2.1 »Meiner ist zwar nicht lang, dafür aber
unglaublich dünn …«
Bei Männern ein großes Thema: Ist »er« eigentlich normal groß? Aber da fängt es schon an, schwierig zu werden. Was ist ein normal großer Penis? Tatsächlich gibt es sogenannte »Richtgrößen«, die in Studien ermittelt werden. Die sind so aussagekräftig wie die Feststellung, dass viele Männer einen VW Golf besitzen. Um im Bild zu bleiben: Wenn der Penis der meisten Männer ein Golf ist, fahren ein paar unglückliche einen Smart und paar glückliche sitzen in einem Porsche Cayenne. Aber, wie es im wirklichen Leben so ist, viele Männer, die Golf fahren, hätten aber gern ein paar PS mehr. Von den Smartfahrern ganz zu schweigen.
Der Golf unter den Penissen ist je nach wissenschaftlicher Studie in seiner erigierten Form zwischen zwölf und fünfzehn Zentimeter lang. Übrigens unabhängig davon, wo auf dem Globus gemessen wird. Sie werden also sowohl in Italien, Namibia oder aber Norwegen jemanden aus dem »Langpimmelgeschwader« (O-Ton Kollege M.T., Charité Berlin) finden, der mit seinem Gemächt ein Rudel Wölfe in die Flucht schlagen könnte. Zur korrekten Verortung: Eine Feldmaus (Microtus arvalis) erreicht eine Länge (ohne Schwanz) von zwölf Zentimetern. Fünfzehn Zentimeter erhalten Sie in etwa, wenn Sie das Facebook-I-Like-Zeichen zu Hause nachspielen und von der Tischkante bis zum Daumennagel messen. 80 Prozent aller Männer werden sich zwischen Feldmaus und I-Like wiederfinden, 10 Prozent darüber (Daumen hoch), 10 Prozent darunter (Krise).
Interessanterweise liegt der Umfang des Golf-Penis ebenfalls bei zwölf Zentimetern, man muss sich also nicht viel merken. Und über die Kreiszahl Pi können wir flugs noch den Durchmesser ausrechnen – genau, irgendwas um die dreieinhalb Zentimeter, dann haben wir den »normalen Penis«, wie er im Lehrbuch steht. Erigiert natürlich.
Hier noch einmal zum Mitschreiben:
Länge 12–15 cm
Durchmesser 3,5 cm
Umfang 12 cm
Man kann die Penislänge im Übrigen auch im lattenunabhängigen Status messen. Die Schwellkörper sind bis zu einem gewissen Grad flexible Füllbehälter, die sich je nach Befüllungsdruck ausdehnen können. Sie dürfen also auch den schlaffen Hans nach und nach dehnen und ziehen – was dann letztlich bei der Messung der Länge herauskommt, dürfte sich nicht deutlich von dem in sexueller Kampflaune unterschieden.
