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Pflegebedarf und Versorgungssituation bei älteren Menschen in Heimen

Demenz, Angehörige und Freiwillige, Beispiele für 'Good Practice'

VerlagKohlhammer Verlag
Erscheinungsjahr2009
Seitenanzahl350 Seiten
ISBN9783170266438
FormatePUB/PDF
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis24,99 EUR
Die Sicherstellung einer angemessenen vollstationären Betreuung von Hilfe- und Pflegebedürftigen stellt eine Herausforderung im demografischen Wandel dar. Die Veröffentlichung stützt sich auf ein repräsentativ angelegtes Forschungsprojekt und benennt die wichtigsten Trends in der vollstationären Pflege. Einen Schwerpunkt bildet die Situation von Demenzkranken. Großer Wert wird auf die Bestimmung von Potenzialen zur Verbesserung der Qualität in der Betreuung und Versorgung gelegt.

Ulrich Schneekloth ist Forschungsdirektor bei TNS Infratest Sozialforschung und dort Leiter des Bereichs 'Familie und Generationen'. Prof. Dr. Hans Werner Wahl ist Leiter der Abteilung für Psychologische Alternsforschung des Psychologischen Instituts der Universität Heidelberg.

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Leseprobe

2 Entwicklungstrends in der stationären Versorgung – Ergebnisse der Infratest-Repräsentativerhebung


Ulrich Schneekloth und Ingolf von Törne

2.1 Einleitung


Vollstationäre Alteneinrichtungen bilden in Deutschland trotz der vielfältigen Kritik, die immer wieder gegen heimmäßig betriebene Pflegeangebote vorgebracht wird (Dörner, 2007; Breitscheidel, 2006; Fussek & Loerzer, 2005), nach wie vor einen wichtigen Bestandteil der Regelversorgung.

Eine der zentralen Ergebnisse der 1994 durchgeführten Repräsentativerhebung im Projekt MuG II war, das auch die Bewohnerinnen und Bewohner von stationären Alteneinrichtungen differenzierte Alltagskompetenzen und einen sehr unterschiedlichen Bedarf an Hilfe und Pflege aufweisen. Insbesondere die stark streuenden Verweildauern zwischen nur wenigen Monaten oder aber sehr vielen Jahren unterstreichen die Bedeutung, die neben einer fachgerechten Pflege auch den wohnlichen Aspekten und der im umfassenden Sinne zu realisierenden Lebensqualität zukommt (Schneekloth & Müller, 1996).

Als eine Folge des sich u.a. vor dem Hintergrund der Einführung der Pflegeversicherung verstärkt vollziehenden strukturellen Wandels wird in den letzten Jahren zunehmend darauf verwiesen, dass sich inzwischen im Bereich der stationären Altenhilfe wichtige Veränderungsprozesse hin zu einer sich stärker ausprägenden Pflegebedürftigkeit der Bewohnerinnen und Bewohner, einer abnehmenden Verweildauer sowie einer deutlichen Zunahme des Anteils von demenziell erkrankten Personen vollzogen haben (DV 2001). Parallel dazu haben sich allerdings auch die Rahmenbedingungen, z. B. im Bereich der infrastrukturellen Substanz (Modernisierung), dem Grad der Professionalisierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder auch in Gestalt einer zunehmenden Verbreitung von Konzepten, die auf eher kleinräumig und wohngruppenorientierte Wohn- und Betreuungsformen sowie auf die explizite Einbeziehung von Angehörigen und auch ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern als »neue Akteure« setzen, verändert. (»Altenhilfestrukturen der Zukunft«: WIAD; TNS Healthcare; TNS Infratest Sozialforschung, 2004; »KDA-Hausgemeinschaften«: Winter, Gennrich & Haß, 2002).

Auffällig in diesem Zusammenhang ist allerdings, dass es zu den Veränderungsprozessen im Bereich der stationären Altenhilfe in Deutschland noch immer vergleichsweise wenig aussagekräftige und verallgemeinerbare Datenbestände gibt. Die seit 1999 beim Statistischen Bundesamt konsolidiert verfügbare Amtliche Pflegestatistik liefert inzwischen die erforderlichen Rahmendaten zum Beispiel zur Zahl der (voll-)stationär betriebenen Pflegeheime, zu deren Größe und Trägerstruktur, zum Personal, zur Höhe der Pflegesätze sowie zur Zahl der Pflegebedürftigen (Statistisches Bundesamt, 2-jährlich, lfd. Jahr).5 Ergebnisse zur Qualität der Pflege finden sich in den Prüfberichten des MDS (MDS 2007). Daten zu Finanzentwicklung der Sozialen Pflegeversicherung sowie ebenfalls zur Zahl der Leistungsempfänger sind schließlich beim zuständigen Bundesministerium für Gesundheit abrufbar (BMG, lfd. Jahr).

Die verfügbaren amtlichen Datensätze schließen eine wesentliche Lücke in der Sozialberichterstattung. Die angesprochenen Strukturveränderungen im Hilfe- und Pflegebedarf der Bewohnerinnen und Bewohner sowie die konzeptionellen Veränderungen in den Einrichtungen können auf Basis dieser Daten allerdings nicht analysiert werden.

2.2 Untersuchungskonzept und methodische Umsetzung


2.2.1 Forschungsfragen


Die Untersuchung zielt darauf ab, repräsentative Daten und Befunde zu erheben, die es ermöglichen, die Enwicklungsprozesse im Bereich der vollstationären Altenhilfe sowie die Lebenssituation der Bewohnerinnen und Bewohner fundiert und im Zusammenhang zu beurteilen.

