Die Bestimmung der Persönlichkeit
Wenden wir uns nun noch etwas näher der Bestimmung der Persönlichkeit zu. Schon im Versuch einer Definition von Persönlichkeit, hatten wir mit diesem Kapitel zu tun.
Nun werde ich mich in kurzen Ausführungen folgenden Begriffen zuwenden:
Persönlichkeitsmessung
Persönlichkeit zu messen geschieht immer implizit der eigenen Auffassung von Persönlichkeit (Theorie) und ist auch vorbestimmt vom Zweck des Messverfahrens. Was ist meine Theorie von Persönlichkeit, welches Menschenbild steht dahinter, was will ich mit der Messung bezwecken? Es gibt kein Messverfahren ohne diesen Hintergrund.
Eine Quantifizierung geschieht daher immer in der Annahme, dass ein Mensch aus Eigenschaften zusammengesetzt ist, die er wirklich besitzt und die dann in der Messung auch mehr oder weniger zum Ausdruck kommen. Dabei muss man sich klar sein, dass jedes Messverfahren nicht mehr als eine Stichprobe eigenschaftsbezogenen Verhaltens bietet.
Eine gute Persönlichkeitsmessung muss auf eine Vielzahl von Informationsquellen zurückgreifen und nicht nur auf eine einzelne. Nur ein einziger Persönlichkeitstest genügt nicht zur umfänglichen Beurteilung eines Menschen. Zur gesamtheitlichen Beurteilung kommen auch Interviews, Briefe, Tonbandaufzeichnungen, Gespräche zwischen Therapeut und Klient, Beobachtung spontanen Verhaltens, Befragungen, Aussagen Dritter, lebensbiografische Daten, usw. dazu.
Sie alle bringen weiteres Rohmaterial, welches für eine umfassende Beurteilung einer Persönlichkeit (eines Menschen) herangezogen werden kann.
Damit ein Messverfahren brauchbar ist, muss es vorerst zwei Voraussetzungen erfüllen: Generalisierbarkeit und Validität.
Generalisierbarkeit : Ein Testergebnis ist auf eine entsprechend grosse Zahl von Situationen und Anlässen generalisierbar (anwendbar) und das Testergebnis stimmt bei verschiedenen Beurteilern und Tests immer überein. Auch zu einem späteren Zeitpunkt.
Generalisierbarkeit:
Mit Generalisierbarkeit ist die Fragestellung gemeint, ob die Befunde einzelner Studien bzw. Untersuchungsstichproben auf andere Studien bzw. Stichproben übertragen werden können.
Sie ist ein Gütekriterium, anhand dessen der Gültigkeitsbereich und damit die Eignung von Verfahren zur Erfassung oder Messung von z.B. psychischer Belastung, Beanspruchung oder deren Folgen beurteilt werden
Validität : Sie beschäftigt sich mit der Frage, ob ein Testergebnis tatsächlich jene Eigenschaft widerspiegelt, die man messen will. Die ermittelten Messwerte sind nicht abhängig vom messenden Therapeuten (Tester), sie sind immer gleich.
Validität: (Gültigkeit)
Bei guten Messinstrumenten sind die Messwerte unabhängig vom Messenden; dieses Gütekriterium heisst Objektivität oder Beobachterübereinstimmung. Auch liefern gute Messinstrumente zuverlässig von denselben Objekten dieselben Messwerte; dieses Kriterium heisst Reliabilität oder Reproduzierbarkeit. Das dritte Gütekriterium, die Validität, ist ein Mass dafür, ob die bei der Messung erzeugten Daten wie beabsichtigt die zu messende Grösse repräsentieren. Nur dann können die Daten sinnvoll interpretiert werden. Die Validität wird durch Experten-Schätzung festgelegt. Die Gütekriterien bauen aufeinander auf; ohne Objektivität keine Reliabilität, ohne Reliabilität keine Validität.
Aus: Wikipedia Deutschland, Gesellschaft zur Förderung freien Wissens e.V., Berlin, 2016
Messtechniken: (rating*-Skalen)
Eine Rating-Skala ist die häufigste Persönlichkeitsmessmethode. (*rating: Einstufung, Bewertung, Beurteilung, Einschätzung) Sie dient in der Regel der Beurteilung von menschlichem Verhalten, welches in natürlicher Umgebung beobachtet wird.
Ein Persönlichkeitsrating ist die Zuschreibung eines numerischen Messwerts einer zu beobachteten Versuchsperson zu einer Bewertungsskala.
Fünf-Punkte-Skalen sind gebräuchlich. Wenn wir feinere Unterscheidungen wollen, eignen sich etwa 10-Punkte-Skalen oder klarere Ausformulierungen von Items.
Beispiel einer ausformulierten 5-Punkte-Skala zur Messung des Merkmals ‚Dominanz-Unterwerfung‘:
- 1 Übernimmt die Führung in allen Beziehungen zu anderen Menschen. Ist immer dominant, bestimmend.
- 2 Übernimmt in den Beziehungen zu anderen die überlegene Rolle, aber folgt auch gelegentlich, statt zu führen.
- 3 Spielt in den Beziehungen zu anderen gleich häufig die dominante und die fügsame Rolle.
