Heutzutage werden an die Lehrkräfte verschiedenste Erwartungshaltungen gestellt, die von ihnen entsprechende Qualifikationen und Kompetenzen erfordern. Die OECD (2005) definiert den Begriff Kompetenz als die Fähigkeit komplexe Anforderungen, durch den Einsatz von psychosozialen Ressourcen, bewältigen zu können
(vgl. Gapski 2006, S. 16).
Das Aufgabengebiet von Lehrkräften geht weit über die bloße Vermittlung von Wissen hinaus. Dass es dabei verschiedene Betrachtungen des Kompetenzprofils von Lehrenden, wie jene von Bauer, Arning oder Lipowsky, gibt, wird von Gräbner (2006, S. 8) aufgezeigt. Gräbner beschreibt die von Bauer (2002) geforderte Kompetenz als die Fähigkeit des Steuerns und Moderierens des Lernprozesses und das Verfügen über ein implizites professionelles Wissen und über ein ausgeprägtes pädagogisches Handlungsrepertoire. Zum Tätigkeitsfeld von Lehrerinnen und Lehrern gehören nach Nieke (2002, S. 16) auch das Beurteilen von Leistungen, die Durchführung von Erziehungsaufgaben sowie die Beratungen und das Setzen von Innovationen dazu – und dies alles sachgerecht, situationsangemessen und verantwortungsvoll.
Arning (2000) zählt, wie Gräbner (2006, S. 8) im Weiteren anführt, ähnliche Kompetenzen wie Bauer auf, die er jedoch anders bezeichnet. Für Arning sind die berufstypischen Kompetenzen von Lehrkräften, die Selbstverantwortungskompetenz (die kritische Reflexion des eigenen Denken und Handelns), die fachliche Kompetenz, die Organisationskompetenz und im Wesentlichen die spezielle pädagogische Handlungskompetenz wichtig.
Petko (2012, S. 37) führt an, dass sich die didaktische Kompetenz, nach einen Vorschlag von Shulman (1986), aus einer Verknüpfung von fachlichem Inhaltswissen und einem allgemeinen pädagogisch-didaktischen Wissen zusammensetzt, welches Shulman als pädagogisches Inhaltswissen bezeichnet. Für Dubs (1995, S. 19) hingegen sind Lehrkräfte kompetent, wenn eine genügend fachwissenschaftliche Basis, ein breites pädagogisches Wissen, ein Wissen über die Abhängigkeiten der Schule zu ihrer Umwelt sowie Kenntnisse über die jeweils zu unterrichteten Schülerinnen und Schüler gegeben sind. Dubs spricht von einer guten unterrichtlichen Basis, wenn eine Lehrkraft diese vier Wissensbereiche sinnvoll miteinander verknüpfen kann.
Bezugnehmend auf Erpenbeck und Sauter (2007) führt Moser (2010b, S. 47) an, dass es bezüglich der Begriffe Qualifikation und Kompetenz Unterschiede gibt die zu beachten sind. Anhand von Tab. 9 stellt Moser die Wesensmerkmale der jeweiligen Ausdrücke gegenüber:
Tabelle 9: Wesensmerkmale Qualifikation versus Kompetenz nach Moser
Dass eine Festlegung der Definition von Kompetenz schwierig ist, hat auch Gapski (2006, S. 15) angemerkt, indem er Erpenbeck (2004) zitierte:
„Wer auf die Kompetenzdefinition hofft, hofft vergeblich“.
Im Weiteren bezieht sich Gapski auch auf einen Ausspruch von Sydow (2003), welcher der Ansicht war, dass ein „...kaum noch zu übersehendes Sammelsurium an unterschiedlichen Begrifflichkeiten, Verständnisweisen, Analyseebenen usw. in den unterschiedlichen Fachrichtungen“ vorhanden ist.
Schlussendlich ist aus der Sicht von Gapski Kompetenz bzw. Medienkompetenz ein Komplexbegriff und die scheinbare Griffigkeit steht im umgekehrten Verhältnis zur Operationalisierung und Messbarkeit.
Die Rolle der Medien blieb jedoch bei all diesen Betrachtungen unberücksichtigt bzw. wurde nicht expliziert angeführt.
Den technologischen Wandel beschrieb schon einst Goethe 1821 in „Wilhelm Meisters Wanderjahre“[18] mit den Worten:
Das überhandnehmende Maschinenwesen quält und ängstigt mich, es wälzt sich heran wie ein Gewitter, langsam, langsam; aber es hat seine Richtung genommen, es wird kommen und treffen.
