In der Mitte viel, viel dünner
Jetzt können Sie es sich gemütlich machen und Ihr Projekt auf Autopilotbetrieb schalten.
Vom Standpunkt des produktiven Faulenzens aus betrachtet, lautet die für Projekte geltende Theorie: »Jedes Projekt ist vorne dick, in der Mitte viel, viel dünner und am hinteren Ende wieder dick.«
Ein produktiv faulenzender Projektleiter beaufsichtigt und steuert die Projektarbeiten nun mit möglichst geringem Aufwand. Das dicke vordere Ende mit all den anstrengenden Vorbereitungen und Planungsaufgaben liegt hinter ihm; in dieser Phase stehen die Ausführung der Aufgaben und deren Überwachung und Steuerung im Vordergrund.
»Ein Ganzes ist, was Anfang, Mitte und Ende hat.«
Aristoteles (384 v. Chr. – 322 v. Chr.)
Es gibt einige Kleinigkeiten zu beachten, die Ihnen die produktive Faulenzerphase versüßen: Sorgen Sie erstens dafür, dass das Projekt auf eine Art und Weise abgewickelt wird, die ein angenehmes, erfreuliches Arbeitsklima schafft, in dem die Arbeit Spaß macht. Und seien Sie zweitens allzeit bereit, sich aus Ihrem Lesesessel zu bequemen, um – gezielt, kontrolliert und produktiv, versteht sich – einzugreifen, falls und wann immer sich Schwierigkeiten ergeben.
Außerdem ist es nie verkehrt, nett und freundlich zu Ihren Projektmitarbeitern zu sein und gute Stimmung und Zuversicht hinsichtlich des erfolgreichen Projektverlaufs zu verbreiten. Ein freundlicher, aufgeschlossener Führungsstil kommt bei Mitarbeitern immer gut an, allerdings ist damit auch die Gefahr verbunden, dass man Ihre Aufgeschlossenheit überstrapaziert. Daher müssen Sie lernen, wie Sie eine Politik der offenen Tür verfolgen, ohne bei jeder Kleinigkeit um Rat gefragt zu werden.
Mit Spaß geht die Arbeit viel leichter von der Hand
Und lachen müssen Sie; ja, ich glaube, das müssen Sie.
»Ich liebe Abgabetermine. Ganz besonders mag ich das zischende Geräusch, das sie machen, wenn sie an mir vorbeisausen.«
Douglas Adams, Autor von Per Anhalter durch die Galaxis
Ohne Lichtblicke und erheiternde Momente kann das Reich der Projekte ein sehr düsterer und deprimierender Ort sein. Eine professionelle und zugleich humorvolle Art der Projektabwicklung stärkt Ihre Abwehrkräfte gegen Probleme, die Ihren perfekt ausgeklügelten Projektplan durchkreuzen. Und wenn Sie sich einer Sache gewiss sein können, dann der, dass es Probleme geben wird.
Im Laufe meiner beruflichen Karriere habe ich schon alles Mögliche unternommen, um den Teamgeist zu stärken, Licht in die Finsternis so mancher Höllenprojekte zu tragen und brenzlige Situationen zu entschärfen. Ich habe sogar schon einmal vor der versammelten Projektmannschaft die volle Verantwortung für jede einzelne große und kleine Schwierigkeit innerhalb des Projektverlaufs auf mich genommen und mir, nachdem ich den Raum verlassen hatte, lautstark die Leviten gelesen (in einem imaginären Zwiegespräch zwischen mir und meinem Boss, das damit endete, dass ich mich selbst feuerte). Mit meinem Schuldeingeständnis erreichte ich, dass sich die vorher extrem verhärteten Fronten zwischen den einzelnen Teams und Projektmitarbeitern wieder lockerten.
Sofern es auf professionelle Art erfolgt, heißt Fehler eingestehen nicht zwangsläufig, an Ansehen und Autorität einbüßen. Es ist im Gegenteil viel wahrscheinlicher, dass Ihre Leute es als positiv und beruhigend betrachten, dass Sie kein unfehlbarer Projektleiter, sondern ein ganz normaler Mensch sind, mit dem sie ganz normal umgehen und im Arbeitsalltag auch einmal ein paar Witze reißen können.
Dass sich konfliktträchtige Situationen mit einer Prise Humor oft sehr einfach entschärfen lassen, zeigt sich auch in dem Umfeld, in dem es wohl am schnellsten und häufigsten zu hitzigen Streitereien kommt – dem eigenen Zuhause. Wenn Ihr Sprössling wieder einmal so richtig mies gelaunt ist, empfehle ich Ihnen, Folgendes auszuprobieren: Setzen Sie eine strenge Miene auf, blicken Sie ihm fest in die Augen, und sagen Sie ihm mit erhobenem Zeigefinger: »Wehe, du lachst! Wage es bloß nicht zu lachen! Wenn du lachst, musst du dich in die Ecke stellen!« Ich wette mit Ihnen, dass Sie Ihrem Trotzkopf so zumindest ein kleines Lächeln abringen. In meinem häuslichen Umfeld zeigt sich immer wieder, dass das Kriegsbeil schon so gut wie begraben ist, sobald man den Gegner (nur sinnbildlich gesprochen) zum Lachen bringen kann, egal, wie angespannt, aufgeladen, emotional und unversöhnlich die Lage zu sein scheint.
