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Physik ist, wenn's knallt

Wie man selber Trockeneis herstellt und mit Käse einen Menschen schweben lässt ? Experimentierspaß aus dem echten Leben mit den Physikanten - Mit einem Vorwort von Elton

AutorJudith Weber, Marcus Weber
VerlagHeyne
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl224 Seiten
ISBN9783641233792
FormatePUB
KopierschutzDRM
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis14,99 EUR
Physik zum Staunen und Nachmachen

Sie möchten mit Wirbelringen zum Star im Schwimmbad werden, einen Feuertornado im Papierkorb entfesseln oder mit Ihren Kindern Raketen bauen, die jedes Gartenfest rocken? Kein Problem!
Judith und Marcus Weber liefern zahlreiche zündende Ideen zum Nachmachen. Sie erzählen humorvoll vom Alltag voller verrückter naturwissenschaftlicher Phänomene, bieten einfache Versuchsanleitungen und erklären verständlich die Wissenschaft dahinter. Die verblüffenden Experimente der Physikanten - jetzt endlich zum Selbermachen!

Mit einem Vorwort von Elton

Marcus Weber ist Diplom-Physiker. Mit seiner Firma »Physikanten & Co.« konzipiert er Wissenschaftsshows mit spektakulären Experimenten. Er arbeitete u.a. schon für »Frag doch mal die Maus«, »Die beste Klasse Deutschlands«, den »ZDF-Fernsehgarten« und »Galileo«. Aktuell steht Marcus Weber regelmäßig für die Sendung »Wer weiß denn sowas? XXL« vor der Kamera. Wenn er sich mal über die Physik ärgert, dann meist über die mangelnde Elastizität seiner Augen - und die Notwendigkeit, eine Lesebrille zu tragen.

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Leseprobe

Staubsauger, Föhne und andere Monster

»Wir waren total verzweifelt, weil unser Kleiner über Stunden geschrien hatte. Wir haben die App runtergeladen, und es hat keine fünf Sekunden gedauert, bis die Augen zugingen. WAHNSINN!«

»Seitdem ich diese App habe, schlafe ich wie ein Stein.«

Die App, die im Playstore diese Begeisterung auslöst, ist ein Staubsauger. Wenn man sie herunterlädt, dröhnt das Handy wie ein Sauger, und Babys schlafen ein. Der Werbetext verheißt: »Es gibt Geräusche, die sind so vertraut und beruhigend, dass wir uns entspannen, sobald wir sie hören. Der Staubsauger liefert eines dieser Geräusche.« Schließlich hätten wir ihn alle schon im Mutterleib gehört.

Vielleicht haben wir zu wenig Staub gesaugt, als ich mit Julia schwanger war. Wir waren Studenten und versuchten, die letzten Klausuren zu bestehen. Möglicherweise ist unser Fußboden dabei ein wenig zu kurz gekommen. Baby Julia jedenfalls empfand den Staubsauger nicht als vertrautes Geräusch, sondern als Monster. Sie schlief auch nicht beim Haareföhnen. Möglicherweise war in der Schwangerschaft auch meine Frisur etwas zu kurz gekommen. Wir versuchten zu putzen, wenn Julia eingeschlafen war. Es half nicht. Staubsauger an – Geschrei an. Staubsauger aus – Geschrei aus.

Besser ging es, wenn sie beim Staubsaugen im Tragetuch saß, in sicherer Höhe über dem gefährlichen Sauger. Vor unseren Bauch geschnallt schlief sie ein, schlief stundenlang, an uns gekuschelt wie ein kleiner Heizofen, beschützt vor den Haushaltsmonstern dieser Welt.

So erledigten wir unsere Hausarbeit etwa zwölf Kilo lang. Als Julia so viel wog, war sie etwas mehr als ein Jahr alt. Sie konnte krabbeln und ein paar Schritte laufen. Mein Rücken war vom Tragen so verspannt, dass ich gar nicht mehr laufen mochte. »Es muss eine andere Lösung geben«, meinten Marcus und ich. Wir schenkten Julia einen Kinderstaubsauger, damit sie neben uns her saugen konnte. Ein hässliches, rot-blaues Ding, das das Parkett zerkratzte und schrill kreischte. Zwei Staubsauger an – Geschrei an. Zwei Staubsauger aus – Geschrei aus.