Und auch heutzutage drängen immer wieder neue Technologien, wie z. B. Smartphones und Tablet-PCs, in die verschiedensten Lebensbereiche hinein. König und Peschke (2000, S. 92) zeigten dies für den Bildungsbereich bereits vor mehr als zehn Jahren auf, indem sie schrieben:
Schule entwickelt sich immer mehr zu einer Werkstatt des Lernens, gewissermaßen zu einem Labor für neue Lehr- und Lernformen. Denn mit den neuen Medien haben sich Schulen einen äußert innovativen „Motor“ eingehandelt mit der Folge, dass Bildungsprozesse (und auch Bildungsanstalten) der außerordentlich großen Dynamik einer sich sehr schnell verändernden Technologie ausgesetzt sind.
Der gezielte Einsatz der neuen, multimedialen Geräte, wie Smartphones und
Tablet-PCs, erfordert somit entsprechende Kenntnisse und Fähigkeiten, die sich in der sogenannten Medienkompetenz wiederfinden.
Der Begriff Medienkompetenz ist laut Sutter und Charlton (2002, S. 130) noch jung, aber die allgemeine Definition von Kompetenz weist schon eine längere Tradition auf. Für Hurrelmann (2002, S. 302) war für die Entwicklung des Begriffes das Ende des 20. Jahrhunderts signifikant, bei dem sich, aufgrund der neuen Medien, ein politisch-sozialer und kultureller Wandel vollzog. Hierbei stellt sich die Frage, wie der Begriff Medienkompetenz eigentlich zu verstehen ist und welche Anforderungen an die Lehrenden somit gestellt werden?
Baacke (1996) geht laut Moser (2011, S. 48) davon aus, dass Medienkompetenz als Begriff nicht auf pädagogischen Wurzeln beruhe, sondern sich aus der Kommunikationswissenschaft heraus entwickelt hat. Laut Gapski (2006, S. 14) sieht Saxer (1992) diese Medienkompetenz als Schlüsselqualifikation in der Informationsgesellschaft, als vierte Kulturtechnik und als unverzichtbare Voraussetzung für das soziale Überleben und der sozialen Selbstdurchsetzung an. Medienkompetenz ist für Rosebrock und Zitzelsberger (2002, S. 148 f.) ein mündiger und kundiger Umgang mit Medien, der mehrere Dimensionen bzw. Perspektiven aufweist, wie eine gesellschaftliche, individuelle oder didaktische Perspektive. In Anlehnung an Baacke (1999) und Theunert (1999) kann Medienkompetenz verschiedene Auslegungen beinhalten, wie (vgl. Sutter & Charlton 2002, S. 129):
das Verstehen von Medien,
die Bedienung von medientechnischen Geräten,
die gezielte Verwendung,
der effektive Einsatz von Medien,
die Gestaltung von Medien,
die Bewertung von Medien und
das daraus reflektierte Handeln.
Gräbner (2006, S. 9) führt noch des Weiteren an, dass die Medienkompetenz der Lehrerinnen und Lehrer in Zusammenhang mit der medientechnischen Ausstattung der Schule betrachtet werden muss und dass das Kompetenzprofil der Lehrenden, auch durch die neuen Medien, einem permanenten Wandel unterworfen ist.
Gemäß Gysbers (2008, S. 41) ist Tulodziecki (2001) der Auffassung, dass eine Unterscheidung zwischen Medienkompetenz und medienpädagogischer Kompetenz erforderlich ist. Für Moser hingegen besteht, laut Bosse (2012, S. 440), Medienkompetenz aus vier Kompetenzbausteinen, welche nach Abb. 12 folgendes Bild ergeben:
Abbildung 12: Dimensionen von Medienkompetenzen nach Moser (Baumann, 2005, S. 99)
Im Gegenzug liegt für Warkus (2000, S. 121) Medienkompetenz dann vor, wenn die Inhaltsbereiche, wie
Struktur- und Orientierungswissen,
kritische Reflexivität,
Fähigkeit und Fertigkeit des Handelns und
soziale, kreative Interaktion
erfüllt sind.
Dass die Frage nach der eindeutigen Definition des Begriffes nicht einfach zu beantworten sei, beschreibt Gysbers (2008, S. 33). Er zeigt auf, dass sich bei einer von Gapski (2001) durchgeführten Analyse von über einhundert Bestimmungen zum Begriff „Medienkompetenz“ unterschiedliche Dimensionen und Ebenen zur Beschreibung des Komplexbegriffes ergaben und führt dabei einige Auslegungen in Tab. 9 auf:
Tabelle 10: Beispiele für die Ausdifferenzierungen von Medienkompetenzen nach Gapski
Die theoretischen Modelle bezüglich Medienkompetenz weisen der Meinung von Süss, Lampert und Wijnen (2010, S. 105) nach meist hohe Standards oder Idealnormen auf, welche empirisch betrachtet kaum erfüllt werden...