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E-Book

Papa hat's aber erlaubt

Erziehungskrisen im Kindergartenalter meistern

AutorEva Tillmetz, Peter Themessl
VerlagMabuse-Verlag
Erscheinungsjahr2013
Seitenanzahl207 Seiten
ISBN9783863211646
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis12,99 EUR
'Ich will nicht in den Kindergarten!' - 'Trödel nicht so rum!' - 'Ich bin noch gar nicht müde!' Eltern von drei- bis sechsjährigen Kindern kennen solche und ähnliche Situationen zur Genüge. Doch wie mit ihnen umgehen, ohne dass gleich die nächste Krise ins Haus steht? Kinder fordern Eltern täglich heraus und testen, ob sie sich auf beide gleichermaßen verlassen können. Wenn Eltern sich nicht gegenseitig ausspielen lassen wollen, brauchen sie aktives Eltern-Teamwork. Dadurch wird Erziehung leichter. Wie Mutter und Vater möglichst effektiv zusammenwirken, zeigt dieser Elternratgeber anhand vieler praktischer Beispiele.

Eva Tillmetz, geb. 1963, berät als systemische Familientherapeutin und Kommunikationstrainerin Paare und Familien in eigener Praxis und hält Partnerschaftsseminare und Vorträge zu Fragen der Familiengestaltung und Erziehung. Peter Themessl, geb. 1963, arbeitet als Journalist für Zeitungen und Hörfunk in Regensburg. Er leitet Fortbildungen in der Erwachsenenbildung und arbeitet als Betreuungsassistent mit alten Menschen.

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Leseprobe

Allein erziehend
trotz Partner?


Wenn die Erziehung an
einem Elternteil hängen bleibt

Montag – ein ganz gewöhnlicher Tag: Brigitte richtet beiden Jungen Frühstück, ihr Mann Martin ist bereits in der Arbeit. Sie bringt den fünfjährigen Max in den Kindergarten, den zweijährigen Jonas in die Krabbelstube. Max will heute noch nicht außer Haus. Er zetert, wodurch sich die Abfahrt verzögert. Nach vier Stunden Arbeit im Büro sammelt Brigitte beide Kinder wieder ein. In der verlängerten Vormittagsgruppe gab’s kein Essen, so dass Max hungrig und überdreht im Auto sitzt, Jonas hat wenigstens schon geschlafen. Kurz kochen und essen, eine Wäsche aufhängen, eine zweite anstellen, etwas aufräumen.

Brigitte dreht bereits hochtourig, dabei ist erst der halbe Tag geschafft. Viele Frauen teilen Brigittes Schicksal: Sie arbeiten Teilzeit und haben trotzdem den ganzen »Kindertag« am Hals:

Um 16 Uhr hat Max Kinderturnen. Brigitte weiß, dass Jonas eher unwillig mitgeht, darum bringt sie ihn bei einer befreundeten Mutter unter. Bevor es losgeht, ruft Leon an: ob Max heute zum Spielen kommen kann – leider nein, wegen Turnen. Max stampft enttäuscht in sein Zimmer, mit Engelszungen motiviert ihn Brigitte, sein sonst so geliebtes Turnen nicht aufzugeben. Kinder ins Auto gepackt, Jonas zum Freund, Max ins Turnen, eine Stunde Warten auf der Mütterbank in der Turnhalle, Jonas abholen und ab nach Hause, um das Abendessen zu richten.

Bislang kann Brigitte nicht auf den Partner zurückgreifen. Ein Versuch, ihn zumindest abends kurz in die Familie einzubinden und ihn gut ankommen zu lassen, scheitert:

Brigitte kocht abends, denn sie weiß, dass ihr Mann sich über warmes Essen freut. Nur: Heute kommt er erst gegen halb acht, sagt seine kurze SMS. Enttäuscht isst Brigitte mit den Kindern allein und fängt an, sie ins Bett zu bringen. Wieder gibt es Gezeter, weil Max aufbleiben möchte, bis Papa kommt. Erschöpft fragt sie sich: Worin unterscheidet sich mein Leben eigentlich vom dem einer allein erziehenden Mutter?

