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E-Book

Müssen wir unsere Kinder erziehen? Antipädagogik - Positionen und Kritik

AutorMagdalena Wendt
VerlagBachelor + Master Publishing
Erscheinungsjahr2015
Seitenanzahl36 Seiten
ISBN9783956849664
FormatPDF
KopierschutzWasserzeichen/DRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis12,99 EUR
'Erziehung in jeder Form ist Kindesmisshandlung'. Diese Aussage stammt von einem der bekanntesten Vertreter der Antipädagogik. Ekkehard von Braunmühl schrieb 1975 sein Buch 'Antipädagogik - Studien zur Abschaffung der Erziehung' und löste damit eine Welle sehr konträrer Meinungen von Begeisterung bis Entrüstung aus. 'Wir können nicht nicht erziehen' verwehrten sich die Pädagogen gegen die antipädagogischen Thesen. In diesem Buch geht es um diese Frage: Müssen oder sollen wir erziehen oder können Kinder selbstbestimmt ohne Erziehung leben? Zunächst wird der Erziehungsbegriff betrachtet. Dann werden die verschiedenen Positionen der Antipädagogen und der Pädagogen gegenübergestellt. Es geht um die unterschiedlichen Menschenbilder, die beiden Richtungen zugrunde liegen. Wichtige Vertreter beider Lager kommen zu Wort, um letztlich die Frage zu beantworten: Lohnt sich die Auseinandersetzung mit der Antipädagogik?

Magdalena Wendt, Dipl.-Päd., wurde 1979 in Erfurt geboren. Ihr Studium der Erziehungswissenschaften an der Martin-Luther-Universität in Halle/ Saale schloss die Autorin im Jahre 2002 mit dem akademischen Grad des Diploms erfolgreich ab. Immer auf der Such

