3 Theoretische Grundlagen
Dieses Kapitel widmet sich den theoretischen Grundlagen des Outsourcing. Nach Darstellung der Entwicklung des Outsourcing werden Kernbegriffe des Outsourcing von Geschäftsprozessen abgegrenzt und entsprechend eingeordnet. Abschließend wird zu Themen der „geographischen“ bzw. „branchenspezifischen“ Ausrichtung ausführlich Stellung genommen.
3.1 Entwicklung des Outsourcing
3.1.1 Historischer Überblick
Historisch gesehen entwickelte sich das Outsourcing Ende der 80er Jahre in den USA [HeSc05: 15-18]. Die Unternehmen haben sich mehr um das Kerngeschäft gekümmert und andere Bereiche ausgelagert. Seit 1990 ist das Outsourcing in Europa aktuell. Nicht nur die internationalen, sondern auch die mittelständischen Unternehmen haben gewagt, Outsourcing zu praktizieren. Entsprechend der Abbildung 3-1 ist im Jahr 2008 an Outsourcing-Dienstleistungen ein Marktvolumen von fast 16,2 Mrd. Euro zu erwarten. Die Unternehmen haben im Laufe der Jahre schnell festgestellt, dass durch die Übertragung von bisher unternehmensintern durchgeführten Arbeiten an spezialisierte externe Firmen, sich die Wirtschaftlichkeit steigern lässt [BITK05: 8]. So findet man im Outsourcing das Prinzip der Arbeitsteilung, wie in den Anfängen der modernen Betriebswirtschaftslehre. „Diese Erkenntnis wurde im 20. Jahrhundert von der Autoindustrie perfektioniert. Der erste Einsatz des Fließbands durch die Ford Motor Company im Jahr 1913 ermöglichte die Aufteilung des Produktionsprozesses in standardisierte, sequenziell ablaufende Tätigkeiten, die von spezialisierten Arbeitern ausgeführt wurden“ [HeSc05: 16]. Die Fließbandarbeit reduzierte die Fertigungszeit bis über 80%.
Abbildung 3-1: Outsourcing-Prognostiziertes Marktvolumen in Deutschland[3]
Die Industrieunternehmen haben in den letzten Jahrzehnten bei den Produktions-prozessen die Fertigungstiefe mehr und mehr reduziert und sich auf Prozesse mit höchsten Wertschöpfungsanteilen konzentriert [HeSc05:16-17]. Auch die IT-Industrie hat sich im Bezug auf Outsourcing in den letzten vierzig Jahren sehr verändert. Bei Outsourcing in der IT-Branche spricht man von Optimierung der Leistungstiefe und nicht von Fertigungstiefe. „Früher waren zunächst Hardware und Systemsoftware Gegenstand des Outsourcing, heute ist es oftmals eine komplette Produktgarnitur. So können zusätzlich außerdem Service- und dazugehörende Managementleistungen von einem einzigen Anbieter erworben werden“ [Köni97:2-3].
In den 70er Jahren war es häufig der Fall, dass Computer Firmen ihre Gehaltsabrechnungen außer Haus von Dienstleistern (Service Provider) erledigen ließen [GlEn04:1]. Dieses Outsourcing hat sich in den 80er Jahren für die Bereiche Buchhaltung, Gehaltsabrechnung, Rechnungsstellung und Textverarbeitung fortgesetzt. Bis Ende der 80er Jahre hat Outsourcing angefangen, eine potentielle Kraft in der internationalen Volkswirtschaft zu werden. In der Zwischenzeit hat sich der Fokus des Outsourcing von seiner Effizienz zu Wirtschaftlichkeit und Produktivität gewandelt.
Seit Ende der 80er Jahre war die Motivation für die Auslagerung durch den ökonomischen Druck und durch die Internationalisierung verstärkt worden. In den Kosten- und Organisationsstrukturen wurden Änderungen vorgenommen. Sie waren sehr notwendig für die gleichzeitige Aufrechterhaltung der Stabilität und Flexibilität der Unternehmern [Warn92: 12ff]. Im Jahr 1989 war der Anfang der großen Outsourcing-Welle [HeSc05: 17-18]. Eastman Kodak hat die Partnerschaft mit IBM und DEC vereinbart. Die Auslagerung von Leistungen war durch preiswerte Kommunikations-Möglichkeiten sehr wirtschaftlich. IT-Outsourcing konzentrierte sich zunächst bei Großrechner-Rechenzentren, das so genannte Data Center Outsourcing [BITK05: 8], gefolgt von Client-Server-Rechenzentren und weiter die Auslagerung von Anwendungen (Application Outsourcing). Dadurch konnten Skaleneffekte erzielt werden.
Das Konzept der „Kernkompetenz“ war in den 90er Jahren im Mittelpunkt der Outsourcing-Aktivitäten [HeSc05: 18]. Gary Hamel und C.K. Prahalad haben dieses Konzept propagiert. Die zu den Kernkompetenzen gehörenden Funktionen wurden als wichtiger erachtet. Heute werden die Unternehmensbereiche und die Geschäftsprozesse auf ihre Outsourcing-Fähigkeit überprüft.
