Charaktere im Fußball
Im Fußball zeigt sich der Charakter eines Spielers, eines Trainers, einer Mannschaft und eines Vereins in seiner Kultur sehr schnell. Erfolgreiche Vereine haben auch eine Erfolgskultur, scheuen keine Diskussionen, um wertvolle Entwicklungen voranzutreiben und um Erster zu sein, in allen Bereichen. Das zeichnet in Deutschland den FC Bayern München aus.
(unbewusst) | = | (Persönlichkeit) |
Gen-Code | Identität | Tägliches |
+ Neurobiologi- | (Familie/Kultur/Werte) | Standing |
sche Systeme, u.a. | Auch: Fußball Club Iden- | Authentizität |
das Limbische | titäten, Vereinskultur | Autorität |
System | samt Führungsstil | Wille |
+ Emotionen | | Einsatzbereit- |
+ Wahrnehmung | Innere Überzeugungen | schaft |
+ Hauptziel: | Motivationen & Glau- | Leidenschaft |
Überleben/ | benssätze, z.B. Glauben | Neugier + Lern- |
+ Die Natur in | Training/Kompeten- | |
uns | zen/Talent | Typische Denk- |
+ ggf. aktivierte | Leistungsbereitschaft | und Verhal- |
Traumainformati- | Erfahrungen & Bewer- | tensweisen |
Familie oder von | Erziehung und Familie | |
Trainern | Ziele und Intentionen | |
Ob man nur nun Bayern Fan ist, oder nicht. Das unterscheidet sie immens von weniger erfolgreichen Vereinen. Das gilt für Trainer und Spieler genauso.
Gedanken über die richtige Technik, Reaktionen bei Erfolg oder bei Misserfolg, Zuversicht auf die nächste Aktion nach einem Fehlpass/Fehlschuss, Selbstwirksamkeitsüberzeugungen, das Miteinander und vor allem Gefühle und Emotionen.
Der Charakter eines Menschen ist kein Zufall. Neben genetischen Anlagen und das persönliche Wahrnehmungssystem bestimmen die Erziehung und die Bewertung von Lebensereignissen den Charakter. Das vorherige Schaubild „Charakterformel“ vermittelt zentrale Elemente in der Mentalitätsentwicklung eines Menschen. Eine Basis des individuellen Mentalprogramms wird durch den Gen-Code samt einschneidende emotionale Generationserfahrungen in die direkt nächste Generation gelegt. Des Weiteren ist es das Reich des Unbewussten. Es agiert in rasender Geschwindigkeit und kann nach aktueller Forschungslage Informationen mit 10-14 Mio. Bits pro Sekunde aufnehmen und verarbeiten. Zur Informationsaufnahme und Verarbeitung eines Spiels oder Spielszene nutzt das Gehirn fünf Sinne, Emotionen und kombiniert es mit vorherigen Erfahrungen und stabilisierten Prozessen, die wir als das SELBST bezeichnen. Alle Wörter die mit „Selbst“ beginnen, sind Teil dieses Systems. Durch Automatismen und durch ständiges Training und Spielen wird das Können effektiver und verfeinert. Im Gesamtkontext spricht man von Talent: fußballerisch, taktisch, technisch, athletisch, mental. Talente sind hochgradige leidenschaftlich wiederholte Automatismen, welche benötigt werden, um viel Zeit und Energie zu sparen.
Das Ziel eines jeglichen Lernprozesses: Überleben durch Spezialtalente.
Kombiniert wird das Selbst mit dem EGO, dem ICH eines Menschen. Das EGO eines Spielers ist der stärker akzentuierte bewusste Part. Gesteuert und geprägt wird das Ego u.a. durch Identität, durch innere Überzeugungen (Werte/Glaube) und die Art und Weise, wie man Erfahrungen auswertet (u.a. durch Eltern und Trainern erlernt). Durch Training und Erfahrungen wird das Ego wie das Selbst durch unsere Umwelt gesetzt, verändert, motiviert, stabilisiert und geprägt. „Ich bin…“, „Ich glaube, …“, „Ich bin davon überzeugt, …“ „Das ist meine Kultur/Herkunft! So bin ich aufgewachsen!“ In Sprache des FC Bayern „Mia san mia!“ Oder in Sprache des CF Barcelona heißt es: „Mes que un Club!“
Unser Bewusstsein gibt uns die Möglichkeit, Strategien und Motive zu verändern und uns darüber auszutauschen. Mentales Training hilft dabei, uns richtig einzustellen. Das Ego können wir jederzeit inhaltlich verändern, wenn eine andere Strategie und Überzeugung sich als besser und effektiver erweist. Dazu müssen wir es aber wollen und dazu möglichst aus dem Inneren intrinsisch motiviert sein: Das ist mein Spiel, das kann ich, das motiviert mich, das ist meine Position. Extrinsische Motive helfen natürlich auch, sind aber nicht so nachhaltig.
