Psychologie Heute 06/2019
Vom Glück, Verantwortung zu teilen
Verlag | Beltz - Psychologie heute |
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Erscheinungsjahr | 2019 |
Seitenanzahl | 108 Seiten |
ISBN | |
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Kopierschutz | Wasserzeichen/DRM |
Geräte | PC/MAC/eReader/Tablet |
Preis | 6,99 EUR |
Der Grund: Wie ein Paar seine Beziehung gestaltet, wird von viel mehr Faktoren beeinflusst als nur von der erklärten Absicht, gleichberechtigt leben zu wollen. Natürlich von gesellschaftlichen Bedingungen wie Milieu, Einkommen von Frauen und Männern oder Kitaplätzen. Aber auch von unbewussten Bildern und Wünschen. Anke Kerschgens ist Professorin für Psychologische Grundlagen der Sozialen Arbeit und hat sich in ihrer Dissertation mit der widersprüchlichen Modernisierung der Arbeitsteilung bei Elternpaaren beschäftigt.
Sie fand unter anderem heraus, wie traditionelle Deutungsmuster weiterwirken: Weiblichkeit wird mit Mutterliebe und Bindung assoziiert, Männlichkeit mit Beruf und der Ernährerposition. Die Rolle als „neuer Vater“ kann so zum Beispiel in Konflikt geraten mit dem unbewussten Männlichkeitsverständnis. Ich habe Anke Kerschgens gefragt, ob es denn helfen könnte, wenn Paare versuchten, diese unbewussten Deutungsmuster in ihrer Beziehung durch Gespräche aufzudecken. „Ja, natürlich. Ich würde sagen, dass Paare über erstaunlich wenig explizit sprechen. Man weiß aus Studien, dass sie zwar sagen: ,Klar, wollen wir Gleichberechtigung.‘ Ob das dann aber heißt, dass er zu Hause bleibt, wird wohlwollend im Unklaren gelassen. Welches Paar setzt sich schon hin und diskutiert das wirklich durch? Und zwar nicht, wenn es zu spät ist, sondern im Vorfeld?“ Dann müsste man ja auch ehrlich fragen: Ist diese Arbeitsaufteilung mit deiner Idee von Mannsein vereinbar? „Und das ist ja schon auf der eigenen Wunschebene oft widersprüchlich.“
Es gibt Weichenstellungsmomente in Partnerschaften, sagt Anke Kerschgens. Wenn Kinder geboren werden, ist ein solcher Moment. Oder eben der Augenblick, in dem man etwas aus Liebe tut – Verantwortung für einen Bereich übernimmt. Mit der Zeit verfestigen sich dann solche Strukturen. „Und im Rückblick denkt man: O je, da hätte man gegensteuern müssen. Aber es ist eben eine Paarbeziehung und nicht Politik, es geht um Liebe und Hoffnungen und Wünsche. Und da ist ein Thema wie Gerechtigkeit dann auch etwas gegenläufig.“ Wie wir lernen können, Verantwortung in allen unseren Lebensbereichen zu teilen, dieser Frage haben wir unsere Titelgeschichte gewidmet (Seite 16).
Eine anregende Lektüre wünscht
Dorothea Siegle, Chefredakteurin