Oktober: Sanftmut
Nichts für »wilde« Mädchen?
Nicht der äußerliche Schmuck – wie kunstvolle Frisuren, goldene Ketten oder aufwendige Kleidung – soll für euch Frauen wichtig sein.
Eure Schönheit soll von innen kommen! Schmückt euch mit Unvergänglichem wie Freundlichkeit und Güte. Das gefällt Gott.
1. Petrus 3,3-4
Diesen Monat:
Einen sanften und stillen Geist entwickeln
(1. Petrus 3,3-4).
Schluss mit Klatsch, Tratsch und Lästern
(1. Timotheus 5,13).
Eine Knigge-Lektion
(Sprüche 11,22).
Kontemplatives Gebet einüben
(Psalm 131).
Ein »Zankschwein« für Benehmen wie die »zänkische Frau« aus den Sprüchen
(Sprüche 21,19; 19,13; 27,15).
Auf dem Dach Buße tun für zänkisches Verhalten
(Sprüche 21,9).
Petrus beschreibt eine gottesfürchtige Frau als eine Frau mit einem »sanften und stillen Geist«. Als ich mit Freundinnen über mein Ziel für den Monat Oktober sprach, nämlich einen sanften und stillen Geist zu entwickeln, da lachten ein paar von ihnen. Gar nicht gemein, sondern auf sympathische, wissende Art und Weise. Das lag zum Teil daran, dass sie mich kannten. Zum Teil aber auch daran, dass viele von uns Gemeindemädels diese Geschichte mit dem »sanften und stillen Geist« schon seit frühester Kindheit eingeimpft bekommen haben. Paulus’ Brief an die Christen in Kleinasien dient oft als Abschreckung: für alle christlichen Mädels, deren lästige Fragen in der Sonntagschule nicht willkommen sind oder deren »wilde Art« ihren Müttern Sorgenfalten auf die Stirn treibt.
»Ich bin gespannt, ob du den sanften und stillen Geist schaffst«, schrieb mir eine meiner Leserinnen. »Ich habe es versucht und bin kläglich gescheitert. Aber wahrscheinlich bin ich einfach zu laut, direkt und eigensinnig, um diesem Bild zu entsprechen.«
Eine andere schrieb: »Es ist traurig, dass so vielen starken, begabten, mutigen Frauen eingeredet wird, sie müssten diese gesamte starke Seite ihrer Persönlichkeit auf Eis legen, weil sie sonst nicht sanft und still genug sind. Ich erlebe Frauen, die ihren kleinen Teil der Welt durchaus zum Besseren verändern könnten. Doch sie verharren in dieser Pose der Sanftmut und tun gar nichts.«
Eine dritte Leserin fügte noch hinzu: »Dieser Vers dudelt ununterbrochen in meinem Kopf, und immer denke ich, ich sei nicht gut genug. Bin ich überhaupt fürs Christsein geschaffen?«
Das konnte ich gut nachempfinden. Mein Mann ist geduldig und zurückhaltend. Ich dagegen scheine schon mit tausend Meinungen geboren worden zu sein – und der Begeisterung, diese Meinungen auch kundzutun. Leidenschaftlich, überzeugend und zu Übertreibungen neigend, kommt mir das Informationszeitalter sehr entgegen. Ich blogge, halte Vorträge, schreibe Bücher und twittere. Und ab und zu fragt mich die Nielsen Company, ein Umfrageinstitut mit Sitz in den Niederlanden, oder ein Journalist sogar nach meiner Meinung zu einer bestimmten Frage.
Auf der Suche nach mehr biblischen Worten über sanftmütige Frauen schaute ich ins Buch der Sprüche: eine Sammlung weiser Worte, die uns einige der geistreichsten Bemerkungen, Witze, Lobeshymnen und Gedichte über Frauen bescheren. Die Beschäftigung mit dem Weiblichen sollte nicht weiter verwundern. Schließlich hatte der Autor, König Salomo, siebenhundert Frauen und dreihundert Konkubinen! Zu den mitwirkenden weiblichen Charakteren in den Sprüchen gehören unter anderem die tugendhafte Frau, die törichte Frau, die tüchtige Hausfrau, die Frau, für die man sich schämen muss, Frau Klugheit und Frau Dummheit. Häufige Auftritte hat darin auch die sogenannte »zänkische Frau«, die offenbar genau das Gegenteil von einem sanften und stillen Geist darstellt:
- »Besser in der Wüste wohnen als bei einer zänkischen und zornigen Frau« (Sprüche 21,19).
- »Ein törichter Sohn ist seines Vaters Herzeleid und eine zänkische Frau wie ein ständig triefendes Dach« (Sprüche 19,13).
- »Eine zänkische Frau und ein triefendes Dach, wenn’s sehr regnet, lassen sich miteinander vergleichen: wer sie aufhalten will, der will den Wind aufhalten und will Öl mit der Hand fassen« (Sprüche 27,15-16).
- »Besser im Winkel auf dem Dach wohnen als mit einer zänkischen Frau zusammen in einem Hause« (Sprüche 21,9).