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Leseprobe
Textprobe: Kapitel 2, Antipädagogik - Ursprung und Verlauf: 2.1, Definition des Begriffes Antipädagogik: Unter dem Begriff 'Antipädagogik' versteht man eine 'in den letzten Jahren aufgekommene Protestströmung in der Pädagogik, welche die gegenwärtige Gesellschaft als 'Erziehungsgesellschaft' abqualifiziert und ihr pädagogischen Totalitarismus vorwirft. Dieser werde von den Erwachsenen veranstaltet, weil sie die Kinder lediglich beherrschen wollen. Erziehung sei dabei bloße Manipulation. Sie entfremde die ihr unterworfenen Kinder von sich selbst und gerate nicht selten zu einem bloßen Behandlungsterror. Demgegenüber tritt die Antipädagogik für die spontane Selbstbestimmung der Kinder ein. Erziehung wird als freiheitlicher Umgang zwischen Subjekten begriffen, wobei auf ein technologisches Machenwollen verzichtet wird' (Meyers Kl. Lexikon 1988, S.44). 2.2, Geschichte der Antipädagogik: Vorläufer dieser Erziehungskritik findet man bereits in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts in den USA. Dies war eine Zeit, die für Proteste und Forderungen nach Gerechtigkeit, Freiheit und Gleichheit in der Gesellschaft stand. ILLICH eröffnete zu dieser Zeit die Debatte über das 'institutionalisierte Schulwesen' (LENZEN 1989, S.89). Es kam zu einer Forderung nach einer 'Entschulung der Gesellschaft' (ebd.). Diese Forderung richtete sich nicht gegen das Lernen, sondern gegen die Lehrinstitution Schule. Das Lernen selbst sollte gefördert werden. Die Verantwortung dafür sollte der Lernende und nicht die eigens eingerichteten Institutionen tragen. Seit der Zeit ist das Thema des institutionellen Rahmens in vielen Beiträgen der Antipsychiatrie zu finden. MANNONI und KUPFFER untersuchten daraufhin die Abläufe in pädagogischen Einrichtungen und leiteten 'von der Antipsychiatrie zur Antipädagogik' (ebd.) weiter (vgl. ebd., S.89). Auch die Kinderrechtsbewegung (Children`s Rights Movement) der 70er Jahre ist eine wichtige Basis der Antipädagogik. Sie entstand in Anlehnung an die Bürgerrechtsbewegung. Ihre Vertreter (z.B. HOLT) waren der Meinung, dass Kinder unterdrückt werden, da sie (wie auch andere Bevölkerungsgruppen- Frauen, Schwarze) in ihren Grundrechten beschnitten werden. Die deutsche Antipädagogik kritisierte nicht mehr einzelne Punkte der Erziehung. Sie unterzog die gesamte Erziehung einer grundlegenden Kritik und forderte deren Abschaffung. Bedeutende Vertreter sind v. BRAUNMÜHL, MILLER, RUTSCHKY und v. SCHOENEBECK. Pädagogen fühlten sich durch diese Meinungen herausgefordert und begannen sich in den 80er Jahren mit der Antipädagogik auseinanderzusetzen (vgl. ebd., S.89 f.). Da sich die Antipädagogik nicht durchsetzen konnte, ist es in den vergangenen Jahren verhältnismäßig ruhig um sie geworden. Heute macht sie kaum noch von sich reden. 2.3, Ursprung der Antipädagogik: ROUSSEAU: Der Ursprung der Antipädagogik geht zurück bis auf ROUSSEAUS Idee der Erziehung als Wachsenlassen. Diese 'negative Erziehung' hat er in seinem Roman 'Emile' auf den Punkt gebracht. ROUSSEAU geht von der Grundannahme aus, dass der Mensch von Natur aus gut ist, jedoch durch bestimmte gesellschaftliche Einflüsse zum Bösen erzogen werde. Sein Erziehungsziel lautet daher, Kinder nicht auf gesellschaftliche Positionen und Rollen hin zu erziehen, sondern sie zuerst 'zu Menschen 'zu machen'' (KRON 1991, S.202). Es ist deutlich ein Zusammenhang zwischen Erziehung und Gesellschaft zu erkennen. 'Wenn aber erkannt wird, daß die gesellschaftlich markierten Ziele der Erziehung an dem Wesen des Menschen, nämlich seiner Natürlichkeit und dem Drang, das Gute zu tun, vorbeigehen, dann muß sich Erziehung in die Reservation begeben, es sei denn die Gesellschaft verändert sich im Sinne der neuen Ethik der Natur' (ebd., S.202). Da ROUSSEAU aber selbst nicht an eine Veränderung der Gesellschaft glaubte, ließ er seinen Emile abgeschieden von der damaligen Gesellschaft aufwachsen. Er fordert, dass die innere Entwicklung des Kindes im Mittelpunkt der Erziehung steht, und dass der Erzieher daher von Anfang an auf die Bedürfnisse und Äußerungen des Kindes zu schauen habe. Der Erzieher soll seine Erziehung an den Bedürfnissen der Kinder ausrichten. 3, Positionen zur Erziehung: Im Folgenden sollen nun kurz die Positionen von drei Vertretern der Antipädagogik zum Thema Erziehung dargestellt werden. Anschließend werden sich die Pädagogen dazu äußern. Dies soll einen ersten Einblick in die Thematik der Arbeit geben. In Punkt fünf und sechs werden die Ansichten dann noch einmal ausführlich und differenzierter beschrieben. 3.1, Die antipädagogische Grundposition: BRAUNMÜHL sieht die Erziehung als ein Machtausüben der Erzieher über die Kinder. Der Erzieher zwingt dem Kind seinen Willen auf. Er unterstellt dem Kind eine 'Erziehungsbedürftigkeit' (LENZEN 1989, S.90). BRAUNMÜHL ist der Meinung, dass beim Kind keine Erziehungsbedürftigkeit, sondern eine Lernbedürftigkeit vorliegt. Lernen sei jedoch ein vom Kind selbstgesteuerter Prozess. Im Gegensatz dazu wird Erziehung vom Erwachsenen bestimmt. Hier liegt die Macht des Erziehers über das Kind (vgl. ebd., S.90). MILLER bezeichnet Erziehung als Manipulation. Sie geht von der Bedürfnisstruktur des Kleinkindes aus und meint, dass das Kind in seiner Persönlichkeitsentwicklung darauf angewiesen ist, dass es in seinem gesamten Verhalten von seiner direkten Umgebung akzeptiert wird. Dies wird aber durch Erziehung unmöglich. Das Kind lernt frühzeitig, dass es nicht so sein darf, wie es will. Es lernt, dass es nur Wünsche und Meinungen äußern darf, die das Erziehungskonzept vorsieht. Die anderen werden verdrängt und führen später dazu, dass sie als Erwachsene ihre Kinder genauso behandeln werden (vgl. ebd., S.91). SCHOENEBECK sieht jenseits von Erziehung eine Freundschaft mit Kindern. Er lehnt es ab, für die Entwicklung und für das Wohlergehen der Kinder die Verantwortung zu übernehmen. Das Kind wisse schon selbst, was gut für es ist und es ist in der Lage, darüber Auskunft zu geben. Wenn es will, kann es den Erwachsenen anregen ihm zu helfen. Auf dieser Grundlage ist für SCHOENEBECK keine Erziehung nötig, sondern eine Freundschaft mit Kindern möglich (vgl. ebd., S.91 f.).
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