Wenn Sie nicht zu den seltenen Familien gehören, in denen sich die Eltern die Erziehungszeit fifty-fifty teilen, dann ist bei Ihnen mit hoher Wahrscheinlichkeit auch die Mutter in erster Linie für die Kinder da. Und der Vater? Ihm bleiben die Randstunden, sprich, kurze Zeit abends und einige Stunden am Wochenende. Dabei nimmt sich heutzutage über die Hälfte der Paare eine gemeinsame Erziehung vor, wenn sie eine Familie gründen.

Was sind die Gründe dafür, dass aus dem Ziel, als Eltern-Team die Kinder zu erziehen, so schnell eine Alleinverantwortung der Mutter wird?

Zunächst ganz praktische. In den meisten Familien ist der Mann in Vollzeit berufstätig, während die Frau nicht mehr oder nur stundenweise ihren Beruf ausübt. West- und ostdeutsche Arbeitsverteilung bei den Eltern gleichen sich dabei zunehmend an. Damit hängen das Familieneinkommen am Mann und die Kinder an der Frau.

Der angespannte Arbeitsmarkt hat in den letzten Jahren diesen Trend noch verstärkt. Wer Arbeit hat, macht Überstunden, um den Job nicht zu verlieren. Wer keine Arbeit hat, muss viel Zeit darauf verwenden, wieder eine Stelle zu finden, und muss immer schwierigere Arbeitsbedingungen in Kauf nehmen. Arbeitsplatzsorgen des Alleinverdieners, Wiedereinstiegsprobleme nach der Elternzeit – diese gesellschaftlichen Zwänge wirken massiv in die Familiengestaltung hinein.

Allerdings zeigt eine Studie des Familienministeriums,6 dass selbst bei voll berufstätigen Eltern in den meisten Familien die Frau den Großteil der Kindererziehung übernimmt. Und das, obwohl erwiesen ist, dass sich Männer genauso einfühlsam um ihre Kinder kümmern können wie Mütter. Hierzu gibt es eine interessante Studie, die uns helfen kann, den Blick zu weiten: Die Familienforscher Ann Frodi und Michael Lamb haben untersucht, ob Mütter schneller beziehungsweise genauer als Väter erkennen, was ihr Baby durch Weinen ausdrückt.7 Verblüffend ist das Ergebnis: Kein Unterschied! Beide erkennen haargenau, ob ein Kind aus Hunger, Angst oder Langeweile schreit. Und noch mehr: Bei Vätern wie bei Müttern löst ein schreiendes Kind die gleichen Stressreaktionen aus: Blutdruck, Herzschlag und Hauttemperatur erhöhen sich und provozieren so eine Handlung. Die Fähigkeit, sich um das Kind zu kümmern, ist also bei beiden Eltern grundgelegt. Die Frage ist nur, ob beide Elternteile diese Sensibilität schulen und weiterentwickeln.

Bei vielen Paaren laufen aber Wunsch und Wirklichkeit von gemeinsamer Erziehung auseinander. Das hat im Wesentlichen drei Gründe:

1. Der weibliche Vorsprung wächst

Während Schwangerschaft, Stillzeit und der ersten Babyjahre baut die Frau schneller und intensiver eine Beziehung zum Kind auf. Was in den ersten Monaten von der Natur vorgegeben ist, wird in den Folgejahren durch die scharfe Arbeitsteilung weiter untermauert. Der Vater, der besonders auf den Forscher- und Entdeckungsdrang des Kindes reagieren und hier punkten könnte, ist dann oft so im Beruf eingespannt, dass er seine Familie selten sieht. So baut die Frau von Monat zu Monat ihren Vorsprung an Erziehungserfahrung aus. Sie verbringt nicht nur mehr Zeit mit dem Kind, sondern durchlebt mit ihm auch mehr emotional entscheidende Situationen: Sie trägt das fiebernde Kind, verarztet den eingeklemmten Finger oder hält wiederholte Tobsuchtsanfälle aus.

