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Apparative Grundlagen
Wie bereits erwähnt, wird in einem Massenspektrometer eine Substanzprobe in einen Strahl gasförmiger Ionen übergeführt. Diese werden entsprechend ihrem Masse-zu-Ladungs-Verhältnis (m/z) aufgetrennt, sodass festgestellt werden kann, welche Ionen in welchen relativen Mengen entstanden sind. Dementsprechend besteht jedes Massenspektrometer im Wesentlichen aus vier Teilen,
1) einem „Einlasssystem“ zur Probeneinführung,
2) einer „Ionenquelle“, in der die Ionisierung erfolgt,
3) einem „Analysator“ zur Trennung der Ionen nach ihren m/z-Werten und
4) einer „Einheit zur Registrierung und zur Ausgabe der Messdaten“.
2.1 Das Einlasssystem
2.1.1 Möglichkeiten der Probeneinführung
Man unterscheidet heute im Wesentlichen drei Möglichkeiten, Substanzen in ein Massenspektrometer einzubringen:
1) Die Probe wird vor der Ionisierung verdampft (unpolare bis mäßig polare Substanzen mit Molmassen bis etwa 1000 g/mol);
2) Ionen werden aus einer kondensierten Phase in die Gasphase übergeführt (mäßig bis sehr polare Substanzen mit Molmassen bis etwa 2500 g/mol bei Felddesorption und fast-atom bombardment, bis über 1 000 000 bei matrix-assisted laser desorption/ionisation; siehe Abschnitt 2.2.3.4);
3) Eine Lösung der Probe wird zu einem feinen Nebel zerstäubt und aus den Nebeltröpfchen treten Ionen in die Gasphase über (so genannte Sprayverfahren; mäßig bis sehr polare Substanzen mit Molmassen bis etwa 100 000 g/mol; siehe Abschnitt 2.2.4).
Soll die Probe vor der Ionisierung verdampft werden (entsprechend Punkt 1), kommen in der Hauptsache drei Verfahren zur Anwendung.
2.1.1.1 Indirekte Probeneinführung
Hierbei wird die Probe in einem heizbaren Vorratsgefäß verdampft, wobei der Dampfdruck auf etwa 0.1 Pa gehalten wird. Durch eine feine Öffnung – ein so genanntes Molekularleck – strömt die Substanz in die Ionenquelle, in der ein Druck von etwa 10−5 bis 10−3 Pa herrscht.
- Vorteile: Gut reproduzierbare Spektren, keine Entmischung von Gemischen.
- Nachteile: Bei schwerer flüchtigen Substanzen besteht die Möglichkeit thermischer und katalytischer (Wandreaktionen) Zersetzung der Probe (siehe Abschnitt 2.1.4). Beim Aufheizen wird den Molekülen Schwingungsenergie zugeführt, wodurch das Fragmentierungsmuster beeinflusst werden kann (siehe Abschnitt 3.7).
- Anwendung: Heute nur noch bei der Analyse von Gasen und leicht flüchtigen Substanzen. Für schwer flüchtige anorganische Substanzen werden hoch aufheizbare Knudsenzellen verwendet. Ein Sonderfall ist die Verbindung eines Massenspektrometers mit einem Reaktionsgefäß, einer Abgasleitung o. ä. über eine Kapillare oder Membran zur kontinuierlichen Überwachung der Konzentration bestimmter Produkte in der Technik.
- Achtung: Spektren in älteren Arbeiten, die sich auch noch in Spektrensammlungen finden, wurden häufig mithilfe von indirekten Einlasssystemen erhalten. Bei Vergleich mit neueren Daten muss auf das unter Nachteile Gesagte geachtet werden.
2.1.1.2 Direkte Probeneinführung
Hierbei wird die Probe durch eine Vakuumschleuse direkt in die Ionenquelle gebracht und dort solange aufgeheizt, bis ihr Dampfdruck etwa 10−4 Pa erreicht. Wegen der niedrigeren Verdampfungstemperaturen und der kürzeren Wege im Vergleich zur indirekten Einführung kommt es zu bedeutend geringeren Zersetzungserscheinungen.
- Vorteile: Geringere thermische Belastung der Probe bzw. geringere Gefahr der katalytischen Zersetzung.
- Nachteile: Ungleichmäßige Verdampfung möglich, daher weniger gut reproduzierbare Spektren. Bei Gemischen dampfen leicht flüchtige Komponenten eher ab als schwer flüchtige (vgl. Abschnitt 2.1.3). Bei Verdampfung zu großer Probenmengen ist mit einer Verschmutzung der Quelle zu rechnen, was zu einem Untergrundspektrum führt, das den bei weiteren Messungen erhaltenen Spektren überlagert wird und sehr stören kann.
- Anwendung: Schwerer flüchtige und thermolabile Verbindungen.
2.1.1.3 Die Kopplung mit einem Gaschromatographen
Die Kapillarsäule eines Gaschromatographen kann direkt in die Ionenquelle eingeführt werden [3]. Bei Verwendung schneller Analysatoren (z. B. von Quadrupolgeräten, Abschnitt 2.3.2.4) können von jeder gaschromatographischen Fraktion mehrere Spektren (zur Kontrolle der Einheitlichkeit der Fraktion) aufgenommen werden (GC/MS).
