2 Strategisches Personalmanagement
Die Ziele dieses Kapitels
• Den Zusammenhang von Unternehmensstrategie und Personalstrategie erkennen.
• Das Vorgehen in der Entwicklung einer Personalstrategie erfahren.
• Instrumente in der Strategieentwicklung kennen lernen.
2.1 Einleitung
Zuweilen lässt sich in Vorträgen hören: »Kultur isst Strategie zum Frühstück« oder als Steigerung »Culture eats strategy for breakfast, lunch and dinner«. Letzteres wahrscheinlich bei besonders hungrigen Kulturen. Die oben Aussprüche werden häufig dem amerikanischen Managementexperten Peter Drucker zugeschrieben. Eine verlässliche Quelle hierfür oder eine Zitation gibt es allerdings nicht. Natürlich stimmt es, dass sich Unternehmungen auch um ihre Kultur bemühen müssen und dass ein alleiniges Konzentrieren auf Strategie wenig hilft. Umgekehrt gilt allerdings sicher auch, dass eine (Unternehmens-) kultur ganz ohne Strategie bald auch nichts mehr zu essen hat.
Damit Personalmanagement im Unternehmen sinnvoll, d. h. für das Unternehmen und für die Mitarbeiter fruchtbar und gewinnbringend durchgeführt werden kann, bedarf es einer ausführlichen strategischen Planung des Personalmanagements. Trotz sonst guter Personalarbeit wird der Teil der strategischen Planung des Personalmanagements in vielen Unternehmen vernachlässigt, da er zunächst abstrakt und theoretisch klingt. Gerade viele kleine und mittlere Unternehmen gehen auch häufig davon aus, dass sich in ihren schnell verändernden Märkten oder aufgrund der guten Überschaubarkeit des Unternehmens eine strategische Planung speziell in diesem Bereich nicht lohnen würde. Diese Einstellung beruht vielleicht auf einem Missverständnis von dem, was strategisches Personalmanagement eigentlich bedeutet. Personalmanagement ist kein Wert an sich und findet nicht losgelöst vom Unternehmen statt. Vielmehr gilt: Personalmanagement macht nur in Verbindung mit der Gesamtstrategie des Unternehmens Sinn. Vor der Klärung der Strategie des Personalmanagements (im Folgenden der Einfachheit halber auch Personalstrategie genannt) steht daher die Klärung der grundsätzlichen Unternehmensstrategie. Strategisches Personalmanagement bedeutet, der Personalarbeit die Richtung zu geben, die sie braucht, um die Gesamtziele des Unternehmens sinnvoll zu unterstützen. Personalarbeit ohne ausdrückliche Ziele und ohne einen strategischen Rahmen kann diese anspruchsvolle Aufgabe nicht wirklich erfüllen und dies bedeutet letztlich Verschwendung im Bereich der Humanressourcen. Aus diesem Grund wird der Bereich des strategischen Personalmanagements im Folgenden sehr gründlich ausgeführt.
Die oben erwähnten Auswirkungen der Unternehmens- oder Geschäftsstrategie auf die Strategie und die Aufgaben des Personalmanagements werden in der folgenden Übersicht verdeutlicht:
Tab. 2: Unternehmensstrategien und mögliche Ableitungen
In den obigen Beispielen kann man auch von einer abgeleiteten Personalstrategie sprechen, d. h. die Unternehmensstrategie bestimmt die Strategie und damit auch die Maßnahmen des Personalmanagements.
Eine Umkehrung der Reihenfolge »Personalstrategie folgt der Unternehmensstrategie« wird in der sog. »ressourcenorientierten Personalstrategie« vorgenommen. Hier bestimmt die Personalstrategie die Unternehmensstrategie. Anstatt zu fragen, »welches Personal brauchen wir für die Umsetzung der Unternehmensstrategie?« fragt man: »Welche Märkte/Geschäftsfelder lassen sich mit den aktuellen sowie den potenziellen Qualifikationen der Mitarbeiter erschließen?«
Die ressourcenorientierte Personalstrategie bildet aber den (theoretischen) Ausnahmefall. In aller Regel sind Unternehmen auch bei großer Flexibilität nicht in der Lage, ein solches strategisches Modell anzuwenden. Daher wird die ressourcenorientierte Strategie auch im Folgenden vernachlässigt und die Ausführungen beschränken sich auf den »Normalfall«, also der Ableitung einer Personalstrategie aus der Unternehmensstrategie.