Es kommen regelmäßig Patienten zu mir, die sich darüber beschweren, dass sie Golf fahren. Porschefahrer kommen eher selten. Bei der Untersuchung in der Praxis befindet sich der Kandidat meist auf einer sexuellen Friedensmission, so dass die »aktive« Länge nicht zentimetergenau abzuschätzen ist. Es gibt drei Möglichkeiten der Vermessung: Entweder, ich ziehe und dehne den Golf wie oben beschrieben. Zweitens, ich hole die schon erwähnte Silikonbrust aus der Schublade und lasse den Patienten für zwei Minuten mit sich und der Brust allein. Drittens, der Patient vertraut auf mein Urteilsvermögen (nach dem Hinweis, dass ich seit fünfzehn Jahren ca. dreißig Penisse am Tag sehe), ohne, dass der Pfau sein Rad schlägt. Zu 80 Prozent landen wir im prognostizierten Bereich, sprich: Golfklasse. Ganz selten kommt es zur Diagnose des Mikropenis, wobei nach Definition die Penislänge dann im erigierten Zustand unter sieben Zentimeter liegt. Ein solcher Befund kann unterschiedliche Ursachen haben, denen man diagnostisch nachgehen sollte. Häufig sind hormonelle Ungleichmäßigkeiten ursächlich, die durch angeborene Störungen der Hypophyse zustande kommen. Noch seltener kommen Mutationen im X-Chromosom vor, also auch angeboren. Neben dem echten Mikropenis gibt es weitere Situationen, in denen der Penis die magischen zwölf Zentimeter Länge nicht erreicht. Hier kommen der »begrabene Penis«, der »gefangene Penis« oder der »eingeschlossene Penis« differentialdiagnostisch in Betracht. Bei diesen Formen hat der Penis bzw. haben die Schwellkörper die normale Länge, sind aber von Gewebe verdeckt, sodass die volle Pracht nicht zum Vorschein kommt. Hier kann chirurgisch nachgeholfen werden, um aus der Ente einen Schwan zu machen. Diese Diagnosen sind jedoch höchst selten und der Schwan liegt wie immer im Auge des Betrachters.
Meistens ist es so, dass sich tatsächlich ein Golf vorstellt. Der Golf wird betrachtet und vermessen, wir nennen das Kind dann bei seinem Namen und der Fahrer ist erkennbar unglücklich mit seinem Gefährt. Was tun, sprach Zeus. Einen neuen Wagen? Das wird schwierig.
Fangen wir mit den medizinischen Herangehensweisen an. Grundsätzlich ist ein normaler Penis nicht wirklich gut zu verlängern. Und er will es auch nicht. Es gibt aber Gerätschaften, mit denen man einen ständigen Zug auf die Schwellkörper ausüben kann. Über Wochen und Monate. Ja, damit könnte eine Verlängerung der Schwellkörper grundsätzlich möglich sein. Ich denke da gleichermaßen an ballonartige Implantate, die in der Transplantationsmedizin verwendet werden. Die Ballons werden unter die Bauchhaut gesetzt und über Wochen mit mehr und mehr Flüssigkeit gefüllt. So wird die Haut einem stetigen Dehnungszug ausgesetzt. Über Monate entsteht über dem aufgepumpten Beutel eine Art Hautsack. Mit der überschüssigen Haut können dann z.B. Verbrennungen im Gesicht gedeckt oder andere schwerwiegende Veränderungen behandelt werden. Das gleiche Verfahren gibt es mittlerweile bei Brustimplantaten, die über Wochen stetig aufgepumpt werden. Wenn Sie Ihren Penis durchgehend über Wochen und Monate strecken möchten, wünsche ich Ihnen viel Freude dabei. Das Gerät sieht in etwa aus wie ein Pferdegeschirr aus Stahl. Überlegen Sie sich vielleicht vorher ein paar stimmige Argumente für Ihre Kumpels und Arbeitskollegen, warum Sie mit einem Hamsterkäfig in der Hose herumlaufen. Dann gibt es die Vakuum-Pumpen, die auf allerlei Internetseiten und in Sex-Shops angeboten werden. Die Pumpen haben mit Sicherheit ihre Relevanz bei der höchsten Therapiestufe von Erektionsstörungen. Des Weiteren sind sie sinnvoll nach bestimmten operativen Eingriffen am Penis, um eine postoperative Vernarbung zu verhindern. Dass man mit einem solchem Vakuum-Gerät seinen »Golf« zum »Porsche Cayenne« aufpimpen kann, ist leider Unsinn. Von irgendwelchen Zaubermitteln, die Ihren Penis anwachsen lassen sollen, sei es in Pulverform, als Tabletten oder Zaubersaft würde ich Ihnen auch dringend abraten. Es kann nicht funktionieren. Das wäre so, als würden Sie irgendetwas zu sich nehmen wollen, um Ihren kleinen Finger zu verlängern. Was sich dabei allenfalls verändert, ist die Füllmenge Ihres Portemonnaies. Es gibt auch regelmäßige Baumarktbesucher, die die Sache selbst in die Hand nehmen wollen. Lassen Sie es sich gesagt ein, Silikon, Bauschaum und Plastiklineale gehören nicht unter die Penishaut und sind somit nicht geeignet, um an der Penislänge zu schrauben. Egal, wie unzufrieden man mit den Maßen seines besten Stücks ist, von einem Besuch im Baumarkt würde ich dringend abraten.