- Vorteile: Sehr geringer Substanzverbrauch, da die einzelnen Fraktionen nicht isoliert werden müssen; hierdurch sind analytische Gaschromatographen verwendbar. Schnelle Analyse auch komplexer Gemische.
- Nachteile: Nur für entsprechend flüchtige Verbindungen anwendbar (ggf. muss man besser flüchtige Derivate herstellen, wie z. B. N-trifluoracetylierte Aminosäureisopropylester, CF3CONHCHRCOO-i-C3H7, so genannte TAP-Derivate [4]). Wenn die einzelnen Fraktionen nur massenspektrometrisch charakterisiert werden, ist besonders auf das in Abschnitt 2.1.4 Gesagte zu achten (keine Kontrolle bezüglich thermischer Zersetzung!).
- Anwendung: Analyse von entsprechend flüchtigen Gemischen (siehe auch Abschnitt 6.2.1.1).
- Hinweis: Eine entsprechende Kopplung mit einem Flüssigchromatographen wird in Abschnitt 6.2.1.2 besprochen.
- Achtung: Das Aussehen eines Massenspektrums kann von der Art des verwendeten Einlasssystems abhängen (siehe Abschnitt 3.7 sowie Abb. 3.7). Vorsicht also bei Spektrenvergleichen!
2.1.2 Die Probenmenge im Routinebetrieb
- Für indirekte Probeneinführung ≈0.1 mg, für langwierige Messungen evtl. auch mehr
- für direkte Probeneinführung ≈1–100 μg, für länger dauernde Untersuchungen ist u. U. mehrmalige Probeneinführung notwendig
- für GC/MS-Kopplung ≈0.01–10 µg.
Eine Spurenanalyse ist bis hinunter in den pg- und fg-Bereich möglich, bedarf aber spezieller Techniken und besonderer Erfahrung. Bei der Untersuchung kleinster Mengen ist besonders darauf zu achten, dass Verunreinigungen in gleicher Größenordnung aus Lösungsmitteln, Filterpapier und sogar durch Berührung der Laborgeräte mit den Händen eingeschleppt werden können.
2.1.3 Verunreinigungen
Eine wichtige Voraussetzung für die massenspektrometrische Strukturermittlung ist das Arbeiten mit sauberen Präparaten [5]. Wenn eine Probe mehrere Verbindungen enthält, werden diese nebeneinander ionisiert, was zur Überlagerung der einzelnen Massenspektren führt und die Interpretation erschwert bzw. unmöglich macht. Leichter flüchtige Verunreinigungen können, wenn sie bevorzugt verdampfen, das Spektrum der gesuchten Substanz überdecken, oder es kann – besonders bei direkter Einführung – zu einer fraktionierten Verdampfung1) kommen, sodass man nur das Spektrum der Verunreinigung erhält. Folglich ist sauberes Arbeiten bei Gemischanalysen in noch stärkerem Maße notwendig, um die an sich komplizierten Spektren nicht noch komplexer zu machen.
Typische Verunreinigungen sind:
1) Lösungsmittelreste. Die Spektren der wichtigsten Lösungsmittel sind in
Abb. 12.1 zusammengestellt. Petrolether enthält immer höhere Kohlenwasserstoffe, die oft nur sehr schwer zu entfernen sind (kenntlich an Ionen im Abstand von 14 u), daher ist als Lösungsmittel z. B. Cyclohexan vorzuziehen.
3) Weichmacher, besonders höhere Phthalsäureester, die aus Plastikflaschen, -schläuchen usw. über Lösungsmittel eingeschleppt werden. Ein intensives Ion bei m/z 149 (siehe Abschnitt 9.9.2) stammt fast immer von höheren Phthalsäureestern.
4) Substanzen, die aus den bei Papier-, Dünnschicht- (z. B. Fluoreszenzindikatoren) und Säulenchromatographie verwendeten Materialien eluiert werden. Gegebenenfalls muss man eine Probeelution mit den bei der Substanztrennung verwendeten Lösungsmitteln vornehmen und den Eindampfrückstand untersuchen.
5) Reste von Reagenzien und Ausgangsmaterial.
Verunreinigungen können auch aus dem Massenspektrometer selbst bzw. von der GC-Kopplung stammen. Dafür kommen insbesondere infrage:
1) im Einlasssystem und der Ionenquelle adsorbierte Substanzen von vorausgehenden Messungen,
2) Hg oder Pumpenöl bei Verwendung von Diffusionspumpen und
3) GC-Säulenbluten (durch Leermessung ermitteln).
Verunreinigungen (und Gemische ganz allgemein) lassen sich häufig anhand der folgenden Kriterien erkennen:
1) Das Massenspektrum verändert sich (besonders bei direkter Einführung), wenn von einer Probe mehrere Aufnahmen hintereinander gemacht werden (siehe...