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Parteiliche Kommunikation am politischen Wendepunkt

Der EU-Beitritt der Türkei in deutschen und türkischen Parlamentsdebatten

AutorDidem Ozan
VerlagVS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV)
Erscheinungsjahr2009
Seitenanzahl196 Seiten
ISBN9783531921020
FormatPDF
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis40,00 EUR
Vorwort Vorwort Diese Arbeit hat der Philosophischen Fakultät der Westfälischen Wilhelms- Universität Münster vorgelegen und wurde im Sommersemester 2008 als Diss- tation angenommen. Mit ihrer Veröffentlichung geht ein bedeutsamer Lebens- schnitt zu Ende. Bereits zu Beginn meines Studiums der Deutschen Philologie standen Fragen zum Wesen des Menschen, zu Humanität, Dialog und Völkerv- ständigung im Mittelpunkt. Diese Fragen spannen sich wie ein roter Faden durch die Arbeit. Der Bereich der Rhetorik war besonders wichtig, da Sprache ein wesentliches Element menschlichen Miteinanders ist. Die Dissertation untersucht die Funktion rhetorischer Mittel im parlamentarischen Dialog. Der komplexe Gegenstand wird erschlossen mit der Theorie des Dialogischen Handlungsspiels. Diese erlaubt, gegensätzlich erscheinende soziale Phänomene wie Kooperation und Konflikt, Eigeninteresse und Respekt mit großem Erkenntnisgewinn in neue Beziehungen zueinander zu setzen. Mein besonderer Dank gilt hier der Betreuerin der Arbeit, Frau Prof. Edda Weigand. Ihren Anregungen habe ich intensive Fortschritte im eigenen wissenschaftlichen Denken zu verdanken. Sie gab mir außerdem die Möglichkeit, mit dem Beitrittsprozess der Türkei zur Europäischen Union ein spannendes interkulturelles Politikfeld linguistisch zu bearbeiten. Ich danke Prof. Thomas Bauer für die Erstellung des Zweitgutachtens. Meine besondere Ehre erweisen möchte ich an dieser Stelle dem im Juni dieses Jahres unerwartet verstorbenen Literaturwissenschaftler Prof. Detlef Kremer, dessen brillante Forschung und erfrischende Lehre mich vom ersten Semester an bis zu meiner mündlichen Promotionsprüfung hin begleitet hat.

Didem Ozan ist derzeit als freie Publizistin und PR-Fachfrau tätig.

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Leseprobe
6 Das komplexe Handlungsspiel im Bundestag (S. 103-104)

6.1 Positionierung der deutschen Regierung und Opposition

6.1.1 Die Regierungskoalition aus Sozialdemokraten und Grünen


Von 1998 bis 2005 schlossen sich die Bundestagsfraktionen der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) und des Bündnisses 90/Die Grünen in einer Koalition zusammen, um mit einem gemeinsamen prozentualen Anteil von 47,1 % die Regierung zu bilden. Die SPD ist eine Volkspartei, sie zog in der 15. Wahlperiode (2002-2005) mit 38,5 % ins Parlament ein. In ihrem in der Zeit von 2001 bis 2007 entwickelten neuen Grundsatzprogramm betonen die Sozialdemokraten die Wichtigkeit der globalen Ausrichtung von Politik. Das 21. Jahrhundert sei „das erste wirklich globale Jahrhundert“ (SPD 2007: 4). Dies berge im wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Bereich sowohl Chancen, als auch Gefahren (SPD 2007: 22):

Die Europäische Union ist unsere Antwort auf die Globalisierung. Freiheit und Demokratie, Wohlstand und Gerechtigkeit in Deutschland können wir im globalen Zeitalter nur in der Gemeinschaft mit unseren europäischen Partnern sichern. Auf europäischer und auf internationaler Ebene bündeln wir die Kräfte, um den globalen Märkten Regeln für mehr Gerechtigkeit, für soziale und ökologische Verantwortung zu geben. Wir wollen die Europäische Union zu einer handlungsfähigen Friedensmacht fortentwickeln.