Die Entwicklung einer Personalstrategie umfasst typischerweise die folgenden fünf Schritte:
1. Die Situationsanalyse, bestehend aus der Analyse der eigenen Situation, der Konkurrenzanalyse und der Umfeldanalyse.
2. Die Zieldefinition, d. h. die Festlegung des Zielzustandes/der Zielzustände in Bezug auf die Unternehmens- oder Geschäftsstrategie.
3. Die Klärung des Entwicklungsbedarfs mit einer Analyse der Soll-Ist-Abweichung.
4. Die Maßnahmenplanung als Konkretisierung der Handlungen zur Überwindung der Ist-Soll-Abweichung.
5. Die Realisierung, d. h. die Durchführung von Maßnahmen und Überprüfung der Zielerreichung.
Abb. 2: Entwicklung einer Personalstrategie
2.2 Situationsanalyse
2.2.1 Grundgedanken
Wie der Name sagt, geht es in diesem Schritt darum, die Ausgangsituation für die spätere Strategie zu ergründen. Die Situationsanalyse umfasst dabei drei Teilschritte: die Analyse der eigenen Situation (die strategische Ausrichtung des Unternehmens und die Auswirkungen auf den Personalbereich, der Qualifikationsstand der Mitarbeiter u. Ä.), die Umfeldanalyse (die Attraktivität des eigenen Unternehmens für Mitarbeiter, wesentliche Einflussfaktoren aus dem wirtschaftlichen und sozialen Umfeld) und eine Risikoanalyse (besondere Risiken im Personalbereich). Grundgedanke der Situationsanalyse ist, dass die Ausgangssituation des Personalmanagements, wie andere Unternehmensbereiche auch, von unterschiedlichen externen und internen Faktoren beeinflusst wird. In der folgenden Übersicht vom Rationalisierungs-Kuratorium der Deutschen Wirtschaft (RKW, 1996, zitiert nach SCHOLZ, 2014) werden einige Einflussfaktoren und ihre Auswirkungen dargestellt:
Tab. 3: Einflüsse auf den Personalbedarf außerhalb des Unternehmens
Tab. 4: Einflüsse auf den Personalbedarf innerhalb des Unternehmens
2.2.2 Analyse der eigenen Situation
Die Analyse der eigenen Situation befasst sich mit den Fragen:
• Welche strategischen Ziele verfolgt das Unternehmen und wie kann die Personalentwicklung diese Ziele unterstützen?
• Welche Mitarbeiter will das Unternehmen?
• Welche Mitarbeiter haben wir heute?
• Wie ist der Qualifikationsstand der heutigen Mitarbeiter?
Ausgangspunkte der Überlegungen sind also die wirtschaftliche Lage des Unternehmens sowie seine strategischen Ziele und Pläne. Auf diese Dinge muss sich eine Personalstrategie beziehen, um für das Unternehmen gewinnbringend zu sein. Die folgende Tabelle zeigt, welche Punkte zunächst geklärt werden müssen:
Tab. 5: Fragen beim Aufbau einer Personalstrategie
Auf Basis dieser Überlegungen kann eine erste Richtung für die Aufgaben des Personalmanagements im Unternehmen festgelegt werden.
Im Rahmen der feineren Entwicklung der Personalstrategie ist es häufig nötig und sinnvoll, sich einen Überblick über die Qualitäten des vorhandenen Mitarbeiters zu verschaffen. Für einen solchen ersten Überblick, können unterschiedliche Analyseinstrumente eingesetzt werden, die Informationen von unterschiedlicher Tiefe (je nach Bedarf) liefern. Einige dieser Analyseinstrumente werden im Folgenden kurz dargestellt.
Eines der einfachsten Analyseinstrumente leitet sich aus den Prinzipien der Portfolioanalysen ab. Im sog. Human-Ressourcen-Portfolio nach BÜHNER (1997) werden Mitarbeiter anhand ihres Potenzials und ihrer gegenwärtigen Leistung in vier Gruppen eingeteilt:
Schwierige Mitarbeiter | = niedrige gegenwärtige Leistung/niedriges Leistungs- und Entwicklungspotential |
Routinierte Mitarbeiter | = hohe gegenwärtige Leistung/niedriges Leistungs- und Entwicklungspotential |
Entwicklungsfähige Mitarbeiter | = niedrige gegenwärtige Leistung/hohes Leistungs- und Entwicklungspotential |
Herausragende Mitarbeiter | = hohe gegenwärtige Leistung/hohes Leistungs- und Entwicklungspotential |
Abb. 3: Human-Ressourcen Portfolio nach...