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Migration und schulische Mehrsprachigkeitsförderung in Schweden und Deutschland

Ein Vergleich der schulischen Sprachbildungsmaßnahmen im Bereich des Zweitspracherwerbs

AutorKevin Niehaus
VerlagGRIN Verlag
Erscheinungsjahr2012
Seitenanzahl118 Seiten
ISBN9783656321347
FormatPDF/ePUB
Kopierschutzkein Kopierschutz/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis29,99 EUR
Examensarbeit aus dem Jahr 2012 im Fachbereich Didaktik - Deutsch - Deutsch als Fremdsprache, Note: 1,3, Universität Duisburg-Essen (Deutsch als Zweitsprache/Deutsch als Fremdsprache), Sprache: Deutsch, Abstract: 'Mehrsprachigkeit ist heute die Grundlage für soziale Integration, für wirtschaftliche Erfolge in einer globalisierten Welt, für das friedliche Zusammenleben der Völker und damit für de Zukunftsfähigkeit einer Gesellschaft.' Die Examensarbeit befasst sich in Anbetracht der Diskussion um Sprachförderung sowie Sprachförderungsmaßnahmen im deutschen als auch schwedischen Bildungs- bzw. Schulsystem. Dabei sollen mögliche Impulse des ehemaligen skandinavischen Bildungsvorreiters auf Übertragbarkeit bzgl. des deutschen Bildungssystem genauer überprüft werden. Insbesondere wird dabei auf den Vergleich von Sprachfördermaßnahmen im Zweitspracherwerb von Kindern mit Migrationshintergrund abgezielt.

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Leseprobe

2. Migration und Einwanderung in Schweden


 

2.1. Migrationsentwicklung im Überblick


 

Bevor es um die Darstellung der schwedischen Migrationsentwicklung im historischen Verlauf geht, muss vorab geklärt werden, was genau unter dem Migrationsbegriff verstanden wird. Schlägt man diesen Begriff nach, so lassen sich unterschiedlichste Formulierungen finden. Trotz verschiedenster Ausführungen ist allen Definition gemeinsam, dass unter Migration die Wanderung von Individuen bzw. Gruppen im geographischen oder sozialen Raum innerhalb oder zwischen Ländern[4] verstanden werden kann. Dies führt zu der Schlussfolgerung, dass der Begriff der Migration sowohl die Einwanderung (Immigration) als auch die Auswanderung (Emigration) in ein Land umfasst. Somit stellt jeder Einwanderer auch gleichzeitig einen Auswanderer dar. Das Migrationsverket[5] verwendet den Begriff der Migration relativ universell, d.h. neben der Verwendung für erzwungene Wanderungen oder Übersiedlungen (Vertreibung bzw. Flucht) wird auch im Kontext von Umzügen oder aber bei freiwilligen Wanderungen (bspw. aus arbeits- oder familiären Gründen) von Migration gesprochen.

 

Im Folgenden sollen die vier wichtigsten Phasen der schwedischen Migration in ihren Grundzügen dargestellt werden.

 

2.1.1 Vom Auswanderungs- zum Einwanderungsland


 

Wie Grafik 1 des Anhangs bereits erkennen lässt, stellt Schweden seit dem späten 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts mitunter einen Hauptausgangspunkt transnationaler Migrationen dar.[6] Ein halbes Jahrhundert (1865-1925) war Schweden vor allem durch starke Emigration geprägt und stellte somit eher ein Auswanderungsland dar.[7] Gründe der hohen Auswanderungsbewegungen waren unter anderem Armut, fehlende Zukunftsperspektiven aber auch politische Restriktionen. Die im Vergleich zu Deutschland später einsetzende Industrialisierung[8] Schwedens und der starke Bevölkerungszuwachs im 19. Jahrhundert, welcher sich vor allem in den ländlichen Regionen vollzog[9], führte unumgänglich zu einer erhöhten Anzahl an Landlosen. Ein weiterer Effekt des Bevölkerungsanstiegs bezog sich auf den Arbeits- und Wohnungsmarkt. Dieser befand sich mehr und mehr in einem Ungleichgewicht, welches sich durch eine erhöhte Nachfrage bei gleichzeitig konstant bleibendem Angebot deutlich machte. Die Situation in Schweden stellte sich demnach insgesamt als äußerst schwierig dar.

