Vertrödeln Sie keine Zeit damit, in unzähligen Qualitätszirkeln einen entsprechenden Prozess zu beschreiben und zu planen, wenn Sie noch kein geordnetes Pflegestufenmanagement haben. Legen Sie lieber sofort los. Kurzfristige Maßnahmen zeigen bereits nach wenigen Monaten spürbare Effekte.
Damit Sie sich bei den kurzfristigen Maßnahmen nicht verzetteln, sollten Sie die entsprechenden Inhalte der „Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes zur Begutachtung von Pflegebedürftigkeit nach dem XI. Buch des Sozialgesetzbuches“ kennen. Dort wird beschrieben, welche Verrichtungen zur Bestimmung der Pflegestufe gezählt werden. Ferner sind für diese Verrichtungen Zeitkorridore hinterlegt.
Pflegerische Verrichtungen
■ Waschen, Duschen, Baden
■ Zahnpflege
■ Kämmen
■ Rasieren
■ Darm- und Blasenentleerung
■ Mundgerechtes Zubereiten der Nahrung
■ Aufnahme der Nahrung
■ Selbstständiges Aufstehen und Zubettgehen
■ Umlagern
■ An- und Auskleiden Gehen, Stehen (Transfer) Treppensteigen
■ Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung
Darüber hinaus müssen Sie den nächtlichen Pflegebedarf erheben. Zusätzlich zu den Verrichtungen können Sie erschwerende Faktoren geltend machen, um Bewohner in eine höhere Pflegestufe einordnen zu lassen:
■ Körpergewicht über 80 kg
■ Kontrakturen/Einsteifung großer Gelenke/Fehlstellungen der Extremitäten
■ Hochgradige Spastik, z. B. bei Hemi- oder Paraparesen
■ Einschießende unkontrollierte Bewegungen
■ Eingeschränkte Belastbarkeit infolge schwerer kardiopulmonaler Dekompensation mit Orthopnoe und ausgeprägter zentraler und peripherer Zyanose sowie peripheren Ödemen
■ Erforderlichkeit der mechanischen Harnlösung oder der digitalen Enddarmentleerung
■ Schluckstörungen/Störungen der Mundmotorik, Atemstörungen
■ Abwehrverhalten/fehlende Kooperation mit Behinderung der Übernahme (z. B. bei geistigen Behinderungen/psychischen Erkrankungen)
■ Stark eingeschränkte Sinneswahrnehmung (Hören, Sehen) Starke therapieresistente Schmerzen
■ Pflegebehindernde räumliche Verhältnisse
■ zeitaufwendiger Hilfsmitteleinsatz (z. B. bei fahrbaren Liftern/Decken-, Wand-Liftern)
■ Verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen die aus medizinisch-pflegerischen Gründen regelmäßig und auf Dauer
– untrennbarer Bestandteil der Hilfe bei den in § 14 Abs. 4 SGB XI genannten Verrichtungen der Grundpflege sind oder
– objektiv notwendig im unmittelbaren zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit diesen Verrichtungen vorgenommen werden müssen.
Zeitkorridore
Pflegestufe I | Mehr als 45 Minuten |
Pflegestufe II | 120 Minuten |
Pflegestufe III | 240 Minuten |
Formen des Hilfebedarfs
Im Rahmen der pflegerischen Begutachtung wird zwischen folgenden Formen des Hilfebedarfes unterschieden:
■ Vollständige Übernahme
■ Teilweise Übernahme
■ Unterstützung
■ Beaufsichtigung und Anleitung
Diese Informationen geben Ihnen die Richtung vor, welche Verrichtungen bei den Bewohnern entscheidenden Einfluss auf die Pflegestufe haben.
Exkurs: § 87b
Neben der pflegerischen Begutachtung muss die Einrichtung auch immer jene Bewohner im Auge haben, die einen „erheblichen Bedarf an allgemeiner Beaufsichtigung und Betreuung“ haben. In der Regel wird dies bei der Einstufungsbegutachtung überprüft. Intern können Sie ein eigenes Screening mit einer solchen Checkliste durchführen:
1 | Unkontrolliertes Verlassen des Wohnbereiches (Weglauftendenz) | |
2 | Verkennen oder Verursachen gefährdender Situationen | |
3 | Unsachgemäßer Umgang mit gefährlichen Gegenständen oder potenziell gefährdenden Substanzen | |
4 | Tätlich oder verbal aggressives Verhalten in Verkennung der Situation | |
5 | Im situativen Kontext inadäquates Verhalten | |
6 | Unfähigkeit, die eigenen körperlichen und seelischen Gefühle oder Bedürfnisse wahrzunehmen | |
7 | Unfähigkeit zu einer erforderlichen Kooperation bei therapeutischen oder schützenden Maßnahmen als Folge einer therapieresistenten Depression oder Angststörung | |
8 | Störungen der höheren Hirnfunktionen (Beeinträchtigungen des Gedächtnisses, herabgesetztes Urteilsvermögen), die zu Problemen bei der Bewältigung von sozialen Alltagsleistungen geführt haben | |
9 | Störung des Tag-/Nacht-Rhythmus | |
10 | Unfähigkeit, eigenständig den Tagesablauf zu planen und zu strukturieren | |
11 | Verkennen von Alltagssituationen und inadäquates Reagieren in Alltagssituationen | |
12 | Ausgeprägtes labiles oder unkontrolliert emotionales Verhalten | |
13 | Zeitlich überwiegende Niedergeschlagenheit, Verzagtheit, Hilflosigkeit oder Hoffnungslosigkeit aufgrund einer thera-pieresistenten Depression. | |
Die Alltagskompetenz ist erheblich eingeschränkt, wenn der MDK-Gutachter oder die von der Pflegekasse beauftragten Gutachter bei dem Pflegebedürftigen wenigstens in zwei Bereichen, davon mindestens einmal aus einem der Bereiche 1 bis 9, dauerhafte und regelmäßige Schädigungen oder Fähigkeitsstörungen feststellen.
Auch im Bereich der erheblich in ihrer Alltagskompetenz eingeschränkten Heimbewohner liegt Potenzial, um eine adäquate Personalbesetzung anzustreben. Darüber hinaus besteht in diesem Bereich ebenso Umsatzpotenzial (siehe Kapitel 2.3).
Sie sollten monatlich eine Statistik über die besonderen Pflegesituationen bei allen Bewohnern führen. Nach einer solchen Statistik fragt beispielsweise der MDK im Rahmen seiner Qualitätsprüfungen zu Beginn des Prüftages.5 Doch die Statistik hilft Ihnen nicht nur, die für die MDK-Qualitätsprüfung relevanten Prozesse im Blick zu haben. Vielmehr ist diese monatliche Erhebung nützlich, um das Pflegestufenmanagement in Ihrer Einrichtung zu forcieren. Der Grund ist einfach: Die Liste zur Erhebung besonderer Pflegesituationen weist auf viele für die Pflegestufe relevanten pflegerischen Verrichtungen hin. Damit eine 100%ige Deckung erfolgen kann, sollten Sie die MDK-Liste erweitern (siehe Tabelle 11).
Tabelle 11: Das monatliche Reporting
Pflegesituation | Anzahl | davon im Haus entstanden |