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Nationalkultur oder europäische Werte?

Britische, deutsche und französische Auswärtige Kulturpolitik zwischen 1989 und 2003

AutorJulia Sattler
VerlagDUV Deutscher Universitäts-Verlag
Erscheinungsjahr2007
Seitenanzahl359 Seiten
ISBN9783835091511
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis54,99 EUR
Julia Sattler geht der Frage nach, ob die Auswärtige Kulturpolitik Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens national orientiert bleibt oder ob sie sich zunehmend in den Dienst einer europäischen Außen- und Sicherheitspolitik stellt. Es zeigt sich, dass die Anstrengungen der EU-Mitgliedstaaten, die Union als kohärente Kraft in den internationalen Beziehungen zu stärken und eine europäische Identität in den internationalen Beziehungen zu schaffen, keinen Einfluss auf die jeweilige Auswärtige Kulturpolitik haben.

Dr. Julia Sattler promovierte bei Prof. Dr. Klaus Segbers am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin. Sie leitet die Sprachabteilung des Goethe-Instituts Damaskus.

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Leseprobe
1.2 Definition von Kultur (S. 7)

Der Begriff der Kultur wurde nun bereits mehrfach verwendet. Es ist deshalb erforderlich, dass er an dieser Stelle genauer definiert wird, vor allem, weil sich die Arbeit auf drei unterschiedliche Definitionen bzw. Konzeptionen von Kultur stützt:

Zum einen gibt es den deskriptiven Kulturbegriff, wie er in dem Begriff der „Auswärtigen KULTURpolitik" zum Tragen kommt, zum anderen die KULTURphilosophischen Konzeptionen, wie sie der britischen, deutschen und französischen Auswärtigen Kulturpolitik zugrunde liegen, und schließlich KULTUR als ein Strukturelement in den Theorien der Internationalen Beziehungen.

Die Entwicklung des Kulturbegriffs, seine Vieldeutigkeit, die damit einhergehenden Kulturtheorien und die länderspezifischen Eigenheiten beschäftigen ganze Disziplinen. Um den Begriff der Kultur in der Auswärtigen KULTURpolitik zu fassen, wird eine Definition übernommen, wie sie in der Allgemeinen Erklärung zur kulturellen Vielfalt auf der 31. UNESCO-Generalkonferenz in Mexiko 1982 verabschiedet wurde:

Kultur [sollte] als Gesamtheit der unverwechselbaren geistigen, materiellen, intellektuellen und emotionalen Eigenschaften angesehen werden [...], die eine Gesellschaft oder eine soziale Gruppe kennzeichnen, und [...] sie [umfasst] über Kunst und Literatur hinaus auch Lebensformen, Formen des Zusammenlebens, Wertesysteme, Traditionen und Überzeugungen [...].

Die drei Länder Deutschland, Frankreich und Großbritannien haben sich auf diesen deskriptiven und weiten Kulturbegriff geeinigt, der neben den Schönen Künsten auch die Alltagskultur sowie gesellschaftliche Werte und Normen umfasst. Wenn hier also von Auswärtiger Kulturpolitik, politique culturelle extérieure oder cultural diplomacy die Rede ist, so beschreibt der Begriff „Kultur" bzw. „culturelle" oder „cultural" den Gegenstand der dritten Dimension der Außenpolitik.

Trotz dieser Übereinstimmung hat der Kulturbegriff in den drei Ländern eine völlig andere Geschichte und Tradition, die bis heute durchschlägt. In der jeweiligen AKP schwingt also immer auch ein spezifisches normatives Kulturkonzept mit, dessen Charakteristika sich am besten anhand des Verhältnisses von Kultur und Staat bzw. Kultur und Nation darstellen lassen.

1.2.1 Der Kulturbegriff in Frankreich

In Frankreich sind Politik, Macht und Kultur keine Gegensätze. Anders als die deutsche Nation definiert sich die französische Nation nicht über eine gemeinsame Abstammung, sondern über den Geist („l’esprit"), die Lebensweise, Sprache, Kultur. Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang, dass die beiden Begriffe „la civilisation" und „la culture" im französischen Sprachgebrauch mehr oder weniger synonym verwendet werden. Im „Grand Larousse" von 1995 finden sich folgende Definitionen:

Civilisation – Action de civiliser un pays, un peuple, de perfectionner les conditions matérielles et culturelles dans lesquelles vit un peuple. Culture – Enrichessement de l’esprit par des exercises intellectuels.

Beide Definitionen beschreiben eine Aktivität, einen Prozess, also keine feststehende Gegebenheit. Die Idee des Fortschreitens umfasst sowohl die moralische Verbesserung des Einzelnen, als auch die Weiterentwicklung der Technik sowie der geistigen, ökonomischen, sozialen, wissenschaftlichen und materiellen Verhältnisse. Der vielleicht wichtigste Vertreter dieses Fortschrittgedankens ist der Aufklärer Voltaire.

Mit der Begründung der Geschichtsphilosophie („philosophie de l’histoire") entzieht er die Geschichte einer metaphysischen Deutung und verlagert sie stattdessen in die Sphäre des Kulturellen. Voltaire sieht den Menschen als ein bewusst handelndes Wesen und dadurch in der Verantwortung für Gesellschaft und Staat. Die nötige geistige Entwicklung befindet sich seiner Auffassung nach jedoch erst in den Anfängen.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort7
Inhaltsverzeichnis9
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis14
Abkürzungsverzeichnis16
Regionale Gliederung18
1 Einleitung20
1.1 Fragestellung der Arbeit23
1.2 Definition von Kultur26
1.3 Aufbau der Arbeit32
2 Forschungsdesign34
2.1 Stand der Forschung – ein Überblick34
2.2 Theoretischer Rahmen und Grundhypothese der Arbeit39
2.3 Die unabhängige Variable – Verdichtung der GASP45
2.4 Die abhängige Variable – die britische, deutsche und französische Auswärtige Kulturpolitik am Beispiel der Programmarbeit von British Council, Goethe- Institut und Direction Générale70
2.5 Methodische Vorgehensweise79
3 Die Charakteristika der britischen, deutschen und französischen Auswärtigen Kulturpolitik und ihre Ausprägungen gegen Ende des Kalten Krieges80
3.1 Bundesrepublik Deutschland82
3.2 Frankreich93
3.3 Großbritannien113
4 Die britische, deutsche und französische Auswärtige Kulturpolitik im Spiegel der Parlamentsdokumente von 1989 bis 2003128
4.1 Der Zeitraum von 1989/90 bis 1991/92129
4.2 Der Zeitraum von 1992/93 bis 1994/95136
4.3 Der Zeitraum von 1995/96 bis 1997/98153
4.4 Der Zeitraum von 1998/99 bis 2000/01175
4.5 Der Zeitraum von 2001/02 bis 2002/03206
5 Die Programmarbeit des Goethe-Instituts, der Direction Générale und des British Council von 1989 bis 2003230
5.1 Grundsätze und Ziele231
5.2 Geographische Schwerpunktsetzungen248
5.3 Inhalte265
5.4 Partner293
6 Ergebnisse und Ausblick306
Anhang322
Literaturverzeichnis344
Primärliteratur344
Sekundärliteratur357

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