Das Wunder geschah eines Tages, als Marcus staubsaugte. Julia saß zeternd auf dem Sofa, Marcus schob den Sauger über den Boden. Mit der anderen Hand räumte er die Spielsachen zur Seite, die ihm im Weg lagen in dem Zimmer, das eigentlich unser Wohnzimmer war. Zwischen Bauklötzen und Schleichpferden lag ein Luftballon, den wir am Tag zuvor am Wahlwerbestand der SPD vor dem Supermarkt geschenkt bekommen hatten.

Marcus wusste nicht, wohin mit dem Ballon, er hatte keinen Platz im Regal und für die Spielzeugkiste war er zu groß. Marcus nahm ihn und legte ihn ab – auf dem Abluftgebläse des Staubsaugers. Dort schwebte der Ballon in der Luft, drehte sich ein bisschen und fuhr sogar über dem Staubsauger mit. Auf dem Sofa verstummte das Schreien. Julia kletterte herunter und lief mit wackligen Schritten auf den Ballon zu, ein Strahlen im Gesicht. Jauchzend folgte sie dem Sauger durchs Wohnzimmer, stupste den Ballon an, und wenn er herunterfiel, setzte Marcus ihn wieder auf das Gebläse.

Schließlich war das Zimmer sauber. Marcus stellte den Staubsauger aus. Der Ballon trudelte zu Boden. »Da!«, schrie Julia und zeigte auf den Sauger.

Marcus saugte auch noch im Bad.

»Daaa!«

Marcus saugte das Schuhregal aus.

»Daaaaaa!«

Ab diesem Tag galten neue Regeln: Staubsauger an – Geschrei aus! Staubsauer aus – Geschrei an. Es war jetzt sehr sauber bei uns. Auch der Föhn durfte laufen – solange ein Ballon darauf schwebte. Dann konnte man nur nicht mehr die Haare föhnen.

Inzwischen hat Julia ein Handy. Ohne Staubsaugerapp, obwohl die ja auch für Ältere sehr entspannend sein soll. »Ich bin 14 und liebe den Ton einfach«, schreibt eine Nutzerin im Playstore. Julia nutzt das physikalische Prinzip, nach dem der Ballon auf dem Gebläse schwebt, lieber anderweitig. Wenn die Hausaufgaben zu langweilig sind, schraubt sie ihren Kuli auseinander. Sie nimmt den spitzen Teil, aus dem die Mine herauskam, legt den Kopf in den Nacken und pustet von unten durch. Oben in den Luftstrom legt sie einen Tischtennisball. Unter dem Schreibtisch liegt hinterher ein schmaler, silberner Plastikring, der zwischen die beiden Hälften der Kulihülle geschraubt war und den Julia beim Wiederzusammenbauen vergessen hat. Und die kleine Feder, die eigentlich um die Mine gehört. Beides saugen wir einfach weg.

Experiment:

Der schwebende Tischtennisball

Was man physikalisch so alles mit einem Staubsauger machen kann, erklärt am besten der Physiker selbst. Das weiß Marcus einfach besser.

Sie brauchen (für Anfänger):

  • einen Haartrockner
  • 1-2 Tischtennisbälle

Sie brauchen außerdem (für ein Spiel):

  • Drahtkleiderbügel und eine Möglichkeit, diese frei hängend zu befestigen (zum Beispiel an einer Wäscheleine oder an einer Schnur, die Sie durchs Wohnzimmer spannen)

Sie brauchen (für Fortgeschrittene):

  • einen auseinanderschraubbaren Kugelschreiber und einen Tischtennisball

oder

  • einen Knick-Trinkhalm und eine Styroporkugel, Durchmesser ca. 3 cm

oder

  • eine Styroporkugel, Durchmesser ca. 3 cm, und viel Luft

oder

  • ein starkes Industriegebläse und einen großen Wasserball

So geht’s:

Richten Sie den Föhn nach oben, auf voller Stärke und mit Kaltluft (sollte Ihr Föhn keine Kaltluft haben, funktioniert das Experiment auch mit Warmluft). Am besten klappt es, wenn Sie einen Aufsatz benutzen, der oben schmal ist. Wer mag, kann auch als Verjüngung eine Tülle aus Papier basteln und an den Föhn kleben, sodass die Luft aus einer kleineren Öffnung strömt.