 

Dem gegenüber stand das Angebot Amerikas, das durch den Homestead Act[10] die Möglichkeit bot, Land zu relativ geringem Preis zu erwerben. Dies erschien der erhöhten Nachfrage der schwedischen Bevölkerung nachzukommen, so dass um 1880 regelrecht von einer Aufbruchstimmung der schwedischen Jugend gesprochen werden kann. Wie die Grafik zu Beginn des Kapitels zeigt, gab es ab 1880 zahlreiche Auswanderungswellen, welche ihren Höhepunkt in den Jahren 1881/1882 sowie 1887/1888 erreichten. Auch hier spielten wieder sozial-gesellschaftliche Faktoren eine Rolle, so dass durch die landwirtschaftliche Krise Schwedens das Angebot Nordamerikas zunehmend attraktiver wurde, ln der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts emigrierten durchschnittlich 20% der geborenen Männer und 19% der Frauen nach Amerika. Auch nach dem ersten Weltkrieg setzte sich die Auswanderung, jedoch auf niedrigerem Niveau, fort. Nachdem sich die Lebensbedingungen in Schweden durch die voranschreitende Industrialisierung verbesserten, wurde die Attraktivität Nordamerikas auch durch den Börsencrash zu dieser Zeit geringer. Ungeachtet dessen muss angemerkt werden, dass die bis dahin in Schweden verbliebenen Bürger von der hohen Auswanderung ihrer Mitmenschen vorerst profitierten. Dies liegt vor allem an den sich dadurch verbesserten Lebensbedingungen (weniger Menschen bedeutet mehr Land und Arbeitsstellen zur Verfügung).[11]

 

Der zweite Weltkrieg veränderte die Situation Schwedens ungemein. In Bezug auf die Migration hat sich das Land seitdem vom Auswanderungsland zum Einwanderungsland entwickelt. Nilsson führt in seiner Darstellung dazu aus, dass Schweden seit 1930 eine größere Ein- als Auswanderungsrate besitzt.[12] Trotz der Größe der Immigration von 2,4 Millionen Menschen stehen dieser im Vergleich immer noch die 1,4 Millionen Emmigranten nach dem zweiten Weltkrieg gegenüber. Aufgrund der intransparenten Landesstatistiken, kann die Größe der im Ausland lebenden Schweden laut des statistischen Zentralbüros auf rund 300.000 nur geschätzt werden.

 

2.1.2 Einwanderung vor und während des zweiten Weltkriegs


 

Der starke Einfluss der deutschen Wirtschaft auf die Einwanderung Schwedens zeigte sich bereits seit dem 13. Jahrhundert. Durch die Vereinigung einiger Handelsstädte (die deutsche Hansa) im Rahmen des Ostseehandels, folgte eine größere Immigration der so genannten Hansadeutschen in den Großraum Schwedens, welche somit als erster zielbewusster Zuzug von Ausländern betrachtet werden konnte und unter anderem auch zu Sprachmischungen beider Sprachen führte.[13] Seit dem 16. Jahrhundert wandelte sich die Einwanderungsstruktur in ihrer Zusammensetzung und wurde zunehmend durch Immigranten anderer Länder bestimmt.[14] Die zu dieser Zeit ebenfalls zugezogenen schwedisch als auch finnisch sprechenden Finnen wurden dabei nicht als Ausländer angesehen.[15] Das 17. und 18. Jahrhundert wird in der Literatur oftmals als kosmopolitische Epoche der schwedischen Großmacht bezeichnet. Dies liegt vor allem an dem damaligen Anwerben von ausländischen Studenten und Wissenschaftlern, so dass die sozial-kulturelle aber auch die wirtschaftliche Elite des Landes internationale Merkmale aufwies.[16] Trotzdem zeigte sich eine doch eher homogene Bevölkerungsstruktur bis weit ins 18. Jahrhundert hinein.[17]

 

