Menschen helfen Tieren
KAPITEL 1
Tier-Kinesiologie
Der Begriff und die Methode Kinesiologie sind inzwischen den meisten schon bekannt, zumindest aus der Anwendung für Kinder, einem Teilbereich, der Übungen beinhaltet, um Konzentration und Zusammenarbeit beider Gehirnhälften zu fördern. Bevor Sie umfangreich über die Anwendungsbereiche der Kinesiologie, vor allem auch für Tier und Tierhalter informiert werden, kurz einige Worte zur Geschichte dieses alternativen Behandlungskonzepts.
Der Begriff Kinesiologie setzt sich zusammen aus dem griechischen Wortstamm „kinesis“, der für Bewegung steht, und „logos“ – die Lehre davon. Ursprünglich hat Daniel David Palmer (1845–1913) aus den USA die Chiropraktik wieder entdeckt, weiterentwickelt und maßgeblich geprägt. Die Chiropraktik ist eine alternativmedizinische Behandlungsform, die versucht, die Beweglichkeit der Gelenke und die Gesundheit des Bewegungsapparates wieder herzustellen. Ein Teil der Chiropraktik ist dem Laien als „Wiedereinrenken von Wirbeln“ bekannt.
Der Amerikaner Dr. George Joseph Goodheart (1918–2008) gilt als „Vater der Kinesiologie“. Er war ebenfalls Chiropraktiker und entdeckte, dass die Ursache einer Verschiebung der Wirbelsäule nicht unbedingt im verkrampften oder spastischen Muskel, sondern in der Schwäche des Gegenspielers liegen kann und dass dies mit dem lymphatischen System zusammenhängt. Er beschäftigte sich mit Akupunkturmeridianen, Massage, sanfter Berührung, Vitaminen usw. und entwickelte eine eigene kinesiologische Richtung, bekannt als „Applied Kinesiology“.
Dr. John Francis Thie (1933–2005), ein Kollege Goodhearts, wollte diese Techniken auch Laien zugänglich machen und entwickelte dafür eine eigene Richtung namens „Touch For Health“. Dieses System ist eine Synthese überlieferter östlicher Heilkunst und moderner westlicher Medizin. Es verbindet Erkenntnisse der Chiropraktik, Akupressur, Ernährungswissenschaft und Kinesiologie. Touch For Health konzentriert sich hauptsächlich auf die Muskel-Meridian-Organ-Energie und korrigiert mit Energiebalancen, meist am Massagetisch liegend, wobei über 40 Muskeln durchgetestet werden. Durch Energieausgleich werden Blockaden im Körper gelöst, körpereigene Heilungskräfte werden aktiviert und vom Körper zur Unterstützung oder Erhaltung der Gesundheit eingesetzt.
Dr. Bruce Dewe, Arzt aus Neuseeland, erweiterte diese Ausbildung auf mittlerem und höherem Niveau und bezeichnete dieses ausschließlich den Professionisten zugängliche Behandlungsmodell „Professional Kinesiology“.
Dr. Paul Dennison, Pädagoge und Experte für Gehirndominanzmuster aus den USA, der sich mit der Erforschung der Kommunikation zwischen linker und rechter Hemisphäre beschäftigte, entwickelte Techniken zur Verbesserung der Lernfähigkeit und des Gedächtnisses. Diese Kinesiologie-Richtung wird als „Educational Kinesiology“ bezeichnet. Die „Überkreuzbewegungen“ oder die „Denkmütze“ (das Massieren der Ohren) aus „Brain Gym“ sind vielen ein Begriff und werden in so manchen Schulklassen zur Konzentrationsförderung eingesetzt. „Brain Gym“ ist das Herzstück der „Edu-K“ und umfasst eine Serie von Bewegungen, die dazu konzipiert sind, Zustände entspannter Aufmerksamkeit für Spitzenleistungen hervorzubringen. Einige Übungen verteilen die Energie neu, andere bringen rechte und linke Gehirnhälfte wieder in Balance. Bei „Edu-K“ werden durch den Muskeltest elektrische Störungen herausgefunden, durch die falsche oder schwache Signale vom Gehirn an den Körper ausgesendet werden. Solche Ungleichgewichte können durch bestimmte Augenbewegungen oder Kopfhaltungen verursacht werden. Korrigiert wird mit Lateralitätsbahnung (Überkreuzbewegungen), Brain-Gym-Übungen und dem Setzen von Zielen.
