Norwegen – geplante Erfolge
Angelurlaub in Norwegen – der Entschluss ist schnell gefasst. Aber Norwegen ist groß: Von Kristiansand bis ans Nordkap sind es fast 2500 Kilometer. Was und wie Sie fangen, hängt davon ab, wohin Sie fahren!
Wenn im Herbst und Winter die Kataloge der Reiseveranstalter im Postkasten liegen, beginnt für viele die heiße Planungsphase! Wo geht es im nächsten Jahr hin? Die einen haben gleich wieder im Ferienhaus der letzten Saison gebucht, andere verzichten auf die obligatorische Norwegentour, weil sich Nachwuchs ankündigt. Aber viele machen sich entdeckerlustig auf den Weg zu neuen Ufern, sorry, Fjorden! Zweimal Boknafjord – dann muss es im dritten Jahr mal etwas anderes sein. Es gibt noch viel zu entdecken. Der Stammtisch wird im Herbst wieder mal kopfschüttelnd von den Nichtanglern verlassen, weil die „Norwegenspinner“ von der Saisonnachbereitung nahtlos zur Planungsphase übergehen. Und es geht heiß her: „Wo sind die richtigen Fische?“ Oder: „Was ist die beste Zeit?“ Weitere Fragen sind: „Wo sind die richtigen Boote? Passt der Preis? Wollen wir fahren oder fliegen?“
Nicht zuletzt hat auch jeder seinen eigenen Kopf, wie das Ferienhaus aussehen soll. Der eine will eine Sauna, der andere einen Whirlpool und dem Dritten ist das völlig schnuppe. Hauptsache dicke Fische. Darin sind sich dann doch alle einig. Möglichst Fische, bis die Rollenbremse kreischt. Und das ist mitunter ein mühseliges Unterfangen, denn nicht immer passen das Reiseziel und der Wunsch nach bestimmten Fischarten und -größen zusammen. Wenn man sich vor Augen führt, dass die Küstenlinie zwischen Süd- und Nordnorwegen 25000 Kilometer(!) lang ist, mit den Küstenlinien der Inseln sogar 80000 Kilometer, dass Südnorwegen ans ostseenahe Kattegat und der Norden hingegen an das nördliche Eismeer grenzt, dann weiß man, dass sich innerhalb dieser Extreme die Angelbedingungen und die Fischbestände auch extrem unterscheiden können. Dieser Abschnitt soll deshalb eine Planungshilfe geben.
Vier Fangzonen
Wegen der unterschiedlichen anglerischen Möglichkeiten empfiehlt es sich, Norwegen in vier Zonen zu unterteilen. Zuallererst ist Südnorwegen zu nennen, die schärenreiche Küste im Süden, die sich von Oslo bis nach Stavanger hinzieht. Dann folgt Fjordnorwegen, womit die gigantischen Fjorde vom Bokna- bis zum Trondheimfjord gemeint sind. Daran anschließend Mittelnorwegen – der Bereich vom Trondheimfjord bis zu den Lofoten. Dieser Bereich umfasst sowohl viele mittlere Fjorde als auch einen breiten Schärengürtel. Dann biegt die Küste langsam mehr nach Osten ab. Während sich zwischen den Lofoten und Tromsø noch einige Schären vor der Küste hinziehen, sind diese östlich der Höhe Tromsø nahezu ver-schwunden. Der Bereich zwischen Lofoten und Kirkenes wird allgemein unter dem Begriff „Nordnorwegen“ geführt. Anglerisch und klimatisch sind die vier genannten Regionen extrem unterschiedlich. Südnorwegen, besonders in Richtung Oslo, überrascht mit mitteleuropäisch warmen, oft sehr sonnenreichen Sommern. Die Fjorde sind hier eher klein, gemütlich und überschaubar, und zwischen den Schären finden sich auch immer gute Angelmöglichkeiten. Von Fischreichtum zu sprechen, wäre allerdings etwas übertrieben. Die Gewässer sind zwar sehr artenreich, aber im küstennahen Bereich wird der Meterdorsch wohl eher die Ausnahme bleiben. Die kurze Anfahrt von Mitteleuropa und die häufig gute Ausstattung der Ferienhäuser sind aber gute Argumente für den Süden. Das mit der kurzen Anreise gesparte Geld könnte ja beispielsweise in Kutterausfahrten angelegt werden, wobei es empfehlenswert ist, hierbei nicht am falschen Ende zu sparen. Mit einem guten Skipper wird das Kutterangeln auch in Südnorwegen knackevolle Fischkisten bringen! Außerdem hat es sich in Südnorwegen bewährt, ein Revier ein bisschen sorgfältiger unter die Lupe zu nehmen – Ortkenntnis ist hier noch mehr gefragt als anderswo. Wer zwei- oder dreimal in die gleiche Region fährt, findet gerade in Südnorwegen ganz sicher lohnenswerte Plätze. Es macht sich außerdem bezahlt, viele verschiedene Angeltechniken auszuprobieren. Das soll heißen, auch mal die allgemein übliche Pilkrute im Schrank zu lassen und stattdessen feine Naturködertechniken anzuwenden, denn Plattfische gibt es in den vielen flachen Buchten reichlich. Schade allerdings, dass die recht ergiebige Aal-Angelei in Norwegen verboten wurde.
© Volker Dapoz
Grenzenlose Weiten in einzigartiger Natur.