3.1.2 Globalisierung
Die Revolution in globalen Wirtschaftsaktivitäten ist seit Langem in Gange. Globalisierung und Outsourcing sind dadurch in enger Verbindung zu sehen [Glob06]. „Unter Globalisierung versteht man Prozesse einer zunehmenden internationalen Verflechtung verschiedener Bereiche unseres Planeten. Diese Intensivierung der globalen Beziehungen geschieht auf allen Ebenen (einzelne Menschen, Gesellschaften, Institutionen und Staaten) und in allen Bereichen (Wirtschaft, Politik, Kultur, Umwelt, Kommunikation etc.). Die damit verbundenen Veränderungen von ökonomischen, politischen, sozialen, kulturellen, ökologischen und weiteren Verhältnissen werden Globalisierungseffekte genannt“ [Glob06].
Die Erweiterung bzw. Ausdehnung des wirtschaftlichen Raumes von den USA, Europa, bis hin zu Asien konnten die internationalen Aktivitäten der Unternehmen beschleunigen [Wild00: 17]. Das war einer der Hauptgründe der Globalisierung. Ferner haben die neuen Kommunikationsmöglichkeiten über Internet, sowie der Fortschritt in der Informationstechnik (IT) zur weiteren Entwicklung des Globalisierungsprozesses beigetragen.
Abbildung 3-2: Gewandeltes Globalisierungsverständnis[4]
Den Begriff der Globalisierung (Globalization) gibt es seit Anfang der 60er Jahre erstmalig in den Sozialwissenschaften [Glob06].
Die Globalisierung hat in folgenden Bereichen stattgefunden:
1. Globalisierung der Wirtschaft
2. Globalisierung der Politik
3. Globalisierung der Kultur
4. Globalisierung der Umweltprobleme.
Die Globalisierung führt auf jeden Fall zu einer neuen Wettbewerbssituation. Erfolgreiche Unternehmen finden darin eine große Chance, die nicht erfolgreichen sehen nur die Risiken. Die Abbildung 3-2 zeigt das „gewandelte Globalisierungsverständnis“.
Nach Meinung von James D. Wolfensohn, Präsident der Weltbankgruppe Berlin, führt die Globalisierung zusätzlich auch zu mehr wechselseitiger Abhängigkeit und neuen Querverbindungen auf dieser Welt [Wolf01]. Es sind internationaler Handel, internationale Investitionen und Finanzen, deren Wachstum rapider als das Nationaleinkommen ist. In der Globalisierung gibt es sowohl Risiken als auch Chancen. Den Risiken kann auf nationaler Ebene durch das Management von Anpassungsprozessen begegnet werden. Auf globaler Ebene sind internationale Finanzstrukturen notwendig. Ferner sagt Wolfensohn: „Wir können Globalisierung nicht mehr rückgängig machen. Unsere Herausforderung besteht vielmehr darin, sie zu einem Instrument der Schaffung von Chancen und Einbeziehung von Menschen zu machen und nicht zu einem Instrument der Angst und Unsicherheit. Kurz gesagt, Globalisierung muss für alle wirksam sein.“
Abbildung 3-3: Chancen der Globalisierung[5]
Die Chance in der Globalisierung liegt darin, nicht nur neue Märkte zu erobern, sondern hier in Deutschland Entwicklungs- und Produktionskapazitäten auszulasten [Baum06: 4]. In dieser Situation sind alle Gewinner, was ferner dazu beiträgt, dass das Wohlstandsniveau weltweit steigt. Die Abbildung 3-3 fasst die Chancen der Globalisierung zusammen. Eine weitere Möglichkeit wäre, die Verminderung von Risiken zu erreichen, indem man die weltweiten unterschiedlichen Konjunkturen vorteilhaft nutzt. So kann z.B. Umsatzrückgang in Europa durch eine Umsatzerhöhung in Asien oder Nordamerika ausgeglichen werden [Wild00: 21-22]. Wer weltweit überall produziert, kann auch die Optimierung der Kostenstrukturen und den Zugang zu großen Weltmärkten erreichen.
Die Globalisierungskritiker meinen, dass „mit der Globalisierung ein neues Zeitalter anbricht, das durch die Gefährdung des sozialstaatlichen Kompromisses zwischen Kapitalismus und gesellschaftlichen Werten gekennzeichnet ist. Habermas teilt die These, dass die Globalisierung der Märkte die Handlungsfähigkeit selbst der wohlhabendsten Staaten einschränke. Sie müssen ihre Gestaltungsmacht nach innen radikal beschränken, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Es gibt kaum Spielraum, die Sozialkosten der Globalisierung abzumildern und für eine angemessene Wohlstandsverteilung zu sorgen. Eine Lösung gäbe es nur, wenn es der Politik gelänge, die Wirtschaft einzuholen. Den globalisierten Märkten müsse eine globalisierte Politik nachwachsen, die sich nicht auf Marktregulierung beschränkt, sondern auch sozialpolitische Aufgaben wahrnehme“ [Habe98].
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