Gordon Stokes (1929–2006), früherer Direktor der Touch For Health Foundation, Daniel Whiteside (1933–2013), Verhaltensgenetik-Forscher und Candace Callaway (1949–2005), alle drei aus den USA, gründeten 1983 eine Richtung der Kinesiologie, die sich speziell mit der emotionalen und psychischen Komponente befasst und nannten diese Methodik „Three In One Concepts“. Diese Bezeichnung „drei in einem“ spiegelt wider, dass die Theorie von der Links-rechts-Aufteilung und -Integration des vorderen Gehirns inzwischen erweitert wurde auf die Unterscheidung und Integration von Vorder- und Hinterhirn. Wenn jemand emotionalen Stress erfährt, wird nicht die gesamte Kapazität des Gehirns genutzt. Wird dieser Stress aufgelöst, arbeitet das ganze Gehirn wieder als integrierte Einheit – daher auch die Bezeichnung „One Brain“ (ein Gehirn). Hierbei wird durch einen Indikatormuskel (meist am Unterarm) der ungelöste emotionale Stress sowie die negativen Glaubensmuster herausgefunden. „Three In One“-Techniken konzentrieren sich auf Klärung emotionaler Traumata, um die Fähigkeit wiederherzustellen, eine Wahl im Leben treffen zu können – unbelastet von früheren negativen Erfahrungen.
Die Korrekturen werden aus einem breiten Spektrum von Stressablösungstechniken ausgewählt, die dazu dienen, die Negativität sanft aus Geist und Körper zu entfernen. Mit der Altersrezession wird das Alter der Ursache eruiert, in dem das Ereignis stattfand, das nun Stress auslöst. Auch wenn Personen sich nicht mehr bewusst erinnern können, kann der Stress bearbeitet werden, da der Stress im „Muskelgedächtnis“ als Zellerinnerung gespeichert ist. Durch Muskeltesten wird weiters festgestellt, auf welcher Ebene der Stress erfahren wird – bewusst, unterbewusst oder körperlich. Eine weitere wichtige Komponente dieser Kinesiologie-Richtung bildet das „Verhaltensbarometer“, eine Wörterliste mit negativen und positiven Affirmationen.
Ich selbst durfte im Laufe meiner umfassenden kinesiologischen Ausbildung sowohl Gordon Stokes als auch Daniel Whiteside persönlich kennenlernen. Beide „brannten“ für ihre Sache und gaben ihr umfangreiches Wissen und die eigene Begeisterung in ihren Kursen an uns Teilnehmer/innen weiter. Inzwischen wurden sehr viele weitere kinesiologische Richtungen mit verschiedenen Schwerpunkten entwickelt.
KINESIOLOGISCHER MUSKELTEST
Egal welche kinesiologische Richtung man bevorzugt, der Muskeltest ist das Instrument, das überall verwendet wird. Die Art zu testen unterscheidet sich etwas und vor allem die Anzahl der Muskeln, die dabei befragt werden, aber grundsätzlich ist das Testen von Muskeln auf Stärke oder Schwäche das grundlegende Element der Kinesiologie.
Zum besseren Verständnis ein anschauliches Beispiel: Stellen Sie sich vor, jemand ruft Sie an und teilt Ihnen eine schreckliche Nachricht mit. Was passiert dabei mit Ihrem Körper? Je nach Intensität Ihrer Gefühle aufgrund dieses Telefonats wird sich Ihre Körperspannung verändern. Sie halten möglicherweise kurz die Luft an, atmen flach. Dadurch verspannen sich einige Muskeln. Andere wiederum geben nach, Sie sinken in sich zusammen, Ihr Kopf und Ihre Schultern senken sich, Ihre Knie werden schwach, vielleicht müssen Sie sich sogar hinsetzen. Das Ganze geschieht in Sekundenschnelle. Das heißt, der Körper reagiert auf das Gehörte, da es mit Emotionen verknüpft wird. Der Körper schüttet Hormone aus, um das Ungleichgewicht auszugleichen und den Körper möglichst stabil zu halten.
Zusammenfassend lässt sich sagen: eine Information, ein Wort, ein Satz lösen im Körper Reaktionen aus. Diese Tatsache macht sich die Kinesiologie zunutze und verwendet daher das Testen eines Muskels als Indikator, das heißt als Anzeiger. Nicht immer ist die Reaktion des Körpers so offensichtlich wie im erwähnten Beispiel. Sehr viel öfter geht sie sehr subtil und weitgehend unbemerkt vor sich. Der Kinesiologe testet daher die Reaktion Ihres Muskels auf ein bestimmtes Wort, eine Situation, eine Substanz und so weiter. Dies gibt Aufschluss darüber, was Sie stärkt (Ihnen nicht schadet oder neutral ist) oder was Sie schwächt (Ihnen schadet).
Zusammenfassend lässt sich sagen: eine Information, ein Wort, ein Satz lösen im Körper Reaktionen aus.
Aufbauend auf dieser Muskel-Antwort ergibt sich die nächste Frage, eine durchzuführende Übung oder Intervention. Ziel der kinesiologischen Sitzung ist es, die Stress-Reaktion auf ein Thema, Ereignis oder eine Substanz zu minimieren, sodass der Muskeltest danach neutral reagiert anstatt eine Schwächung anzuzeigen. Der Muskeltest ist somit ein sanftes und effektives Instrument jeder kinesiologischen Arbeit. Er stellt das Biofeedback des Körpers dar, durch das wir eine sehr verlässliche Aussage des Körpers erhalten, um Hintergründe der bestehenden Probleme zu erfassen. Der Muskeltest zeigt an, ob ein bestimmtes Thema oder Stoff Stress für das...