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E-Book

Prophylaxen in der Pflege

Anregungen für kreatives Handeln

AutorUlrich Kamphausen
VerlagKohlhammer Verlag
Erscheinungsjahr2019
Seitenanzahl341 Seiten
ISBN9783170359147
FormatePUB
KopierschutzWasserzeichen
GerätePC/MAC/eReader/Tablet
Preis19,99 EUR
Als Grundprinzipien professioneller Pflege sind Prophylaxen mit Beginn der Ausbildung fester Bestandteil der täglichen Berufspraxis. Praxisorientiert und leicht verständlich werden in diesem Buch Prophylaxen in Bezug auf Dekubitus, Soor und Parotitis, Aspiration, Pneumonie, Thrombose, Kontrakturen, Sturz, Infektionen, Zystitis, Intertrigo, Mangelernährung, Obstipation, Dehydratation, Desorientierung, Deprivation, Gewalt und Demenz beschrieben. Das überarbeitete Buch versammelt die aktuellsten medizinischen und pflegewissenschaftlichen Erkenntnisse zur Prophylaxe in der Pflege. Ein unverzichtbares Lern- und Arbeitsmittel für Pflegende in Ausbildung und Praxis!

Ulrich Kamphausen ist Krankenpfleger und Lehrer für Pflegeberufe.

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Leseprobe

1          Einführung


 

1.1       Grundlagen


Terminologie und Definition

Prophylaxe (Vorbeugung, Verhütung): Das Wort besteht aus dem lateinischen Anteil »pro« mit der Bedeutung vor, bevor, und einem griechischen Anteil »phylattein« mit der Bedeutung behüten, beschützen. In der Pflege und Medizin wird der Begriff als Sammelbezeichnung für alle Maßnahmen verwendet, die geeignet sind, Krankheiten und Komplikationen vorzubeugen.

Prophylaxen zum Nutzen des Patienten anzuwenden ist eine große pflegerische Kunst. Es ist nicht ausreichend, vorbeugend wirksame Maßnahmen aufzulisten und unreflektiert am Patienten anzuwenden. Falsch verstandene Prophylaxen können überflüssig sein und dadurch Zeit und Arbeitskraft der Pflegepersonen verschwenden. Für den Patienten sind sie dann störend, oftmals belastend und unter Umständen auch schädlich. Häufig haben sie Alibifunktion: »Wir haben doch alles getan!«

Richtig angewendet müssen Prophylaxen auf die Bedürfnisse und die spezielle Situation des Patienten bezogen und mit den Maßnahmen der anderen Mitglieder des therapeutischen Teams abgestimmt sein.

Dies verlangt von der Pflegeperson die Fähigkeit, die spezielle Gefährdung des Patienten zu erkennen und ihr Ausmaß einschätzen zu können. Aus einem großen Fundus an möglichen prophylaktischen Maßnahmen muss die Pflegeperson die Maßnahmen auswählen, die einerseits für den Patienten geeignet sind, und andererseits mit dem therapeutischen Konzept von Arzt, Physiotherapeuten, Masseuren und Ergotherapeuten harmonieren. In Gesprächen mit den Mitgliedern des therapeutischen Teams muss die Pflegekraft ihr Prophylaxen-Konzept erläutern und begründen können. Sie muss dem Patienten die ausgewählten Prophylaxen erklären, ihn zur Mitarbeit motivieren und befähigen. Ggf. müssen auch Angehörige einbezogen werden. Weiter ist es Aufgabe der Pflegeperson, alle Prophylaxen in den Pflegeplan zu integrieren, die beteiligten Pflegepersonen zu informieren und Pflegehilfskräfte und Schüler in die Durchführung der Prophylaxen einzuweisen. Zum Schluss ist es ihre Aufgabe, die Wirkung der Prophylaxen zu überprüfen und die Ergebnisse mit ihren ursprünglichen Zielvorstellungen zu vergleichen.

Aufgabenbereich der Pflegefachpersonen


•  spezielle Gefährdungen des Patienten erkennen,

•  das Ausmaß der Gefährdung einschätzen,

•  geeignete prophylaktische Maßnahmen auswählen,

•  mit den Mitgliedern des therapeutischen Teams die Prophylaxen absprechen,

•  dem Patienten die Prophylaxen erklären und ihn zur Mitarbeit motivieren,

•  für die ordnungsgemäße Durchführung der Prophylaxen sorgen,

•  die Wirkung der Prophylaxen überprüfen.

Bekämpfung der Ursachen


Die einzelnen prophylaktischen Maßnahmen müssen so ausgewählt werden, dass sie die Grundursachen der Gefährdungen beseitigen. Es ist z. B. bei einer Dekubitusgefährdung sinnlos, die Hautdurchblutung anregen zu wollen, wenn der Auflagedruck nicht verringert wird. Ebenso zwecklos ist es, einen pneumoniegefährdeten Patienten inhalieren zu lassen, wenn nicht gleichzeitig die Lungenbelüftung verbessert wird.