Legen Sie den Tischtennisball vorsichtig in den Luftstrom. Er schwebt! Neigen Sie den Föhn zur Seite und versuchen Sie, den Ball möglichst lange im schräger werdenden Luftstrom zu halten. Der Ball entfernt sich immer weiter vom Gebläse – bis er schließlich herunterfällt.

Bauen Sie sich einen Schwebe-Parcours! Hängen Sie einfache Drahtkleiderbügel mit einer Schnur von der Decke herab. Führen Sie den Föhn unter den Kleiderbügeln hindurch und lassen Sie Ihren Tischtennisball so durch die Bügel »klettern«.

Probieren Sie, ob Sie zwei Bälle im Luftstrom balancieren können. Mir gelingt es immer nur für ein paar Sekunden, aber vielleicht sind Sie geschickter.

Wenn Sie viel Puste haben, probieren Sie es mit einem auseinandergeschraubten Kugelschreiber. Nehmen Sie die Innereien heraus, sodass Sie das Vorderteil als Düse nutzen können. Legen Sie den Kopf in den Nacken und pusten Sie kräftig hindurch. Versuchen Sie, den Tischtennisball auf dem schmalen Luftstrom schweben zu lassen.

Leichter geht es so: Eine kleine Styroporkugel (aus dem Bastelgeschäft) können Sie mit der Kugelschreiber-Düse viel höher pusten als den Tischtennisball. Noch bequemer geht es mit einem Knick-Strohhalm. Profis bauen mit einem Draht noch einen Spiralkorb vorn um den Strohhalm, aus dem heraus man den Ball fliegen lassen kann – und in dem er wieder landet.

Was steckt physikalisch dahinter?

Zwei bemerkenswerte Dinge sind hier zu beobachten: dass der Ball so stabil schweben kann und dass er sich im schrägen Luftstrom weiter von der Düse entfernt.

Schauen wir erst einmal, warum der Ball überhaupt schwebt. Ihm geht es wie einem Elternteil in einer Familie: Es wird von mehreren Seiten gezogen und geschoben, und am Schluss passiert gar nix mehr. Physikalisch gesprochen: Die beiden Kräfte, die hier wirken, heben sich auf. Die Gewichtskraft (auch Schwerkraft genannt) zieht den Ball nach unten, die Luft aus dem Föhn drückt ihn nach oben. Der Ball pendelt sich auf der Höhe ein, wo sich die Gewichtskraft und die Staukraft aus dem Föhn genau aufheben.

Wenn Sie den Föhn schräg halten, wird es kompliziert. Im schrägen Luftstrom sackt der Ball durch die Gewichtskraft ein wenig Richtung Boden. So strömt die Luft deutlich schneller über ihn hinweg als unter ihm hindurch.

Warum fällt der Ball nicht runter? In den meisten Büchern wird dies mit dem Bernoulli-Effekt erklärt. Dieser besagt ganz grob, dass in einem schnelleren Luftstrom ein niedrigerer Druck herrscht. Hier hieße das: Über dem Ball strömt die Luft schneller als unter ihm. Der Luftdruck unter dem Ball ist also höher. Er wirkt der Gewichtskraft entgegen und stabilisiert den Ball im Luftstrom.

Leider lässt sich das Bernoulli-Prinzip bei unserem Föhn nicht korrekt anwenden. Es gilt nämlich nur, wenn die Luft in einem eng begrenzten Raum strömt, zum Beispiel in einem Rohr. Das ist bei unserem Föhn ja nicht der Fall. Hier ist so viel Luft drumherum, dass die Raumluft einen Unterdruck einfach ausgleichen würde.

Es muss also eine andere Erklärung her, warum der Ball nicht runterfällt! Physikalisch sauber wird die Sache, wenn man sich überlegt, was mit der Luft passiert, die am Ball entlanggleitet. Gase und Flüssigkeiten neigen nämlich dazu, sich von gekrümmten Oberflächen umleiten zu lassen. Lassen Sie mal einen Wasserstrahl aus dem Wasserhahn über die Rückseite eines Löffels fließen: Der Strahl folgt dem gewölbten Verlauf des Löffels und wird seitlich abgelenkt. Dies wird Coandaeffekt genannt.

Gleichzeitig spüren Sie, dass der Löffel ein wenig in den Stahl hineingezogen wird. Isaac Newton hat...

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