Die zänkische Frau brachte mich auf eine Idee, wie ich vielleicht ein paar von meinen weniger sanftmütigen Angewohnheiten loswerden konnte. Ich beschloss, eine Art Sparschwein einzurichten, in das ich jedes Mal eine Münze stecken musste, wenn ich mich selbst bei einer zänkischen Handlung ertappte. Als zänkisches Verhalten zählte dabei unter anderem auch: Tratschen, Lästern, Nörgeln, Jammern und Klagen, Übertreiben und bissige Bemerkungen. In der Bibel werden bissige Bemerkungen nicht konkret genannt. Aber im Rahmen einer Entscheidung, die ich noch bedauern sollte, fügte ich dieses kleine Laster der Liste als eine Art Dreingabe hinzu. Ich nannte das Ganze mein »Zankschwein«. Außerdem beschloss ich, dass am Monatsende jeder Cent, der in das »Zankschwein« gewandert war, einer Minute entsprach, die ich büßend auf dem Dach verbringen musste. Denn laut dem Buch der Sprüche ähnelt das Leben mit einer zänkischen Frau einem triefenden Dach.
Schon nach den ersten paar Tagen waren in dem »Zankschwein« 26 Cent und ein zerknitterter Notizzettel, auf dem ich die einzelnen Übertretungen notiert hatte:
6.10.10: 1 Cent, bissige Bemerkung darüber, dass Dan offenbar mein erstes Gebot zu Kopf gestiegen ist.
7.10.10: 1 Cent, über das »Zankschwein« gejammert.
7.10.10: 1 Cent, über den Selbstversuch allgemein gejammert.
8.10.10: 5 Cent, über negative Kommentare in meinem Blog geschimpft (vier der fünf Laster waren beteiligt).
8.10.10: 1 Cent, Dan angenörgelt, dass er den Müll rausbringen soll.
9.10.10: 1 Cent – mich darüber beschwert, dass Dan völlig willkürlich auch noch das Fluchen auf meine Lasterliste gesetzt hat.
Allem Anschein nach machen bissige Bemerkungen einen großen Teil meines Humors aus und bin ich eine Person, die viel jammert. Positiv zu bemerken ist aber auch, dass ich anscheinend gar nicht so viel tratsche und lästere – das ist gut, denn das zu unterlassen, verlangt ja auch das neunte Gebot. Klatsch, Tratsch und üble Nachrede werden in der Bibel als überraschend schwerwiegende Übertretung betrachtet. Sie gehören neben Ungerechtigkeit, Schlechtigkeit, Habgier, Bosheit, Neid, Mord, Hader, List, Niedertracht und Gotteslästerung zu den Anklagepunkten, die der Apostel Paulus in Römer 1 gegen die sündhafte Menschheit aufführt. In den Sprüchen gibt es an mehreren Stellen die Warnung vor übler Nachrede. Auch in Paulus’ Briefen an Timotheus geht es oft um die Sorge über Klatsch, Tratsch und Gerede unter Frauen in der Urgemeinde von Ephesus. Paulus schreibt besonders über Frauen in Leitungspositionen: »Ebenso sollen die Diakoninnen vorbildlich leben, keine Klatschmäuler sein, sondern besonnen und in allen Dingen zuverlässig« (1. Timotheus 3,11).
Es war im Übrigen die Sünde der üblen Nachrede oder loshon hara (»böses Gerede«), durch die sogar eine der mächtigsten Frauen Israels zu Fall kam: die Prophetin Mirjam, Schwester des Mose und Leiterin der Anbetung des Volkes Israel. Sie wurde von einer Hautkrankheit befallen, etwas Ähnlichem wie Schuppenflechte, nachdem sie gehässige Bemerkungen über Zippora, die Frau ihres Bruders gemacht hatte, die Kuschiterin war (4. Mose 12,1-16). Wie an dieser Geschichte deutlich wird, brauchte man gar nicht zu lügen, um sich des loshon hara schuldig zu machen. Denn es wurden auch wahre Aussagen als böse betrachtet, wenn sie aus Gehässigkeit oder Boshaftigkeit geäußert wurden. Interessanterweise wurde Mirjams Bruder Aaron nicht bestraft, obwohl er beim Lästern mitgemacht hatte.
Laut Talmud bringt loshon hara drei Personen um: diejenige, die redet, diejenige, die das Gesagte hört, und die Person, über die geredet wird. »Umbringen« mag dem modernen Leser vielleicht ein bisschen übertrieben vorkommen. Aber denken Sie nur einmal an all die zerstörten Freundschaften, ruinierten Karrieren und vereitelten Chancen, die durch Lästern und üble Nachrede von Frauen verursacht wurden. Plötzlich scheint diese heftige Sprache durchaus angebracht, nicht wahr? Jedes Mal wenn wir das Klischee bedienen, dass Frauen nicht miteinander auskommen, richten wir Schaden für das Weiterkommen unseres Geschlechts an. Die Komikerin Tina Fey hat das einmal so formuliert: »Sabotage zwischen Mädels ist die drittschlimmste Verhaltensweise von Frauen.«3
Daran musste ich denken, als ich einen Cent in mein »Zankschwein« warf. Gerade hatte ich eine nicht besonders schmeichelhafte Insiderinformation weitergegeben über eine meiner Erzfeindinnen unter den Autorinnen … und dann noch einmal drei Cent dafür, dass ich über die Existenz des »Zankschweins« gejammert hatte. Ich war wild entschlossen, mit meiner »Dachstrafe« unter zwei Stunden zu bleiben. Aber als dann der 1. November auf der 10-Tage-Wettervorhersage auftauchte, da schaute ich nach, ob ich einen Regenschirm brauchen würde.
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Außerdem fing ich an, meinen Kopf beim Gebet zu bedecken, um mein sechstes Gebot (»Du sollst beim Gebet deinen Kopf bedecken«) zu befolgen. Das Gute daran, ein Projekt wie meines im Oktober zu beginnen, ist, dass Kapuzenpullis und -jacken wunderbar als...