Das 19. Jahrhundert war vor allem durch die sukzessive Entwicklung des schwedischen Nationalstaats geprägt. Diese Entwicklung führte zunehmend zu einer stärkeren Integration, die mitunter an die Suche nach der schwedischen Identität gekoppelt war. Die historischen Ereignisse des 19. Jahrhunderts[18] haben die Migrationsströme nach Schweden konstituiert.[19] Die stetig fortschreitende Industrialisierung des Landes sowie die wirtschaftliche Liberalisierung erleichterten seit 1860 die Einreise ins Land. Zum Aufbau der schwedischen Industrie wurden vor allem Ingenieure und anderes hochausgebildetes Fachpersonal aus Großbritannien und Italien angeworben. Die Arbeiterschaft bestand jedoch zu größten Teilen aus der schwedischen Bevölkerung.[20] Vergleicht man die Darstellung und Beschreibung der Einwanderung Schwedens mit den Zahlen der Statistiken, so zeigt sich, dass die Einwanderung allein zahlenmäßig eher dünn besiedelt war. Dies zeigte die vom Statistischen Zentralbüro durchgeführte Volkszählung im Jahr 1910. In der Auswertung wurde davon gesprochen, dass Schweden im europäischen Vergleich zu dieser Zeit mitunter die niedrigste Anzahl an Einwanderem bzw. Fremden aufgenommen hat. Auf der Suche nach möglichen Erklärungen wurde oftmals die geografisch abgeschiedene Lage genannt.[21]

 

Die Zeit während des zweiten Weltkriegs stellte für Schweden eine Umbruchsituation dar. Das Land entfernte sich von seiner noch zu Beginn des Krieges postulierten Neutralität gegenüber Deutschland und versuchte sich zunehmend zu öffnen. Dazu gehörte die Aufnahme von Flüchtlingen der umgebenden skandinavischen sowie baltischen Länder. Da sich Schweden 1939-1945 nicht selbst im Krieg befand, wollte das Land allmählich die alte Sympathie bei den westlichen Großmächten wiederherstellen. Somit wuchs die norwegische Flüchtlingsgemeinschaft bis zum Ende des Kriegs auf 40.000 Menschen an. Weiterhin konnten im Jahr 1944 ebenfalls 25.000 Esten in Schweden Schutz finden, wobei sich auch hier vermutlich die gleiche Intention der Wiedergutmachung verbarg.[22] Die bereits angesprochenen Flüchtlinge aus den umgebenden nordischen Ländern blieben nur temporär während der Kriegsjahre 1940-1945 in Schweden und fanden kurz nach Kriegsende in ihre Heimatländer zurück. Da diese Flüchtlinge nie offiziell in Schweden gemeldet waren, zeigen auch die amtlichen Statistiken keine Eintragungen zu diesen auf. Anders sieht es dagegen bei der traditionellen Migration aus, die bereits relativ kurz nach dem Krieg zwischen den skandinavischen und baltischen Ländern begann, so dass viele in Schweden gebliebene baltische Flüchtlinge als Immigranten später amtlich aufgenommen wurden. Auch die Immigrationsbewegungen aus Deutschland sowie Polen nahmen nach den Kriegsjahren zu, da in Schweden zu dieser Zeit eine hohe unbefriedigte Nachfrage nach ausgebildeten Fachkräften bestand.[23]

 

2.1.3 Einwanderung ab 1945


 

Wie bereits im vorherigen Unterkapitel aufgezeigt, gab es in Schweden nach dem zweiten Weltkrieg einen starken Mangel an fachlich gut ausgebildeten Arbeitskräften, der letztlich auf die hohe Zahl der Auswanderer zurückgeführt werden kann. Währenddessen in den 1950er Jahren Zuwanderer aus den benachbarten skandinavischen Ländern den größten Teil der Immigranten ausmachten, waren es in den 1960er Jahren vor allem angeworbene Arbeitskräfte aus Jugoslawien, Griechenland und der Türkei.[24] Den in den 1960er Jahren gestiegenen Immigrantenzahlen[25] folgte

 

„ein weiterer Höhepunkt [...] zwischen 1968 und 1970, als insgesamt 166.000 Ausländer [...] nach Schweden...

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