11. Kapitel
Grundbegriffe
I. Wohnungseigentum
Nach dem Gesetz ist Wohnungseigentum das Sondereigentum an einer Wohnung in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehört. Diese Begriffsbestimmung kann man „auflösen“. Der Eigentümer eines Wohnungseigentums, der Wohnungseigentümer, ist von Gesetzes wegen Alleineigentümer des Sondereigentums – und insoweit Sondereigentümer. Im Sondereigentum stehen im Wesentlichen die „Eigentumswohnung“ und teilweise ihre Bestandteile (näher dazu S. 11 ff.). Der Wohnungseigentümer ist von Gesetzes wegen aber auch Miteigentümer des gemeinschaftlichen. Im gemeinschaftlichen Eigentum steht vor allem, aber nicht nur das Gebäude, in dem sich die jeweilige Eigentumswohnung befindet (näher dazu S. 11). Gibt es in der Wohnungseigentumsanlage mehrere Gebäude, ist ein Wohnungseigentümer allerdings auch dort Miteigentümer.
Wohnungseigentum
2Bedeutung des gemeinschaftlichen Eigentums
Ein Wohnungseigentümer wird sich in aller Regel vor allem als Sondereigentümer sehen und auf seine „Eigentumswohnung“ blicken und diese verwalten wollen. Das gemeinschaftliche Eigentum wird häufig in seiner Bedeutung kaum wahrgenommen oder als „notwendiges Übel“ angesehen. Man darf dessen ungeachtet nie vergessen, dass jeder Wohnungseigentümer immer auch Miteigentümer einer Immobilie (der Wohnungseigentumsanlage) ist. In Bezug auf diese hat jeder Wohnungseigentümer eine ganze Reihe von Rechten. Ihn treffen aber auch Pflichten. Jeder Wohnungseigentümer muss beispielsweise Dritten, etwa einem Fußgänger, gegebenenfalls für Mängel des gemeinschaftlichen Eigentums einstehen. Ferner kann jeder Wohnungseigentümer dem Staat in Bezug auf das gemeinschaftlichen Eigentum haften, etwa für Abgaben, oder muss für Baumängel oder für Altlasten einstehen (dazu S. 301 ff.. Schließlich muss sich jeder Wohnungseigentümer grundsätzlich an den Kosten und Lasten des gemeinschaftlichen Eigentums beteiligen, etwa den Kosten des Verwalters (der allein für das gemeinschaftliche Eigentum Aufgaben hat).
II. Wohnungseigentümer
1. Eigentlicher Wohnungseigentümer
Wohnungseigentümer ist, wer zu Recht als Eigentümer eines Wohnungseigentums im Wohnungsgrundbuch (→ Glossar) eingetragen ist. Steht ein Wohnungseigentum mehreren gemeinschaftlich zu, besteht etwa eine Erbengemeinschaft oder gehört das Wohnungseigentum Eheleuten gemeinsam, ist nach herrschender Ansicht jeder von ihnen nicht bloßer Teilhaber eines Wohnungseigentums, sondern Wohnungseigentümer (S. 23).
3Erwerb außerhalb des Wohnungsgrundbuchs
Wohnungseigentümer ist – obwohl es (noch) an einer Eintragung fehlt – auch, wer ein Wohnungseigentumsrecht ersteigert hat oder wer Erbe eines Wohnungseigentümers ist.
2. Werdender Wohnungseigentümer
Wird Wohnungseigentum durch einen Teilungsvertrag (→ Glossar) gebildet, entstehen zeitgleich Bruchteilseigentum (→ Glossar) am gemeinschaftlichen Eigentum (dazu S. 10), die Wohnungseigentümergemeinschaft (S. 20 ff. sowie das Sondereigentum (dazu S. 10 ff. Wird Wohnungseigentum hingegen im Wege einer Teilungserklärung (→ Glossar) begründet, gibt es zunächst nur einen Eigentümer – meist einen Bauträger. Dieser bildet mit sich selbst keine Gemeinschaft. Eine Gemeinschaft entsteht in diesem Falle erst, wenn es neben dem Alleineigentümer einen weiteren Eigentümer der Wohnungseigentumsanlage gibt. Um die Personen, die vom Alleineigentümer ein Wohnungseigentum erwerben, vor seiner Willkür (= seiner Alleinherrschaft) zu schützen und sie zu begrenzen, wird auf sie als „werdende Wohnungseigentümer“ das Wohnungseigentumsgesetz unter den folgenden Voraussetzungen vorzeitig angewandt (die Erwerber werden „quasi-Wohnungseigentümer):
- zwischen (ehemaligem) Alleineigentümer und Erwerber liegt ein gültiger Erwerbsvertrag vor;
- für den Erwerber ist im Wohnungs-Grundbuch eine Auflassungsvormerkung eingetragen;
- der Erwerber hat die Wohnung in Besitz genommen.
Man muss zurzeit davon ausgehen, dass jeder vom (ehemaligen) Alleineigentümer Erwerbende „werdender Wohnungseigentümer“ wird, wenn sich in seiner Person die genannten Voraussetzungen erfüllen. Etwas anderes kann wohl nur für solche Erwerber 4gelten, die „viel später“ als die anderen Erwerber kaufen. Eine Grenze könnten 5 Jahre nach Abnahme des gemeinschaftlichen Eigentums bilden.