2. Allein geht’s doch auch

Nach durchlittenen Monaten der Einsamkeit schotten sich viele Frauen ab. Sie haben erlebt: Es geht auch allein – und immer öfter auch leichter allein! Tagsüber hat die Frau mittlerweile Kinder und Haushalt routiniert im Griff. Anstrengend wird es meist erst, wenn der Mann am Abend hinzukommt und auch noch eigene Vorstellungen davon hat, was er mit den Kindern machen will.

Der Familienforscher Ross Parke formuliert spitz: »Väter sind exakt so weit in die Kindererziehung involviert, wie die Frau es zulässt.« Es ist aber auch nicht so leicht, den Partner als gleichwertigen Erzieher anzuerkennen, wenn frau sich lange allein durchgekämpft hat. Vordergründig wünschen sich die meisten Mütter von Kindergartenkindern zwar, dass Väter miterziehen. Aber stimmt das wirklich?

Kleiner Test: Wie reagieren Sie darauf, wenn Ihr Partner mit Ihrem Kind spontan einen kleinen Ausflug mit dem Rad zum Biergarten vorhat? Welche Gefühle überwiegen? Freude über die unerwartete Freizeit? Oder eher Angst, dass Ihr Kind sich erkältet beziehungsweise zu spät ins Bett kommt? Oder Neid, dass der Papa wieder mal die »coole Aktion« bringt, während Sie die Knochenarbeit leisten? Welche Ratschläge liegen Ihnen auf den Lippen (natürlich aufgrund fundierter Erfahrung und Routine)?

3. Alte Vorbilder als Mitgift

Frauen haben eine viel größere Mitgift an Muttervorbildern mitbekommen als Männer an Vatervorbildern. Wer hat in unserer Kindheit schon nach dem Vater gefragt? Bis in die 80er-Jahre galt die Mutter als wichtigste Bezugsperson für ihre Kinder, der Vater hatte die Rolle des Ernährers gut auszufüllen. Für die geistige und seelische Entwicklung der Kinder spielte er keine nennenswerte Rolle – dachte man. Auch Psychologen, Lehrer und Familienrichter dachten so.

Das wirkte sich für beide Elternteile unterschiedlich aus. Ging es in einer Familie chaotisch zu, wurde sofort nach den erzieherischen Versäumnissen der Mutter gefragt. Sie war schuld am schulischen Versagen oder am aggressiven Verhalten der Kinder. Ob der Vater real oder emotional abwesend war und als Bezugsperson für die Kinder fehlte, wurde meist ignoriert. Andererseits: Trennten sich die Eltern, bekam die Mutter wie selbstverständlich das Sorgerecht. Zerstritt sich ein Paar und zog sich der Vater zurück, ging kein Jugendamt dem Vater nach. Wenn später die Frau einen neuen Partner fand, war halt er der neue Vater.

Für die Kinder hatte dies in erster Linie Nachteile: So wurden in dieser Generation viele Töchter und Söhne um ihre Beziehung zum leiblichen Vater gebracht. Untersuchungen belegen inzwischen, wie schwerwiegend dieser Verlust im Leben der erwachsenen Söhne und Töchter weiterwirkt. Wenn Kinder durch Trennung früh ihre Väter verlieren, sind Selbstzweifel, Autoritätsprobleme oder mangelndes Durchhaltevermögen eine häufige Folge, die zu beruflichen Schwierigkeiten führt. Auch in langfristigen Beziehungen fehlt der Vater als Vorbild, Krisen gemeinsam durchzustehen. Männer mit guter Vaterbeziehung in der Kindheit geben dagegen mehr Zufriedenheit in der Ehe, mit der Arbeit und dem eigenen Vatersein an.8

Eltern-Teamwork

Vater- und Muttervorbilder entdecken

An Ihre eigenen Kindergartenjahre können Sie sich sicherlich noch bruchstückhaft erinnern. Für was war damals Ihre Mutter zuständig und wofür Ihr Vater?

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