- 4 Übernimmt gewöhnlich die fügsame Rolle, aber dominiert gelegentlich gegenüber anderen.
- 5 Spielt in allen Beziehungen zu anderen Menschen die fügsame Rolle. Lässt sich immer führen und beherrschen.
Es ist klar, dass je genauer die Items (Artikel resp. Fragen) ausformuliert sind, desto wahrscheinlicher können zuverlässige Unterscheidungen getroffen werden.
Beispiel einer 7-Punkte-Skala:
Liebe Leser, wenn Sie mehr über die Messung von Persönlichkeit und vor allem endlich etwas über sich selbst erfahren möchten, steht Ihnen ein Gratistest zur Verfügung. Greifen Sie vor ins Kapitel ‚Persönlichkeitstests‘ und machen Sie ganz privat für sich den ADP-IV-Persönlichkeits-Test.
Beobachtungen und Tests
In diesem Kapitel möchte ich mich kurz fassen. Man unterscheidet zwischen:
Interviews
Ein Interview ist ein in der Regel strukturiertes Gespräch zwischen zwei Menschen mit dem Ziel, sich Informationen zu beschaffen, die man bewerten kann. Das strukturierte Interview geht nach einem engen Interviewplan vor. Er besteht aus spezifischen Fragen, sowie auch aus weiterführenden Fragen, je nachdem, wie die Antwort auf die Frage ausfällt. Man kennt Interviews, welche offene Antworten erlauben, wie auch solche, die auf festgelegte Antwortkategorien begrenzt sind.
Situationstests
Sie eigenen sich gut zur Persönlichkeitsmessung, da man die Probanden einer alltagsnahen Testsituation aussetzt, um gewisse Einzelheiten seines Verhaltens zu beobachten und so Informationen über ihn zu erhalten. Der Test wird um so genauer, je realistischer die Situation ist, in der getestet wird.
Ein Situationstest sieht oft mehrere Personen vor, zwischen denen Interaktionen stattfinden. Folgende Persönlichkeitsvariablen können untersucht werden: Dominanz, Ausgeglichenheit, Führungstalent, Negativismus, Toleranz und Originalität.
Natürliche Beobachtung
Im Gegensatz zu den oben erläuterten Situationstests, die quasi in einer künstlichen Laborumgebung unter vorgegebenen Bedingungen stattfinden, ist die natürliche Beobachtung an folgenden Orten möglich: zu Hause, bei der Arbeit, während der Freizeit, im Restaurant, bei Sport und Hobby etc.
Persönlichkeitsinventare
Eigenaussagen und Erklärungen der Menschen über sich selbst sind die wertvollsten Informationen. Wer kennt sich besser, als man sich selbst? Aber aufgepasst: es liegt auf der Hand, dass solche Selbsteinschätzungen infolge mangelnder Offenheit, begrenzter Perspektive und Selbsttäuschungen gewissen Verzerrungen unterliegen. Aber immerhin haben Eigenaussagen den Wert zu erfahren, wie der Mensch sich selbst sieht und einschätzt. Interessant ist dabei der Vergleich. Stimmt die Eigenbewertung mit denen anderer Bewertungen überein, oder nicht überein, gibt das Auskunft über den Grad der Selbsttäuschung oder die Fähigkeit der Selbsteinsicht.
Ein Persönlichkeitsinventar ist eine Liste z.B. mit 200 Adjektiven. Ein Proband kreuzt diejenigen an, die er meint, dass diese auf ihn zutreffen. Dasselbe kann eine oder mehrere Testpersonen tun. Wie hoch ist der Grad der Übereinstimmung? Eine hohe Übereinstimmung zeigt meist auf, dass der Klient einen hohen Grad an Selbsteinsicht hat und dass er in der Lage ist, sich selbst gut einzuschätzen.
Ein solcher Persönlichkeitsinventar ist z.B. das Minnesota Multiphasic Personality Inventory oder MMPI, welches aus 550 einfachen Aussagen besteht, auf die ein Proband mit „richtig“, „falsch“ oder „ich weiss nicht“ antworten kann.
Ein anderer Persönlichkeitsinventar, der auf die Messung normaler Merkmale abzielt (also nicht etwa auf pathologische), ist der California Psychological Inventory oder CPI. Er besteht aus 18 Skalen, die in vier Kategorien unterteilt sind:
- Messung von Ausgeglichenheit, Dominanz und Selbstsicherheit
- Messung von Sozialisation, Reife und Verantwortung
- Messung von Leistungspotential und inellektueller Effizienz und
- Messung des Denkstils und der Orientierung zu Leben.
Ein weiterer ist der Freiburger Persönlichkeitsinventar oder FPI, der im deutschsprachigen Raum ein verbreiteter psychologischer Persönlichkeitstest ist. Er wurde am Psychologischen Institut der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg unter Leitung von Jochen Fahrenberg entwickelt. Der Persönlichkeitsfragebogen erfasst (inventarisiert) mehrere Eigenschaften. Er wird vor allem in der klinischen Psychologie und allgemein in der psychologischen Forschung eingesetzt und umfasst folgende Skalen/Eigenschaften mit 138 Items, die...