Forschungsleitend sind die folgenden Fragestellungen:

  • Welche strukturellen Veränderungsprozesse haben sich im letzten Jahrzehnt bezüglich des Hilfe- und Pflegebedarfs der Bewohnerinnen und Bewohner vollzogen?
  • Wie haben sich die Lebensqualität und Versorgungssituation sowie die Spielräume zur Aufrechterhaltung einer möglichst selbstständigen Lebensführung innerhalb von stationären Einrichtungen entwickelt?
  • Wie stellt sich die Situation im Vergleich zur Betreuung und Versorgung in Privathaushalten dar?

Die Repräsentativerhebung kann Auskunft darüber geben, welchen Stellenwert und welche Bedeutung die möglichen Trends und Veränderungsprozesse im Vergleich zur Situation zu Beginn der 1990er Jahre bekommen haben. Methodisch wurde hierbei sichergestellt, dass die Ergebnisse unmittelbar mit den Daten der Repräsentativerhebung MuG II (Schneekloth & Müller, 1994) vergleichbar sind.

2.2.2 Methodik


Mit der Repräsentativerhebung wurden im Rahmen einer bewohnerbezogenen Befragung aktuelle Daten zu den folgenden Bereichen gewonnen:

  • demografische Merkmale der Bewohnerinnen und Bewohner,
  • Art und Umfang der vorhandenen Aktivitätseinschränkungen und des Hilfe- und Pflegebedarfs,
  • Versorgungs- und Betreuungssituation,
  • Wohnliche Merkmale und soziale Kontakte.

Darüber hinaus wurden im Rahmen einer heimbezogenen Befragung Daten zu relevanten institutionellen Merkmalen erhoben:

  • Art, Größe und Trägerschaft der Einrichtung,
  • Versorgungskonzept und Ablauforganisation,
  • Leistungsangebote,
  • personelle Situation (Personal, Einbeziehung von Angehörigen und ehrenamtliche Helferinnen und Helfer) und Pflegesätze.

Die Infratest Heim-Erhebung ist zum Jahresende 2005 als repräsentative Stichtagsbefragung durchgeführt worden. Befragt wurden die Pflegerinnen und Pfleger von insgesamt 4229 Bewohnerinnen und Bewohnern aus 609 Alteneinrichtungen in Deutschland. Die Erhebung erfolgte persönlich-mündlich durch erfahrene und entsprechend geschulte Interviewerinnen und Interviewer.

Die Einrichtungen sowie die Bewohnerinnen und Bewohner, über die Auskünfte einzuholen waren, wurden streng nach einem mathematisch exakten Zufallsverfahren ausgewählt. Die Auswahl erfolgte in zwei Stufen. In einem ersten Schritt wurde eine plätzeproportionale Stichprobe von vollstationären Einrichtungen aus dem Bereich der Altenhilfe gebildet. Hierbei wurde auf den Datenbestand des Altenheim-Adressbuches (Vincentz-Verlag, Stand von 2005), zurückgegriffen. Zur Grundgesamtheit der Untersuchung gehören alle im Altenheim-Adressbuch verzeichneten vollstationären Alteneinrichtungen, in denen die Bewohnerinnen und Bewohner auf Dauer leben. Neben den sog. vollstationären Dauerpflegeeinrichtungen, die insgesamt oder für bestimmte Teile der Einrichtung einen stationären Versorgungsvertrag gemäß § 72, SGB XI »Soziale Pflegeversicherung« abgeschlossen haben, wurden darüber hinaus auch solche Altenwohneinrichtungen mit berücksichtigt, die in Anlehnung an § 1 Heimgesetz vollstationär betrieben werden. Hierbei handelt es sich um solche Einrichtungen, in denen die Bewohnerinnen und Bewohner ebenfalls auf Dauer wohnen und für die standardmäßig typische hauswirtschaftliche Versorgungsleistungen (Mahlzeiten, Reinigung der Zimmer etc.) vorgesehen sind.

Nicht zur Grundgesamtheit gehören hingegen – abgesehen von den definitionsgemäß ausgeschlossenen Krankenhäusern, psychiatrischen Kliniken, Kur- oder Reha-Einrichtungen sowie den Heimen aus dem Bereich der Behindertenhilfe – teilstationäre Einrichtungen (Tages-, Nacht- oder Kurzzeitpflege) sowie Seniorenwohnungen, Wohngemeinschaften oder sonstige Formen des sog. betreuten Wohnens, bei denen keine vollstationären Versorgungsangebote obligatorisch sind.

Als zweiter Schritt des Auswahlverfahrens wurden in jeder Einrichtung Informationen über sieben zufällig ausgewählte Bewohnerinnen und Bewohner eingeholt. Dabei wurden die Zielpersonen anhand der Bewohner-Kartei je nach Größe der Einrichtung in einem bestimmten Intervall ausgewählt. In einer Einrichtung mit 70 Bewohnerinnen und Bewohnern wurde dann z.B. vorgegeben, jede zehnte Person auszuwählen. In kleineren oder größeren Einrichtungen wurde ein entsprechendes Intervall gewählt. Um auch wirklich alle Bewohnerinnen und Bewohner, unabhängig von ihrer gesundheitlichen Situation und ihrem gegenwärtigen Befinden, mit einzubeziehen, wurde die Befragung einheitlich anhand von Fremdauskünften des zuständigen Pflege- oder Betreuungspersonals durchgeführt.

Tab. 2.1: Stichprobendesign und Bearbeitung

Bund

West

Ost

1. Stufe:

Zufallsauswal von vollstationären Alteneinrichtungen in Deutschland

Brutto (abs.)

1116

916

190

Qualitätsneutrale Ausfälle (in %)

Heim gehört nicht zur Zielgruppe

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