Planung der Prophylaxen


So wie es generell sinnvoll ist, Pflegemaßnahmen zu planen, so ist es unumgänglich, die Gefährdungen des Patienten und die darauf basierenden Pflegeziele sowie die prophylaktischen Maßnahmen in die Pflegeplanung einzubeziehen. Besondere Aufmerksamkeit muss dabei auf die Problemformulierung gelegt werden, damit die eigentliche Ursache der Gefährdung von vornherein ins Auge gefasst wird. Eine Formulierung wie »Der Patient ist pneumoniegefährdet«, ist wenig hilfreich. Eine geeignetere, ursachenbezogene Formulierung ist: »Der Patient hat wegen postoperativer Schmerzen im Bereich der Bauchwunde Schonatmung.«

Dort, wo es üblich ist, die Pflegeplanung nach LA, AEDL oder ATL zu ordnen, können auch die Prophylaxen auf diese Weise geordnet werden.

Förderung des Patienten durch Informations- und Motivationsgespräch


Es ist sinnvoll, die Zeit für ein Informations- und Motivationsgespräch fest in den Tagesablauf einzuplanen. Ein Gespräch zwischen Tür und Angel bleibt für alle Beteiligten unbefriedigend und uneffektiv. Um die Zeit ökonomisch zu nutzen, kann, wenn es der Allgemeinzustand der Patienten zulässt, eine Gesprächsrunde mit mehreren Patienten durchgeführt werden. Der Normalfall wird allerdings, besonders wenn intimere Details angesprochen werden müssen, das Einzelgespräch mit dem Patienten sein. Es kann notwendig sein, auch Angehörige mit einzubeziehen. Der Patient muss dazu seine Zustimmung geben.

Wichtig ist die patientengerechte Information. Fachausdrücke sollen vermieden werden. Hilfreich sind bebilderte Informationsschriften, die der Patient nach dem Informationsgespräch noch einmal in Ruhe studieren kann. Die Pflegeperson muss dann allerdings daran denken, dass sich noch Fragen ergeben können, die geklärt werden müssen. Eine Info-Broschüre darf nicht dazu benutzt werden, das Gespräch zu umgehen.

Die für den Patienten geplanten und im Gespräch vorgestellten prophylaktischen Maßnahmen können schon während des Gesprächs mit dem Patienten praktisch durchgeführt werden. So erhält er eine Vorstellung davon, was konkret von ihm erwartet wird, und die Pflegeperson erhält erste Hinweise, inwieweit der Patient in der Lage ist mitzumachen.

Auf operativen Abteilungen werden viele Prophylaxen erst postoperativ aktuell. Hier muss die Pflegeperson Weitsicht beweisen und die zu erwartenden Prophylaxen schon vor der Operation planen, also z. B. mit dem therapeutischen Team und dem Patienten besprechen. Der Patient erhält bereits vor der Operation die Gelegenheit, die postoperativ erforderlichen prophylaktischen Maßnahmen auszuprobieren und zu üben.

Kontinuität der Prophylaxen


Ist ein Patient z. B. dekubitusgefährdet, dann ist er 24 Std. am Tag und sieben Tage die Woche gefährdet. Die Gefährdung lässt nicht nach, nur weil Sonntag ist. Das heißt, richtig verstandene und korrekt durchgeführte Prophylaxen müssen grundsätzlich kontinuierlich, rund um die Uhr, auch an Sonn- und Feiertagen, sichergestellt werden. Besondere Schwierigkeiten bereitet es, diese Prämisse einzuhalten, wenn andere Berufsgruppen des therapeutischen Teams in die Durchführung einbezogen sind, z. B. Krankengymnasten bei der Kontrakturenprophylaxe. Wochenend- und Nachtdienst müssen auch von den anderen therapeutischen Berufsgruppen gefordert werden. Die Notwendigkeit der Prophylaxen muss dem Arzt notfalls deutlich gemacht werden.

Das bedeutet aber nicht, dass nicht, insbesondere während der Nacht, ein anderes Pflegeintervall geplant werden könnte. Hier muss eine Abwägung der Vor- und Nachteile stattfinden. »Was ist für den Patienten in seiner momentanen Situation vorrangig, ein paar Stunden ungestörter Schlaf oder kontinuierliche Durchführung der Prophylaxen?«

Integration der Prophylaxen


Es ist ein Gebot der Ökonomie, nicht jede pflegerische Maßnahme gesondert durchzuführen. Effektiver, das heißt, zeitsparender und für den Patienten schonender ist es, mehrere Pflegemaßnahmen zu einer sinnvollen Pflegeverrichtung zu kombinieren. Dies gilt auch für die Prophylaxen. Wenn sie auch häufig in bestimmten Intervallen durchgeführt werden müssen, kann es einer geschickten Pflegeperson dennoch gelingen, prophylaktische Maßnahmen und andere pflegerische Tätigkeiten so zu bündeln und zu verteilen, dass ein sinnvolles Ganzes daraus wird. Ein Funktionspflegesystem erschwert ein solches Vorhaben allerdings ungemein.

Kritische Überprüfung


Einmal geplante prophylaktische Maßnahmen müssen kontinuierlich überprüft werden. Prüfkriterien sind:

•  die Tolerierung durch den Patienten,

•  die Effektivität: »Wird das geplante Ziel erreicht?«,

•  das Auftreten von Kontraindikationen,

•  der Zustand und das Allgemeinbefinden des Patienten: »Verträgt der Patient die prophylaktischen Maßnahmen noch?«

Merke
Prophylaxen...

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