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KAPITEL 3
Es wird ernst
Nimm täglich dein Kreuz auf dich und folge mir nach.
NACH LUKAS 9,23
Im Jahr 44 nach Christus ordnete König Herodes an, Jakobus den Älteren mittels Schwert zu enthaupten. Er war der erste der Apostel, der den Märtyrertod fand.2 Und so nahm das Blutvergießen seinen Lauf.3 Lukas wurde an einem Olivenbaum in Griechenland erhängt. Der zweifelnde Thomas wurde von einer Lanze durchbohrt. 54 nach Christus ließ der Prokonsul von Hierapolis Philippus foltern und dann kreuzigen, weil seine Frau sich zum Christentum bekehrt hatte, nachdem sie Philippus hatte predigen hören. Dieser predigte sogar noch, während er am Kreuz hing. Matthäus wurde in Äthiopien von hinten erstochen. Bartholomäus wurde in Armenien zu Tode gepeitscht. Jakobus der Gerechte wurde von der südöstlichen Zinne des Tempels in Jerusalem geworfen. Nachdem er den Sturz aus über 30 Metern Höhe überlebt hatte, wurde er von der Menge totgeschlagen. Simon der Zelot wurde vom Gouverneur von Syrien im Jahr 74 gekreuzigt. Judas Thaddäus wurde mit Stöcken in Mesopotamien zu Tode geprügelt. Matthias, der Judas Iskariot ersetzte, wurde gesteinigt und dann enthauptet. Und Petrus wurde auf eigenen Wunsch mit dem Kopf nach unten gekreuzigt. Johannes, der Lieblingsjünger Jesu, ist der einzige Jünger, der eines natürlichen Todes starb, aber auch nur, weil er seine Hinrichtung überlebte. Als ihn ein Bad in kochendem Öl nicht umbrachte, wurde er vom Kaiser Diokletian ins Exil auf die Insel Patmos geschickt, wo er bis zu seinem Tod im Jahr 95 lebte.
Jeder Christ, der in einem Land der westlichen Welt im 21. Jahrhundert lebt, sollte Foxe’s Book of Martyrs (dt. „Foxes Buch der Märtyrer“; Anmerk. d. Übers.) lesen. Es ist ein Realitätscheck, der unsere Luxusprobleme in die richtige Perspektive rückt. Das Wort „Risiko“ erscheint dabei in neuem Licht; es wird klar, was es wirklich bedeutet, Opfer zu bringen. Im Vergleich erscheinen viele unserer Risiken ziemlich zahm und viele unserer Opfer irgendwie lahm.
Unser normal ist so subnormal, dass normal radikal erscheint. Für die Jünger im ersten Jahrhundert waren normal und radikal Synonyme. Wir haben sie zu Gegensätzen gemacht.
In Lukas 9,23-24 warf Jesus seinen Jüngern den Fehdehandschuh hin. Er wollte sehen, wer dazugehörte und wer nicht. Oder besser: wer alles auf eine Karte setzen wollte.
»Wenn einer von euch mit mir gehen will, muss er sich selbst verleugnen, jeden Tag aufs Neue sein Kreuz auf sich nehmen und mir nachfolgen. Wer versucht, sein Leben zu retten, wird es verlieren. Aber wer sein Leben für mich aufgibt, wird es retten.«
Die Jünger verstanden das wörtlich. Wir können es zumindest im übertragenen Sinne verstehen. Ich möchte nicht sagen, dass wir körperlich für Christus sterben werden, sondern dass wir uns selbst sterben müssen. Wenn Jesus am Kreuz hing, können wir zumindest das unsere tragen! Das ist nicht nur unsere größte Verantwortung, sondern auch unser größtes Vorrecht.
Alles, was nicht die völlige Unterstellung unseres Lebens unter die Herrschaft Jesu Christi nach sich zieht, raubt Gott die Ehre, die er fordert und die ihm gebührt. Und es bringt uns selbst um den ewigen Lohn, den Gott für uns bereithält. Wir werden nicht lebendig werden, im wahrsten und vollsten Wortsinn, solange wir uns nicht selbst sterben. Und wir werden uns selbst nicht finden, solange wir uns nicht in der Sache Jesu verlieren.
Es ist Zeit, den Einsatz zu erhöhen. Es ist Zeit, alles auf eine Karte zu setzen. Wenn Jesus nicht Herr über alles ist, dann ist er überhaupt nicht Herr. Es heißt alles oder nichts. Jetzt oder nie.
Das verwestlichte Evangelium
Wir haben das Evangelium verwestlicht oder den amerikanischen Traum vergeistlicht – suchen Sie es sich aus. Doch nichts davon kommt dem wahren Evangelium nah. Wenn man versucht, ihm etwas hinzuzufügen, wertet man es damit nicht auf. Jeder Zusatz ist in Wirklichkeit ein Abzug. Das Evangelium ist in seiner reinsten Form am besten.
Wir möchten Gott zu unseren Konditionen, aber so bekommen wir ihn nicht. Wir landen dann lediglich bei einer falschen Religion. Da geht es zu wie im Selbstbedienungsladen oder in der Bastelstube. Das Endergebnis ist ein falscher Gott, den wir nach unserem Bild geschaffen haben. Man bekommt eine Beziehung zu Gott nur zu seinen Konditionen. Man kann sie annehmen oder ablehnen, aber man kann die Regeln nicht verändern. Und man sollte es auch nicht!
Der Apostel Paulus definiert den „Deal“, der uns angeboten wird, so:
Denn Gott machte Christus, der nie gesündigt hat, zum Opfer für unsere Sünden, damit wir durch ihn vor Gott gerechtfertigt werden können.
