketing im Gegensatz zum Controlling eine unmittelbare Managementfunktion zugeschrieben werden. Das Controlling übernimmt in erster Linie immer nur eine unterstützende Funktion.[19]
Diese Position kann folgendermaßen auf die Definition für das Marketing bezogen werden: Marketingcontrolling ist der Einsatz und die Verbesserung von Planungs-, Kontroll- und Informationssystemen im Marketingbereich mit dem Ziel der Effizienzerhöhung. Es dient ferner der Integration der Systeme untereinander und mit anderen Führungssystemen.[20] Mit seiner Spezialisierung auf den Marketingbereich bewältigt es Komplexität und stellt dadurch die Rationalität der marktorientierten Unternehmensführung sicher.[21] Um den Aspekt der Mitarbeiterführung ergänzt[22], können die Aufgaben des Marketingcontrolling wie in Tabelle 1 dargestellt werden. Dabei steht die Koordination der Informationsversorgung im Mittelpunkt. Die Abstimmung der Mitarbeiterführung ist im Rahmen der marktorientierten Unternehmensführung eine wichtige Zusatzaufgabe dieser Schnittstellenfunktion.[23] Vervollständigend wird so der Querschnittsbetrachtung des Marketing Rechnung getragen.
Die Aufgabe des Marketingcontrolling ist es vor allem, dem Marketingmanagement die erforderlichen Informationen bezüglich Kunden, Konkurrenz, Marktpartnern, Technologie- und Marktentwicklungen sowie Wirkungen eigener Marketingaktivitäten zur Verfügung zu stellen. Auf diese Weise kann das Marketingführungssystem gewährleistet werden. Die Kontrollfunktion baut unmittelbar auf der Informationsfunktion auf. Erfolgsbeiträge einzelner Werbemitteleinsätze wie der Printwerbung müssen kontrolliert werden, um die Entscheidung zum Einsatz zu rechtfertigen und den Einsatz zu bewerten. Die Lösung dieser Kontroll- bzw. Informationsaufgabe stellt im Vergleich zur Bestimmung von Erfolgsbeiträgen anderer Marketingmixinstrumente (Distributionspolitik, Preispolitik) eine besondere Schwierigkeit dar, die sich vor allem im Zurechnungsproblem des Erfolges auf die Kommunikationspolitik äußert.
Tabelle 1: Aufgaben des Marketingkontrolling[24]
Welche Aufgabenerfüllung die Erfolgsmessung printbezogener Werbemaßnahmen leisten sollte, wird im Abschnitt 5.1 gesondert formuliert. Nach der Erörterung einzelner Messmethoden wird im Abschnitt 5.3 vor dem Hintergrund theoretischer Werbewirkung abgeglichen, inwieweit die Messung den Aufgabenerfüllungsansprüchen gerecht werden kann. Zunächst soll mit der Betrachtung wichtiger Besonderheiten im Rahmen seiner speziellen Ausrichtung das Marketingcontrolling weiter differenziert werden.
Das Controlling erhält einerseits keine grundlegend neuen Aufgaben im Marketingbereich, die Aufgaben erstrecken sich andererseits auf neue Sachverhalte.[25] Daher kann das Marketingcontrolling nicht nur eine bloße Übertragung vorhandenen Controllingverständnisses auf das Marketing sein.[26] Dies wird schon bei der Berücksichtigung der Außenorientierung deutlich. Durch die besondere Schnittstelle zum Markt hin, dessen Informationen häufig wenig eindeutig zu erfassen sind, erwachsen neue Herausforderungen für das Controlling. Zum Teil muss daher ein völlig eigenständiges und problembezogenes Instrumentarium für das Marketing geschaffen werden.[27] Im Laufe der Arbeit wird das auch am Beispiel der Printwerbung deutlich. Die Wirkung von Werbung zu kontrollieren und diese Informationen weiteren Planungen und Entscheidungen zugrunde zu legen, ist ebenfalls ein wichtiger Baustein für die Führungseffizienz, sowohl strategisch als auch in werbetaktischen Entscheidungen.
Aufgrund vieler Unsicherheiten über mögliche Folgen, die sich aus der Verbindung zur Unternehmensumwelt ergeben, liegt Marketingentscheidungen oft ein hohes Maß an Intuition zugrunde. Derartige Entscheidungen sind in vielen Fällen sogar effizienter. Bei kaum transparenten und spärlich erforschten Wirkungen kann es erfolgreicher sein, weniger auf gesicherte Erkenntnisse zu setzen und damit die Erfolgschancen von Innovation und Kreation nicht einzuschränken.[28] Hier liegt ein besonderes Spannungsfeld. Würden Entscheidungen in diesem Feld controlling-typisch auf harten Fakten beruhen, schränkt das die Erfolgspotenziale ein. Andererseits ist der große Vorteil des Controlling, Marktforschungs- und Analysedaten zur Verfügung zu stellen und damit die Marketingentscheidungen weitgehend zu unterstützen (vgl. Abbildung 1 zur Skizzierung des Spannungsfelds zwischen Reflexion und Intuition). Die Koordination solcher Informationen, sei es aus erlerntem Wissen oder aus gesammeltem Expertenwissen, ist der größte Vorteil des auf Marketing spezialisierten Controlling. Entscheidungen im Marketing müssen demnach sowohl das richtige Maß an Intuition als auch an Reflexion besitzen. Je mehr Informationen z.B. für Printwerbewirkung zur Verfügung stehen, ohne die Effektivität durch Kosten nachhaltig zu belasten, desto weniger Unsicherheiten gibt es und umso weniger Intuition ist erforderlich. Das Marketingcontrolling verbessert damit die Rationalität der Führungsentscheidungen.[29]
Abbildung 1: Reflexion und Intuition bei Marketingentscheidungen[30]
Eine weitere Besonderheit ist, dass der Markt einen in der Planung besonders häufig auftretenden Engpasssektor darstellt. Damit sind andere Pläne jeweils an den Engpass Markt anzugleichen, wodurch dieser eine Art Primärplancharakter erhält. Dies entspricht der Auffassung im Sinne der „Führung des Unternehmens vom Markt her“[31]. Es lässt sich festhalten, dass im Marketingcontrolling neben den internen Daten besonders auch externe Daten eine Rolle spielen. Eine weitere Eigenheit in diesem Teilgebiet des Controlling ist, dass umfassend nicht-monetäre Ziel- bzw. Plangrößen zu berücksichtigen sind. Gerade diese Eigenheit betrifft die Werbekontrolle und spiegelt sich damit auch in dieser Arbeit wider. Weitere Charakteristika und Herausforderungen des Marketingcontrolling sind Aperiodizität und externes Screening mit zum Teil überproportionalen Kosten.[32]
Wichtige Entscheidungen im Marketing fallen aperiodisch an, da sich Entscheidungen zu den Erfolgspotenzialen bezüglich Produkten, Regionen oder Kunden aus kaum vorhersehbaren Geschehen auf Märkten oder den Umsystemen ergeben. Aperiodizität betrifft in typischer Weise ebenfalls Werbeanstrengungen, deren Wirkung durch falsche Ausrichtung verpufft, weil sich unvorhergesehen das Umfeld geändert hat. Ein externes Screening kann die Unsicherheiten bezüglich des Marktteilnehmerverhaltens verringern. Dabei sind die Kosten für diese und andere Informationsbeschaffungen nicht aus den Augen zu verlieren. Dies gilt besonders, da sie sich oft überproportional zu den beabsichtigten Erfolgen verhalten.[33] Zur Aufgabe des speziellen Controlling von...