Zu lachen und gleichzeitig jemandem an die Gurgel zu gehen, ist ziemlich schwierig, wenn man nicht gerade extrem psychopathisch veranlagt ist.1 (»Nein Mr. Bond, ich erwarte von Ihnen, dass Sie sterben!« … hysterisches Gelächter.)
PRAKTISCHE ANWENDUNG DER PRODUKTIVEN FAULENZERSTRATEGIE
Beginnen wir mit einem Witz
Eine Projektleiterin, ihr Chefprogrammierer und ihr leitender Analyst gingen während der Mittagspause am Strand spazieren (zur Nachahmung empfohlen!). Plötzlich entdeckten die drei eine halb unter dem Sand verborgene Messinglampe. Freudig erregt hoben sie die Lampe auf, rieben an ihr, und wie es sich gehört, machte es puff, und in einer Wolke magischen Rauchs erschien ein riesiger Dschinn. »Ich bin der Geist aus der Wunderlampe und gewähre dir drei Wünsche«, verkündete er. Und als ob es ihm vorher noch gar nicht aufgefallen wäre, dass ihn nicht nur einer, sondern gleich drei Menschen ehrfürchtig staunend anstarrten, fügte er nach einigen Momenten hinzu: »Da ihr zu dritt seid, müsst ihr euch das traditionelle Geschenk teilen. Jedem von euch sei ein Wunsch gewährt. Wer will anfangen?«
Der allzeit zu allem bereite Chefprogrammierer ließ sich nicht lange bitten: »Ich wünsche mir, dass du mich auf eine tropische Insel mit viel Sonne, einem schönen Sandstrand mit Schatten spendenden Palmen und kristallklarem Wasser zauberst … ach ja, und mit wohlgeformten jungen Frauen, die mir einen Cocktail nach dem anderen servieren.«
»Kein Problem«, meinte der Dschinn, und mit einem sanften puff verschwand der Chefprogrammierer in einer magischen Rauchwolke.
»Toll«, rief der leitende Analyst begeistert, »dann wünsche ich mich jetzt in einen schnellen Luxussportwagen, in dem ich durch die Berge zu meiner Villa mit Ausblick auf das Mittelmeer brause, um auf der Veranda Champagner zu trinken und Kaviar zu speisen.«
»Ist ’ne Kleinigkeit«, sagte der Dschinn, und – puff – verschwand auch der Analyst in einer magischen Rauchwolke.
»Und welchen Wunsch darf ich dir erfüllen?«, wollte der Dschinn von der Projektleiterin wissen.
»Einen sehr einfachen«, sagte sie. »Mein Wunsch ist, dass die zwei Kerle heute um punkt dreizehn Uhr dreißig wieder an ihren Schreibtischen sitzen.«
Integrieren Sie den Faktor Spaß in Ihr Projekt
Die Teamentwicklungsphasen2 Forming (Formierungsphase) – Storming (Konfliktphase) – Norming (Regelphase) – Performing (Arbeitsphase) – Mourning (Klagephase) sind Ihnen sicher ein Begriff. Und falls nicht, sind im Internet jede Menge Informationen darüber zu finden.
Ich kann Ihnen nur wärmstens empfehlen, den Faktor Spaß nicht zu kurz kommen zu lassen. In der Konfliktphase, in der es in Projektteams häufig zu Spannungen, offenen Streitigkeiten und Konkurrenzkämpfen kommt und die Nerven oft blank liegen, kann sich Humor als Balsam für die Seele erweisen. Gemeinsam Spaß zu haben, sollte fester Bestandteil der Regelphase sein, in der sich die Teammitglieder über die Arbeitsabläufe und Prozesse einigen müssen, und was die Arbeitsphase betrifft, bin ich davon überzeugt, dass Spaß bei der Arbeit das sicherste Mittel ist, um Ihre Projektmitarbeiter zu Spitzenleistungen zu beflügeln. Nachfolgend einige Anregungen, wie Sie und Ihr Team ernsthaft arbeiten und gleichzeitig Spaß haben können.
Mit einem kanadischen Kollegen habe ich einmal vereinbart, dass wir in unseren Präsentationen lustige »Geheimbotschaften« einbauen, die natürlich nur für den jeweils anderen als solche zu erkennen sein durften. Das machte nicht nur Spaß, sondern war auch eine anspruchsvolle Herausforderung, denn wir mussten uns wortreiche und komplizierte, für das restliche Publikum aber vollkommen normal klingende Formulierungen für unsere Präsentationen überlegen.
Dasselbe Spiel habe ich auch schon einmal mit dem gesamten Projektteam gespielt, wobei allerdings jedes Teammitglied dachte, es wäre ein Spaß zwischen ihm und mir, von dem die anderen nichts wüssten. Das war nicht nur sehr unterhaltsam, sondern sorgte auch für eine ausgezeichnete Stimmung im Besprechungsraum. Jeder war gut gelaunt und lächelte in sich hinein. Und ja, produktiv war die Präsentation auch.
Vielleicht können Sie sich und Ihrem Team auch den Spaß erlauben, den Freitag, an dem sich jeder vernünftige Mensch auf das Wochenende freut, als den Tag einzuführen, an dem...