2. KORINTHER 5,21
In dem Moment, da wir unsere Knie vor der Herrschaft Jesu beugen, wird all unsere Sünde auf Christi Konto übertragen und ist komplett bezahlt. Sie wurde vor 2000 Jahren ans Kreuz genagelt! Doch das ist nur die Hälfte der Guten Nachricht. Gnade bedeutet, nicht zu bekommen, was man verdient – den Zorn Gottes –, sondern zu bekommen, was man nicht verdient – die Gerechtigkeit von Christus. Alles, was wir falsch gemacht haben, ist vergeben und vergessen. Und alles, was Christus richtig gemacht hat – seine Gerechtigkeit –, wird auf unser Konto überwiesen. Und dann sagt Gott, dass wir quitt sind.
Es ist so, als ob Gott sagte: „Ich nehme die Schuld auf mich für alles, was du falsch gemacht hast, und rechne dir alles an, was ich richtig gemacht habe.“ Etwas Besseres kann man sich kaum vorstellen, und deshalb nennt sie sich die Gute Nachricht. Eigentlich sind es aber nicht nur gute Nachrichten. Es sind die besten Nachrichten.
Das Evangelium kostet nichts. Wir können es nicht kaufen oder uns verdienen. Es kann nur als Geschenk empfangen werden, mit den besten Grüßen von Gottes Gnade. Es kostet also nichts, aber es fordert alles. Und hier bleiben die meisten von uns stecken – im geistlichen Niemandsland. Wir sind zu christlich, um an der Sünde Gefallen zu finden, aber zu sündig, um an Christus Freude zu haben. Wir haben gerade genug Jesus, um informiert zu sein, aber nicht genug, um transformiert zu werden. Wir möchten alles, was Gott anzubieten hat, aber ohne dafür etwas aufzugeben. Wir möchten dabei sein, ohne etwas einsetzen zu müssen. Wir haben Angst, dass wir verpassen, was das Leben anzubieten hat, und meinen, Gott etwas vorenthalten zu müssen. Doch das ist eine Lüge. Es ist die gleiche Lüge, die die Schlange Adam und Eva im Garten erzählte. Gott enthält uns nichts vor.
Auf Psalm 84,12 kann man sich verlassen: „Der Herr wird denen nichts Gutes vorenthalten, die tun, was recht ist.“ Wenn Sie Gott nichts vorenthalten, verspreche ich Ihnen, dass Gott Ihnen nichts vorenthalten wird. Aber es geht um alles oder nichts. Es ist Ihr Alles für sein Alles.
Kein Opfer
Lassen Sie mich Farbe bekennen. Ich glaube nicht, dass jemals jemand wirklich etwas für Gott geopfert hat. Denn wenn man mehr zurückbekommt, als man aufgegeben hat, hat man dann überhaupt etwas geopfert? Der ewige Lohn übersteigt immer das zeitweilige Opfer. Letztlich werden wir am Jüngsten Tag nur das bedauern, was wir nicht an Gott zurückgegeben haben.
Es mag erst einmal widersprüchlich scheinen, aber ich bin überzeugt, dass das Folgende wahr ist: Der Schlüssel zur Selbstverwirklichung ist Selbstverleugnung. Und Selbstverleugnung bedeutet letztlich Gratifikationsaufschub. Mit Aufschub meine ich nicht Tage oder Monate oder Jahre – sondern ein ganzes Leben. Unser Gratifikationsaufschub auf der Erde verwandelt sich in ewige Herrlichkeit im Himmel.
Die egoistische Seite von uns reagiert allergisch auf die Wörter „verleugnen“ oder „sich versagen“. Es ist ziemlich schwer, so zu leben, wenn man im Luxus zu Hause ist. Wir tolerieren Genuss in unserer Kultur nicht nur, wir feiern ihn. Doch das grundlegende Problem dabei ist, dass genug nie genug ist. Je mehr wir in Essen oder Sex oder den Annehmlichkeiten des Reichtums schwelgen, desto weniger genießen wir sie. Erst wenn wir alles für Gott auf eine Karte setzen, entdecken wir, dass sich wahre Freude nur auf der aufopferungsvollen Seite des Lebens finden lässt.
Ich kann es quantitativ nicht beweisen, aber ich weiß, dass es stimmt: Je mehr man weggibt, desto mehr freut man sich an dem, was man hat. Wenn man Gott den Zehnten gibt, wird man die 90 Prozent, die man behält, um zehn Prozent mehr genießen. Man wird auch entdecken, dass Gott mehr mit 90 Prozent machen kann als man selbst mit 100 Prozent. Und wenn man den Zehnten verdoppelt, wird man die 80 Prozent, die man behält, um 20 Prozent mehr genießen! Eines unserer Lebensziele als Familie ist es, den Zehnten umzudrehen und von zehn Prozent zu leben, während wir 90 Prozent abgeben. Wenn wir das geschafft haben, werden wir die zehn Prozent, die wir behalten, um 90 Prozent mehr genießen, da bin ich zuversichtlich. Das ist gestaffelte Freude.
Die meisten von uns verbringen die meiste Zeit ihres Lebens damit, die falschen Sachen anzuhäufen. Wir sind der Konsumlüge aufgesessen, dass mehr mehr ist. Irrtümlicherweise denken wir, dass wir umso weniger haben, je mehr wir geben. Doch in Gottes umgedrehter Wirtschaft ist unsere Logik verkehrt herum. Man wird letztlich verlieren, was immer man behält, und behalten, was immer man für die Sache Jesu...