Die Computerspielindustrie macht zwar Milliardenumsätze, doch wird der internationale Markt bestimmt von Sequels und Prequels, d.h. aus Vorgänger- und Nachfolgeteilen. Nur wenige große Unternehmen trauen sich an neue Konzepte heran. Zu groß sind der finanzielle Druck und die Versagensangst. Der weltweite Trend tendiert in Richtung Fortsetzungen von Erfolgsgeschichten. Viele Titel werden mittlerweile direkt als Mehrteiler geplant. In Japan ist das besonders ausgeprägt. Dort schrumpft die Branche, und nach dem Erdbeben im März 2011 herrscht im Bezug auf die Gesamtwirtschaft Pessimismus vor, was sich auch auf die Spielewirtschaft erstreckt.[32] In Deutschland sieht das etwas anders aus. Hier wächst der Markt und die Branchenexperten sind eher optimistisch.[33] Jedoch gibt es auch hierzulande eine Neigung seitens der Publisher in Richtung Wiederverwendung althergebrachter Erfolgsgeschichten und Lizenzierung bekannter Marken.
Im folgenden Kapitel wird ein Großteil der externen Analyse vorgenommen. Zunächst wird die Wertschöpfungsstruktur der Games-Branche mit einer Auflistung und einer kurzen Erklärung ihrer Relevanz beleuchtet. Danach wird der Marktaufbau aus internationaler Sicht betrachtet. Darauf folgend beleuchtet dieses Kapitel die deutsche Spieleindustrie mit den bedeutendsten Akteuren, welche für deutsche Entwickler und Publisher eine Rolle spielen.
2.1 Marktaufbau der Computerspielindustrie
Die Wertschöpfungsstruktur der Computerspiel-Branche unterscheidet sich in den unterschiedlichen Ländern kaum. Große Unterschiede gibt es jedoch in der Marktstruktur. Ein Weltmarkt ist kaum zusammenzufassen, da sich die Bedürfnisse und Ansprüche des Spielers, aber auch die Produktionsbedingungen stark unterscheiden.
Auf dem Weg eines Spieles von der Idee bis zum Verkauf des fertigen Produktes durchläuft es meist eine bestimmte Wertschöpfungsstruktur. Dabei dominieren zwei Hauptakteure den Produktions- und Distributionsprozess: der Entwickler des Spieles und sein Publisher. Weiterhin haben aber auch andere Akteure einen Einfluss auf diesen Prozess. Im Folgenden werden die einzelnen Akteure nacheinander erläutert.
Abbildung 6: Wertschöpfungsstruktur der Computerspielindustrie[34]
Wird die Wertschöpfung finanziell betrachtet, so entsteht folgendes Bild:
Wird ein Vollpreispiel für 50 Euro an einen Spieler veräußert, so bleiben ca. 10 Euro beim Einzelhandel, weitere 10 Euro verbleiben im Vertrieb (Großhandel), 26 Euro gehen an den Publisher, und der Entwickler erhält nur 4 Euro pro verkauftes Exemplar.
Im mobilen Bereich zahlt der Konsument beispielsweise 15 Euro. Davon gehen 5 Euro an den Vertrieb und 10 Euro an den Entwickler.
Onlinespiele hingegen haben oft keinen Zwischenhändler, sodass der gesamte, vom Konsumenten gezahlte Betrag, an den Entwickler geht.[35]
Hardwarehersteller
Unter einem Hardwarehersteller wird eine Firma verstanden, welche die technischen Spiele-Plattformen baut und verkauft. Solche Plattformen sind entweder PCs oder Konsolen. PCs haben dabei einen größeren Marktanteil inne. Dabei ist es für den Entwickler schwieriger, ein Spiel für einen PC zu produzieren, da dessen Hardware in jedem Haushalt anders ist, und er so auf sehr viele möglichen Kombinationen eingehen muss, um sicherzustellen, dass das Spiel auch darauf spielbar ist. Eine bestimmte Konsole hingegen hat dieses Hindernis nicht.[36]
Die Hardware hat einen bedeutenden Einfluss auf das Spielprodukt. Wird die Geschichte der Computerspielentwicklung betrachtet, dann wird ersichtlich, dass die Spiele immer nur so viel leisten konnten, wie die Hardware ihnen erlaubte. Dabei hat aber die Spielentwicklung ebenfalls einen Effekt auf die Hardwareentwicklung. Wenn nach mehr Realismus in Spielen verlangt wird, ist das auch eine Frage nach den technischen Möglichkeiten. Somit treiben sich beide Kräfte gegenseitig an.