Es benötigt eine gewisse Übungszeit und Versuche, bis das Neue sich automatisiert und positiv emotionalisiert hat. Das Anlegen oder das Verändern neuer Netzwerke im Gehirn braucht seine Zeit, bis sich die neue Technik gut und sicher anfühlt oder die neue Taktik Gewohnheit geworden ist, bis die neue Siegstrategie greift. Wir erinnern uns: „Langsam ist fließend! Fließend ist schnell!
Das Bewusstsein ist wesentlich langsamer in der Verarbeitung. Es kann lediglich Informationen mit 40-100 Bits pro Sekunde aufnehmen und bewerten. Darum erleben wir Denken als anstrengend und ermüdend. Umso automatisierter und selbstvertrauter Spieler agieren können, umso Energie sparender und erfolgreicher können sie Fußball spielen und die Taktik umsetzen.
Der Charakter und sein eigenes individuelles Fußballspiel ist folglich die erlebnisreiche Summe aus dem Prozess des Selbst und des Ego´s. „Dieses Fußballspiel ist typisch für mich!“ Die Persönlichkeit sollte möglichst authentisch, ausbalanciert mit seinen Talenten und Stärken agieren. Hier zeigt sich der persönliche Grad an Ehrgeiz, Wille, Neugier, Motiven und Leidenschaft.
Persönlichkeiten in systemischer Interaktion
Die Bildung eines Charakters ist komplex und von vielen Faktoren abhängig. Die Natur hat es so eingerichtet, weil der Mensch in keinem Wahrnehmungssystem spezialisiert und stark ausgeprägt ist. Zudem überleben wir als Gruppe und die Reaktion auf Umweltbedingungen. Unsere Wahrnehmungssysteme sind eher verkümmert. Deshalb sind wir in gewisser Weise Allrounder und Spezialist zu gleich. Aber, wir überleben durch das Teamplay. Was ich nicht habe, hat der andere. Mit einer sinnvoll wirkenden Hauptstrategie plus möglichen Optionen gelingt in Koordination das Teamplay. In der Mannschaft wie in jedem selbst. Um diese Interaktion zu erleichtern, hat jeder einen Charakterkern, aber auch weitere Eigenschaften. So kann der Mensch in der Gruppe emotional wie in den Überzeugungen andocken und sich gegenseitig stärken. In einem gewissen Bereich verändert man sich stetig, aber nie komplett, um Energie zu sparen. Veränderungen kosten viel Energie: hohe Trainingsleistungen ist für einen neuen Automatismus erforderlich. 180 Grad-Veränderungen sind eher der Ausdruck, dass ein Mensch zu seinem wirklichen und ursprünglich geprägten Charakterkern zurückgekehrt ist. Das erlebt jeder Fußballer, wenn er nicht sein Spiel spielt bzw. ein anderer Trainer wieder sein Spiel spielen lässt. Manche erleben es als Befreiung.
Prof. Dr. Julius Kuhl, ehemals Universität Osnabrück, hat eine sehr interessante neurobiologisch, neuropsychologisch orientierte Theorie entwickelt, um die Bildung von Persönlichkeiten zu erklären. Die PSI-Theorie. PSI steht für Persönlichkeits-System-Interaktion. Durch die Interaktion von verschiedenen Wahrnehmungs-, Emotions- und Motivsystemen bilden und verändern sich Charaktere. Durch eine möglichst optimale Interaktion ergibt sich ein mentales wie emotionales Spiel von Charaktereigenschaften. So können wir Handlungen bewusst steuern, hemmen oder stärker aktivieren, Motive und Ziele setzen und verändern. Was im Fußball auch erforderlich ist, u.a. um zu wissen, wann spiele ich mit Druck, wann nehme ich Tempo raus. Je nach Ausprägung der einzelnen Systeme entsteht eine innere Hierarchie, die uns typisch emotional und mental handeln lässt. Die Alternativen des Lebens machen den Prozess kompliziert. Was ist erlaubt? Was wird von Eltern...