Das Förderkonzept „Mengen, zählen, Zahlen“ von K. Krajewski zielt darauf ab, die Mengen-Zahlen-Kompetenzen von Vorschulkindern von der ersten bis zur dritten Ebene auszubauen. Somit kann ein Fundament für das Verständnis der Grundschulmathematik geschaffen werden, was ein besonderer Vorteil für diejenigen Kinder ist, die Schwierigkeiten in diesen Bereichen haben. Das oben in Kapitel 2.2 beschriebene Entwicklungsmodell wird in ein Fördermodell umgesetzt, bei dem die drei Ebenen in spielerisch aufeinander aufbauenden Übungen gefördert werden (vgl. Krajewski 2009, S. 95).
Über einen Zeitraum von acht Wochen werden die Kinder dreimal pro Woche in etwa halbstündigen Sitzungen gefördert. In den ersten zwei Wochen werden die Basisfertigkeiten ausgebaut, die sich zusammensetzen aus dem Mengenverständnis, den Zählfertigkeiten und der Zahlenkenntnis. Die Kinder lernen die Zahlen 1 bis 10 kennen und zwar dadurch, dass sie die verschiedenen Ziffern kennenlernen, Zahlenkarten in ihre exakte Reihenfolge bringen und den Zahlen regelmäßige Mengen zuordnen. Somit lernen sie zugleich auch die Zuordnung von diesen Zahlworten und arabischen Ziffern zu bestimmten Anzahlen. Dabei soll zusätzlich verdeutlicht werden, dass Zahlen die beim Zählen weiter hinten kommen, mehr Dinge bezeichnen als Zahlen, die weiter vorne kommen (vgl. Krajewski 2009, S. 95; Krajewski 2010, S. 78).
Die nächsten vier Wochen sind so konstruiert, dass das Anzahlkonzept vermittelt und mit den Basisfertigkeiten verknüpft wird. Anzahlen werden in die richtige Reihenfolge gebracht und anhand dieser miteinander verglichen. Zur Vermittlung des Anzahlkonzepts gibt es Spiele, bei denen strukturierte Zahlbilder, wie z. B. Punkte-, Uhren-, Zahlenstrahl- und Fingerkarten den Ziffern zugeordnet werden müssen. Den Kindern wird ebenfalls bewusst gemacht, dass Zahlen „größer“ oder „kleiner“ sind als andere Zahlen, weil zu ihnen „mehr“ oder „weniger“ Dinge gehören. Dieses kann beispielsweise veranschaulicht werden, indem die Kinder Chips übereinander stapeln. Es ist von besonderer Bedeutsamkeit, dass für alle Zahlen die gleichen Materialien verwendet werden. So können die Zahlbeziehungen und Unterschiede zwischen einzelnen Anzahlen für die Kinder auch visuell dargestellt werden. Dadurch, dass die Materialien sich lediglich in ihrer Stückzahl unterscheiden, wird die Aufmerksamkeit der Kinder auf den numerischen Aspekt gelenkt (vgl. Krajewski 2009, S. 95; Krajewski 2010, S. 78).
In den letzten beiden Wochen wird den Kindern die Struktur der Zahlen nähergebracht. Dabei sollen die Kinder entdecken, dass sich Zahlen in kleinere Zahlen zerlegen und daraus wieder zusammensetzen lassen und weiter noch, dass der Unterschied zwischen zwei Zahlen wieder eine Zahl ist. Dieses wird insbesondere anhand der verschieden langen Zahlenstreifen verdeutlicht. Legt man beispielsweise die Zahlenstreifen der Zahlen 3 und 4 nebeneinander, so sind sie zusammen genauso lang wie der Zahlenstreifen der Zahl 7. Durch den speziellen Aufbau der Materialien können die Kinder alleine schon beim Betrachten die Struktur der Zahl erkennen. Bei der genaueren Auseinandersetzung mit den Materialien können sie feststellen, dass immer eins dazukommt von einer zur nächsten Zahl. Die Materialien machen die Strukturen der Zahlen greifbar und sichtbar, was zusätzlich durch die Sprache, die im Rahmen der Übungen gebraucht wird, unterstützt wird. Die Sprache kommt aus dem Grunde zustande, weil die Kinder durch Fragen aufgefordert werden ihr Tun zu beschreiben (vgl. Krajewski 2009, S. 95 f.; Krajewski 2010, S. 79). Bezeichnungen wie „kleiner als“, „kommt eins dazu“, „ist eins mehr als“ werden häufig verwendet (Krajewski 2009, S. 95 f.; Krajewski 2010, S. 79).
Um seine theoretischen Überlegungen in eine kindgerechte Praxis umzusetzen, hat B. Eckstein in seinem Buch „Mit 10 Fingern zum Zahlverständnis“ verschiedene Arbeitsschritte ausgearbeitet. Dabei unterteilt er die Arbeitsschritte zum Zählen und zur Entwicklung des Anzahlverständnisses in zwei Kategorien. Bei der „enaktiven Darstellung“ wählt er Übungen aus, bei denen die Zahlen handelnd durch Fingerbilder dargestellt werden (Eckstein 2011, S. 87). Dieses äußert sich in dem Maße, dass die Erzieherin oder die Therapeutin die Fingerbilder zeigt und die Kinder diese nachmachen. Die Kinder sollen zuerst praktisch lernen, jede Zahl und jede Numerosität durch Fingerbilder darstellen zu können. Dieses wird aber nur als Zwischenziel gesetzt, da das eigentliche Ziel ist, dass die Kinder eine lebendige Zahlvorstellung entwickeln, ohne dabei auf Fingerbilder zurückgreifen zu müssen. Aus diesem Grund wird bereits in der Arbeitsphase der enaktiven Darstellung auf dieses Ziel hingearbeitet, indem die Fingerbilder schrittweise ausgeblendet werden, nachdem sie sicher gespeichert wurden (vgl. Eckstein 2011, S. 87 ff.).