Ein Patient war allerdings anderer Meinung und kam auf eine brillante Idee: Wenn Frauen zu Tausenden ihre Brüste mit Silikon vergrößern lassen, sollte das gleiche Verfahren doch auch beim Penis seine Funktion erfüllen. Gesagt, getan. Mit einer gravierenden Änderung im Programm: Vor Ort hatte sich der Patient aus einem »Gefühl heraus« für eine Dose Bauschaum aus dem Regal nebenan entschieden. Zu Hause hat er nach ein paar Schnäpsen das spitze Kartoffelmesser mit Essigreiniger aus dem Badezimmer gereinigt, um der notwendigen Hygiene auch ja Genüge zu tun. Der erste Schnitt am Penisrücken tat nach Angaben des Baumarktjüngers, der nunmehr mit einer seltsam anmutenden Statue, die sich aus seiner Hose emporstreckte, bei uns in der Notaufnahme lag, »schon sehr weh«. »Das glaube ich Ihnen gerne«, erwiderte ich und bestaunte das moderne Kunstobjekt, das nur entfernt an »Penis« erinnerte. Nachdem der Künstler ein ordentliches Loch in der Penishaut etabliert hatte und der Blick auf die Schwellkörperhaut freigegeben war, prokelte er die Plastikdüse der Bauschaumdose in das blutende Loch und drückte ab. Kennen Sie diese Ballonkünstler auf Jahrmärkten, die die dünnen Luftballons aufblasen, um kleine Pudel, Hüte oder Schwerter daraus zu basteln? Die Füllungsphase im Penis muss ungefähr so ausgesehen haben, als der Mann sich die volle Ladung Polyurethan-Schaum reingeschossen hat. Gut, Bauschaum war vielleicht keine gute Wahl. Aber als »groß« konnte man das Ergebnis schon bezeichnen. Nachdem der Hobby-Künstler sich an seinem Werk ein paar Tage zuhause erfreute, begannen die ersten Hautbereiche abzusterben. »Auch der verhüllte Reichstag musste irgendwann wieder ausgepackt werden«, dachte er sich vielleicht und machte sich auf den Weg zu uns ins Krankenhaus. Das, was wir von seinem Penis noch retten konnten, erinnerte dann in Form und Größe übrigens an ein anderes Produkt aus dem Baumarkt. Kennen Sie die kleinen Türstopper aus Gummi, die im Boden verdübelt sind …?
Vor Jahren habe ich den Europäischen Andrologenkongress in Madrid besucht. Dort hat ein Kollege aus Rumänien eine Studie vorgestellt, nach der er aus Leichenteilen einen Penis um das Doppelte verlängert hat. Etwas grotesk nach meinem Geschmack. Ich habe mich spontan an »Frankensteins Monster« erinnert und nach Schrauben gesucht. Ob der Penis funktionierte, ist nicht überliefert. Abgestorben ist er nicht, immerhin.
Wie gesagt, den Penis zu verlängern ist schwierig. Wenn man unbedingt möchte, kann er, ohne übermäßig viel Risiko in Kauf zu nehmen, verbreitert werden. Dazu können verschiedene biologische Materialien unter die Penishaut gespritzt und verteilt werden, sodass der Umfang zunimmt. Ob die Berührungsempfindlichkeit dabei so bleibt, wie man es...