Für die SPD sind wirtschaftliche Vorteile für Europa und Deutschland insofern relevant, als sie mit einer Erleichterung der Integration sozial schwächer gestellter Bürgerinnen und Bürger zusammenhängen. Für den Beitritt der Türkei liegen diese auf der Hand: Deutschland ist mittlerweile „der wichtigste Handelspartner der Türkei“ (SPD/Die Grünen 2004: 2). Die deutsch-türkische Kooperation schafft Arbeitsplätze in beiden Ländern. Mit der politischen Eingliederung der Türkei wird zudem langfristig der Niedriglohnkonkurrenz aus dem Land entgegengewirkt, da zu erwarten ist, dass entsprechende EU-Gesetzesrichtlinien die Rechte von Arbeitnehmern in der Türkei stärken und Niedriglohn eindämmen werden. Der Beitritt der Türkei wird aufgrund der wirtschaftlichen Vorteile und der internationalen Funktion der Türkei als historisches Versprechen eindeutig befürwortet (SPD 2007: 23):

Wir stehen zu der von allen EU-Mitgliedern lang versprochenen Beitrittsperspektive der Türkei. Eine Türkei, die sich europäischen Werten verpflichtet fühlt, kann eine wichtige Brückenfunktion zu anderen islamischen Ländern erfüllen. Diese Rolle der Türkei liegt im deutschen und im europäischen Interesse, weil sie Frieden, Stabilität und wirtschaftliche Perspektiven schafft. Der Koalitionspartner, Bündnis 90/ Die Grünen, ist eine aus der Friedens- und Ökologiebewegung der 1980er Jahre hervorgegangene politische Partei.

Sie zog 2002 mit 8,6 % der Stimmen in den Bundestag ein. Aufgrund ihres historischen Erbes sieht die Partei einen Grundpfeiler ihrer politischen Identität in der globalen Etablierung und Wahrung von Menschenrechten. Die deutsche Nation ist nach Auffassung der Grünen sowohl innen- wie außenpolitisch dem Schutz des Individuums verpflichtet.
Blick ins Buch
Inhaltsverzeichnis
Inhalt5
Vorwort9
1 Einleitung11
2 Forschungsüberblick14
2.1 Allgemeine Theorien zur Argumentation und Rhetorik14
2.2 Linguistische Ansätze für den politischen Bereich21
2.3 Linguistische Ansätze für den parlamentarischen Bereich27
3 Argumentation als komplexes Handlungsspiel35
3.1 Allgemeine Prämissen35
3.2 Kontrastive Grundlegung parlamentarischer Argumentation47
3.3 Das Parlament als Institution48
3.4 Zentrale Parteiinteressen52
3.5 Politische Kultur als Orientierungsraum55
4 Die parlamentarische Debatte als komplexes Handlungsspiel68
4.1 Der formale Rahmen68
4.2 Konstitutive Prinzipien69
4.3 Macht und Respekt als primäre Regulative71
4.4 Handlungsspielspezifische exekutive Prinzipien72
5 Vorbemerkungen zur kontrastiven Analyse84
5.1 Methodologie84
5.2 Propositionale und situative Verortung der Debatten89
6 Das komplexe Handlungsspiel im Bundestag100
6.1 Positionierung der deutschen Regierung und Opposition100
6.2 Erste Offensive der Opposition105
6.3 Erste Gegenoffensive des Koalitionspartners118
6.4 Hauptoffensive der Regierung126
7 Das komplexe Handlungsspiel in der Nationalversammlung133
7.1 Positionierung der türkischen Regierung und Opposition133
7.2 Selbststärkung der Regierung139
7.3 Offensive der Opposition146
7.4 Verteidigungen der Standpunkte159
8 Vergleich172
9 Schluss177
Literatur179

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