Problematisch ist es regelmäßig, die notwendigen Köder aufzutreiben. Wattwürmer kaufen oder selber suchen, ist fast aussichtslos. Nur in einigen Gegenden sind Wattgebiete und die Gezeiten eher gering. Fischfetzen sind für die meisten Plattfischarten und auch für Dorsch, Pollack & Co auch sehr mittelmäßige Köder. Würmer aus Deutschland mitzubringen, ist verboten. Eine gute Alternative sind Garnelen. Kleinere, selbst gekescherte im Flachwasser zwischen Tang oder größere tiefgefrostet aus dem Supermarkt. Außer den „Prawns“ gehen auch Muscheln sowie (manchmal) künstliche Wattwürmer. Und wer beim Light-Tackling eine Scholle oder Steinbutt von drei oder mehr Kilo erwischt, der merkt, dass das mehr als eine Verlegenheitslösung darstellt. Insgesamt ist Südnorwegen eine Zielregion für Angler, die eine familienfreundliche kurze Anreise mit netter Landschaft und schönem Wetter wünschen – und das Ganze ab und zu mit einer abendlichen Pfanne Fisch auflockern wollen. Die Artenvielfalt ist unübertroffen: 30 verschiedene Arten in einem Urlaub sind noch lange nicht das Ende der Fahnenstange. Aber der kapitale Fisch des Lebens wird hier wohl die Ausnahme bleiben.
© Volker Dapoz
Der norwegische Baustil ist meist ländlich-urig.
Südnorwegen für Spezialisten
Hauptfischarten des Südens sind Pollack, Plattfische und Meerforelle.
Für den Pollack gibt es in diesem Buch ein eigenes Kapitel. In den letzten Jahren haben sich aber auch die Bestände der Dorsche und der mittleren Seelachse wieder stabilisiert. Diese Arten sind aber nicht unbedingt ganzjährig fangbar, sie sind nicht flächen-deckend vertreten und es bedarf einiger anglerischer Finessen, diese auch zu finden und zu fangen. Empfehlenswert ist deshalb auch ein Angelführer. Der Mitautor dieses Buches ist Ronald Braun, der in Südnorwegen lebt und den Angelinteressierten auch mit Rat und Tat zur Seite steht. Seine Spezialstrecke sind die Salmoniden, sowohl in den küstennahen Süßwasser- als auch Meeresbereichen. Es lohnt sich auf jeden Fall, sich mit dieser Materie näher auseinanderzusetzen. Mit anderen Worten, es sind viele Fische da, aber genau wie in heimischen Gewässern, ist eine gewisse Stetigkeit und Vertiefung in die Materie erforderlich, um auch regelmäßig gute Fänge zu machen.
© Volker Dapoz
Mit Freunden unterwegs.
Tief im Fjord
Der Begriff Fjordnorwegen verbindet sich fast unweigerlich mit Tiefseeangeln, auf jeden Fall aber mit Natur-köderangeln. Wer hierher fährt, trifft auf überwiegend tiefe und auch große Fjorde, in denen das Finden der Fische kein Zuckerschlecken mehr ist. Außer an den zahlreichen Lachs-Farmen (wo Angeln verboten ist), bleiben Serienfänge von Riesendorschen oder See-lachsen nur ein Traum. Nicht selten bringt ein ganzer langer Pilktag mit Eisen und Beifängern mehr Minilengs als maßige Dorsche in die Kiste. Viel einträglicher ist dagegen, die vor allem im Sommer und Herbst oberflächennah jagenden Pollacks mit Blinkern oder leichten Pilkern zu beangeln. Es ist allerdings nicht ganz so einfach, ihre Standplätze zu finden, zumal die Sommerpollacks extrem nachtaktiv sind. Aber eines ist versprochen! Mit der Meerforellen-Rute eine Pollackstrecke hinzulegen, verursacht einen dreitägigen Muskelkater – Drillspaß garantiert! Faustregel für den Pollack: „Wo einer ist, da sind noch mehr!“
Für den Großfischjäger steht ohne Zweifel das Tiefseeangeln im Vordergrund. Da werden die schweren Naturköderruten für Großleng und -lumb eigentlich nur aus der Hand gelegt, um Köderfische zu fangen. Denn der Erfolg mit Naturködern in 100–350 Metern Tiefe kommt mit größter Sicherheit immer und ist jede Anstrengung wert! Es ist nur eine Frage der Zeit – und diejenigen, die sich mit der Materie ein wenig beschäftigen, verkürzen dank zunehmender Erfahrung die Zeit bis zum Erfolg um Einiges. Als Lohn der Mühe winken Lengs deutlich jenseits der 150-Zentimeter-Marke und Lumbs, die auch mal 20 Pfund auf die Waage bringen können.
Interessante Mitte
Wenn von Mittelnorwegen die Rede ist, dann werden natürlich viele Sportfreunde an Hitra denken. Hitra ist die wahrscheinlich am stärksten frequentierte Region Norwegens überhaupt, wobei das mehr mit dem Angebot an Unterkünften, als mit Fischreichtum zusammenhängt. Wirklich einträgliches Angeln beginnt erst nördlich des Trondheimfjordes, allerdings hat die Zone bis etwa hin zum Namsenfjord (ca. 150 km nördlich von Hitra) auch unbestreitbare Vorteile. Zum einen ist es wohl die Erreichbarkeit. Selbstfahrer erreichen ihr Reiseziel ab dem Fährhafen Oslo oder Kristiansand immer noch in einer lockeren Tagesfahrt. Da macht es kaum einen Unterschied, ob das Häuschen auf Smöla, Hitra oder Froya steht. In Mittelnorwegen finden wir ein große Artenvielfalt und deutlich bessere Fangchancen. Riesige Schwärme großer Seelachse vagabundieren je nach Jahreszeit vor den Schären und auch innerhalb. Der große atlantische Laichdorsch (Skrei) zieht im Frühjahr entlang der Küste (zumindest bis hinunter zu den Lofoten), der Meterdorsch aus den lokalen Küstenstämmen rückt in „greifbare“ Nähe, wild kämpfende, große Pollacks jagen durch die schäumende Brandung und an allen...