Neben der enaktiven Darstellung werden ebenfalls bildliche Darstellungen von Fingerbildern gewählt. Diese nennt sich „ikonische Darstellung“ (Eckstein 2011, S. 90). Die Arbeit mit diesen Darstellungen hilft den Kindern, eine bildliche Vorstellung der Fingerbilder zu bekommen und führt sie auf die Ebene des vorstellungsmäßigen Operierens. Dabei kann es passieren, dass die Kinder ab und zu wieder auf die enaktive Darstellung zurückgreifen müssen. Ohne eine ausreichende Erarbeitung in der Handlungsebene, in der die Kinder genügend Gelegenheit hatten, mit ihren Fingern verschiedene Fingerbilder auszuprobieren und diese mit Zahlvorstellungen zu verbinden, ist eine Erarbeitung der ikonischen Darstellungsebene nicht möglich. Beherrschen die Kinder die Fingerbilder der Zahlen 0 bis 10, so kann auf die ikonische Darstellungsebene gewechselt werden. Dieses bereitet die Ablösung von den Fingerbildern vor (vgl. Eckstein 2011, S. 90 ff.).
Darüber hinaus hat B. Eckstein für verschiedene Altersklassen verschiedene Elemente für die Praxis entwickelt. Er unterteilt seine Fingerbilder in der Praxis in Kindergarten, mathematischen Anfangsunterricht und Lerntherapie. Das für diese Arbeit relevante Thema ist seine Ausarbeitung der Ideen für die Arbeit mit Fingerbildern im Kindergarten. Da sich seine 15 Arbeitsschritte vorzugsweise für den mathematischen Anfangsunterricht, eine schulische Fördersituation oder eine Therapiesitzung eignen, hat er aus diesen 15 Arbeitsschritten acht ausgewählt, die im Kindergarten in umgewandelter Form eingesetzt werden können (vgl. Eckstein 2011, S. 136 ff.).
Er verweist zudem darauf, dass in diesem Alter das Zählen eine besondere Rolle spielt. Dabei ist es wichtig, dass Kinder beim Zählen die Numerositäten richtig erfassen, die Zählprinzipien und somit auch die Reihenfolge der Zahlwörter einhalten. Dazu bieten sich insbesondere verschiedene Abzählreime, Lieder und Fingerreime an. Falls Kinder handmotorische Schwierigkeiten haben, ist es sinnvoll zuerst die Fingerbilder bis 5 zu üben, damit die andere Hand frei bleibt, um die Finger festzuhalten oder einzuklappen. In diesem Alter ist es bereits möglich, von der Handlungsebene auf die Vorstellungsebene zu wechseln. Aus diesem Grund eignen sich Spiele und Übungen, bei denen nicht auf die Hände geschaut wird (vgl. Eckstein 2011, S. 136 f.).
Im Rahmen dieser Arbeit habe ich ein eigenes Projekt zur Förderung früher mathematischer Kompetenzen auf Grundlage von den Förderprogrammen von K. Krajewski und B. Eckstein ausgearbeitet. Hauptsächlich stützt sich mein Konzept auf die Sitzungen von K. Krajewski. Dazu habe ich aus ihren 24 Sitzungen die grundlegenden Ideen und Spiele übernommen und die Materialien ihrer Förderbox nachgebastelt, wobei ich ein paar von den Materialien abgewandelt habe (s. Anhang). Am Ende vieler Sitzungen konnte ich zudem die Fingerbilder, Fingerreime und Fingerlieder (s. Anhang) von B. Eckstein einfügen. Ich komprimierte beide Förderprogramme zu insgesamt 13 Sitzungen, die zweimal wöchentlich für ungefähr eine halbe Stunde im Kindergarten stattfanden.
Durchgeführt habe ich das Projekt mit zwei Kindern, denen ich in dieser Arbeit die Namen „Ben“ und „Lisa“ geben werde. Das Projekt war ursprünglich so ausgelegt, dass die Förderstunden mit beiden Kindern gleichzeitig durchgeführt werden sollten. Da die beiden Kinder aber zu Beginn des Förderprojekts abwechselnd krank waren, entschied ich mich dazu, den ersten Schwerpunkt mit beiden einzeln zu erarbeiten. Im weiteren Verlauf fanden die Sitzungen wie geplant mit beiden Kindern zusammen statt.
Das Programm ist so beschrieben, dass Sie als Leser es nachvollziehen und auch selbst durchführen können. Die Beschreibung der Kinder und die Beobachtungen, die ich während der Durchführungsphase mit den beiden Kindern gemacht habe, sind in „Ich-Form“ beschrieben. Ich habe mich für diese Schreibform entschieden, da ich oftmals meine eigenen Gedanken, Eindrücke und Fragen darstelle und ich die Ich-Form somit für am geeignetsten halte. Die Beschreibung der Kinder und die Ergebnisse der Durchführung des Projektes basieren auf meinen eigenen Eindrücken und...