Die Mitglieder einer werdenden Gemeinschaft von Wohnungseigentümern haben die gleichen Rechte und Pflichten wie ein „richtiger“ Wohnungseigentümer. Überblick:
- Vereinbarungen: Ein werdender Wohnungseigentümer kann gemeinsam mit dem ehemaligen Alleineigentümer und weiteren (ggf. auch werdenden) Wohnungseigentümern Vereinbarungen treffen.
- Gebrauchsrechte: Einem werdenden Wohnungseigentümer stehen sämtliche Gebrauchsrechte zu.
- Kosten und Lasten: Ein werdender Wohnungseigentümer ist zur Zahlung von Hausgeldern, Sonderumlagen und Zahlungen auf eine Abrechnung verpflichtet.
- Beseitigungs- bzw. Unterlassungsansprüche: Der werdende Wohnungseigentümer besitzt Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche.
- Eigentümerversammlung: Der werdende Wohnungseigentümer ist zu einer Eigentümerversammlung zu laden und besitzt dort sämtliche Rechte.
- WEG-Verfahren: Ein werdender Wohnungseigentümer muss und kann seine Rechte in einem WEG-Verfahren wahrnehmen.
Der „werdende Wohnungseigentümer“ ist sachenrechtlich allerdings noch kein Eigentümer. Seine Gläubiger können also nicht das von ihm erworbene Wohnungseigentumsrecht als Haftungsobjekt zugreifen.
Verkauft nicht der (ehemalige) Alleineigentümer, sondern ein „normaler Wohnungseigentümer“ Wohnungseigentum, spricht man von einem Zweiterwerb. Zweiterwerber bilden, anders als werdende Wohnungseigentümer, mit den bereits eingetragenen Wohnungseigentümern vor ihrer Eintragung keine Gemeinschaft. 5Vor seiner Eintragung im Grundbuch hat der Zweiterwerber weder ein eigenes Stimmrecht noch ein Klagerecht; er schuldet auch kein Hausgeld. Die Haftung des Zweiterwerbers kann sich nur aus seinem Erwerbsvertrag ergeben. Der Veräußerer kann den Erwerber allerdings ermächtigen, seine Rechte als Vertreter wahrzunehmen (dazu S. 6).
3. Bucheigentümer
Wurde jemanden ein Wohnungseigentum übertragen, ist die Übertragung aber gescheitert – ist beispielsweise die Veräußerung des Wohnungseigentums aufgrund eines völlig überhöhten Kaufpreises wegen Sittenwidrigkeit nichtig oder fehlt es an einer Veräußerungszustimmung – spricht man von einem bloßen „Bucheigentümer“.
Der Bucheigentümer ist nicht Wohnungseigentümer, schuldet beispielsweise kein Hausgeld.
4. Kaufverträge
Veräußert man sein Wohnungseigentumsrecht (S. 191 ff., bleibt man bis zur Eigentumsumschreibung dennoch der „Wohnungseigentümer“. Dies gilt auch dann, wenn man nicht mehr oder gar nie in der Wohnungseigentumsanlage gewohnt hat. Bis zur Umschreibung des Eigentums im Grundbuch hat daher der Veräußerer und nicht etwa der Erwerber beispielsweise die Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums zu tragen oder ist zur Versammlung der Wohnungseigentümer zu laden und darf dort abstimmen. Will ein Käufer Rechte als „Wohnungseigentümer“ wahrnehmen, muss ihn der Verkäufer daher dazu ermächtigen. Auf eine solche Ermächtigung – etwa im Kaufvertrag erteilt – sollte der Erwerber unbedingt Wert legen. Nur so kann er in der Wohnungseigentumsanlage Rechte ausüben. Umgekehrt wird der Veräußerer in aller Regel 6mit Übergang des Besitzes darauf achten, dass jedenfalls im seinem Verhältnis zum Erwerber dieser verpflichtet ist, die Kosten und Lasten zu tragen.
Muster Vollmacht des Erwerbers
Ich erteile Herrn und Frau ___ [Name und Adresse] eine Vollmacht, meine sämtlichen Rechte als Wohnungseigentümer in der Wohnungseigentumsanlage ___ [Adresse] und der dortigen Wohnungseigentümergemeinschaft in meinem Namen wahrzunehmen.
Datum
Unterschrift
III. Miteigentumsanteil
1. Begriff
Die Wohnungseigentümer sind Miteigentümer des gemeinschaftlichen Eigentums. Gemeinschaftliches Eigentum ist das Grundstück, das oder die darauf stehenden Gebäude und die wesentlichen Bestandteile des Grundstücks und der Gebäude, soweit daran kein Sondereigentum besteht. Jeder Wohnungseigentümer hat am gemeinschaftlichen Eigentum einen Miteigentumsanteil („MEA“).
Grundbuchblatt
Für jeden Miteigentumsanteil wird von Amts wegen ein besonderes Grundbuchblatt angelegt (Wohnungsgrundbuch, Teileigentumsgrundbuch). Auf diesem werden zwei Dinge eingetragen: Das zum Miteigentumsanteil...