Bei der Reproduktion des fertigen Spieles unterscheiden sich Konsolen- und PC-Titel voneinander. Bei Konsolenspielen übernimmt die Reproduktion des Spieles der Konsolenhersteller selbst oder ein von ihm autorisierter Reproduzent. Das bedeutet, dass (meist) der Publisher (s.u.) den fertigen Goldmaster (Master-Kopiervorlage des Spieles) an den Konsolenhersteller verkauft. Dieser stellt die Spiele her und verpackt sie und verkauft sie zurück an den Publisher. Bei PC-Spielen kann vom Publisher ein beliebiger Reproduzent für die Hardcopy ausgewählt werden.[37]
Engines
Spielengines sind Software, auf dessen Grundlage ein Spiel entwickelt wird. Dabei gibt es sehr viele Bereiche, für die diese Engines entwickelt werden. Am bekanntesten sind Grafik-Engines (z.B. Quake-Engine, Unreal-Engine), aber es gibt auch Engines für Physik, KI, Musik uvw. Zusammenfassend kann diese Software auch als Middleware bezeichnet werden. Durch sie können neue Spiele viel schneller entwickelt werden. Für die Entwickler ist es oft günstiger diese Engines fertig zu kaufen, statt sie selbst zu entwickeln.[38]
Entwickler (Produzent, Developer)
In den Entwicklungsstudios werden Spiele mit neuartigen Inhalten erschaffen. Der erste Schritt ist die Konzeption des Spieles, dann folgen die Programmierung, die inhaltliche Entwicklung und das Design. Danach wird es in der Qualitätssicherung geprüft. Ist es fertig wird der sogenannte Goldmaster erstellt[39]. Dabei sollte auf keinen Fall der zeitliche und finanzielle Aufwand unterschätzt werden. Die Entwicklung eines Vollpreisspiels dauert in der Regel zwischen 12 und 60 Monaten und kostet zwischen einer und 20 Millionen Euro. Die Entwicklung von Mobile Games ist günstiger und beläuft sich i.d.R. auf 30.000 bis 100.000 Euro.[40]
Die meisten Computerspiele werden von einem Publisher in Auftrag gegeben und vorfinanziert. Dabei handelt es sich oft um sogenannte Lizenzspiele, die ein geringes Risiko mit sich bringen, da bereits eine Fan-Community besteht. Solche Lizenzspiele basieren meist auf einem Film, einem Buch, einem Spielzeug, einer Fernsehshow oder einem anderem Spiel. Soll ein neuartiges Spiel entwickelt werden, muss sich der Entwickler oft erst einen Publisher suchen, den er für das Projekt begeistern kann.[41] Manche Entwickler produzieren das Spiel eigenfinanziert und bieten dann verschiedenen Publishers das im Entwicklungsprozess befindliche Spiel an. Werden mehrere Publisher für das Spiel gewonnen, so erhöhen sich die Möglichkeiten bei der Weiterproduktion des Spieles. In manchen Fällen produzieren und verkaufen die Entwickler ihr Produkt jedoch ohne der Hilfe eines Publishers direkt über eine Internetplattform.[42]
Die Entwicklerstudios können in verschiedenen Punkten variieren:
Größe des Studios und Anzahl der gleichzeitig entwickelten Spiele (auch mehrere Standorte sind möglich)
Rolle der oder des Publishers
Finanzierungsart
Plattform (eine oder mehrere)
Genre (Festlegung auf ein bestimmtes, oder ein Nischenprodukt ist möglich)
Grad der Eigenleistung (Engines, Artworks, Musik)[43]
Publisher und Entwickler müssen so nah zusammenarbeiten, dass ihre Organisationsform als Projektnetzwerk bezeichnet werden kann. Ähnlich wie in der Filmindustrie arbeiten mehrere Partner an einer Produktion.[44] Dabei sind diese Unternehmen nicht unbedingt über dieses Projekt aneinander gebunden und können für andere Projekte andere Partner haben. Mehrere Projekte können auch parallel laufen.[45]
PR hat für Entwickler eine eher untergeordnete Rolle. Es wird von ihm nicht vorzugsweise betrieben, um die von ihm erstellten Computerspiele an die Konsumenten zu bringen, sondern um den Finanzgebern zu zeigen, dass sie es wert sind, finanziell unterstützt zu werden. Entwickler untereinander befinden sich im Wettbewerb um die frei- oder großzügigsten Publisher.
Publisher (Verleger)
Hauptaufgaben der Publisher sind Contentbeschaffung (z.B. Lizenzen bei Lizenzspielen), Finanzierung und der Vertrieb des Computerspiels. Oft wählen sie sich das Entwicklerstudio aus und beauftragen es, das Spiel anzufertigen. Dazu ermächtigen sie oft einen Spieldesigner (Produzent) die Produktion zu planen, zu überwachen und zu steuern. Der Publisher hat Entscheidungsgewalt über folgende Dinge:
Auswahl des Entwicklerstudios...